Mehr als nötig

Die heutige Nacht war sowas wie ein Brücken-Arbeitstag für mich. Wirklich Lust auf Arbeit hatte ich nicht, zumal ich sowieso ungewohnte 8 Tage am Stück arbeite diese Woche. Sicher, die Kohle kann ich brauchen – aber der letzte Tag macht weder einen guten Monat zum Überbringer noch einen schlechten Monat richtig gut. Der letzte Tag ist immer ein bisschen für’n Arsch. Aber dadurch, dass ich die Schicht heute unterwegs war, konnte ich fließend zum Silvesterauto wechseln. Sowohl meine eigentliche 2925 als auch die die letzten Tage gefahrene 2223 sind in der Nacht der Nächte mit anderen Fahrern besetzt. Also musste ich tauschen.

Die 871. Gut, hab ich nie gefahren, wird aber schon in Ordnung sein. Laut Schichtplan ist sie heute ab 7 Uhr verfügbar. Deswegen hatte ich die Nacht spät gestartet – ich wollte bis morgens fit sein, um das Auto an der Firma wechseln zu können. Spart mir zwei Bahnfahrten zu je ungefähr einer Stunde.

Dumm war halt, dass meine Arbeitslust ziemlich darnieder lag. Ich hab mich erst um 23 Uhr auf die Straße gequält und eigentlich ab 1:30 Uhr ständig ans Aufhören gedacht. Aber naja, hier noch eine Tour, da noch mit Kollegen quatschen …

Gegen 4 Uhr hab ich’s nicht mehr ausgehalten. Mir sind trotz ausreichender Koffeinzufuhr fast die Augen zugefallen. Also hab ich das bisherige Auto betankt und geputzt und war zudem eigentlich ganz zufrieden mit den knapp 100 €, die ich eingefahren hatte. Dass der mir unbekannte Kollege an einem Dienstag wirklich bis 7 Uhr arbeiten würde, glaubte ich ohnehin nicht. Lange würde ich nicht auf’s Auto warten, dachte ich mir, als ich auf den Hof rollte.

Es war sogar noch besser: Die 871 stand bereits auf dem Hof. Das Ärgerliche daran: Sie sah nicht gerade aus, als wäre in den letzten drei Tagen überhaupt jemand mit ihr gefahren. Und diesbezüglich ist die Beweislast erdrückend:

Wir hatten viel Schnee in den letzten 30 Minuten! Quelle: Sash

Wir hatten viel Schnee in den letzten 30 Minuten! Quelle: Sash

Ich hab’s sportlich genommen und mich gefreut, dass ich den Hunni Umsatz gemacht habe. Denn hätte ich abends gleich die Kisten getauscht, wäre ich viel früher heim. Insofern ist das jetzt schon ok. Schon gar keine Vorwürfe mache ich dem Kollegen, der seine eingetragene Schicht nicht gefahren ist – denn das hab ich selbst schon sicher fünfzig Mal gemacht. Damals hat das halt nur Harald und mich betroffen, weil wir uns das Auto zu zweit geteilt haben und niemand anders unsere Uralt-Kiste im Nordosten der Stadt haben wollte.

In solchen Fällen merkt man dann, dass nichts zu 100% perfekt ist und alles seine Vor- und Nachteile hat. In dem Fall, dass meine Chefs nicht viel von Arbeitspflicht halten und es zudem sehr locker sehen, wenn man nicht Bescheid sagt, dass man nicht fährt (obgleich sie’s natürlich gerne hätten, wenn wir es täten). Aber obwohl ich mich in dem Fall über eine rechtzeitige Info gefreut hätte, bin ich doch trotzdem froh, dass man bei uns nicht gleich einen Anschiss kriegt, nur weil man abends mal vergessen hat, Cheffe anzurufen.

Wie dem auch sei: Damit ist 2014 durch für mich und ich hab am Ende eine halbe Schicht mehr als geplant runtergerissen.

Jetzt jedenfalls werde ich in obigem Kistchen die Silvesterschicht rocken. Sie scheint vollkommen ok zu sein und fährt sich gut. Kleines Manko auch hier: ein Navi hat sie nicht. Und dieses Mal hab ich nicht einmal einen Ersatz – nur mein Handy für den Notfall. Aber wie sagt mein Chef so gerne:

„Du bist doch Taxifahrer, wozu brauchst Du’n Navi?“

Und obwohl ich das bei der riesigen Stadt und den tausenden Sonderzielen, die man niemals alle kennen kann, so nicht unterschreiben würde, stimmt’s andersrum dann halt doch wieder: Seit ich in der 2925 das nervige Aushilfsnavi drin habe, hab ich es für exakt eine einzige Fahrt benutzt. Ganz so schlecht scheint es um die Ortskunde meiner Wenigkeit dann ja doch nicht bestellt zu sein.

Aber das alles passiert erst 2015. Den heutigen Abend werde ich wie immer gemütlich mit Ozie zu Hause verbringen und mich erst mit Verstummen des Feuerwerks auf die Straße schmeißen. Ich wünsche Euch allen einen guten Rutsch und eine fette Feier! Und ärgert mir die Taxifahrer auf der Straße nicht zu sehr, ok?

