Beförderungspflicht

Dass „Kollegen“ kurze (das könnte man auch in Anführungszeichen setzen) Fahrten ablehnen, ist ja leider nix neues. Nun ist das mit dem Ablehnen von kurzen Fahrten aber eine schwierige Sache. Nicht einmal wegen der formalen Verletzung der Beförderungspflicht und dem Verweigern der freien Taxiwahl für die Kunden. Nein, denn es wäre ja sogar machbar, dass kurze Fahrten bis xy km irgendwer von hinten macht. Könnte man ja kommunizieren, würde in ein paar Jahren sicher klappen.

Nun gibt es aber zwei Sorten Vollpfosten hinter Taxilenkrädern: Die einen, die glauben, sie müssten kurze Touren nicht fahren, weil sie schon so lange gewartet haben – und die anderen, die glauben, Kunden müssten gefälligst das erste Taxi am Stand nehmen. Eine ziemlich unschöne Situation könnte jetzt entstehen, wenn an einem Stand diese beiden …

Unwahrscheinlich? Zu hypothetisch?

Diese Message hat mir Christian gestern Abend via Facebook zukommen lassen:

Hey Sascha,

lange nicht mehr mit Dir gefahren! Ich schreibe Dir heute aufgrund einer Taxi-Geschichte, die meine Frau S. heute in Berlin erlebt hat und die Du vielleicht verbloggen möchtest. S. ist heute abend in einem Hotel in Nähe des Hbf eingecheckt und wollte anschließend mit dem Taxi zu Mr Vuong in der Alten Schönhauser Straße fahren. Zugegeben ist das nicht die allerlängste Route, aber immerhin. Sie geht also zum nächsten Taxistand, wo ein Großraumtaxi an erster Stelle steht. Der Fahrer lehnt die Fahrt aber ab – nur eine Person befördere er nicht. S. hat das verstanden, immerhin standen noch einige Kollegen mit normalgroßen PKW am Stand. Jetzt aber das Kuriose: alle weiteren Fahrer weigerten sich, meine Frau zu befördern, weil sie den Kollegen an erster Stelle nicht überholen wollten. Obwohl der sich wie gesagt geweigert hat zu fahren. Das Ende vom Lied: S. ist mit der S-Bahn zum Hackeschen Markt gefahren und von dort gemütlich gelaufen. Von weiteren Taxifahrten wird sie zumindest in Berlin erst einmal Abstand nehmen. Manchmal verstehe ich Deine Kollegen nicht (und freue mich, dass Du da anders denkst).

Beste Grüße von Deinem treuen Leser Christian

So, wieder ’ne Kundin verloren. Applaus!

Je nachdem, welches Hotel es genau war, müssten das immer noch 7 bis 10 € Umsatz gewesen sein. Der berlinweite Schnitt soll bei 12 € etwa liegen. Und dabei könnte es eigentlich so einfach sein: Lächeln, die Fahrgäste ans Ziel bringen und an ganz harten Tagen einfach erst am Ende der Schicht das Geld zählen.

PS:

Bevor der Einwand kommt: Dass der Kollege die Fahrt einzelner Personen ablehnt, ist erstens auch nicht ok und zweitens glaube ich das ohnehin erst, wenn das mal einer bei einer 40€-Tour passiert. Sowas hab ich seltsamerweise noch nie gehört …

28 Kommentare bis “Beförderungspflicht”

  1. elder taxidriver sagt:

    Das komische ist, dass sehr sehr viele Fahrten vom Hauptbahnhof eher kurze Touren sind. Ich kenne einen Taxifahrer, der extra deswegen da steht: Er bekommt eine Tour für 7 Euro die gut verdienenden Fahrgäste geben ihm einen Zehner und so hat er sein top-Trinkgeld. Sämtliche Variationen in dieser Preisklasse sind denkbar. Schnell wieder zurück zum Hauptbahnhof..

  2. Jens sagt:

    @elder taxidriver: Das liegt, glaube ich, daran, dass der Hbf so schlecht an den Nahverkehr angebunden ist. Wer weiter weg will, wird mit der S-Bahn bedient, aber für die nähere Umgebung gibt’s praktisch nur Busse oder Taxis. Und Busfahren mit schweren Koffern ist nicht besonders angenehm.

