Ein Auto ist wie das andere …

Das kann man als Autofahrer immer ein bisschen sagen. Wo sich Licht und Scheibenwischer finden, variiert nur bedingt und wenn wir zum Antrieb oder Steuern kommen, sind mir wirklich wenige innovative Konzepte bekannt. Nicht ohne Grund stellt es Führerscheinbesitzer nicht wirklich vor eine große Aufgabe, sich ein Auto auszuleihen und damit irgendwwo hin zu fahren. Ein bisschen schwieriger isses für mich als Taxifahrer, weil ich gleich ein paar Stunden in der Kiste sitzen muss, gewisse Auflagen habe und gewisses Equipment.

Und nun musste ich die Kiste wegen des Ausfalls der 72 wechseln.

Und ausnahmsweise auch mal auf ein anderes Automodell – den VW Touran. Meine Chefs hatten mal eine Phase, wo sie die als gute Alternative zu den meist gekauften Zafiras gesehen haben – was sich (glücklicherweise, wie ich nach der Nacht sagen muss) inzwischen wieder geändert hat.

Der Touran hat Vorteile, keine Frage. Im Gegensatz zu Opel schafft VW es nämlich, Erdgasmotoren mit Automatikgetrieben zu verbinden – was die Fahrzeuge gegenüber den Zafiras unter Fahrern recht beliebt macht. Außerdem haben die bei uns in der Firma keine Zusatzsitze, was viele Fahrer auch total toll finden, weil große Gruppen ja so nervig sind.

Ähm ja …

Das is‘ jetzt halt leider so ein bisschen überhaupt nicht meine Prioritätensetzung. Nach 7 Jahren mal wieder einen Automatikwagen zu fahren ist ja ganz nett, aber große Begeisterungsstürme löste das bei mir einfach nicht aus. Und auf Großraumtouren zu verzichten ist für mich ein Manko, kein Vorteil. Außerdem: im Vergleich zu den Zafiras war dieser Touran jetzt echt eine Katastrophe. Nicht einmal technisch. Er war deutlich jünger, besser in Schuss als die 72, aber das glich nicht wirklich irgendwas aus. Zum einen sitze ich zu hoch in dem Auto. Ich passe rein, aber im Gegensatz zum Zafira nervt mich beispielsweise der Innenspiegel, weil er einen großen Teil meines Gesichtsfeldes einnimmt. Und meinem Rücken nach ist das Auto insgesamt nicht sonderlich gut auf mich ausgelegt. Dann die Ablageflächen!
Natürlich hab ich das Zeug, das ich so mit mir rumschleppe, inzwischen an einen Zafira angepasst, aber daran kann ich jetzt binnen einer Nacht nichts ändern. Die Trinkflasche musste ich irgendwo neben’s Portemonaie verkeilen, wo sie fast unzugänglich war, für den Handyakku war gar kein guter Platz zu finden und das kleine praktische Ablagefach in der Mittelkonsole war allenfalls eine fiese Erinnerung daran, dass das Auto nicht einmal ein eingebautes Navi hat. Dazu hinter mir weniger Platz im Fond, ein schwerer vorzurückender Beifahrersitz … ich hab nach einer Weile angenommen, die Kiste habe das Automatikgetriebe nur, um hier im Blogeintrag wenigstens einen Pluspunkt zu bekommen. Wobei ich zugegebenermaßen wenig dazu gekommen bin, an der Stereoanlage zumzuprobieren, vielleicht ist da ja noch ein Pluspunkt drin.

Da mir ein Kollege vor Ort den Schlüssel leihen konnte, hab ich mir ein bisschen Bahnfahren gespart und zudem ein paar völlig anders als bei mir im Auto angeordnete Schalter erklärt bekommen. Vielen Dank dafür!

Wofür mir dann aber leider wirklich wenig Dank bleibt, ist der miserable Sauberkeitszustand des Wagens gewesen. Und ich setze auf dem Gebiet gewiss keine neuen Standards …

Meine Chefs haben mir angeboten, wenn ich will, öfter oder gar regelmäßig auf den Wagen zurückzugreifen. Ich schätze, da werde ich wohl ablehnen. Obwohl es ein Automatik ist, obwohl er verkehrsgünstig steht und satte 145.000 Kilometer weniger auf dem Buckel hat als die 72.

Verzögerungen im Betriebsablauf

Eigentlich hätte ich die heutige Nacht ja wenigstens zu Teilen im Taxi verbringen sollen und eventuell eine nette Story für den Blog rausholen, aber daraus ist nix geworden. Mein Tagfahrer hat mir schon gesagt, dass das Auto „Jeräusche macht, dit haste noch nich‘ jehört“. Da war nach meiner Überprüfung durchaus ein bisschen was dran, denn von meinem Taxi hatte ich solche Geräusche wirklich noch nicht gehört. Allerdings waren sie sehr gut vergleichbar mit dem Sound alter Rennspiele auf dem Atari z.B.

