Ui! Betrug! Na sowas!

Der Tagesspiegel meldet, dass ein vom Senat beauftragtes Gutachten zeigen soll, dass ein beträchtlicher Teil der Berliner Taxiunternehmen das Finanzamt bescheiße. Unternehmen mit bereits eingebauten Fiskaltaxametern sollenwesentlich höhere Umsätze melden als ein „erheblicher Teil“ der anderen.

Im Text wird als Extrembeispiel genannt, dass ein Taxi im Doppelschichtbetrieb nur 25.000 € Jahresumsatz gemacht haben soll. Um das mal in Perspektive zu rücken: Das bedeutet, dass jeder Fahrer ungefähr 1.000 € Monatsumsatz macht, bei 20 Arbeitstagen also ungefähr 50 € täglich. Ich meine, ich will ehrlich sein: Diese Schichten kenne ich auch. Aber mein Schnitt in diesem Monat liegt bei ca. 120 € pro Schicht. Und „Schicht“ bedeutet im aktuellen Monat bei mir (Fußball-EM und so*pfeif*) 6,5 Stunden – also weit weniger, als selbst mein Arbeitsvertrag eigentlich vorsehen würde. Und da in den Drecksbuden unserer Zunft gerne mal utopische Schichtvorgaben wie 10, 11 oder gar 12 Stunden glatt verlangt werden, kann man sich mal überlegen, wie realistisch das ist.

Meine Einschätzung: 3.000 € pro Fahrer ist bei allen Hochs und Tiefs trotz Faulenzern und Workaholics sicher kein schlechter Pi-mal-Daumen-Wert für einen Monat. Ein paar schwer hobbylose Gesellen mit leicht 1890er-mäßigen Arbeitszeiten sollen wohl auch schon mal das Doppelte schaffen. Dem Taxigewerbe geht es schlecht, ja – aber sooo schlecht dann auch nicht.

Es betrügen also viele, einige vermutlich so weit, dass am Ende der Staat die Fahrer bezuschusst, die laut Gehaltsabrechnung unter HartzIV landen.

Da bleibt mir nur die Frage:

DON’T YOU SAY?

Für das Gutachten hätten echt nicht noch weitere Steuergelder rausgeschmissen werden müssen. Ich weiß nicht, was es gekostet hat, aber ich hätte das Ergebnis für einen niedrigen dreistelligen Betrag binnen 24 Stunden via Mail vorhergesagt. Also zumindest so grob.

Ich weiß, dass der Berliner Senat in Verkehrsdingen andere Prioritäten hat. Wir haben statt eines Flughafens eine Dauerbaustelle, die S-Bahn ist kaputtgespart und über den aktuellen Stand des Ausbaus der A100 will ich mich nicht einmal informieren, um nicht zum Runterkommen die komplette Saw-Reihe nochmal anschauen zu müssen.

Aber was zur Hölle erwartet Ihr denn, wenn das Taxigewerbe keine Sau interessiert?

Mein P-Schein ist ein Äquivalent zum Micky-Maus-Geheimagentenausweis: Ich hab mir den Arsch abgefreut, ihn zu haben, aber kein Erwachsener will, dass ich ihn vorzeige! Ich hatte in siebeneinhalb Jahren noch keine Zollkontrolle und wenn ich es richtig verstanden hab, waren selbst meine Chefs bei der letzten Unternehmensprüfung schwer überrascht, obwohl sie zu den größten Betrieben in Berlin zählen. Kein Schwein will wissen, was wir da draußen auf der Straße machen, vermutlich sind einfach alle nur froh, dass es schon irgendwie läuft.

Ziemlich zeitgleich mit meinem Dienstantritt im Dezember 2008 wurde beschlossen, das „Hamburger Modell“ (im Wesentlichen mehr Aufzeichnungen und mehr Kontrolle) auch in Berlin durchzusetzen. Auch damals geisterten bereits Millionenbeträge durch die Medien, wenn es darum ging, was das Berliner Taxigewerbe wohl jährlich an Steuern hinterzieht. Trotzdem wurden die damals anberaumten sechs (!) zusätzlichen Kontrolleurstellen wegen der Kosten von 250.000 € nicht geschaffen. Ja, that’s Berlin: Ein paar sichere Millionen Euro (es werden bis zu 50 davon medial gehandelt) mehr Steuereinnahmen sind keine 250.000 Euro an Investitionen wert!

Ich bin ja nun wirklich kein Law-and-Order-Typ, aber: Was bitte soll man denn erwarten von einer gewinnträchtigen Branche, wenn keinerlei Kontrolle existiert? Natürlich findet sich da ein Haufen Arschmaden, der das zu nutzen weiss!