  3. Xylakant sagt:

    In jeder Diskussion über Uber verweise ich darauf, dass Taxifahrer der Beförderungspflicht unterliegen. Wenn die sich aber so verhalten, dann kann ich auch gleich Uber nehmen.

  4. […] ich heute morgen nach Christians Beispiel mal wieder so hart gegen die Kollegen gewettert habe, die kurze Fahrten ablehnen, bzw. Fahrgäste […]

  5. MsTaxi sagt:

    @elder taxidriver

    Den Kollegen kann ich anhand meiner gestrigen ersten Tour verstehen.

    Wir haben in der Kleinstadt, in der ich fahre, einen Kunden, der jeden Abend im Lokal des Guten zu viel tut. Kein Mistverständnis bitte, der ist nicht ungehobelt oder sonst unangenehm, bezahlt und gibt in Relation zum Fahrpreis auch ca. 10% Tip. Nur… die bezahlte Fahrstrecke seiner allabendlichen Tour gen home liegt bei 400 Meter (!). Gestern war ich an der Reihe *g*.

    Innerhalb von fünf (!) Minuten war ich vom Stand weg, hatte die Tour erledigt und war am Stand zurück, als dritte in der Reihe. Inklusive Trinkgeld 3,–€. Kein Knaller, gebe ich zu, aber trotzdem bildete dieser Betrag 5 % meines gestrigen Gesamtumsatzes. Soll ich den vergraulen oder ablehnen aus fadenscheinigen Gründen? Meine nächste Tour 10 Minuten später mit direkter Anschlusstour brachten 11,–€. Innerhalb einer Stunde also 14,–€. Dass es dann im Laufe der Nacht nicht besser wurde, war aber dem ersten Kunden mit Sicherheit nicht geschuldet.

  6. Quacki sagt:

    Wie schwierig ist es, die unwilligen Taxifahrer anzuscheissen?

  7. Sash sagt:

    @elder taxidriver:
    Das wollte ich auch erwähnen, aber die Fahrt ging ja nicht direkt vom Bahnhof aus.

    @Xylakant:
    Das hab ich nicht ohne Grund in meinem nächsten Eintrag auch nebenbei angesprochen.

    @Quacki:
    Sehr. Die Kunden wollen von A nach B, haben es eilig. Im Moment so einer Abfuhr denken die meisten an ganz andere Dinge, als daran, sich mit einem Taxifahrer anzulegen oder irgendwelche Nummern zu notieren. Das kommt immer erst hinterher.

  8. Ex-Taxlerin sagt:

    Die Zeiten haben sich ganz offensichtlich geändert. Übel, übel! Als Sash in diesem Gewerbe begann, war ich ja schon längst raus. Vielleicht ist das ja auch ’ne Berliner Spezialität – aber daß die Kollegen derart massiv und unverschämt Fahrten ablehen, habe ich eigentlich in diesem Ausmaß hier nicht erlebt. Wenn Fahrgäste, aus welchen Gründen auch immer, irgendwo weiter hinten eingestiegen sind, hat der erste zwar manchmal gegrummelt – hat aber selbstverständlich gewußt, daß jeder Fahrgast sich sein Taxi selbst aussuchen kann. Und hat das dann eben geschluckt. Er ist ja sowieso schon der erste in der Reihe; die Wahrscheinlichkeit, daß er den nächsten Fahrgast bekommt, ist also enorm. Die meisten Kollegen haben sich um solche Lappalien allerdings überhaupt nicht gekümmert, weil das eben das Recht eines jeden Fahrgastes ist. Hier lernt das jeder Taxler in der Ausbildung.

    Allerdings habe ich auch schon lange kein Verständnis mehr dafür, wenn Fahrgäste sich weigern, auf ihrem Recht zu bestehen – und sich dann hinterher bei Unbeteiligten beklagen, anstatt die Nummer des Übeltäters aufzuschreiben und die Fahrtverweigerung anzuzeigen. Das ist völlig absurd! Es gibt keinen Grund, den ersten am Stand NICHT darauf hinzuweisen, daß er als Teil des Öffentlichen Personennahverkehrs der BeföderungsPFLICHT unterliegt und deshalb zu fahren hat, ganz egal, mit welchem Auto, und ganz egal, mit wievielen Personen oder wohin. Das ist das ganz normale Risiko eines jeden Bustaxifahrers, daß er eben meistens keine fünf Euro Zuschlag verlangen kann, weil eben nicht mehr als vier Leutchen im Auto sitzen.

