Durchstarten mit Schwierigkeiten

Weihnachten ist vorbei, raus auf die Straße, loslegen!

Ja, so war mein Plan im Wesentlichen auch. Gut, ich war letzte Nacht alles andere als früh am Auto, aber wer ist schon perfekt? Ich hab mich also gemütlich eingerichtet, bin in die Nacht gestartet und hab das Auto nach großzügigen 3,9 Kilometern wieder auf dem Hof abgestellt. Die Kupplung. Dass die irgendwann demnächst mal fällig werden würde, war klar. Dass irgendjemand die in den letzten zwei Wochen aber weiter runtergeritten und dann das Taxi (offenbar) ohne Hinweis abgestellt hat … ganz große Klasse, wirklich!

Ich meine, so niedertourig wie ich fahre, sind da durchaus noch ein paar Kilometer drin.  Aber zwischendurch gibt’s  dieses seltsame Ritual namens Beschleunigung und es kann mir doch keiner erzählen, dass man es nicht merkt, wenn die Kupplung ab 2000 Umdrehungen nicht mehr greift.

Gut, wenn alles glatt läuft, ist das bis heute Abend erledigt. Unsere Werkstätte mag ihre Mängel haben, aber schnell sind sie ja. Auf jeden Fall aber hoffe ich, dass damit nicht Silvester ins Wasser fällt, denn aus vermutlich nachvollziehbaren Gründen sind da in der Regel keine Ersatzautos mehr zu kriegen. Also Daumen drücken!

Floskelgrenzen

Wenn alles ohne Probleme läuft, kommt man als Taxifahrer ja meist mit vielleicht 10 immer gleichen Sätzen durchs Leben mit den Kunden. Man hat fast alle nur für wenige Minuten im Auto, da reicht eine nette Begrüßung, ein Kommentar übers Wetter, einer zum Zielort und/oder der Strecke, ein netter Joke zum Abschied und ein Danke fürs Trinkgeld. Und wenn man das alles fünf Minuten später einem anderen Kunden wortgleich erzählt, wird er’s wieder für eloquent und persönlich halten. Aber natürlich: Ausnahmen bestätigen die Regel.

Aber es gibt so Sprüche, da käme man nicht im Traum drauf, dass man damit irgendwann mal falsch liegen könnte. Einer meiner Lieblinge ist zum Beispiel das bekannte „auch nur mit Wasser kochen“, das ich gerne bemühe, wenn ich wegen einer Straße nochmal nachfragen oder das Navi einschalten muss. Hört sich dann etwa so an:

„Oh, damit haben Sie mich erwischt. Aber wir Taxifahrer kochen halt auch nur mit Wasser, ich hab natürlich nicht alle Straßen in Berlin immer richtig sortiert im Kopf.“

Das kommt immer gut an. Ein kleines Eingeständnis von Schwäche, aber in sympathisch und ohne irgendwas großes draus zu machen. 90% äußern Verständnis, 9,999% nicken wenigstens stumm. Und dann hatte eine Kundin neulich allen Ernstes eine andere Antwort:

„Wissen se, dit passt jar nüscht für mich.“

„Was?“

„Na hier, mit de Wasser. Ick koch mit Wasser höchstens Nudeln. Allet andere mit Wein, Bier oder Milch. Und eins von den‘ jeht imma!“

Ich hab gar nix dagegen, die oben genannte Floskel- und Smalltalk-Ebene zu verlassen. Aber darauf ist mir auch nix mehr eingefallen. 🙂

Frohe Festtage allerseits!

Gestriges Weihnachtssingen in der alten Försterei, Quelle: Sash

Nachdem die letzte Zeit bei GNIT etwas ereignisarm verlaufen ist und ich auch meinen Privatblog noch nicht gefixt habe, wollte ich zu Beginn des allseits einsetzenden Plätzchenkomas kurz mal schreiben, dass hier alles gut ist und die kleine Pause hier vor allem der kleinen Pause im Taxi, bzw. teilweise auch der wenig spektakulären Ereignisse während der letzten Schichten zu verdanken ist.