Und „retro“ in allen Ehren: dass da was nicht stimmt, liegt auf der Hand. Nun wird das Auto heute nochmal einen Werkstattbesuch absolvieren und eventuell kriege ich einen Ersatzwagen. Wobei ich auch erst nachfragen muss, ob einer verfügbar ist. Wobei ich damit bei Nachtschichten bessere Chancen hab als ein Tagfahrer.

Alles in allem ist das mit der Arbeit dieses Wochenende also noch ein wenig unsicher, aber ich bin mal guter Dinge. Darüber, was nun das Problem bei der 72 war, werde ich Euch natürlich auf dem Laufenden halten – aber dass es irgendwas mit Kupplung und/oder Getriebe zu tun hat, kann ich schon mal als heißen Tipp abgeben.

Der Uber-Uber-Artikel

Die aktuelle Debatte über den Fahrdienst-App-Anbieter Uber ist ein gutes Beispiel dafür, wie Vernunft im Keim erstickt werden kann, wenn die Ressourcen zu ihren Ungunsten ungleich verteilt sind. Und damit ist nicht einmal die gigantische Summe von 18 Mrd US-Dollar gemeint, die Uber angeblich wert sein soll. Obwohl die sicherlich hilfreich ist für die Firma. Denn damit kann sie den Hype am Leben erhalten, der dank PR die einzige wirkliche Stärke in ihrem Kampf ist. Nicht unähnlich einer Sekte, die mit absurden Heilsversprechen durch außerirdische Götter hausieren geht. Eigentlich nur eine App, ein schmuckes Design und viel Lust auf Grenzverletzungen. Im Grunde nichts, was nicht tausende Hinterhof-Schmieden im Koksrausch auch hätten machen können.

Die Anhänger rufen laut, man möge Innovationen nicht verbieten, dabei war Uber nur genau einmal in der Firmengeschichte tatsächlich kreativ: als sie in San Francisco einen Limousinendienst angeboten haben. In einer Stadt mit offenbar unzureichender Taxiflotte haben sie den jungen Hipstern ein neues Spielzeug geboten und haben vermutlich nicht zu Unrecht Erfolg damit gehabt. Die heute so bewunderte Expansion und das „innovative“ Konzept von UberPop sind indes nur ein Schatten ihrerselbst.

In den New Yorker Taximarkt wollte Uber eigentlich mit einer ganz normalen Taxi-App eindringen, wie sie dort GetTaxi einzuführen vorhatte. Statt das in der Eile sinnvoll zu planen, bot Uber die App den Yellow-Cabs an, die noch nie Bestellungen angenommen haben und dies auch nicht vorhatten. Dabei existieren in New York andere Fahrdienste, die so eine App vielleicht hätten gebrauchen können. Aber nicht mit Uber! Sie wollten die Yellow-Cabs und schoben ihr Scheitern auf eine innovationsfeindliche Branche. Sie brachen den Versuch ab und schmissen auch hier einfach ein paar UberBlack-Limousinen auf den Markt, beileibe kein neuartiger Dienst, schon gar nicht in NYC.

Dann stand Lyft kurz davor, eine lohnendere Variante einer Mitfahrzentrale auf den Weg zu bringen. Ubers Programmierer warfen einen offenbar nicht einmal sonderlich guten Abklatsch dieser Idee – vermutlich auch hier weil in Eile zusammengeschrieben – ein paar Wochen vor Lyft raus und nannten es UberX. Woraus in Europa dann UberPop werden sollte.

Natürlich verletzten sie mit einer App, die ungeschulten Fahrern ohne Lizenz oder Ausbildung die Personenbeförderung erlaubt, etliche Gesetze. Sie wurden hier und da verboten und überall wo sie auftauchten, haben sie auch Prozesse am Hals. Selbst die vermeintlichen Erfolge sehen bei gezielter Recherche schnell dünn aus. In NYC z.B. ist UberPop (also UberX) vertreten, allerdings müssen die Fahrer dort inzwischen auch eine Limousinen-Lizenz erwerben. Ein Kompromiss und ganz sicher kein waghalsiges Niederringen einer Branche, geschweige denn eine große Neuerung.

Ubers aggressive Expansionsstrategie brachte sie schnell nach Europa, wo ihre Innovation im Wesentlichen daraus bestand, mit Geldscheinen zu wedeln. Zwar wurden die Sprecher auch hier nicht müde, die Taxibranche zu beschimpfen und „verkrustete“ und „überholte“ Gesetze anzuprangern, wo immer man ein Mikrofon fand, allerdings ist auffällig dabei, dass sie nicht etwa tatsächlich an den vorhandenen Hürden ins Gewerbe gescheitert wären – sie haben es schlicht nie versucht. Die Gesetze in Deutschland sehen Ausnahmen für neue Technologien und Angebote vor. Kein Fall, für den man nicht eine Genehmigung beantragen hätte können. Was Uber aber soweit bekannt nie getan hat. Stattdessen haben sie sämtliche Arbeit in die PR gesteckt und irgendwelche Taxi-Kartelle erfunden, die die Taxifahrer in Deutschland heute noch vergeblich suchen. Aus dem erwartbaren Gegenwind der Branche und der Politik ließ sich dann das tolle Märchen weiterspinnen vom kleinen Startup, das an einer Politik scheitert, die ewiggestrig ist. Sicher hätten sie mit ihren Anträgen scheitern können, aber die Begründungen der Gerichte wären vermutlich inhaltlich zu kompliziert gewesen, um sie einfach in die Legende einzubauen.