    Wer sich weigert, auf seinem Recht zu bestehen, das er von Gesetzes wegen hat, darf sich nicht wundern, wenn er immer wieder übers Ohr gehauen wird. Aber diese Binsenweisheit gilt überall im Leben, nicht nur im Taxigewerbe.

  9. Quacki sagt:

    Angenommen, ich habs nicht sooo eilig. Ich komm an einen Taxistand und frage vorne, ob er mich 1 km oder was fährt, und er weist mich ab. Was muss ich dann machen? Taxinummer aussen aufschreiben, dann Polizei anrufen?

  10. Ex-Taxlerin sagt:

    @Quacki

    Ganz einfach: Du guckst hinten ans Fenster (von draußen), da klebt ein Schild mit der Konzessionsnummer dieses Taxis. Diese Nummer schreibst Du Dir auf (auch die Uhrzeit, wann’s passiert ist) und dann zeigst Du den Taxler wegen Fahrtverweigerung an. Die Polizeit brauchst Du deswegen nicht aus dem Bett zu klingeln. Du kannst das auch am nächsten Tag machen, oder am übernächsten oder überübernächsten, indem Du dort anrufst oder eine Polizeidienststelle höchstpersönlich besuchst.

  11. Sash sagt:

    @Ex-Taxlerin:
    Im Grunde halte ich es mit Dir. Aber die Fahrgäste haben auch besseres zu tun als Taxifahrer zu belehren oder anzuzeigen. Ich vermute sogar, dass sich das hier in Berlin unter anderem deswegen so verbreitet hat, weil man meistens ja ohnehin einen anderen Kollegen zur Auswahl hat und es schlicht einfacher ist, dann den zu nehmen.
    Ich weiß, dass nur die Hinweise von Fahrgästen das Problem dauerhaft lösen können, aber im Grunde ist es nicht ihre Aufgabe. Sie sind unsere Kunden, nicht unsere Kontrollinstanzen. Dass es derer im Gewerbe zu wenig gibt, ist unbestritten. Die Kunden bitten, sich da zu beteiligen, ist die eine Sache. Aber ihnen zu vermitteln, es sei quasi auch teilweise ihre Schuld, finde ich zu heftig

  12. Rob sagt:

    Was ist eigentlich mit den Taxen in TXL.

    Dort wollte uns ein frei gewähltes Taxi nicht transportieren. Wir sollten ans andere Ende des Terminals gehen um ja das erste Taxi zu nehmen.
    Ja schön umherlaufen mit Gepäck obwohl sich die Taxen stapeln.
    Ist das da wirklich so mit der Reihenfolge?

  13. Sash sagt:

    @Rob:
    Am TXL gilt in der Tat eine begrenzt freie Taxiwahl. Das erste muss man auch dort nicht nehmen, aber eines an der Ladeleiste. Das ist aber mehr der Konstruktion des Flughafens und des Taxinachrückeplatzes geschuldet als den Fahrern. Wir würden da auch gerne überall stehen, aber der Platz ist halt fürs Anliefern und Abholen gedacht, da dürfen sich allenfalls bestellte Taxifahrer mal kurz hinstellen. Ist aber eine der ganz wenigen Ausnahmen und versucht tatsächlich nur, noch größeres Chaos zu vermeiden.

  14. Hans sagt:

    Ab welcher Summe gilt eine Tour denn als eine gute Tour? Das hängst sicher ja auch von der Wartezeit ab?

    Ich steige tatsächlich auch genau deshalb nie an einem Taxistand in ein Fahrzeug. Ich fürchte immer, dass meine Strecke zu kurz sein könnte. Meistens sind es bei mir 12 bis 15 Euro, plus Trinkgeld dazu.
    Ich fange deshalb immer an, die Strecke, die ich fahren will, entlangzulaufen. Wenn dann ein freies Taxi vorbeikommt winke ich. Da denke ich mir, dass der Taxifahrer nicht gewartet hat sondern auf dem Weg zur nächsten Halte ist, um auf Fahrgäste zu warten. Selbst wenn die Tour nicht lang ist hat er durch die Grundgebühr und das Trinkgeld schnellen Umsatz und kann nach ein paar Minuten weiter zu seiner Halte.

