Die berühmten Ausnahmen

Erstmal: Ja, es gibt heute noch einen Eintrag! So wie eigentlich immer – außer an manchen Sonntagen. Ich bin heute Nacht aber leider verhindert gewesen und vorgeschrieben hatte ich nichts. Wer sich für meine Hinderungsgründe interessiert, kann das gerne in meinem Privatblog nachlesen: Irgendwas dramatisches|Witz mit Luft

Kommen wir nun zu etwas ganz anderem:

Dem ein oder anderen falle ich sicher auch mal negativ auf. Ich bin gerade bezüglich des Taxitarifs immer ein vehementer Fürsprecher und lehne Festpreise ab. Auch neulich hatte ich das wieder, da hat mich eine Truppe Jungs gefragt, ob ich irgendwie mies drauf sei, weil ich ihre Anfrage nach einem Festpreis (wie üblich rund 40% unter dem Tarif) einfach gleich ohne Überlegen mit einem glasklaren „Vergesst es!“ abgetan hätte. Aber eigentlich solltet ihr wissen, dass ich deswegen kein blödes bürokratisches Arschloch bin. Ich bin im Gegenteil sogar sehr dafür, dass gesunder Menschenverstand mal über sinnlose Regelungen siegt. Dummerweise trifft das auf die meisten Angebote zum Thema Festpreis nicht zu.

Am selben Abend, etwas später, hab ich kurz am Fritz-Club gehalten. Die Halte am Ostbahnhof war leer, ich hab also auch niemandem eine Fahrt geklaut. Super. Kurz darauf fragte mich ein verschüchterter noch nicht ganz volljähriger Junge nach dem Preis zu einer kleinen Straße im Bezirk Neukölln. Ich hab mein fast allwissendes Navi befragt und die Entfernung betrug rund sieben Kilometer. Pi mal Daumen 14 bis 15 Euro. Der den Tränen nahestehende Jüngling durchforstete seinen Geldbeutel und erzählte mir nebenher, dass er sich das Taxi eigentlich mit zwei Leuten teilen wollte, die jetzt aber während er seine Jacke an der Garderobe ausgelöst hat, einfach schon losgefahren wären und ihn hiergelassen hätten.

Auf 13,50 € hat er es gebracht.

Ich hab ihn mit einem „Kriegen wir hin!“ eingeladen. Er sah keine Möglichkeit, noch irgendwie – via Bank oder so – an Geld zu kommen, aber schon weil es ihm so peinlich war, ging mir das sonstwo vorbei. Um ehrlich zu sein, hatte ich bereits mehr Umsatz als ich erwartet hatte an dem Abend. Die Uhr hab ich einen Kilometer vor dem Ziel ausgemacht, der Dank war riesig und seine Panik darüber, dass ich jetzt seinetwegen was illegales mache, war geradezu lustig 😉

Den Humor scheint auch das Schicksal zu teilen, denn als Belohnung für meine Großzügigkeit bekam ich gleich als er ausgestiegen ist noch eine lohnende Tour nach Lichtenrade – ohne Preisfeilscher, mit gutem Trinkgeld, unspektakulär aber gut! Und so passt das ja dann auch alles wieder. 🙂

Übertrieben – aber nett.

Betrunken und ehrlich: eine nette Mischung. Wenn es von beidem zuviel ist, kann es aber auch nach hinten losgehen.

Meinen Fahrgast bekam ich am Bahnhof ins Auto gesetzt, es handelte sich um einen stark angetrunkenen Mann, mindestens 10 Jahre älter als ich war er. Dazu bekam ich – offensichtlich von seinem Sohn – noch zwanzig Euro zugesteckt. Die Fahrt ginge zwar bis Grünau, aber den Rest des Geldes würde ich von seinem alten Herrn bekommen.

Na klar!

Der hatte bis dato auch scheinbar alles im Überblick. Er lotste mich zu einer Bank, die ich nicht kannte und zu guter Letzt auch problemlos in seine Straße. Das Navi lief zwar mit, aber gebraucht habe ich es dank ihm nicht. Nun kamen wir zum Bezahlen. Das gestaltete sich etwas schwierig, da der Typ völlig vergessen hatte, dass sein Sohn bereits einen Zwanni Vorschuss geleistet hatte:

„Was krissn?“

„Insgesamt sind wir bei 28,20 €. Dann bekomme ich also 8,20 €.“

„Stimmt so.“

Gereicht hat er mir natürlich 30. Große Versuchung … aber nee:

„Die Zwanzig kriegste zurück, die hat dein Sohn bereits gezahlt.“

„Was hat mein Sohn damit zu tun? Der is nich hier!“

„Ich weiß, aber der hat mir vorher 20 € gegeben.“

„Ich muss dir 20 € geben!“

„Nein, eben nicht. Die sind bezahlt!“

„Ich hab die nicht bezahlt!“

„Ich weiß, aber ihr Sohn. Der hat mir 20 € gegeben, deswegen sind von den 28 jetzt nur noch …“

„Ich hab Dir doch 28 gegeben!“

„Ja, aber das …“

„Ich will ja schon ordenlich zahlen! Da steht 28 und ich zahl 28!“

Sagen wir es mal so: Ich habe uns beiden eine lange Diskussion erspart und gutes Trinkgeld gehabt heute Nacht. Ach ja, und falls der Sohn hier mitlesen sollte: Ich hab’s versucht, aber irgendwann musste ich auch mal weiter. Aber der alte Herr wirkte sehr überzeugt von der Richtigkeit der Rechnung!

