Ach, das Ende einer Wochenendschicht ist immer wieder schön. Oftmals lasse ich mich ja einfach von A nach B treiben, meist nehme ich noch ein oder zwei Winker mit. Je näher ich dem Abstellplatz komme, desto mehr werden meine Gefühle ambivalent:
„Soll ich die Fackel ausmachen? Und wenn einer winkt? Ja, was aber, wenn der dann nach Spandau will?“
Es zerrt und reißt an einem, Jagdinstinkt und Müdigkeit zerren an einem wie Engelchen und Teufelchen und nur selten läuft es genau so, wie man es sich erhofft hat. Manchmal schlechter, manchmal passieren allerdings auch außergewöhnliche Dinge. Am frühen Samstagmorgen – also zum Ende der Freitagsschicht hin – war ich nicht so recht zufrieden mit meinem Umsatz. Der Schwan war weit entfernt, ich hätte dazu noch eine gute 30€-Tour gebraucht. Von meiner letzten Tour nach Schöneberg hab ich mich durch Kreuzberg treiben lassen, den Weg Richtung Heimat fest schon im Sinn. Aber es war gerademal 5:45 Uhr. Als ich in der Nähe des Ostbahnhofs war, beschloss ich, noch eben kurz eine Tour zu machen und dann abzuhauen.
Vor mir standen nur 2 freie Taxen und zum Berghain wollte ich nicht, weil dort die Wahrscheinlichkeit ungleich größer war, wieder direkt nach Schöneberg zu fahren. Stets schöne Touren, leider halt in die komplett falsche Richtung.
Die Kollegen vor mir kamen recht schnell weg und kurz nach 6 Uhr stand ich erwartungsvoll auf der Pole-Position. Als ich an diesem Morgen Ozie erzählte, was dann passiert ist, hat sie lachen müssen. Hart lachen, wie man das heute offenbar nennt.
Zunächst passierte nichts. Die Menschen am Bahnhof wurden weniger, von Fahrgästen war schon mal überhaupt keine Spur. Hinter mir sammelten sich bereits wieder drei bis vier Kollegen. Dann kam Klaus vorbeigefahren und stellte sich zu einer kurzen Unterhaltung zu mir. Ich habe ihn gewarnt, sich ja nicht hier anzustellen – ich selbst hütete da bereits seit einer halben Stunde die erste Position, insgesamt stand ich schon seit einer Stunde. Beim kurzen Schnack zwischen Klaus und mir kroch die Sonne am Horizont höher, die letzten Reisebusse verließen den Bahnhof für ihre Touren und die Uhr zeigte die magische 7 an, die ich im Taxi so gut wie nie zu sehen kriege.
Um 7.15 Uhr verließ Klaus meine letzte Leidensstation, ich wartete weiter. Die Minuten zogen nur so ins Land und es regte sich nichts. Selbst der McDonald’s war inzwischen leer, vom Fritz-Club waren erst recht keine Fahrgäste mehr zu erwarten.
„Naja, als erster haut man nicht ab!“
hatte Klaus mir verbunden mit ein wenig Hoffnung mit auf den Weg gegeben. Klar, ziemlich eiserne Regel. Und anderthalb Stunden blöd für nichts in der Gegend herumzustehen um dann heimzufahren? Da sträubt sich das Gehirn einfach mit einem ganzen Bataillon an Rechtfertigungen dagegen. Um 7.30 Uhr wurde ich dann immer müder und müder und in halb ausgeschaltetem Zustand lässt sich die eigene Psyche schon viel besser überwinden. Ein bisschen schämte ich mich vor meinem Kollegen hinter mir, denn es ist nunmal wirklich blöd, nach so langer Zeit abzuhauen. Noch dazu hatte er den selben Funk. Der war bei mir zwar aus, aber er würde wissen, dass ich keinen Auftrag habe. *grummel*
Um kurz nach halb acht war mir das dann auch endlich scheißegal. Ich wollte heim. Jetzt! Sofort!