Aber klar: Ob Berlin 60 oder 60,1 Milliarden Euro Schulden hat, ist im Grunde nicht interessant. Und ob man Touristen mit zwielichtigen Taxifahrern abschrecken oder mit ehrlichen eher anlocken sollte: Darüber gehen die Meinungen sicher auch auseinander. Der Depp, dem die Einnahmen durch die unehrlichen Kollegen geschmälert werden, der ist ja nur so ein – wie hießen die doch gleich? – ach ja: Taxifahrer!

Also, lieber Berliner Senat: Gutachten in Auftrag geben und Pressemeldungen bewirken klappt schonmal ganz gut. Da kriegt Ihr alle eine Eins und meinetwegen ein Bienchen für besonderen Fleiß.
Darüber hinaus muss ich als ehrlicher und (begrenzt) ebenso fleißiger Taxifahrer aber mal sagen:

KRIEGT ENDLICH DEN ARSCH HOCH UND MACHT EURE ARBEIT!

Dann klappt’s auch mit den Steuereinnahmen. 😉

PS: Ja, vielleicht ist das Gutachten ja ein Schritt in die richtige Richtung. Aber seit der Hamburger-Modell-Geschichte bin ich da „etwas“ pessimistisch.

Den Kürzeren ziehen

Neid ist eigentlich nicht so mein Ding. Gerade im Job!

Wir kriegen alle mal kürzere und mal längere Fahrten, so ist das halt. Deswegen lehne ich kurze auch nicht ab, das gehört dazu. Oder wie ein Kollege gerne sagt:

„Mal verlierst Du, mal gewinnen die anderen.“

😉

Aber es ist schon bitter, wenn ein Kollege am Stand sagt, er hätte da einen Coupon-Auftrag und wisse nun nicht, wo er sich genau hinstellen solle. Dann kommen ein paar andere Leute mit Coupon und steigen ins Taxi vor mir ein und fragen, ob eine Fahrt nach Frankfurt (Oder) auch ok wäre. Ganz zu schweigen vom dritten Kollegen, der drei Stunden später auf die Frage, ob er auch eine lange Fahrt gekriegt hätte, mit:

„Ach? Du nicht?“

antwortet, weil er auch in Frankfurt war.

Und ausgerechnet bei mir sind zwei Frauen eingestiegen, die sich davor schon satte  30 Minuten telefonierend am Taxistand rumgetrieben haben, sich aber erst als der Coupon-Reigen losging, dazu durchringen konnten, einzusteigen.

Orrr!

Das Traurige ist: Die Fahrt ging nach Köpenick und hat wirklich sehr gute 28 € gebracht. Ich sollte mich eigentlich nicht beschweren dürfen. Aber wenn zum selben Zeitpunkt mindestens drei andere für irgendwas zwischen 170 und 200 rausgegangen sind, fühlt man sich dezent in den Arsch getreten. 🙁

Ui, Bezahlung fürs Saubermachen!

Mein Auto ist abgesehen von mir gerade in Springer-Hand. Will heißen: Es fahren hier und da mal unterschiedliche Kollegen während meiner freien Tage damit. Das ist  Sache meiner Chefs und an sich auch ok. Ich hab ja ohnehin gerade das große Glück, das Auto derzeit für eine halbe Woche vor der Tür zu haben – da werde ich den Teufel tun, mich über den Rest zu beschweren.

Aber ja, es hat auch Nachteile. Das mit dem Saubermachen ist eines davon. Manch Kollege schert sich nach einer Schicht nicht unbedingt ums Reinigen des Fahrzeugs und dem zweiten ist es dann zu blöd, den Dreck wegzumachen, den der erste hinterlassen hat. Und ich möchte fairerweise anmerken, dass ich letzteres auch schon so gehandhabt habe.

Meist hält sich das (über drei Tage) ja auch sehr in Grenzen und ich hab kein Problem damit, das Auto einmal pro Woche auf Vordermann zu bringen. Oft ist auch gar nicht so viel zu machen. Und ob man nach 2, 5 oder 8 Tagen mal aussaugt: Es macht ja den gleichen Aufwand. Mich nerven meist eher die Scheiben, denn auf die kann man, wie schon vor Jahren erwähnt, kaum genug Aufmerksamkeit legen. Teilweise sehen die bei meinem donnerstäglichen Schichtantritt aber auch schon deswegen schlimm aus, weil das Auto ein paar Stunden unter den Bäumen im Firmenhof gestanden hat.