Und überhaupt: die Taxifahrer! Während Uber vor geneigtem Publikum gerne verkündet, mit „einem Arschloch namens Taxi“ Krieg zu führen, ist das ein beim zweiten Hinsehen mehr als billiger Trick. Uber hat gar kein Interesse an einem deregulierten Taxigewerbe. Es müsste ihnen gut in den Kram passen, dass Taxen reglementiert sind, weil es Uber die Konkurrenz erleichtert. Wenn Uber in der gewerblichen Personenbeförderung eine Rolle spielen will, dann als Mietwagendienst. Der unterliegt weit weniger strengen Bestimmungen, aber das macht sich schlecht als Feindbild, denn wer kennt denn bitte überhaupt Mietwagen oder hatte in einem solchen mal eine schlechte Erfahrung, die Uber nun für sich verwenden könnte? (Und wie viele davon wären UberBlacks gewesen, mit denen Uber seit Anfang 2013 in Berlin erfolglos ist?)

Taxifahrer kennt jeder – und da das Gewerbe immer schon auch Schattenseiten hatte, hält es als Sündenbock halt gut her.
Was auch auf andere Weise kurios ist, denn Uber kämpft PR-mäßig an vielen, sich widersprechenden Fronten. Zum einen der Krieg gegen Taxis, der Kampf gegen die Taxi- und Mietwagenregulierungen und nicht zuletzt behaupten sie zusätzlich (!), dass sie ja gar nichts mit diesem Gewerbe zu tun haben, weil sie nur eine Art Mitfahrzentrale sind. Was zwar dreist gelogen ist wie vieles andere, aber darauf kommt’s nicht mehr an. Selbst manche Berichte über ihre Einnahmen sind bestenfalls ein wenig unglaubwürdig, wenn man mal ein bisschen nachrechnet.

Eine Mitfahrzentrale ist man, wenn die Fahrer Leute mitnehmen, die sowieso in die selbe Richtung wollen und sich dafür ein wenig Spritgeld zahlen lassen. UberPop verspricht seinen Fahrern ein Einkommen von 100 € am Tag und vermittelt entsprechende Aufträge. Und wenn man sich wie ich als Taxifahrer ein bisschen näher mit dem Thema auskennt, dann weiß man, dass 100 € in der Personenbeförderung ein ansehnlicher Betrag ist, für den man ein ganzes Weilchen arbeiten muss; nix, was man mit 2 oder 3 Fahrten in einer Stunde mal locker nebenbei einfährt.

Aber da ist das nächste Problem: das Wissen. Das ist recht nutzlos, wenn es dem Glauben gegenüber steht. Jeder, der schon mal eine (in welcher Art auch immer) schlechte Taxifahrt hatte, jubelt Uber nun zu und wünscht den Siegeszug jener „innovativen“ App. Wie sich das damit vertragen soll, dass Uber die Qualität im Gewerbe ausgerechnet dadurch verbessern soll, dass die paar qualitätssichernden Regularien abgeschafft werden, interessiert Gläubige nicht. Und meine Meinung als Taxifahrer mit entsprechendem Wissen zählt natürlich ebensowenig, weil ich ja der Feind von Uber und damit per se unglaubwürdig bin. Hier kommen Argumentationsmuster zum Vorschein, die denen von Verschwörungstheoretikern nicht unähnlich sind.

Faktenresistent wird dabei darüber hinweggesehen, dass UberPop – angeblich ja nette Mitfahrzentrale eines kleinen lieben und von Kartellen bedrohten Startups – beileibe nicht billiger ist als ein Taxi. Sicher, hier und da mal 20% – was jedoch nix ist gegen das „Surge Pricing“, das bei hoher Nachfrage die Fahrer auf die Straße locken soll, weil der Preis vervielfacht wird. Vervielfacht, nicht etwa moderat erhöht! Die Frage, wieso knuffiges Ressourcenteilen so viel kosten muss wie professionelle Personenbeförderung, geht im „Armes Uber, böse Taxifahrer!“-Geschrei natürlich unter. Da wird der Raubtierkapitalismus plötzlich zum Schmusetier, weil irgendwann mal einer der letzten Taxifahrer ein Arschloch war. Dass Uber, würden sie alle Gesetze zu Gunsten UberPops einreissen, auch Mitbewerbern Tür und Tor öffnen würde, denen dann wirklich alles scheißegal ist, ist natürlich auch nur eine düstere Dystopie, die ich als Taxifahrer ungerechtfertigt aus Angst um mein Geld in die Welt setze und nicht etwa, weil das zum einen auf jedem komplett deregulierten Markt passiert und ich zum anderen aus mehrjähriger Erfahrung weiß, wie schwer es in diesem Gewerbe ist, irgendwelche qualitätssichernden Regeln auch nur durchzusetzen.