Scharfe Tour

Ich bin immer wieder überrascht, wie unterschiedlich Fahrten ausfallen können. Heute nacht war das höchste Hoch vom tiefsten Tief nicht zu erahnen und umgekehrt. Da insgesamt aber alles gut war, möchte ich heute erst einmal die angenehmste Tour runterschreiben.

Es hat schon damit angefangen, dass sie die vierten Winker in Folge waren – ein guter Lauf, der mir insgesamt über 60 € gebracht hat und mich von Friedrichshain über Neukölln, Tempelhof, Steglitz und Schöneberg bis nach Prenzlauer Berg gebracht hat. Eine wunderbare Stadtrundfahrt mit kaum Pausen. Das junge Pärchen war wie gesagt der krönende Abschluss. Von der Potsdamer Straße bis zur Greifswalder. Nur geradeaus, nicht weit nach draußen, trotzdem über 15 €. Schon finanziell ein Gewinn. Die beiden waren angetrunken, aber auf die bestmögliche Art und Weise: Mit blendender Laune und lustigen Gesprächen auf dem Heimweg. Es ging schnell um Urlaub und darüber, dass die junge Dame Filipina ist und wie lustig es wäre, wenn sie auswärts essen würden.

Laut der Aussage der beiden wird dort viel sauer gegessen, und wie das bei Vorlieben aus der Kindheit so ist, hatte die Dame das nie abgelegt und war bekannt dafür, überall saure Gurken und Rollmops zu essen – was ihr bei seiner Verwandtschaft zunächst den Verdacht einer Schwangerschaft einbrachte. Und dann ihre Schwester: die sei ebenso drauf, nur stünde die halt total auf scharfe Sachen und leere in Restaurants gerne mal die Behälter der Chilis komplett, egal wie klein der Snack wäre … ein gleichermaßen heiteres wie harmloses Thema. Nachdem ich mich dann auch als Capsaicin-Anhänger geoutet hatte, war das eine nette Plauderrunde – das hätte so auch eine Zufallsbegegnung in einer Bar sein können.

Zuletzt kam der junge Mann auf die Idee, er müsse mir unbedingt die geile Soße zeigen, die sie zu Hause rumstehen hätten. Eine von den „Pain is Good„-Saucen (Link zu Amazon), die mir zwar wohl ein Begriff sind, aber zu denen gehören, die ich nie probiert hatte. Müsse ich aber unbedingt, ist sehr geil, meinte mein Fahrgast und sprintete an der Zieladresse gleich los, um mal eben die Flasche aus dem 15. Stock zu holen. Ich unterhielt mich derweil weiter mit der Freundin und sie rundete die Fahrt von 16,60 € großzügig auf 20 € auf. Nach nur kurzer Wartezeit kam der Kerl wieder runter, anbei die Flasche und ein Esstäbchen – was man halt so braucht, wenn man on the fly Chilisauce im Taxi probieren muss. 😉

Ich nahm artig einen Haps und musste zugeben, dass sie wirklich lecker ist. Und gut scharf, aber ich hatte schlimmeres befürchtet, es bedurfte keines Ablöschens. Mal davon abgesehen, dass mir die vollkommene Absurdität der Situation ja auch bewusst war.

„Na dann nimm‘ mit! Wir haben ja noch ’ne Flasche!“,

wurde mir aufgetragen. Und ja, hier ist sie:

Ganz so gucken musste ich nicht, eher ein bisschen dankbar … Quelle: Sash

Ganz so gucken musste ich nicht, eher ein bisschen dankbar … Quelle: Sash

Damit kann ich dann wohl – nach über fünfeinhalb Jahren – die Staffel fürs kurioseste Trinkgeld weiterreichen. Den Stab hielt bisher immer dieser nette Geselle hier.


Ich weiß nicht, ob Menschen das verstehen, die nie Dienstleistungen angeboten haben. Mich jedenfalls freut sowas immer maßlos. Mal abgesehen davon, dass die Sößchen mit über 6 € pro Flasche ja auch nicht mehr ganz in die Kategorie „nicht der Rede wert“ fallen, wenn man mal die durchschnittlichen Trinkgelder ansieht.

Mauerspechte 2014

Berlin, 9. November 2014, 22 Uhr (Symbolfoto):

"Kalle, haste 'n Sterni?" – "Ja, im Kofferraum!" Quelle: Sash

„Kalle, haste ’n Sterni?“ – „Ja, im Kofferraum!“ Quelle: Sash

Es ist wirklich auffällig gewesen, wie umfassend die Ständer der Ballons der Lichtgrenze heute Nacht von den Menschen weggetragen wurden. Ob zu Fuß, im Auto, vermutlich auch mit der Bahn. Zig Kilo schwere Plastikständer mit einer Lampe oben drin – und halb Berlin scheint Verwendung dafür zu haben, oder kann zumindest nicht an kostenlosen Souvenirs zu diesem Tag vorbeigehen. Mir soll es egal sein, aber wundern darf man sich ja …