„Vergiss die Kohle, vergiss die letzten anderthalb Stunden, fahr heim, schlaf und rock am Abend wieder rein!“
Mit einer Mischung aus Scham, Ärger und Wut beschloss ich, die Schicht nun wirklich hinter mir zu lassen. Was dann geschah, hätte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht vorstellen können: Ich legte den ersten Gang ein, trat die Kupplung durch, drehte den Zündschlüssel und stellte fest, dass die Batterie leer war.
LOL
‚Tschuldigung, ich krieg mich vor Lachen grad nicht mehr ein …
Perfekt! Wirklich, wirklich perfekt! 😀 Das nette ist, dass die Conclusio am Ende so unerwartet kommt. Ich hab die ganze Zeit gedacht „Wann kommt jetzt die Tour?“, und dann kommt der Schlag aus einer ganz anderen Richtung!
Da gibt es nur e i n Wort das man dabei denkt oder sogar laut spricht, deshalb brauche ich es hier nicht wiederholen..
uaaah, da hat Kollege Murphy dich aber voll getroffen!
Mies gelaufen – aber stell dir mal vor: Du überwindest dich, warstest bis 8:10 Uhr und da kommt ein Fahrgast – und dann die leere Batterie 😉
@elder taxidriver: stimmt, dachte ich mir auch.
@Busfahrer Michael: genau. 8:10 Fahrgast: „nach Marzahn bitte“… dann schon besser so 🙁
Warum war nun der Akku leer, frisst die Fackel zu viel Strom oder war die Sitzheizung an?
Aber dass am Ostbf. fast 90 Min. niemand ein Taxi braucht…
Als Ende der Geschichte hatte ich ja eine Ultrakurzstrecke erwartet – aber so ist es natürlich noch viel besser – wenn man auf der lesenden Seite ist. =D
Wie bist du dann heimgekommen? Haben die Kollegen anschieben oder Starthilfe geben können?
Sash, was waren in dem Moment Deine ersten Gedanken?
Zum Glück isses ’n Schalter!
Ich kann die Reaktion von Ozie voll und ganz nachvollziehen 😀
@ednong:
Ist entschuldigt 🙂
@Quacki:
Genau so war es geplant. Schön, dass es funktioniert hat.
@elder taxidriver:
Ich weiß es, ich weiß es!!! 😉
@Blogolade:
Ja, das bleibt nicht aus 🙁
@Busfahrer Michael:
Ich hab mir über den Fall auch Gedanken gemacht. Komischerweise wäre das irgendwie nicht wirklich schlimmer gewesen, dafür aber einfach nicht mehr so lustig 😀
@Bernd K.:
Ich weiß es nicht. Fackel nicht unbedingt. Funk soll fressen, den hab ich aber aus. Aber die Zündung war an, also Radio, Cockpitbeleuchtung und all der Schnickschnack waren unnötig verfügbar. Wahrscheinlich ist die Batterie einfach so langsam am Ende ihres Lebenszyklus. Keine Ahnung, wie alt die ist – könnte aber schon länger her sein, dass wir sie ausgetauscht haben …
@nadar:
So war es geplant 🙂
Und zur Frage: Siehe nächster Eintrag.
@opatios:
Siehe nächster Eintrag 🙂
@Mariha:
Jepp! 😀
@Michi:
Ich auch. Und seit ich zuhause war, hat mich das alles kein Stückchen mehr gejuckt. Ja, 2 Stunden, ja vielleicht ein paar Euro weniger – aber verdammt: ich hab früher meinem PC beim Festplatte formatieren zugesehen, da werde ich das wohl verkraften können! 🙂
[…] Samstag Morgen stand ich wie gestern schon erwähnt plötzlich mit leerer Batterie am Ostbahnhof. Über die dazu passenden Worte und Gedanken wurde in den Kommentaren einiges gesagt, mir ging vor […]
„Ein bisschen schämte ich mich vor meinem Kollegen hinter mir, denn es ist nunmal wirklich blöd, nach so langer Zeit abzuhauen.“
Das versteh ich nicht ganz. Sollte sich der Kollege nicht eher freuen, daß er nun erster ist?
@Raoul:
Klar würde der sich sicher freuen. Aber man selbst kommt sich halt doch ein bisschen blöd vor. Wir sind ja auch nicht gegen Schadenfreude immun …