Und als ob das nicht schon ein viel zu langer Text wäre, den kaum jemand bis hierhin durchlesen wollte, ist der wichtigste Punkt noch überhaupt nicht angeschnitten: dass das Kernkonzept von UberPop darin besteht, Menschen auf die Straße zu schicken, die weder ein Gewerbe angemeldet haben, noch bei Uber beschäftigt sind. Die Fahrer werden abgespeist mit einem allem Anschein nach sittenwidrigen Vertrag, der ihnen quasi alle Rechte nimmt, und sind damit nicht einmal Angestellte. Wer es versäumt, oder – was wahrscheinlicher ist – sich absichtlich dagegen entscheidet, ein Gewerbe anzumelden und dort die Gewinne seiner Tätigkeit abzurechnen, arbeitet schwarz. Nicht dunkelgrau oder ein bisschen schwarz – sondern zweifelsfrei.
Und tatsächlich wird aber nicht etwa darüber diskutiert, dass sich da einige im Grunde bedauernswerte Gesellen fremde Leute ins eigene Auto laden, damit oft ihre Versicherung riskieren und am Ende im kargen Niedriglohnbereich (Tja, keine Angestellten, kein Mindestlohn!) Sklaven ohne Rechte spielen, ohne dabei ihr Einkommen zu versteuern oder wenigstens in die Sozialkassen einzuzahlen. Nein, die Profis unter den Gläubigen sagen, dass das „vielleicht schon etwas schlecht“ sei, „aber mit Mindestlohn und Steuern“ wäre es voll dufte. Klar, ein Banküberfall mit Bankkarte statt Pistole und Zugriff nur aufs eigene Konto ist auch voll in Ordnung. Aber bei UberPop ist diese lockere Anbindung das Konzept, darum geht’s hier! Nicht darum, was UberPop vielleicht sein könnte, wenn es anders wäre. Etwas, das überall geächtet und als gesellschaftliches Problem anerkannt ist, wird bei Uber ruck-zuck zu einer leider unterdrückten Innovation erklärt.
Etwas, das vermutlich wirklich nur mit einer Milliarden-Propagandakasse erklärt werden kann.

Natürlich bin ich in meiner Position als Taxifahrer befangen. Man wird mir zumindest immer vorwerfen können, dass es mir eigentlich nur um meine eigene Kohle geht bei der Sache. Nichtsdestotrotz habe ich auch einfach Ahnung vom Geschäft:

Ich weiß, dass es zumindest hier in Berlin kein Taxi-Kartell gibt. Hier bekriegen sich 5 oder 6 Gewerbevertretungen gegenseitig und liegen zudem im Clinch mit dem LABO und dem Gewerbe in den umliegenden Gemeinden. Und in den Gewerbevertretungen sind tausende (ja, tausende – in Berlin alleine!) Unternehmen unterschiedlichster Meinung organisiert.

Ich weiß, dass wir Taxifahrer nie ohne Konkurrenz waren – egal ob seitens der Mietwagen, dem Carsharing, Bus und Bahn, dem Privat-PKW oder am Ende durch uns selbst.

Ich hab schon schwer schlucken müssen, als ich gelesen hab, dass Uber für die Vermittlung 20% Provision kassiert, weil ich weiß, dass man nach so einem Abzug einfach beschissen wenig Geld verdient, so lange man es wenigstens legal meldet. Die anderen Abzüge, die Uber hier und da darüber hinaus einführt, mal gar nicht einberechnet.

Auch über die uns vorgeworfenen festen Preise wüsste ich zu referieren, dass sie zum einen dafür sorgen, dass Taxifahren nicht noch teurer ist als ohnehin. Und noch dazu, dass Uber das gar nicht stören muss, weil sie ja sowieso keine Taxis im Sinne öffentlicher Verkehrsmittel (wie wir es sind) anbieten will und damit natürlich auch nicht der Tarifpflicht nicht unterliegt. Wir sind die, die weiter für 15 € fahren müssen, wenn bei Uber 120 € angesagt sind. Und laut Uber-Kunden sind wir dafür immerhin auch gut genug. Messen mit zweierlei Maß made bei Uber-Fans.

Und mir fallen ebenso für all die Gerüchte über unsere Einnahmen, unsere Auslastung und das, was Uber da reissen könnte, zig Gegenargumente ein, warum genau dieses oder jenes nicht oder nur teilweise stimmt. Einfach weil das seit 5 Jahren als Taxifahrer und Taxiblogger mein Leben ist.

Aber das alles hat ein großes Problem: es beschreibt eine komplizierte rechtliche und gesellschaftliche Situation, die nicht ganz so sexy wie die David-gegen-Goliath-Geschichte ist, die Uber frei erfindet und unter den Gläubigen streut.