Aber gut. Ich bin also gestern dank Fußball eh reichlich spät am Auto gewesen, hat alles nicht so geklappt, wie ich das geplant hatte: Ich wollte das Auto vor dem Spiel schon holen, hab aber verschlafen, weil zum einen die Nachbarn mich mittags mit Bohren wachgehalten hatten und zeitgleich mein Handy mitsamt Wecker abgestürzt war … Dinge, die einem wohl wirklich nur bei der Nachtschicht passieren können. 😉

Und so bin ich ins Auto gestiegen, hab mich über die Scheiben geärgert, hab die Sitze zurechtgezutzelt, etwas argwöhnisch ein Bisschen Dreck auf den Fußmatten bemängelt und mich dann gefreut. Denn ja, hätte der werte Kollege, wer immer er war, einfach mal noch die 10 Sekunden Zeit gefunden, die Beifahrerfußmatte  auszuschütteln, dann wäre ihm vielleicht der Fünfer unter dem Beifahrersitz aufgefallen, der dort sehr offensichtlich festklemmte. Ich will’s nun keinesfalls zu einem Drama hochstilisieren, aber eines ist mal klar: Der gehört jetzt mir und ich hab kein schlechtes Gewissen bei der Entscheidung! 😀

Freie Taxiwahl in Kaputt

Ich hab schon oft gesagt, dass ich es gut finde, dass die Kunden sich das Taxi am Stand aussuchen dürfen. Ebenfalls oft gesagt habe ich aber auch, wie sehr ich mich manchmal wundere, wie diese Wahl dann getroffen wird.

Im aktuellen Fall stand ich auf einer Nachrücke an letzter Stelle. Wie so oft kam dann eine Kundin und fragte, ob sie bis zum ersten Taxi vorlaufen muss. Da sie schon so gequält geguckt hat, habe ich mir den „Nett wäre es natürlich“-Teil gespart und ihr einfach nur gesagt, sie könne sich ein Taxi aussuchen.

Mich wollte sie offenbar nicht, aber ich war dann etwas irritiert, weil sie umgehend nach unserem Dialog am Auto direkt vor mir stoppte. Der Kollege las gerade Zeitung und fuhr die älteste Möhre am Stand. Ist alles kein Thema, aber nach einer wirklich geplanten Wahl sah das alles nicht aus. Aber vielleicht war der Wunsch auch, „so einen richtigen Taxifahrer wie früher“ zu bekommen, wer weiß es schon.

Der Kollege sprang auch sofort auf und hat freundlich das Gepäck verladen, das soll jetzt echt nicht böse klingen. Ich kannte ihn zwar nicht bewusst, aber ich hab ihm die Fahrt schon gegönnt, alles ok.

Warum ich das hier schreibe? Weil ich ab diesem Punkt noch nie eine Taxifahrt so habe starten sehen.

Zunächst rührte sich nix. Das ist normal. Kunden müssen oft erst was erklären, als Taxifahrer muss man vielleicht das Navi programmieren oder nochmal nachfragen, der problemlose Blitzstart 3 Sekunden nach Einstieg ist zweifellos das Ideal, aber im Alltag passiert oft was anderes.

Nach einer halben Minute startete der Kollege den Motor und selbst ich als Fahrer von gerne mal sehr alten Opel hab noch nie ein Auto mit so einer Geräuschkulisse erlebt. Es klang wie eine Kakophonie aus unrund laufendem Motor, fehlendem Auspuff, quietschender Lenkung und einem durchgeknallten Rudel defekter Keilriemen. WTF?

Der Kollege hat den Motor umgehend wieder ausgestellt.

Da hat er mir dann echt leidgetan, denn was ist bitte schlimmer, als sich in Erwartung einer Tour irgendwo anzustellen und bei Fahrtantritt feststellen, dass das Auto kaputt ist?

Ich erwartete nun eigentlich fast schon, dass beide wieder aussteigen. Stattdessen passierte nix. Nach einer weiteren halben Minute, bei der ich mir nicht vorstellen wollte, was die beiden im Auto besprochen haben, wiederholte das Auto das Drama von eben und der Kollege rollte drei Meter aus der Lücke auf die Straße, um dort erneut stehenzubleiben. Oder stoppte gar das Auto selbst?

Nun, in zweiter Reihe, wiederholte sich eine mir selbst endlos erscheinende Pause, ich würde schätzen, dass sie wirklich noch weit über eine Minute dort standen. Ich habe mir mehrfach überlegt, mal an die Scheibe zu klopfen und zu fragen, was los sei. Dann aber gewannen sie doch noch Land und ich muss der Vollständigkeit halber noch anmerken, dass das Auto nach wenigen Metern zumindest die Hälfte der ungewöhnlichen Geräusche ablegte.