    Manchmal führt das dann zu der seltsamen Situation, dass ich mir ein Taxi ranwinke, obwohl auf der Straßenseite gegenüber ein vollbesetzter Taxistand ist.

  15. Sash sagt:

    @Hans:
    Was eine gute Tour ist, hängt natürlich von der Wartezeit, aber auch vom Fahrer, vom bisherigen Schichtverlauf etc. pp. ab. Was auch einer meiner Kritikpunkte ist: denn woher sollt Ihr Kunden denn bitte wissen, welche Fahrten dieser Fahrer gerade gerne macht oder wie seine Schicht bisher war.
    Aber nur um es mal ganz deutlich zu sagen: deine Touren wären hier in Berlin zumindest mal überdurchschnittlich. Auch das mag bei einzelnen Fahrern unzutreffend sein, aber 12 € ist in Berlin etwa der Durchschnitt. Anderswo ist er geringer und auch in Berlin hängt es natürlich von der Halte ab. Vom Flughafen sind die Fahrten natürlich weiter als vom Bahnhof Köpenick.
    Im Grunde würde ich jetzt gerne sagen, dass die Fahrten für jeden ok wären und es wiederum am Taxistand meist kritisch beäugt wird, wenn ein Kollege „an der Halte“ im weitesten Sinne einlädt – aber das kann ich leider nicht. Es wird sich immer irgendein Depp finden, der es so oder so falsch findet. Leider. Also mach’s, wie es Dir am wenigsten Probleme macht. Ich weiß es sehr zu schätzen, dass Du dabei an die Fahrer denkst. Bei uns isses halt wie bei allem anderen auch: wie man’s macht, isses verkehrt … 🙁

  16. Olaf sagt:

    Das ist der Grund, weshalb ich so wenig wie möglich Taxi fahre:
    Gestresst von einer Dienstreise am Flughafen Schönefeld abends mit Verspätung eingetroffen, habe ich sogar das erste Berliner Taxi genommen (ist schon ne Weile her). Mein Fahrtziel nach Johannisthal war dem Fahrer aber viel zu kurz. Er hat mich zwar mitgenommen, aber die ganze Zeit übellaunig vor sich hingebrummelt von wegen lange gewartet (mehr habe ich nicht verstanden und bin auch ganz froh, dass ich diese Sprache nicht verstanden habe). Immerhin habe ich 15 € bezahlt! Der muss ja nicht den ganzen Tag am Flughafen rumstehen.
    Seitdem vermeide ich Taxifahrten und fahre lieber mit dem eigenen Auto. Ich hoffe nur, dass ich nicht nochmal dienstlich am Flughafen Schönefeld lande.

  17. primat sagt:

    ist zwar schon eine Weile her, aber ich kann es mir nicht verkneifen…

    >
    elder taxidriver sagt:
    2. Juli 2014 um 08:48

    … sehr viele Fahrten vom Hauptbahnhof eher kurze Touren sind.
    … Er bekommt eine Tour für 7 Euro die gut verdienenden Fahrgäste geben ihm einen Zehner und so hat er sein top-Trinkgeld. … Schnell wieder zurück zum Hauptbahnhof..

    MsTaxi sagt:
    2. Juli 2014 um 12:13

    … Nur… die bezahlte Fahrstrecke seiner allabendlichen Tour gen home liegt bei 400 Meter (!). ….trotzdem bildete dieser Betrag 5 % meines gestrigen Gesamtumsatzes.
    <
    In Berlin liegt der Grundpreis bei 3.40E. Ich kenne Deinen nicht, gehe also einfach mal davon aus, daß er gleich ist oder ev. geringer ? Eine Fahrstrecke von 400m kostet in Berlin ca 0.80E (1.68E für die ersten 7 KM), macht summa summarum 3.40+0.80=4.20E . Das sind, wie Du sagtest, 5% Deines Tagesumsatzes : 20 x 4.20E= 84E, also (5-Tage-Woche) 5x84E=420E Umsatz/Woche x 4 = 1680E Umsaz/Monat.
    Bei 40% Verdienst sind dies 4 x 168 = 672E Verdienst, zus.10% TG vom Umsatz (168E) = 840E.