Wie bei anderen Religionen scheint es ein Kampf gegen Windmühlen zu sein. Ich kann nur immer wieder sagen, dass man sich selbst informieren sollte, bevor man die einfachste Lösung akzeptiert. Aber das ist halt kompliziert und der große Schwarm der Leute, der weder Zeit noch Lust hat, einen Mythos zu entzaubern, weil es ja immerhin eine Flasche Wasser gratis gibt, schwimmt halt mit im Strom der 18 Milliarden Argumente. Da strampelt man sich mit einem Zehner Stundenlohn ziemlich ab um dagegenzuhalten. Wohl dem, der keine Ahnung hat; denn das ist weit weniger anstrengend …


Nachtrag: Seht Euch die USA an, schaut in die Foren der Fahrer! Lest mal, wie die abgezockt und ignoriert werden! Obwohl Selbstausbeutung via selbständigem Drittjob dort viel akzeptierter ist als hier. Und auch wie die Fahrer dort über Kunden und ihren Service denken. Wo ist das gehypte Kuschel-Startup mit den ach so viel besseren Bedingungen? Zuschläge für hinterlistig konzipierte und beinahe nutzlose Versicherungen, willkürliche Preissenkungen, jetzt dann Miete für ein nur für die App nutzbares Telefon usw. usf. … da bleibt kein lustiges Shareconomie-Märchen am Ende. Die ziehen Geld aus jedem Cent von jedem, der ihnen über den Weg läuft. Moral hingegen kostet Geld, ist also unnötig. Wenn wir Taxifahrer schon Monopole und ein Kartell haben, was baut Uber da gerade auf? Gibt’s dafür schon einen Namen?

Dieses „Normal“

„Wie ist das denn so normal?“

„Normal stell‘ ich mir das ganz locker vor.“

„Ist das normal für Sie?“

Normalität ist etwas seltsames, wenn man sie im Taxi zu ergründen sucht. Insbesondere in einer Berliner Nachtschicht. Natürlich ist Taxifahren in vielen Belangen ein normaler Job. In manchen Dingen ist die Normalität da halt etwas stapazierbarer als jetzt vielleicht die eines Fließbandarbeiters.

Und die Frage wird immer wieder gestellt. Angefangen von den Leuten, die gerade irgend was „total verrücktes“ machen und selbstverständlich absolut NICHT normal sein wollen; bis hin zu jenen, die sich versichern wollen, dass ihre Tour jetzt aber hoffentlich nicht zu sehr aus dem Raster fällt. Ob das jetzt die Länge der Fahrt, die Uhrzeit, die Themen der Gespräche oder das Fahrtziel angeht – überall die Angst oder Hoffnung, normal zu sein.
Aber auch im Gewerbe, beim Bloggen – selbst jetzt bei der unseligen Uber-Diskussion – überall wird erzählt, wie was jetzt „normalerweise“ ist. Und keine Frage: ich verwende den Begriff auch oft. Ist ja normal. 😉

Meistens ist das ja egal, weil es nur ein dahergesagtes Wort für häufig ist. Traurig finde ich halt, wenn sich eine Rentnerin fürchtet, mir die Schicht zu verderben, weil ich sie vom Ostbahnhof mit einem Stapel Gepäck bis nach Mahlsdorf bringen muss. Das passiert zwar viel zu selten, ist aber abgesehen vom überdurchschnittlichen Verdienst eine ganz normale Fahrt für mich. Ebenso wie um 5 Uhr morgens zwei verknallte Kerle vom Berghain zu Tom’s Bar zu fahren eine ganz normale Fahrt ist. Die Auslöser für diesen Eintrag waren zwei Jungs, Anfang dreißig, hackedicht aber lieb. Wegen eines Junggesellenabschieds in Berlin und auf dem Weg in ihr Hotel. Für mich völlig normal, hätte ich den beiden aber nicht sagen dürfen. Für sie war es nämlich der geilste Abend der letzten Jahre.

Trinkgeld ist von 0,00 bis vielleicht 5,00 € völlig normal. Was aber – und da kommen wir der Sache näher – nicht heißt, dass es deswegen uneingeschränkt selbstverständlich ist. Oder für mich kein Grund, mich zu freuen.

Ich glaube, im Dienstleistungsbereich geht die Spanne des „Normalen“ im Vergleich zu vielen anderen Jobs bis weit vom Durchschnittswert weg. Weil Dienstleister eben auf sehr unterschiedliche Kundschaft stoßen und zumindest im Taxi beispielsweise auch unsere Arbeitsweise stark ändern können. Mag die Durchschnittsfahrt im Gewerbe 12 € bringen, wird ein Flughafenfahrer noch Touren für 40 € völlig normal finden, während mein Tagfahrer vielleicht nicht mehr ganz so normal findet, was sich betrunkene Mädels auf dem Heimweg über ihre Freunde erzählen. Ich selbst bekomme schon Probleme, wenn Kunden mich fragen, wie lange ich normal arbeite.

Ich habe einen Facebooktroll, der mich seit Monaten fragt, wie viel man „normal“ im Taxi verdient, wann man „normal“ arbeitet, was einem „normal“ erlaubt ist und nebenbei natürlich, warum ich ihm darauf nach dreimaligem Klarstellen, warum das schwierig ist, nicht mehr antworte.