Über die Zufriedenheit der Kundin mit ihrer Wahl kann ich leider nur spekulieren.

Knapp vorbei …

Und als ich so gechillt mit dem Mahlsdorfer Rentnerpaar die Frankfurter Allee auf der linken Spur gen Osten gleite, zieht vor mir plötzlich ohne zu blinken einer aus einer stehenden Schlange an einer Linksabbiegerspur nach rechts auf meine.

BÄM!

Beziehungsweise: Nein, zum Glück nicht!

Ich hab trotz nur einer Hand am Steuer  mal eben den Elchtest light absolviert, meine Fahrgäste hätten für Sekundenbruchteile gute Protagonisten für ein Harlem-Shake-Video sein können und dann war alles gut. Denn es fuhr keiner rechts von mir und der rechts hinter mir war glücklicherweise nicht schneller als ich. Weswegen ich die seltsame Vermutung hab, dass es in diesem Fall von Vorteil war, dass ich etwas über den erlaubten 50 km/h gefahren bin.

War trotzdem scheiße knapp und mir ist mal wieder bewusst geworden, wie oft ich die Strecke sonst eher im Brain-Resetting-Modus fahre. Das hätte sich dann auch wieder für ein paar Wochen oder Monate erledigt.

Also Obacht da draußen: Am Ende braucht’s immer einen, der dann doch aufpasst!

PS: Und wie ärgerlich das abseits von Blechschaden und vergeigter Schicht gewesen wäre! Haben meine Chefs doch erst kürzlich eine aktuelle Liste im Hauptquartier aufgehängt, auf der ich soo schlecht nicht dastehe:

Endlich ein Ranking, bei dem ich punkten kann! Quelle: Sash

Endlich ein Ranking, bei dem ich punkten kann! Quelle: Sash

Und bevor irgendjemand auf die Idee kommt: Nein, auch wenn das Ding sicher eine psychologische Wirkung haben soll: Das ist kein Mobbing-Werkzeug und außer mir interessiert’s vermutlich sowieso keinen Kollegen. Alle weiteren Verschwörungstheorien beantworte ich in den Kommentaren. 😉

Der Schocker: Legale Drogen!

Nach einer mehr als gesalzenen Wartezeit lümmelte ich so neben meinem Taxi herum, als ein Reisender mehr als nur subtil einen interessierten Blick auf mein Fahrzeug warf. Ich sprang gleich um auf dieses Dienstleister-Kunden-Dingsi und sagte:

„Schönen guten Abend.“

Womit ich nicht gerechnet hatte, war seine Reaktion. Er sah nämlich erschrocken auf, anschließend mich an und insistierte geradezu:

„Aber: SIE RAUCHEN DOCH!“

Gut, das abzustreiten wäre in Anbetracht der Kippe in meiner rechten Hand ein wenig unglaubwürdig gewesen. Ich hatte jedoch keine Ahnung, worauf der Typ rauswollte, so schockiert wie er zu sein schien. Dass Fahrgäste wegen eines 20-Cent-Artikels zwischen meinen Fingern glauben, mich nicht in meiner heiligen Pause unterbrechen zu dürfen, das kenne ich ja. Aber die sagen immer nur beschwichtigend, ich solle doch bitte erst aufrauchen. Aber der war so panisch, dass ich – ohne das je gehabt zu haben – völlig selbstverständlich wie folgt geantwortet hab:

„Ja, aber ich fahre Sie gerne. Wenn Sie aber Sorgen wegen des Rauchens haben, können Sie sich gerne einen Nichtraucher unter den Kollegen aussuchen.“

Immerhin, das mit der Schlagfertigkeit sitzt.