400k

Auf den letzten Metern des Hinwegs der letzten Tour hat die 72 dann übrigens die 400.000 km geknackt. Abgestellt hab ich sie danach so:

"Taugen die Opel was?" – "Nicht wirklich. Erst 400.000 km und schon Staub auf'm Tacho!" Quelle: Sash

„Taugen die Opel was?“ – „Nicht wirklich. Erst 400.000 km und schon Staub auf’m Tacho!“ Q: Sash

Bei so einem Jubiläum war ich Jungspund nun ja auch das erste Mal dabei. 🙂

Behind the scenes

Ich hab die letzten Tage ein paar Halloween-Fotos bei Facebook und Twitter gepostet, hier ist noch ein kleines Feature dazu. Schließlich haben wir nicht nur fünf Fotos gemacht.

Als erstes sei mal festgehalten, dass wir tatsächlich Kürbisse ausgehöhlt haben für den Spaß:

Fies gemessert: Kürbi. Quelle: Sash

Fies gemessert: Kürbi. Quelle: Sash

Zugegeben, künstlerisch begabtere Kürbisschnitzmeister finden sich sicher zuhauf – aber für den allerersten Versuch konnte sich Kürbi echt sehen lassen. Und ganz ehrlich: Er sollte am Ende ein Taxifahrgast werden – dazu muss man keine besonderen ästhetischen Ansprüche erfüllen.

Keine 500 Meter von unserer Haustüre weg haben wir dann einen halbwegs ruhigen Parkplatz genutzt, um die Fotos zu machen. Innen und außen – und aus hundert Perspektiven. Ein paar Bilder von Kürbi werde ich vielleicht nächstes Jahr noch rausholen können …

Die 72 – nur echt ohne Zierleiste vorne! Quelle: Sash

Die 72 – nur echt ohne Zierleiste vorne! Quelle: Sash

Im Übrigen war das alles absolute Teamarbeit. Ozie hat weit mehr als die Hälfte aller Aufnahmen gemacht. So auch das „Selbstportrait mit Kürbis“:

Wieder ein schwieriges Bild für Gesichtserkennungssoftware … Quelle: Ozie

Wieder mal ein schwieriges Bild für Gesichtserkennungssoftware … Quelle: Ozie

Wir wollen aber ehrlich bleiben: Am Ende gab es bei unserem Ausflug auch Dinge, die wir von Anfang an planten, mit Photoshop (in unserem Fall eher Gimp) zu lösen. Kürbisse, die ins Taxi kotzen, sind nämlich eigentlich genauso eklig wie Fahrgäste, die das tun. Deswegen sah das tatsächliche Setting so aus:

"Und ich kotze jetzt auf die Folie?" – "Ja, Kürbi!" Quelle: Ozie

„Und ich kotze jetzt auf die Folie?“ – „Ja, Kürbi!“ Quelle: Ozie

Beim zweiten Saisongemüse waren wir dann schon geübt. Das ging recht flott und das Teil sah sogar im „Rohzustand“ schon ziemlich überzeugend aus:

"Heinz?" – "Ja?" – "Dein Kürbis ist da!" Quelle: Ozie

„Heinz?“ – „Ja?“ – „Dein Kürbis ist da!“ Quelle: Ozie

Trotzdem blieb am Ende noch einiges Herumexperimentieren mit der Beleuchtung:

Von hinten viel weniger spooky: Taxi-Kürbi. Quelle: Sash

Von hinten viel weniger spooky: Taxi-Kürbi. Quelle: Sash

Die wirklich guten Fotos sind außer dem einen von gestern wie gesagt auf der Facebook-Seite von GNIT und dem @_GNIT_-Account bei Twitter gelandet. Und dorthin wollte ich Euch auch gerne nochmal einladen. 🙂

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Flottenstützpunkte bei Nacht

In den nächsten paar Monaten werde ich (mit Ausnahme von Silvester vielleicht) wieder im Dunkeln Feierabend machen. Und zumindest vorübergehend einmal die Woche dabei das Auto an der Firma abstellen. Und wie siehts da so aus?

Dunkel und opelig:

Na, welcher ist die 72? ;) Quelle: Sash

Na, welches ist die 72? 😉 Quelle: Sash

Das Abstellen an der Firma ist ein wenig blöd wegen der langen Anfahrt, dafür muss ich’s derzeit nur einmal in der Woche machen und hab das Auto sonst vor der Türe. Ich hab also achtmal 15 Minuten Arbeitsweg durch zweimal 60 Minuten ersetzt. Das bleibt in der Summe gleich und ist eigentlich gar kein so schlechter Deal. Andererseits ist es komisch, dass das Auto jetzt auch für Springer genutzt wird – ich muss mir jedes Mal den Sitz aus vollkommen anderen Positionen zurechtnudeln. Obwohl’s mir gerade wirklich gefällt (auch ein längerer Arbeitsweg hat ja manchmal was entspannendes), wäre es doch eigentlich schön gewesen, die 72 noch mit Harald zusammen runterzurocken. 🙁