Deswegen sind die meisten Jobblogs meiner Meinung nach Dienstleistungsblogs. Weil unser „Normal“ manchmal weit in den „Skurril-Bereich“ der Leser reinragt.

Das Ganze hat aber eine weitere Dimension. Nämlich die, dass es genau das ist, was uns Dienstleistern den Job so schwer macht und unsere eigentliche Qualifikation sein sollte: dass wir Dinge irgendwie „normal“ handhaben können, obwohl viele Menschen da draußen das nicht finden. Ich weiß – und bin stolz drauf – dass mich als Dienstleister auszeichnet, dass ich mit betrunkenen Jugendlichen, knausrigen Oberlehrern, wehleidigen Rentnern und streitenden Pärchen umgehen kann. Ohne immer nur das Schlechte zu sehen, ohne die Leute für Dinge verantwortlich zu machen, für die sie nichts können. Und letzten Endes auch ohne daran selbst kaputtzugehen.

Auch das ist ein Grund – und der Hinweis muss immer und immer wieder sein – warum ich mich hier so in diesen an sich lächerlichen Kampf mit Uber stürze, obwohl ich selbst immer öfter lachen muss, wenn ich den Namen höre. Im Taxi- und Mietwagen-, aber auch in jedem anderen Dienstleistungsgewerbe hat man zu kämpfen. Damit, dass nicht alles normal und geregelt ist. Diese Firma – oder zumindest ihr Diplomatiegenie an der Spitze – stuft, was ich und viele Kollegen machen, als überflüssig ein. Weil das ja auch ohne Regeln hobbymäßig für noch weniger Geld erledigt werden könnte. Wie immer an den meist schwammigen und anzweifelbaren Aussagen aus dem Hause Uber ist auch daran zumindest mal so viel richtig, dass man es schlecht als komplett falsch verwerfen kann. Abends an seiner Lieblingsbar die Stammkunden einsacken und heimfahren kann jeder. Seinen Lebensunterhalt mit dem Heimbringen derer zu bestreiten, die in Läden rumliegen, die aus Gründen niemandes Stammkneipen sind, kann halt nicht jeder. Genauso wie beispielsweise nicht jeder in der Lage ist, mir meine Wut über einen unnötigen Internetausfall durch Pfusch an der Hotline zu nehmen und das Problem sachlich und schnell zu lösen.

Normal in der Personenbeförderung jeder Art ist es, auch mal auf Fahrten warten zu müssen. Oder unliebsame, weil schwierige Fahrten für wenig Geld zu machen. Nicht nur, dass niemand einem die nervigen Kunden ewig vom Hals halten kann. Nein, am Ende brauchen wir die auch noch, um unser Geld zusammenzukriegen. Die Belohnung sind dann Fahrten wie diese:

Winker am Mariannenplatz (halbwegs normal). Sechs Leute, die zufällig ein Großraumtaxi angetroffen haben (schon eher glücklich). Meine dritte Winkertour in Folge (Wahnsinn!).
Die Größe der Passagiere passte perfekt zu den komplizierten Platzverhältnissen (sehr selten!) und nach etwas Eisbrechen gelang uns eine flüssige Konversation (normal) in englisch (ebenso normal).
Die Familie kam aus Israel (normal), war allerdings hier, weil die Mutter in der letzten Sitzreihe hier in Berlin geboren war (in der Kombination eher selten) und sie nun mal auf den Spuren der Vergangenheit wandeln und entfernte Verwandte besuchen wollten. Die eine Hälfte der Leute war still (normal), der Vater war nach allen vorbereitenden Gesprächen ein geradezu anstrengender Berlin-Enthusiast, der bei jedem Haus wissen wollte, was da drin ist und dauernd schwer zu beantwortende Fragen stellte wie „Wo kann man hier abends noch weggehen?“ (grenzwertig normal). Am Ende kamen wir auf gute 15,80 € Umsatz (normal), alle waren bester Laune (normal), aber die Mutter gab mir keinen Cent Trinkgeld (bei so einer Tour eher selten). Während mich der Vater beim Zusammenklappen der Zusatz-Sitze weiter mit Fragen löcherte (nicht mehr wirklich normal), kam einer der Söhne an und steckte mir die 4,20 € Wechselgeld zu, bei der die Mutter sich offenbar nicht getraut hatte, sie mir zu geben (normal. Quatsch, war so unerwartet natürlich extrem geil!).

Was lernen wir daraus? Nur weil das Wort „normal“ gefühlte hundert Mal in einem Blogeintrag vorkommt, muss der noch lange nicht normal sein. 😉

Anschnallpflicht für Taxifahrer

Ich bin von mehreren Seiten gestern darauf hingewiesen worden, dass die Anschnallpflicht für Taxifahrer demnächst kommen soll. Zum Beispiel hat Spiegel Online das hier berichtet. Das überrascht mich zwar zugegebenermaßen, ich hätte nicht gedacht, dass diese Regelung noch irgendwer auf dem Schirm hat, aber es gibt auch nichts, was mir egaler sein könnte.

