Eine eigentlich unverzichtbare Kernkompetenz des Autofahrens hat mir persönlich nie große Probleme gemacht: Das Einschätzen der Fahrzeugbreite. Ich weiß, Eigenlob stinkt, aber ich hab gerade in meiner Zeit im Behindertenfahrdienst oft mit großen Autos in engen Straßen rangieren müssen und mich dabei höchst selten verschätzt. Wenn ich glaube, durch eine Lücke zu passen, stellt sich das gemeinhin als richtig heraus.
Das lernt man im engen Stuttgart vielleicht leichter als in Berlin, aber ich hielt es immer für relativ wichtig. Und ich hab schnell gelernt, dass es da wie in allen Bereichen Talente und eher, nun ja, Wackelkandidaten gibt.
Im Taxi ist das für mich inzwischen eher ein indirektes Problem. Die meiste Zeit bin ich auf recht großen Straßen unterwegs – und wenn ich die Leute in ihre engen Wohngebiete nach Hause bringe, ist meist nicht so viel los, dass man sich ständig an anderen Fahrern vorbeiquetschen muss. Zudem ist mein Auto klein, wendig und übersichtlich. Schwierig wird es meist nur in einer Situation: Wenn ich die Fahrgäste aussteigen lasse.
Meist suche ich mir dazu eine Stelle, an der ich etwas weiter rechts halten kann. Allen Spielraum nutzen kann ich indes auch nicht, denn die Erfahrung hat mir gezeigt, dass viele nicht sonderlich viel darauf achten, was so vor ihrer Tür passiert, bevor sie sie öffnen. Würde ich immer recht dicht an parkende Autos ranfahren, hätten meine Fahrgäste sicher schon Schäden in Höhe mehrerer Jahresgehälter meiner Wenigkeit angerichtet. Also gilt es immer, einen Kompromiss zu finden: Der Fahrgast braucht Platz zum Aussteigen und auf der anderen Seite muss noch Platz zum Vorbeifahren sein. Klappt meist ganz prima.
Nun halt wieder mal nicht. Oder fast nicht. Einige Leute sind ja gerne hektisch, wenn wir Fahrgäste ausladen. Unverschämtheit, was diese Taxifahrer sich da erlauben! Ich empfehle bei dieser Einstellung ja immer, sich mal zu überlegen, man wäre selbst jener Kunde. Kaum einer hat seinen Geldbeutel schon in der Hand, wenn das Auto stoppt. Man muss dies und jenes suchen, am Ende vielleicht noch an den Kofferraum und außerdem steht überhaupt nicht zur Debatte, dass so ein sackteures Taxi 200 Meter vom Eingang entfernt hält, nur weil es hier vor der Tür ein bisschen eng ist.
Folglich stehen wir halt auch mal eine Minute im Weg. Aber ich kann versichern: Kein Taxifahrer hat ein Interesse daran, dass das länger dauert als notwendig!
Und nun stand ich in einer engen Straße in Friedrichshain. Beim Abstellen war die Straße frei, Platz gelassen habe ich trotzdem. Kurz darauf stand mir ein Mittelklasse-Wagen von Audi gegenüber, mit einem etwa 50-jährigen Fahrer, der sichtlich genervt war. Ich hab leise vor mich hingemurmelt, dass ich ja schon zusehe, dass ich wegkomme, aber die Kundin nestelte noch im Portemonnaie. Gerade als ich dachte, es gehe schneller, wenn ich schon mal das Gepäck auslade, hielt es der Audifahrer nicht mehr aus und versuchte, sich neben mir durchzuquetschen. Keine schlechte Idee, ich hätte es ja schon lange gemacht. Aber eben nur, wenn ich dann auch hätte durchfahren können. Hätte er ehrlich gesagt auch, aber auf halber Höhe traute er sich nicht mehr. Er steckte nun (zumindest gefühlt) fest und ich konnte nicht mehr aussteigen. Anstatt nun meine zwölfeinhalb Sekunden zum Rausspringen und Koffer aus dem Kofferraum wuchten, ihn ausklappen und die Türe wieder schließen zu brauchen, ging die Zeit nun schon dafür drauf, mich bei der Kundin zu entschuldigen, dass ich gerade nicht aussteigen könne und ich ihr gerne erkläre, wie der Kofferraum aufgehe. Ziemlich unsinnige Zeitverschwendung. Selbst für mich, der ich ja wenigstens für das alles bezahlt wurde.