Verlängerungen

War eine schöne Tour: Der Kerl ist mir am südlichsten Ende Kreuzbergs vor die Linse gelaufen und wollte bis nach Friedrichshain gebracht werden.

„Übers schlesische Tor, dann kann ich mir noch was zu essen holen!“

Dort angekommen stieg er aus und besorgte sich was kaubares. Kaum dass er hinter irgendeiner Tür verschwunden war, stand plötzlich eine attraktive Mittzwanzigerin vor meinem Wagen und erkundigte sich nach dem ungefähren Preis zum Antonplatz. Ich vermutete etwas um die 12 €, als sie allerdings verkündete, dass sie nur wissen wollte, ob ihre 21 € reichen würden, winkte ich ab und meinte:

„Locker!“

Ich hatte ihr da schon mitgeteilt, dass ich gerade besetzt bin – aber Preisschätzungen kann man dank einheitlichem Tarif ja mal wagen. Da ich allem Anschein nach aber sehr ehrlich und sympathisch zu wirken scheine, wollte sie nun unbedingt meinen Fahrgast fragen, ob sie mitfahren könne. Sein Zielpunkt lag noch nicht einmal auf der Strecke, sondern ein ganzes Stückchen ab davon. Dennoch überredete sie ihn, dass sie für die letzten zwei Kilometer mitfährt, um dann mit mir weiterzucruisen.

Mir gefiel dieser nahtlose Übergang natürlich auch, zumal es bei zwei dennoch getrennten Fahrten auch keine Diskussion übers Geld geben konnte. Zunächst unterhielten wir uns also zu dritt, dann stieg seine Winkigkeit aus. Von seiner Bude aus hatte ich dann gleich die heitere Tour mit ihr, die dann tatsächlich mit rund 13 € zu Buche schlug. Manchmal ist es praktisch, ehrlich zu wirken 😉

Alles richtig gemacht …

Eine sonderlich nette Begrüßung war es nicht wirklich. Eine Frau in meinem Alter fiel neben ihrer Freundin ins Auto und polterte gleich los:

„Puh, dieser Neuwagengeruch! Da wird mir immer voll übel von!“

Noch einmal zum Mitdenken: Neu. Wagen. Geruch. 😀

Umgehend nach dieser Tour hab ich den Kilometerstand festgehalten:

Sagen wir 18.000€? Er ist quasi neu! Riechen sie mal! Quelle: Sash

 Dazu sollte man anmerken, dass es sauberere Autos als die 1925 gibt und sowohl mein Tagfahrer als auch ich rauchen. Nicht im Auto, aber doch in der Nähe. Wir verwenden keine Wunderbäumchen oder ähnliche Raumdeos, die Kiste ist zigfach vollgekotzt worden, jeden Tag sitzen da 10 bis 50 Personen unterschiedlicher Ausdünstungsgrade drin und auch wenn ich damit ein Geheimnis verrate: Auch wir Taxifahrer müssen mal einen fahren lassen.

Aber klar, Neuwagengeruch! Da scheint die Mischung ja genau gepasst zu haben.

Und die Dame hat auch nichts daran geändert, da ich fortan mit offenem Fenster sehr behutsam gefahren bin 😉

Welcome to Berlin!

Ach, wenn doch jede Anfrage an mich auch mit Geld verbunden wäre!

Je nachdem, wo man sich als Taxifahrer so hinstellt, wird man seine Zeit damit verbringen, eine Menge Fragen zu beantworten. Von Nicht-Kunden. Bisweilen belohnen zwar sogar die unsere Auskunftsfreude, normal ist das aber nicht.

Der Typ, der sich letzte Woche an mein Auto geschlichen hat, war anderer Sorte. Er suchte nicht nur nach Informationen, sondern zusätzlich nach ein wenig Kleingeld. Genau genommen wollte er mit mir einfach ein bisschen über die Stadt plaudern, während ich ihm sein nächstes Bier bezahle. Berlin sei nämlich total cool und er sei ja jetzt extra aus Schweden hergeflogen und auf der Suche nach Arbeit. Und wo er schonmal hier wäre und blau noch dazu, könnte er sich auch vorstellen, gleich komplett hierzubleiben. Er versuchte seine schwankenden Beine parallel zueinander auszurichten und Haltung anzunehmen. Dann streckte er das Bier in meine Richtung, mehr oder weniger nach vorne weg also, und trötete ein nasales und doch militärisch-zackig klingendes

„Ick will eine Berliner werden!“

in die dunkle Nacht am Ostbahnhof. Während ich bei mir dachte, dass er unter all den Spinnern, die ich so auf der Rückbank sitzen habe, nicht wirklich auffallen würde, drehte er auch ab und ruft dabei einige Worte, die er vermutlich für deutsch hält.