Bisher ist es uns Taxifahrern erlaubt, während der Personenbeförderung – also so lange Kundschaft an Bord ist – keinen Sicherheitsgurt anzulegen. Der Hintergedanke ist, dass wir im Falle eines Überfall schnell das Fahrzeug verlassen können.

Nun ist das natürlich eine nette Sonderregelung, allerdings ist sie – o Wunder – statistisch nicht so recht sinnig. Der BZP führt in seinem Statement zugunsten der Einführung der Anschnallpflicht zwar an, dass es auch letztes Jahr wieder zu 244 Verletzungen bei Überfällen* kam, die Zahl der Verletzungen durch Unfälle jedoch wesentlich höher liege und die „heutige Sicherheitstechnik“ (ich bin sicher, sie meinen Airbags) geradezu ein Anschnallen erfordere, um nicht ihrerseits zu Verletzungen zu führen.

Und ich wüsste nicht, was sich an der Erkenntnis ändern sollte. Ich bin davon bisher schon ausgegangen und schnalle mich dementsprechend an, auch wenn ich es nicht müsste. Sicher, wahrscheinlich gibt es unter Taxifahrern weit mehr Gurtmuffel als sonstwo – eben weil man sich daran gewöhnt, sich halt nicht anzuschnallen. Und die dürfen sich meinetwegen gerne über die Bevormundung beschweren. Mir persönlich isses wie gesagt halt völlig egal, da ich mich sowieso anschnalle.

Danke an all die Hinweisgeber!

*Spiegel Online macht im verlinkten Artikel aus den 244 Überfällen mit Verletzungsfolge im letzten Jahr insgesamt „genau 244 Überfälle“, was natürlich Quatsch ist und vermutlich nicht einmal Berlin abdecken würde. Die weitergehenden Schlussfolgerungen sind jedoch zufälligerweise richtig, und das ist ja immerhin schon mal was.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Besetzt

Gestern ist mir im Laufe der Debatte über Uber ein Kommentar von katapult aufgefallen. Ohne jetzt die ganze UberPop-Debatte nochmal zu wiederholen (Torsten kam mir zuvor. 😉 ) hat mich die Vorstellung davon, dass Uber sicher weniger Leerkilometer hätte als MsTaxi zuvor von ihrer letzten Nachtschicht berichtet hatte, fasziniert. Bei ihr waren das 49 Besetztkilometer von 121 insgesamt. War keine tolle Schicht, hat sie selbst auch geschrieben.
katapult setzte dann für Uber – sicher etwas vorschnell – 90% Besetztkilometer an, weil die ja effektiv ans nächste Auto vermitteln würden.

Nun ist das für Leute mit Ahnung vom Gewerbe natürlich als utopisch zu erkennen. Aber das ist ja genau so ein typischer Fall, wo sich andere Menschen – also auch Kunden – regelmäßig vertun: Sie haben eine unklare Datenlage, z.B. ihre letzte Fahrt oder auch mehrere; und rechnen das dann hoch. So landen manche auch bei der Einschätzung, wir verdienen 50 € in der Stunde: weil sie ja eben gerade in 20 Minuten für 20 € gefahren sind und der Sprit bei den paar Kilometern ja höchstens einen Zehner kostet … sehr grob vereinfacht. Aber manche rechnen wirklich so.

90% Besetztkilometer sind weder für Taxen, noch für Limousinen oder dergleichen auch nur annähernd erreichbar. Selbst wenn Uber statt einem illegalen MyTaxi-Klon etwas wirklich innovatives programmiert hätte, wäre an sowas im Traum nicht zu denken. Und die Begründung ist so simpel im großen Ganzen, wie sie im Detail kompliziert sein kann. Im großen Ganzen:

Wir sind Individualverkehr und die Kunden leben alle anders und nur bedingt berechenbar.

Ein klassisches, sehr modellhaftes Bild: Wenn ich Leute zu einem beginnenden Konzert fahre, werde ich dort vermutlich erst nach dessen Ende anderthalb bis vier Stunden später wieder Kundschaft haben, die heim will.

Ebenso ist z.B. zu meiner Arbeitszeit, am Wochenende nachts, in der Stadt viel Kundschaft unterwegs, aber ein nicht geringer Teil davon will in irgendwelche Außenbezirke nach Hause. Dann stehe ich da draußen in einem Wohngebiet, in dem ein Fenster erleuchtet ist: das meines Kunden eben, der bestimmt in den nächsten 48 Stunden kein Taxi mehr braucht. Natürlich gibt es dort immer wieder einzelne Fahrten – aber in der großen Masse müssen Taxen wieder in die City zurückfahren, um dort für die Kundschaft dazusein.

(Kleiner Tipp am Rande: wenn ihr nachts etwas weiter draußen ein Taxi nach noch weiter draußen braucht und schon mal loslauft – achtet auf den Gegenverkehr! Dort werden mit größerer Wahrscheinlichkeit freie Taxen fahren.)