    Da wir es wohl etwas schwierig für Miete & co, es sei denn, man hat ein eigenes Haus…

    Zitat:
    Zahlen sind der nackte Beweis für die eigene Unzulänglichkeit
    (TL)

  18. Bei uns in Göttingen kommen solche Verweigerungen praktisch nicht vor – die Kutscher kennen sich alle und falls Einer tatsächlich vorne stehen würde und eine Kurzfahrt verweigern würde, hätte der ebenso eindeutig negatives wie langanhaltendes soziales Feedback zu erwarten.
    Klar ist das nervig, wenn man eine Stunde am Bahnhof gestanden hat und dann kommt einer mit drei Koffern, der ums Eck zum Leinehotel will – aber dann hat man eben Pech gehabt und kann dann hinterher die verständnisvollen Kollegen vollweinen. 😉

  19. primat sagt:

    es wird Zeit, die von mir schon lange geforderten Festpreise einzuführen:
    Einsteiger :Minimum 15E (wie auch beim Friseur =Dienstleistung)
    Abholung (Funk, Rufsäule) : Minimum 20E
    Vorbesteller (Wartezeit): Minimum 25E

    Dann wird ein Schuh draus…

  20. Sash sagt:

    @primat:
    Und das, wo die durchschnittliche Fahrt bisher bei 12 € liegt?
    Ich hab ja nix dagegen, gutes Geld zu verdienen. Aber mit so einem wunderbaren Preismodell bleibt’s dann endgültig bei maximal einer Tour pro Stunde, wenn nicht weniger. Super Problemlösung, ehrlich … -.-

  21. primat sagt:

    kein Friseur schneidet einem für 5E die Haare, aber ein Taxler soll einen dafür um die Ecke fahren ?
    Vielleicht sollte man meinen Tarif erst mal ein halbes Jahr testen und dann urteilen !
    Man könnte ja auch den Minimalpreis auf 12E senken.
    Oder wir machen es wie in Ägypten (Hurghada): 4km für 1E
    Dann viel Spass….

  22. Sash sagt:

    @primat:
    Jetzt komm‘ doch nicht mit albernen Dumpingpreisen aus Ländern, die mit Deutschland nicht zu vergleichen sind. Eine 5€-Tour bedeutet bei aktuellen Tarifen fast überall eine Strecke von unter 2 km und ist abgesehen vom Berufsverkehr in wenigen Minuten erledigt, deutlich schneller als einem die Haare geschnitten werden. Willste auch beim Döner einen Mindestpreis von 12 €, die arbeiten dafür auch 5 Minuten …
    Die Sache mit den Preisen hat nun einmal zwei Seiten. Dass wir davon leben müssen, ist klar – aber das können wir auch nur, so lange die Kunden die Preise nachvollziehen und bezahlen können. Und an eines von beidem nicht zu denken, ist völlig unsinnig. Mit guter Auslastung würden sich ohne Tariferhöhung genug Umsatz machen lassen. 12 € Mindestpreis würde bei mir bedeuten, dass etwa die Hälfte, eher zwei Drittel, meiner Fahrten 1% bis zu 300% teurer werden. Und das sind die Fahrten, die schon bisher die lukrativsten waren, wenn man mal als Unternehmer auf den Kilometerschnitt achtet. Tolle Idee, dass ausgerechnet davon viele wegfallen werden – und wer würde nicht 10 Minuten länger auf die Bahn warten (oder laufen), wenn das Taxi 12 € für zwei Kilometer kostet?
    Deswegen: Nein, das zu testen wäre absolut vernichtend fürs Gewerbe.

