Die Tour hier ist schon ein bisschen her. Es war am Wochenende, als die Biermeile mal wieder in Friedrichshain anstand. Und angestanden hat offenbar auch der Kunde, der mir ins Auto stieg:
„Sind Sie bestellt?“
Wenn man sichergehen will, dass man an dieser Stelle keine Fahrt klaut, muss man eiskalt gegenfragen:
„Hatten Sie ein Taxi bestellt?“
Denn viele Menschen in Eile sind Egoisten, fast alle sogar. Sagt man, man sei nicht bestellt, dann freut sich der Kunde, weil angeblich ein Kollege gerade da war, der leider nicht für ihn war – sagt man, dass man bestellt sei, dann war es eben genau er, der das Auto bestellt hat. Naja, seine Antwort auf meine Gegenfrage war so ehrlich wie erregt:
„Ja verdammt, aber das ist jetzt auch egal!“
Aber er konnte es erklären:
„Ich häng hier jetzt seit Ewigkeiten in der Warteschleife bei der Zentrale, weil mein Wagen nicht kommt, aber da nimmt keiner ab!“
Blöde Geschichte. Laut dem Kunden (wie gesagt: man sollte mit der Gutgläubigkeit vorsichtig sein!) stand er da seit fast 35 Minuten. Das Taxi wäre um 5 nach 0 Uhr bestellt worden, sollte in wenigen Minuten da sein und er hatte vor – mal gucken – 10 Minuten einen Geschäftstermin in Mitte. Großes Disaster! Termin geplatzt, weil das Taxi nicht gekommen ist.
Im Laufe der Fahrt ging die Zentrale auch mal ran und er erzählte haarklein die selbe Story und beschwor Tod, Teufel und Schadensersatzklagen ob des geplatzten Treffens. Auf jeden Fall hatte er vor, dem betreffenden Fahrer das Leben schwer zu machen. Wofür ich ein kleines Bisschen Verständnis habe, wenngleich mir der Kollege erstmal leid tut.
Das ist einer der Gründe, weswegen ich auf den Funk gerne verzichte: Es gibt immer Unwägbarkeiten und am Ende steckt da noch eine dritte Partei mit drin, die im Falle einer Nichterreichbarkeit eher störend als helfend sein kann. Vielleicht war der Fahrer ja tatsächlich aus guten Gründen verhindert, vielleicht hat er das auch rechtzeitig weitergegeben …
Auf der anderen Seite war in dieser Nacht die Chance auch groß, dass er vielleicht einfach einen näheren Kunden eingeladen hat und sich dachte, das würde schon alles klappen. Denn der Besteller stand direkt an der Karl-Marx-Allee, zu diesem Zeitpunkt prinzipiell voll mit Taxen (und Kunden eben). Mich hätte es in der Nacht auch kirre gemacht, an 5 Winkern vorbeizufahren auf dem Weg zu einem Kunden, der wahrscheinlich bereits in ein x-beliebiges anderes Taxi gestiegen ist. Es hat eben alles Vor- und Nachteile. Man hat als Fahrer mit Funk hier und da einen Auftrag mehr, auf der anderen Seite ist man an solche dann auch gebunden. Auch wenn man dadurch etwas anderes verpasst oder vielleicht eine Fehlfahrt riskiert.
Ich würde ja gerne wissen, was daraus geworden ist. Ich selbst hatte Glück, denn mein Fahrgast war eher froh, dass ich da war, als dass er seine schlechte Laune an mir ausließ. Unter normalen Umständen wahrscheinlich ein guter Kunde, in der Nacht aber dennoch eine Tour, bei der ich auch froh war, als sie beendet war …