Und derartiges gibt es am laufenden Band. Taxen müssen z.B. gelegentlich Tanken oder repariert werden. Alles Fahrten, die man ohne Kundschaft machen muss. Meist wohnen Taxifahrer auch nicht über einer Kneipe, sondern müssen erst einmal irgendwohin fahren. Überhaupt: selbst wenn es zahllose Taxen gibt: bei 90% Auslastung bedeutet das bei einer normalen Tour um die 5 km, dass man sowohl für die Anfahrt als auch die Abfahrt allerhöchstens 500 Meter fahren „dürfte“. Es gibt Gegenden, da findet man in dem Umkreis nicht einmal ein eingeschränktes Halteverbot. Geschweige denn einen Taxistand oder einen anderen Ort, wo man mit Kundschaft rechnen kann.

Ich hatte heute nacht zum Ende hin einen prima Lauf. Der Ostbahnhof war mir zu unsicher, die Schlange war mir zu lang, also bin ich mal losgefahren. 2 Kilometer leer. Dann Winker. 2 Kilometer etwa. Direkt am Ziel stiegen gleich wieder welche ein. Für nochmal 2 Kilometer. Dort das selbe: sofort eingestiegene Kundschaft. Mit einem Ziel in 5 Kilometern Entfernung. Perfekt! Aber das sind unter 90% Auslastung – noch gar nicht eingerechnet, dass ich zuvor bei der Tanke war und nach der letzten Tour 6 Kilometer bis zum Abstellplatz des Autos fahren musste.

Das mit eingerechnet war ich wieder bei unter 50% Auslastung. Und das ohne einen Umweg gefahren zu sein, der mich vielleicht näher an andere Kundschaft gebracht hätte.

Die Besetztkilometer notiere ich mir nicht gesondert. Auf den Abschreibern schon, aber für meine Statistik sind sie irrelevant. Am Ende kommt es darauf an, wie viel ich pro Kilometer verdient hab – und die Zahl hat nur indirekt damit zu tun. (kurze Fahrten sind z.B. pro km teurer)
Wenn ich schätzen müsste, liege ich auch bei 40 bis 50% mit Kundschaft an Bord. Das ist natürlich nur ein beispielhafter Wert. Schließlich arbeiten die Kollegen alle unterschiedlich. Da ich den Funk aushab, bekomme ich unterwegs sicher weniger Fahrten – andererseits fallen dafür Anfahrtswege und Fehlfahrten weg. Ich fahre gerne zu meinen Lieblingshalten in der Innenstadt zurück und dabei gerne Umwege, die erfahrungsgemäß bezüglich Winkern vielversprechend sind, andere Kollegen haben viel mehr und besser verteilte Halten oder Sektoren. Ich kann keine fürs Gewerbe gültige Durchschnittszahl nennen, aber ich bin mir 100%ig sicher, dass sie näher an 40% als an 90% liegt.
Um das zu erreichen, müssten die Kunden zu uns kommen und nicht umgekehrt. Und da sind wir dann bei dem, was man gemeinhin Linienverkehr nennt und mit Individualverkehr nicht viel gemein hat.

Und um nochmal auf Uber zurückzukommen: genau das Glück, das ich heute Nacht hatte, kann ein Uber-Fahrer nicht haben. Er mag unterwegs einen neuen Auftrag bekommen – aber dass Aus- und Einstiegsort derselbe sind, klappt vor allem, weil wir als Taxen erkennbar sind.
Außerdem: auch wenn Uber mit vermeintlicher Innovation rumprahlt: was die Fahrtvermittlung angeht, sind Taxen seit jeher sehr effizient gewesen. Wenn ich mich richtig erinnere, liegt die durchschnittliche Wartezeit in Berlin immer noch bei rund 4 Minuten oder so. Natürlich kann deswegen ein Großraumtaxi mit Kindersitz nach Marzahn-Nord trotzdem mal eine halbe Stunde brauchen oder sogar nicht verfügbar sein. Aber die vielen Leute, deren Taxi nach 2 Minuten da ist, gleichen das statistisch wieder aus. Und das ist eine logische Konsequenz aus der schieren Masse an Taxen, die rumfährt. Die – das sei hier ganz explizit erwähnt – einer der Gründe ist, weswegen es für den einzelnen Fahrer verhältnismäßig wenig zu holen gibt, bzw. die Taxipreise so hoch sind. Auch Effizienz hat zwei Seiten.

Uber versucht also nicht weniger als genügend Fahrer auf die Straße zu kriegen, um mit unseren Anfahrten gleichzuziehen. Dabei versprechen sie den Fahrern mehr Geld als ein Taxifahrer verdient, den Kunden mehr Qualität und niedrigere Preise – und sie selbst versuchen mehr Gewinn aus der Sache zu ziehen als z.B. meine Chefs, die das Gewerbe vor Ort seit 30 Jahren kennen. Man muss nicht mal an 90% Besetztkilometer glauben, um das für ein völlig bescheuertes Unterfangen zu halten. Was gibt’s nächste Woche? Wolpertinger-Steak mit Einhornsauce? Die eierlegende Wollmilchsau ist ja anscheinend schon überholt worden …