Manchmal frage ich mich selbst als Blogger, was für ein Mitteilungsbedürfnis manche Menschen haben …

Ich fühle mit euch!

Ich schreibe ja immer, dass ich den Job nicht tagsüber machen könnte, bzw. möchte. Im Notfall ist man natürlich zu vielem bereit, aber ich erinnere mich immer noch an die Worte meines Tagfahrers, als ich ihn kennengelernt habe. Er war schon eine ganze Weile unterwegs und hat mir und unserem Techniker aus dem Taxihaus das Auto an jenem Mittag besonders früh gebracht, damit ich eine kleine Einweisung bekommen konnte.
Kurz bevor er sich verabschiedete, meinte er damals:

„Weeßte, ick würd‘ Dir ja jerne ’n paar Tipps jeben, aber dit kann ick nüscht. Ick weeß ja nich, wo man sich nachts hinstellt, is alles anders, dit is’n annerer Job!“

Heute sage ich denselben Quatsch mit etwas weniger Dialekt zu all den Tagfahrern 🙂

Abgesehen von den Schwierigkeiten, die die Nachtarbeit einfach der Tageszeit wegen mit sich bringt, bin ich ja schon auf der leichten Seite des Gewerbes gelandet. Ich muss mir fast nie um den Verkehr Gedanken machen und Eile ist ohnehin nur selten geboten. Das ist eine Erleichterung, die ich zu schätzen weiß!

Mich treibt es zwar nur selten tagsüber auf die Straße, aber die Kollegen haben mein aufrichtiges Mitgefühl, denn ich bin inzwischen so daran gewöhnt, die Hauptstadt so schnell als möglich zu durchqueren, dass mir die meisten Verzögerungen inzwischen dreifach lästig vorkommen.

So hatte ich neulich einen Winker, einen sehr entspannten Typen um die 60, der unweit des schlesischen Tores auf mich wartete und mir eine Adresse in Charlottenburg nördlich der Bismarckstraße als Ziel nannte. Das ist zunächst mal vor allem eines: ein echter Glücksgriff! Eine Winkertour um die 20 € hat schon für so manches Lächeln bei Taxifahrern gesorgt und dieses Mal war es nicht anders.

Während dieser Tour habe ich dann allerdings einen kleinen (und unzureichenden) Einblick in das bekommen, was die Tagfahrer in Berlin jedes Mal so runterreissen müssen. Bis auf vielleicht 3 oder 4 Stück waren ALLE Ampeln unterwegs rot. Ich hab keine Ahnung, wie ich das schaffen konnte – zumal ich auf den Straßen in die Richtung nun ja oft genug unterwegs bin – aber es war furchtbar. Und tagsüber wäre man an einzelnen davon ja auch mal länger als eine Ampelphase gestanden. Ich hab für die knapp 10 Kilometer über eine halbe Stunde gebraucht und ich hatte das Gefühl, die ganze Nacht zieht an mir vorrüber, während der Typ bei mir im Fond gelegentlich aus seinem Tiefschlaf heraus laut und aufgeregt grunzte.

Nein, ich könnte das nicht immer haben und ich bin froh, dass ihr den Job macht, liebe Kollegen!

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Fritz und Renate

„Nee klar, wir fahren von der Renate zum Horst! Haben eigentlich all eure Clubs bescheuerte Vornamen?“

Der junge Besucher war sichtlich verstört von den Locations, zwischen denen er von seinen Freunden hin- und hergeschleift wurde. Und – etwas, das ich als Taxifahrer ja zur Genüge kenne! – wenn man mit Namen nichts bestimmtes verbindet, sind sie austauschbar. Wer nur sein eines Hotel kennt, fragt sich zu Recht, wie man zwei Ketten miteinander verwechseln kann – ich hab das schon beinahe geschafft. Genauso wird wahrscheinlich niemand den Fritz- und den Frannz-Club wirklich verwechseln, so er mal drin war. Hoffe ich jedenfalls für die Clublandschaft Berlins.

Einem Fahrgast ging es dann allerdings doch so, denn er winkte mich vor dem Fritz-Club heran und fragte, ob ich wüsste, wo eben der Frannz-Club sei. Ich bejahte und los ging der Spaß. Er erzählte mir dann, dass er ein Konzert besuchte und nicht darauf geachtet hätte, wie die Location sich nun genau nennt.

Zunächst schien mir das trotz der gleichen Anfangsbuchstaben ein wenig weit hergeholt, aber er hatte eine recht plausible Begründung: Er kam nicht aus Berlin, hatte die fragliche Band aber Jahre zuvor schon einmal ausgerechnet hier gesehen – im Fritz-Club – und ist nun treudoof mit nur kurzem Blick auf die Karte davon ausgegangen, dass es wieder hier sein würde …

Seiner Aussage nach hat die Frau am Eingang des Clubs ihn ziemlich komisch angesehen.

PS: Beim Horst muss ich immer an diese Fahrt denken.