  23. primat sagt:

    sicher doch – und stelle mich dann wieder hinten an , um eine Stunde zu warten, manchmal länger…

    ich gebe Dir Recht. Wenn ich einen Anhalter nach dem anderen bekomme, die jeweils nur für 8E fahren, kann das egal sein.
    Das trifft leider kaum zu. Nicht jedoch, wenn ich von ALiRa zum Grauwackeweg fahre und die Kundin zum Edeka-Laden Schrader will Preis 3,80E.
    Wär nachts um Zwei aus der S-Bahn Zeh-Mi kommtccc und nach KM will, wo natürlich kein Bus mehr fährt, kann entweder die 4km laufen oder er löhnt 15E , kann aber 1h länger schlafen. Ich erziehe meine Kunden und nicht umgekehrt.

  24. Uli sagt:

    Mal aus der Sicht des Fahrgastes: Ich wohne in einem Kurort in BW, habe in meinem Arbeitsleben alle Fahrzeuge gefahren, die Fahrgäste befördern können und bilde mir deshalb ein, beide Seiten zu verstehen. Für die folgenden Ereignisse fehlt mir allerdings jedes Verständnis .
    Fall 1: Ich komme mit dem Zug um 21.30 Uhr in meinem Wohnort an. Am Bahnhofsvorplatz kein Taxi, aber ein Schild mit einer Liste der zugelassenen Taxiunternehmer mit Rufnummer. Telefonische Antwort auf meine Bestellung: „Tut mir Leid, wir haben schon Feierabend“, Bei allen Nummern die gleiche Antwort. In den 12 Jahren, die ich nun hier wohne, habe ich bald begriffen, dass dieser Zustand die Regel ist.
    Fall 2: Bei einer nächtlichen Arbeit am Schreibtisch fällt ein Papierschneider herunter und mir auf den Fuß. Sehr schmerzhaft und möglicherweise gebrochen. Röntgen und Schmerzbehandlung scheinen angezeigt. Das eigene Auto in der Werkstatt. Taxi? Fehlanzeige, es nimmt niemand meinen Ruf ab. Glücklicherweise wohnen wir nicht weit vom Krankenhaus, also Fußmarsch mit schmerzhafter Verletzung und mit Hilfe meiner Frau. Nasskaltes Novemberwetter. In der Notaufnahme des Krankenhauses werde ich behandelt und bin schnell fertig. Kein Bruch. Die Krankenschwester sagt:
    „Ich rufe Ihnen ein Taxi.“ Sie kommt lange nicht wieder, dann aber fassungslos: „Ich habe 9 Unternehmer angerufen, keine Antwort.“ Das hatte ich schon befürchtet.
    Das Ende der Geschichte: Fußmarsch nach Hause, diesmal auf Strümpfen, weil der verbundene Fuß nicht mehr in den Schuh passte. Gegen 4 Uhr früh sind wir wieder zu Hause.
    Fazit: Wanderer, kommst du nach 20 Uhr in den schönen Kurort Bad Mergentheim, dann solltest du tunlichst deine Weiterfahrt vom Bahnhof schon organisiert haben. Es könnte sonst spät werden.
    Frage: Wo greift hier das Personenbeförderungsgesetz, das doch meines Wissens auch für Taxen eine nächtliche Beförderungspflicht vorsieht?

  25. Sash sagt:

    @Uli:
    Ich muss ehrlich sein: Ich weiß es nicht.
    Unternehmer haben die Pflicht, Taxis eine gewisse Zeit zur Verfügung zu stellen, aber das ist hier derzeit 180 Schichten pro Jahr à 6 Stunden. Und ich nehme an, dass es im Zweifelsfall ok ist, wenn diese Anfrage da nicht passt. Wie das bei Euch ist, weiß ich nicht, aber hier sind die Zentralen wiederum eigenständige Unternehmen und unser Vertrag mit denen sieht nicht vor, dass wir Anträge annehmen müssen. Wie das bei direkt vermittelnden Unternehmen ist, weiß ich wie gesagt nicht.

  26. Uli sagt:

    @Sash:
    In unserer Kleinstadt (23000 Einwohner) gibt es ca. 8-10 Taxiunternehmer, die alle selbstständig ohne angestellte Fahrer arbeiten. Daher nehmen sie für sich das Recht in Anspruch, nachts nicht fahren zu müssen. Allerdings habe ich im PBefG einen Passus, der diese Meinung unterstüzt, noch nicht gefunden.
    Leider kämpfe ich hier auf verlorenem Posten, das Thema scheint nur wenig Interesse zu wecken. Meine Leserbriefe an die Lokalpresse werden nur selten beantwortet. Ich finde es aber wichtig, das Thema am köcheln zu halten und immer wieder mal aufzuwärmen. In diesem Sinne weiterhin gute Fahrt.