Mir geht’s gut, GNIT ist auch nicht tot oder so, es ist einfach Weihnachten. Das wird auch nicht der letzte Eintrag 2016 sein, ab 29.12. mache ich wieder die Straßen unsicher, inklusive Silvester. Es ist also noch ein paar Tage zu früh, mich aus dem Reader zu schmeißen. 😉

Ich hoffe, Ihr habt bis dahin alle ein paar schöne Tage, möglichst wenig Stress und viel gutes Essen!

Einen großen Dank Euch allen für die vielen Kommentare, Hinweise, Anregungen, netten Unterhaltungen, Taxifahrten und was sonst so alles die letzten Monate ausgemacht hat!

Nun feiert schön, ich werde es auch machen. Und dann geht’s weiter! 😀

Was man halt auch so macht

Humpelnder Typ am Ostbahnhof. Fragt mich nett, ob ich schon lange gewartet hätte, weil er nur zur Mercedes-Benz-Arena will. Ich, zu dem Zeitpunkt Dritter, bin wie immer nett und sage zu, dass das kein Problem sei. Isses natürlich von der Sache her auch nicht. Kurze Touren, passiert halt.

Dann aber sieht er, dass ich noch etwa 1,3 Züge an meiner Kippe übrig habe und beschließt:

„Na komm, wir rauchen noch auf!“

… und zündet sich eine an.

Kurze Fahrten sind das eine, darauf warten ist aber eine Spur härter. 🙁

Leider kam es noch besser: Er war angepisst. Und zwar richtig. Schon während ich wartete, bis er aufgeraucht hatte, hat er mir erzählt, dass ihn ein Kumpel im Unklaren hat sitzen lassen. Er käme „gleich“, allerdings ohne nähere Angabe, wie z.B. ob er nun trotz verpasstem Zug bereits Hannover hinter sich gelassen hat.

Den Ärger meines Fahrgastes konnte ich verstehen, wartete er doch nun bereits seit Stunden, obwohl er die beiden Karten für die Onkelz mit dem Gegenwert zweier ganz guter Taxifahrerschichten bei sich trug und das Konzert seit einer Stunde lief, während sein Kumpel sich nach einem ominösen „gleich“ melden wollte.
Auf der anderen Seite war’s eine 5,50€-Tour mit einem Onkelz-Fan, der nix außer rumnölen konnte und mich auch noch warten ließ.

Es ist echt nicht so, dass ich inzwischen auch zynisch und verbittert bin, um Gottes Willen! Aber am Ende hab ich mich hauptsächlich darüber freuen können, dass mein Abend wenigstens besser war als der meines Fahrgastes.

Mehr Glück geht selten

Der gestrige Abend war natürlich super bei mir. Dezember, Weihnachtsfeiern und so. OK, um ehrlich zu sein: Ich bin erkältet und etwas schlapp. Aber die paar Stunden, die ich mich rausschleppen konnte, waren es wert.

So kam ich z.B. am Ostbahnhof an und es war nicht nur keine lange Schlange, sondern die Kunden warteten. Ganz so sollte das natürlich nicht immer laufen, aber ich musste schon ein wenig grinsen ob der Leute, die sich darüber aufgeregt haben, dass am Ostbahnhof kein freies Taxi steht. Dreimal im Jahr müssen die Kunden warten, die restlichen 362 Tage stehen wir uns die Räder eckig. Bleibt doch mal cool!

Winker abseits der Halte hab ich stehen lassen, bis ganz zum Anfang bin ich aber auch nicht vorgefahren. Die größte Traube an Menschen, die immerhin artig ansteht, das passt schon. Wie gut ich das zeitlich hinbekommen hab, wusste ich da noch nicht. Aber der erste, der die Tür öffnete. fragte:

