„Ich bin so fertig mit der Scheiße!“

Kurze Wartezeit am Sisyphos, eine Truppe abgelehnter Touris. Aus Bayern.

„Ich schnall‘ das nicht! Wir? WIR? Die hätten die Vollpfosten vor uns ablehnen sollen!“

Vielleicht hatten sie recht. Die „Vollpfosten vor uns“ hatte ich nicht im Auto; wie die so drauf waren, kann ich schlecht bewerten. Aber das Mädel hinten links brach in Tränen aus, der in der Mitte schwieg und der neben mir lebte in seinen Gedanken Tötungsfantasien aus, die glücklicherweise  nur hier und da artikuliert wurden. Und zudem natürlich, dass er fertig sei „mit der Scheiße“.

Ich will ehrlich sein: Abgesehen von der für mich nur mittelmäßigen Musik war das immer mein größter Hinderungsgrund, je Clubgänger zu werden: Türsteher. Ich war mit meinen paar Pfund zuviel auf den Rippen und meiner damit verbundenen Klamottenwahl nie irgendwo per se willkommen und ich hatte dementsprechend auch nie das Bedürfnis, einer Szene anzugehören, die mich allenfalls dulden würde. Wenn z.B. das Wetter gut ist oder die Auslastung des Clubs gerade genehm.

Aber gut, wir Menschen sind ja alle verschieden. Das Sisyphos soll gut sein und ich gönne auch den Menschen Spaß, die jetzt vielleicht nicht zu 100% auf meiner Linie liegen. Aber dass in den angesagtesten Clubs in Berlin willkürlich Leute abgelehnt werden, ist ja nunmehr auch weniger ein Geheimnis. Seit Anbeginn meiner Präsenz auf der Straße als Taxifahrer lege ich den Leuten ans Herz, wenigstens einen Plan B zu haben und das nicht persönlich zu nehmen. Das macht eine Ablehnung natürlich nicht unbedingt gut, aber seit spätestens dieser Tour weiß ich auch, dass Rumjammern nicht unbedingt glücklicher macht.

Aber klar: Extra von Augsburg nach Berlin fahren, um in einen besseren Club zu kommen, ist anscheinend nur ein Teil der Experience. Ohne reingekommen zu sein den Club als „dümmste Party von Welt“ zu beschimpfen, macht es natürlich besser.

Auf dem Weg zu ihrem Hostel hätten wir ungelogen an mindestens fünf Locations anhalten können. Und ich will hier nur die gezählt sehen, die elektronische Musik spielen. Aber wenn der Name des Clubs mehr zählt als die Party dort, dann ist das eben so und ich schätze, dass es auch f+ür alle Betreiber der potenziellen Kandidaten eher gut war, dass ich die Kundschaft – genervt wie sie war – „nach Hause“ gebracht habe.

8 Kommentare bis “„Ich bin so fertig mit der Scheiße!“”

  1. the passenger sagt:

    Bin ja durchaus Clubgänger; allerdings ähnlich wie Du, Sash, optisch eher der „altenativere“ Typ. Deshalb suche ich mir in der Regel Locations aus, die an der Tür auch eher entspannt sind und in die man auch reinkommt, ohne sich verkleiden zu müssen. Gibt’s hier in meiner 120.000-Einwohner-Stadt durchaus; wird’s also gewiss auch in Berlin geben 😉 Aber wenn die Gäste dermaßen unflexibel waren… Ich hätte mir den Abend nach mehreren hundert Kilometern Anfahrt jedenfalls nicht von irgend ’nem Arsch-Türsteher verderben lassen.

    Ach ja, der Club, in dem ich am Wochenende manchmal auflege, lässt übrigens alle rein. Außer, sie sind so betrunken, dass sie kaum noch stehen können oder geben sich optisch deutlich als Anhänger einer indiskutablen politischen Gesinnung zu erkennen…

  2. egal sagt:

    Ich hatte nur eine kurze Phase als Discogänger. Da waren die Türsteher aber eher darauf bedacht die zu besoffenen Leute nicht reinzulassen. An sich ist aber jeder reingekommen. In einem Laden wurde extra ein Aufzug eingebaut, um Rollstuhlfahrern die neue 1. Etage nicht vorzuenthalten. Überhaupt war der Laden immer sehr offen bzgl. Nicht-Mainstream und Alternativen.

  3. Daarin sagt:

    Ich weiß jetzt nix über die Leute, wirklich absolut gar nix. Ich bin nichtmal Clubgänger, ich war noch nie in einer Disko (und das k darin sollte zu erkennen geben dass ich dazu schon einiges an Zeit hatte) und ich habe auch nie Interesse daran gehabt. Aber:

    Wenn ich mir überlege, ich habe einen Plan was ich machen will und gehe natürlich davon aus, dass das auch schon irgendwie klappen wird. Ich nehme an die Personen haben eher zu denen gehört bei denen noch nicht lange dauerhaft eine Zwei im Alter stand. Dann habe ich mehrere 100 km Fahrt in denen ich mich heiß mache. Es ist eine Strapatze mit dieser Fahrt, aber ich gehe ja davon aus, dass das was ich will auch klappen wird, so freue ich mich tierisch darauf, dass ich in diese eine Location von der ich schon so viel gehört habe rein komme. Es wird über die Fahrt von der Gewissheit zur Selbstverständlichkeit. Ich bin in der Stadt, ganz nah dran, fahre dort hin und muss vielleicht auch noch einiges warten. Und dann, nachdem ich hunderte Kilometer auf mich genommen habe in dem „Wissen“ das klappt, dann werde ich vielleicht 20m vor dem Ziel, auf dass ich mich so heiß gemacht habe gestoppt. Aus mir nicht ersichtlichen Gründen. Und unüberwindbar. Also für mich wäre es das dann auch gewesen. Erst kommt eine Art Endorphinrausch, damit man die Strapatzen überhaupt auf sich nimmt und dann, wenn man absolut aufgeregt ist, wird man auf null runter gebremst. Da verstehe ich die Clubgänger absolut. Sogar den dann entwickelnden Hass auf die Location.

    Na klar, es ist dumm sich auf sowas zu begeben ohne einen Plan B zu haben. Aber Dummheit schützt vor solchen Gefühlen gar nicht.

  4. Berliner sagt:

    Von Freunden des Sisyphos wird dein Beitrag übrigens rege diskutiert! 🙂

  5. Geschmackspolizei sagt:

    Sisyphos: Originelle schräge Homepage im Anarcho-Kindchen-Design..

  6. Arno.nyhm sagt:

    Gibts da nen Link zur Diskussion?

  7. Sash sagt:

    @Berliner:
    Ich schließe mich der Frage von @Arno.nyhm an. 🙂

  8. Berliner sagt:

    Checkt die Facebookgruppe Sisyaner, falls Interesse besteht. 🙂

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