Am Ende hat er sich im Übrigen tatsächlich als einer von diesen Pausen-Fetischisten herausgestellt, mit dem ich ab da eine vergnügte, wenn auch nicht allzu lange, Tour hatte. Aber hier unter uns: Der hat mich ehrlich erschreckt mit seinem Ausruf, und das schaffen nicht viele Kunden. 0.o

PS: Wie auch bezüglich der freien Fahrzeugwahl hab ich kein Problem damit, wenn mich ein Kunde meidet, weil ich eine Zigarette rauche. Wie jeder Raucher bin ich bestens informiert über die gesundheitsschädlichen Auswirkungen dieser Drogen und glaube auch gerne, dass einige Leute da sehr empfindlich reagieren. Allerdings möchte ich mit Blick auf einige (und nicht einmal die schlimmsten) Kollegen darauf hinweisen, dass man als rauchempfindlicher Taxifahrgast manchmal sogar gut damit fährt, einen Fahrer zu wählen, der vor dem Auto steht und eine raucht. Denn schon, dass man dafür aussteigt, hat sich in den ca. 9 Jahren Rauchverbot im Taxi noch nicht so wirklich unter allen Fahrern rumgesprochen …

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Überqualifizierte Taxifahrer

Es ist nicht nur ein gängiges Klischee, sondern tatsächlich ein weit verbreitetes Phänomen, dass Taxifahrer nicht einfach nur Taxifahrer und schon immer Taxifahrer sind. Ich bin so gesehen fast schon eine Ausnahme, denn obwohl ich nebenher schreibe, hab ich ja tatsächlich nicht einmal eine reguläre Ausbildung, ein Studium oder dergleichen absolviert.

Die Kollegen, mit denen ich gelegentlich quatsche, waren beim Bau, haben Küchen montiert, einer repariert noch heute nebenher Computer, einer arbeitet in der Erwachsenenbildung. Abgesehen vom nötigen umfangreichen Stadtplanwissen ist das Chauffieren von Fahrgästen in aller Regel selbst unter den etwas einfacheren Gemütern ja meist nicht die Quintessenz aus mehreren Jahrzehnten Geistesleistung. Entsprechend verbreitet sind auch viele Hobbies, die sich entweder nebenher im Taxi (am Stand) verwirklichen lassen – ich denke da an den Kollegen mit der Gitarre oder die vielen, die mehr als nur die Bild lesen oder den Kollegen, der am Stand eigentlich immer nur vom Kochen erzählt. Von den inzwischen zahlreichen Bloggern ganz zu schweigen.

Und ja, auch die Mythen über iranische Doktoren oder wenigstens hängengebliebene Studenten (siehe meine Chefs z.B.) sind nicht aus der Luft gegriffen, sondern existieren. Und – das möchte ich auch anmerken – vermutlich wirklich öfter als in anderen Berufszweigen. Weil wir auch während der Arbeit Zeit haben, weil wir durch laufend neue Menschen auch stets Input haben, weil wir vergleichsweise flexibel sind. Das begünstigt trotz teils immenser Arbeitszeit enorm die Verfolgung anderer Interessen.

Obwohl ich immer noch der Meinung bin, man sollte den Job Taxifahrer nicht runterspielen (anfangs hab ich das „Studieren Sie?“ ja wirklich gehasst.), kann ich inzwischen verstehen, warum so viele Kunden auf die Idee kommen, dass man ja noch was anderes macht.

Schräg wird’s immer dann, wenn sie spezielle Vorstellungen haben. Ich wurde schon gefragt, ob ich Psychologe sei, Wirtschaftswissenschaftler, Philosophie-Student, Musiker oder Türsteher.

Und dann kam letzte Woche ein Österreicher an, brabbelt ein bisschen vor sich hin und meint dann:

„Na, Sie können mir bestimmt schnell mal sagen, warum mein Handy kein Netz hat, oder? Sie sehen so aus.“

Ähm.

Ehrlich gesagt bin ich selbst überfragt, wenn mein Handy derartiges meldet und meine kleine Nerd-Phase um die Jahrtausendwende hat allenfalls dazu geführt, dass ich Win98-Systeme so tweaken kann, dass auch Ego-Shooter drauf laufen oder wie man in einer 5-Leute-WG eMule zu halbwegs paritätischer Downloadverwaltung überreden kann – etwas, das sich erstaunlich schlecht zu Geld machen lässt heutzutage.

Also hab ich ihm gesagt, er soll’s mal neustarten. Und – die IT-Supporter unter meinen Lesern werden es erahnen – es hat nicht wirklich das Problem gelöst, aber immerhin mal ausgespuckt, dass er das Limit seines Auslandsvolumens aufgebraucht hat. Warum das so kurz nach seiner Ankunft der Fall war … das wird er wohl mit dem Kundensupport seines Anbieters zu klären haben, aber ich denke, für 12,90€ (15,00€ inkl. Trinkgeld) binnen weniger Minuten inklusive Transport zum Hotel hab ich dann als Taxifahrer doch mein Soll übererfüllt. 😉

Ansonsten muss er halt demnächst mal einen Kollegen fragen, der sich WIRKLICH mit sowas auskennt. Schätze, davon gibt es auch genug. 😀