„Königs Wusterhausen, Ragow?“

„Kriegen wir hin. Sagen wir mal für 60€.“

Wie weit genau Ragow entfernt liegt, und dass es vom Ostbahnhof aus auch nicht wirklich weiter als KW ist … ich hab’s nicht gewusst und zwischenrein sogar gedacht, ich hätte mir damit selbst ein Ei gelegt. War aber am Ende völlig ok. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass an dieser Stelle niemand auch nur ansatzweise so eine Tour hatte. Ich hätte sicher unter 10 bis 20 wählen können. Aber 60€ sind unter den Top-5%, ganz sicher. 😀

Hausnummernsalat

Taxicontent ist die Woche wenig angefallen. Und nachdem am Montag Weihnachtsfeier war, hab ich mich an den Rest auch nicht mehr erinnert. 😉

Beim Überlegen, wie ich mich hier zurückmelde, sind mir die Zigaretten ausgegangen, ich bin kurz raus und als ich wieder reinkam, hatte ich das Bedürfnis, mich über Adressenplanung zu beschweren. Denn vor meiner Haustüre stand ein verstörter Lieferant, der den Eingang, bzw. die Klingel zu unserem neuen Café im Haus nicht gefunden hat. Was kein Wunder ist, denn es residiert zwar unter unserer Hausnummer und liegt schräg unterhalb meines Zimmerfensters allerdings sind mein Zugang und der zum Café 150 Meter voneinander entfernt, weil selbiges auf der Rückseite des Wohnblocks liegt, es keine Lieferanfahrt hat und man deswegen einmal ums Haus in die Fußgängerzone muss. Und Ansagen wie „Die Nummer kenn ich nicht, aber is’n Café …“ hab ich auch schon gehört. Da stehste morgens um 5 Uhr ziemlich blöd da, wenn nicht gerade der ortsansässige hauptberufliche Auskenner Kippen holen ist.

Und ich hatte neulich auch so eine (wenn auch kurze) Suche: Die Lea-Grundig-Straße hier direkt ums Eck. Wenn man sich das gemütlich auf einer Karte anschaut, dann erkennt man schnell, dass sie dem Teil der Straße, der nur einseitig bebaut wurde, aufsteigende gerade Hausnummern gegeben haben und zusätzlich dem nördlichen Block, der von drei Seiten Lea-Grundig heißt, zur Abgrenzung ungerade Zahlen. Wenn man aber, und das war bei mir die Woche der Fall, auf der Suche nach Nummer 49 frohgemut von Anfang an die Straße geradeaus entlang fährt, ergibt sich folgende „fortlaufende“ Nummerierung:

2, 4, 6, 8 […] 44, 46, 48, 50, 52, 53, 51, 49, 47, 45.

(Hier eine Karte mit Haus-Nummern, bei der allerdings der betreffende Straßenteil fälschlich schon zur Mehrower Allee gezählt wird)

Was bitte muss man rauchen, um auf die Idee zu kommen, dass nach der 52 noch ein Block mit den Nummern 53 bis 45 kommt? Und das wäre noch bei weitem nicht alles, was mir zu den Nummern dort einfallen würde. Ich bin nur weitergefahren, weil ich’s im Grunde aufgegeben hatte und Zeit brauchte, um das Navi zu programmieren. Bei sowas ist man um die Dinger froh, aber wie man am Lieferanten heute gesehen hat: Vor allen perfiden Ideen schützt einen das auch nicht.


PS:
In solchen Fällen ist man auch als Taxifahrer froh, wenn die Leute sich vor Ort auskennen oder entsprechende Hinweise bei der Bestellung geben. Bei der Fahrt in die Lea-Grundig hatte ich das Navi zu Beginn nur deshalb nicht an, weil ich eine Kundin heimgebracht habe. Dass sie dort erst drei Tage wohnt und noch nie von Süden aus in ihre Straße gefahren war, hab ich dann erst bei Nummer 38 oder so erfahren. 🙂

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Tierpark Marzahn

Eigentlich waren sie schon vorbeigelaufen, dann aber kamen sie zurück: Drei lustig angeheiterte Russen am Bahnhof Friedrichsfelde-Ost.

„Moin, wo darf’s hingehen?“

„Tierpark Marzahn.“

WTF?