  27. Ex-Taxlerin sagt:

    @Uli

    Ich fürchte, diese Kleinstadt mit 23.000 Einwohnern in BW, von der Du schreibst, hat ein Problem.

    Du schreibst nämlich, diese acht bis zehn ortsansässigen Taxiunternehmer nähmen „für sich das Recht in Anspruch …“ Welches Recht? Es gibt kein solches Recht!

    Hier ist das Gesetz:
    https://www.gesetze-im-internet.de/pbefg/

    Im PBefG beginnt nämlich der § 8 (3) mit den Worten:

    „Für die Sicherstellung einer ausreichenden Bedienung der Bevölkerung mit Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr sind die von den Ländern benannten Behörden (Aufgabenträger) zuständig.“

    Es sieht doch ganz danach aus, daß sowohl der Oberbürgermeister als auch der Mittelbürgermeister und auch der Unterbürgermeister sich für unzuständig erklären, das auch für diesen Ort geltende Gesetz durchzusetzen. Das PBefG gilt immerhin für GANZ Deutschland – auch für diesen Ort! Und an dieses Gesetz haben sich die „Aufgabenträger“ dieses Ortes zu halten. Punkt.

    Dein Erlebnis mit der Krankenschwester, von dem Du schreibst, zeigt doch ganz deutlich, daß das Verhalten dieser eigengesetzlich arbeitenden Taxiunternehmermafia auch an diesem Ort nicht üblich ist.

    Es könnte natürlich sein, daß die „Aufgabenträger“ in dieser Kleinstadt per Lokalgesetz entschieden haben, daß nach Einbruch der Dunkelheit Ausgangssperre herrscht. Ob dem so ist, weißt Du natürlich sehr viel besser als ich. Falls es kein solches Gesetz gibt, gilt das PBefG wie überall in Deutschland. Das heißt, die „Aufgabenträger“ haben dafür zu sorgen, daß RUND UM DIE UHR Personen auch innerhalb dieses Ortes von A nach B befördert werden. Punkt.

    Und außerdem haben wir das Problem, daß das Bundesrecht ÜBER dem Landesrecht steht. Er recht Punkt!

    § 22 beschäftigt sich mit der Beförderungspflicht. Danach muß der Unternehmer befördern, wenn die Beförderungsbedingungen eingehalten werden, wenn „die Beförderung mit den regelmäßig eingesetzten Beförderungsmitteln möglich ist“, und wenn „die Beförderung nicht durch Umstände verhindert wird, die der Unternehmer nicht abwenden und denen er auch nicht abhelfen kann.“

    All dies trifft zu, wenn es stimmt, was Du schreibst. Also müssen die Taxiunternehmer an diesem Ort, weil sie eben Taxiunternehmer sind und der Beförderungspflicht unterliegen, AUCH NACHTS FAHREN.

  28. MsTaxi sagt:

    @Uli

    §21 PBfG (Personenbeförerungsgesetz
    (1) Der Unternehmer ist verpflichtet, den ihm genehmigten Betrieb aufzunehmen und während der Geltungsdauer der Genehmigung den [b]öffentlichen Verkehrsinteressen[/b] und dem Stand der Technik {b]entsprechend aufrechtzuerhalten.[/b] Gegenstand der Betriebspflicht sind alle Bestandteile der Genehmigung und die nach § 12 Absatz 1a zugesicherten Bestandteile des Genehmigungsantrages.
    (2) Die Genehmigungsbehörde kann dem Unternehmer für die Aufnahme des Betriebs eine Frist setzen.
    (3) Im öffentlichen Personennahverkehr kann die Genehmigungsbehörde dem Unternehmer auferlegen, den von ihm betriebenen Verkehr zu erweitern oder zu ändern, wenn die öffentlichen Verkehrsinteressen es erfordern (…)

    Ich finde den Paragraphen eigentlich aussagekräftig und anwendbar auf die von dir beschriebene Situation.

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