Und neben mir im anderen Fahrzeug fuchtelte und fluchte es und ich konnte einfach nicht anders als zu grinsen. Er hätte fahren können. Notfalls hätte er sich trauen müssen, den Spiegel links einzuklappen. Er hätte auch warten können, dann wäre das alles schneller gegangen. In der Zeit hätte er wenden und einmal um den Block fahren können. Aber nein: Volles Rohr rein, bis nix mehr geht! Und dann ist der Taxifahrer schuld!
Ich mag solche Leute. Die machen mir immer wieder bewusst, wie einfach das Leben sein kann, wenn man seine Fähigkeiten realistisch einschätzt und überdies vor allem gelassen bleibt. 🙂
Mitdenken ist nicht in Mode. Ich bin kein Genie im Einschätzen der Breite meines Autos (dazu fahre ich zu wenig) aber wenn ich denke es geht nicht, warte ich so, dass ich wenigstens nicht noch zusätzlich behindere. Und wenn ein Taxi hält, dauert es ja im Allgemeinen nicht so lange.
Seit ich nur noch 2-3mal im Monat fahre, und dann auch noch mit wechselnden Carsharing-Wagen, ist mir leider das Gefühl für Fahrzeugabmessungen, vor allem beim rückwärts fahren, mehr oder weniger komplett abhanden gekommen …
Grinsen ist gefährlich. Hatte mal so eine Situation, in der ein BWM versuchte, sich an der Tankstelle zwischen mir und der Tanksäule durchzuquetschen, was offensichtlich mangels Raum unmöglich war. Das breite Grinsen, als er den Rückwärtsgang einlegte um aufzugeben, hätte ich beinahe mit einer Prügelei nicht zu meinen Gunsten bezahlt. Zum Glück konnte ich die fünf aussteigenden Jugendlichen dann doch besänftigen.
Ich fahre dienstlich einen Sprinter da habe ich hin und wieder ähnliche Sorgen.
Das Fahrzeug ist nicht nur hoch und lang, nein auch noch ein wenig breiter wie ein mormaler PKW.
Ich kann die Problematik sehr gut nachvollziehen! Für solche Leute habe ich dann immer den passenden Spruch parat: „Wer kein großes Auto fahren kann soll sich ein kleines kaufen“ 😀
Einfach wieder zurückzusetzen war keine Option oder hat er sich auch das nicht getraut? Rein logisch betrachtet müsste man aus der Lage doch genauso rauskommen wie man auch reingekommen ist.
@Michi:
Viel zu einfach sowas. Da kann man sich ja dann gar nicht mehr aufregen
@michi Das wäre ja quasi wie aufgeben!
@Michi: „Er steckte nun (zumindest gefühlt) fest“ hab ich tatsächlich so verstanden, dass er sich auch nicht mehr traute, zurück zu fahren. Und genauso rauskommen, wie man reingekommen ist, ist in der Tat je nach Konstellation theoretisch. Denn je nachdem, wie die Lenkbewegungen waren beim in-die-Situation-rein-manövrieren und wie eng es ist, kann das schon mal schwierig sein, das genauso rückgängig zu machen.
@Schwarzmaler: „Ich hab ne Gehirnerschütterung … “ – „Alter, was hast du denn gemacht??“ – „Angeblich blöd geschaut … “
@Topic: Das geht auch andersrum … ich erinnere mich immer wieder gern an den Fussgänger, der mich WILD gestikulierend darauf aufmerksam machen wollte, dass die Parklücke zu klein sei für meinen Ducato – und noch viel lieber an sein Gesicht, als ich in einem Zug drin stand 😀