OK, wir haben hier in Marzahn nächstes Jahr die IGA, da hätte es mich nur wenig verwundert, wenn dafür auch ein Zoo gebaut würde. Ich meine: Wer bei maximal 100 Meter hohen Bergen eine Seilbahn installiert, dem ist alles zuzutrauen!

Der gemeinhin bekannte Tierpark einerseits und Marzahn andererseits sind von Friedrichsfelde-Ost aus eben zwei entgegengesetzte Richtungen. Aber so sollte es wohl sein. Zwei Leute am Tierpark absetzen und dann nach Marzahn. Und hey, ich hatte eh genug an diesem Tag, da kam eine Tour nach Hause gerade recht. Am Tierpark kam dann die allerbeste Wende: Der offenbar zahlungswillige Typ (es waren drei Kollegen von einer Weihnachtsfeier) bot dem zweiten Kumpel an, dass er nicht hier aussteigen und die Bahn nehmen müsse, sondern wir das gerne noch mit dem Taxi erledigen könnten.

Also stand als nächstes zwischenzeitliches Fahrtziel Oberschöneweide an.

Da hier auch Nicht-Berliner mitlesen: Die Fahrt war auf ganz Deutschland umgerechnet etwa eine von Berlin über Erfurt nach Rostock. Und in Erfurt bekam ich dann gesagt, dass vor Rostock noch ein Zwischenstopp in Stuttgart fällig wäre. Bei mitlaufendem Taxameter.

So denn!

Ich brachte beide heim, aber am Ende kramte der Typ auf dem Beifahrersitz bei mehr als 35€ einen einsamen Zwanni raus und war offensichtlich selbst überrascht, dass das wohl nicht so ganz aufgehen würde. Also zur Sparkasse.

(Kartenzahlung wäre auch gegangen, aber der Kerl wollte wohl mehr als nur die Taxikohle abheben)

Die Sparkasse ums Eck hatte wie so viele nachts geschlossen. Also bat er mich, mal eben kurz nach Ahrensfelde zu fahren. Genau genommen war das noch Marzahn-Nord, aber auf unserer imaginären Deutschland-Tourkarte war es eben Malmö.

Wie eben schon bei ihm vor der Tür lotste er mich an eine Sparkasse, bei der ich mehr als 30 Meter entfernt halten musste. Ich bin ein zweites Mal auch ausgestiegen und hab ihn beobachtet. Dass er einfach abhaut, wäre so absurd ja nicht gewesen. Und tatsächlich verschwand er nach dem Geldholen weit weg hinter einem Busch und ich war kurz davor, mich zu ärgern. Ich Idiot lasse es ja auch mit mir machen!
Kurz ums Eck geschielt war allerdings klar, dass er nur mal kurz pinkeln musste. Danach kam er brav und artig zum Taxi zurückgetorkelt.

Für das, was ich dann getan hab, hatte ich weder einen handfesten Grund, noch eine rechtliche Grundlage. Aber in Anbetracht der ganzen Tour hab ich’s trotzdem getan: Ich hab folgendes gesagt:

„Hey, ist jetzt alles unnötig stressig gewesen und ich will ehrlich sein: Ich find’s cool, dass Du deine Freunde noch heimgebracht hast! Sowas sehe ich definitiv zu selten. Der Rest der Strecke liegt eh auf meinem Heimweg, also mache ich jetzt mal die Uhr aus und wir sind mit den knapp 40€ hier einfach quit, ok?“

Natürlich war das ok. Zumal der Kerl nie versucht hatte, den Preis zu drücken. Der war dankbar, happy und hat noch ein gutes Trinkgeld gegeben. Und für mich wäre die Tour auch mit 3€ mehr irgendwie keinen Fatz besser gewesen. OK, das Karma war dieses Wochenende ein Arschloch und es ging vergleichsweise beschissen weiter. Aber was will ich mich beschweren? Es war immer noch die ungefähr beste Tour, die ich an diesem Abend um diese Zeit hätte kriegen können. Und zudem: DER steigt auch nächstes Jahr wieder ins Taxi. Und ich werde für ihn da sein! 😉