Andere Richtung

Eine hervorragende Einstimmung auf den diesjährigen Herrentag waren die ersten Winker der besagten Schicht. Zeitgleich sind mir zwei Arme direkt nebeneinander entgegengeschnellt und ich hab neben den beiden gehalten. Männlein und Weiblein, beide etwa im gleichen Alter. Zunächst dachte ich, sie gehörten zusammen. Mit dieser ansonsten natürlich total verständlichen, geradezu professionellen Einschätzung musste ich brechen, als es ums Einsteigen ging. Sie rangelten ein Wenig und ich hörte nur ein paar Wortfetzen:

„Bersarin! Andrere Richtung! Ehrlich! Jaja! Was denn? Neihen!“

Letzten Endes blieb die Dame vor der Tür stehen und schmollte in ihre Latzhosen, während er sich quer über die halbe Rückbank schmiss und mir lässig zuwarf, ich solle ihn zum  Bersarinplatz bringen. Kein Problem, eine kurze Tour von 6 € mit null Chancen, irgendwie vom Weg abzukommen. Einmal abbiegen. Aus Neugier hab ich natürlich nachgefragt:

„Und? Das Mädel gerade? Wo wollte sie hin?“

„Warschauer. Hab ihr gesagt, das ist die falsche Richtung …“

Ich gehe ja immer vom Guten im Menschen aus und hab halb-diplomatisch eingeworfen:

„Klar, kommt ja darauf an, wohin in der Warschauer. Zum U-Bahnhof sicher.“

„Ist mir auch egal. Ich hab kein‘ Bock mehr!“

OK, er war doch ein Arschloch. Die Tour war zwar wohl ein paar Meter länger (was bei 6 € jetzt auch nicht gerade ein Pro-Argument ist), aber ich bereue es im Nachhinein, nicht sie mitgenommen zu haben.

Sicher, jeder hat das Recht zu entscheiden, mit wem zusammen er Taxi fährt – das will ich ihm nicht vorwerfen. Dass er sich danach allerdings die halbe Fahrt darüber belustigt hat, dass er „der Schnepfe“ erzählt hätte, ihr Ziel läge in die andere Richtung, sprach nicht wirklich für ihn. Entsprechend verhalten war die Unterhaltung, entsprechend war das Trinkgeld. Männer und Alkohol …

5 Kommentare bis “Andere Richtung”

  1. Bernd K. sagt:

    Wieso „Männer und Alkohol“?
    Arschloch bleibt Arschloch, ob mit oder ohne Alk.
    Und bei der weiblichen Hälfte der Menschheit ist das wohl ähnlich. 😉

  2. Sash sagt:

    @Bernd K.:
    Da hast du natürlich grundsätzlich Recht. Aber es gibt ja durchaus einen Haufen Leute, die ihre Nervigkeit erst betrunken ausleben.

  3. leserin sagt:

    Wie verhält man sich dann am besten, bei so Kunden, denen man am liebsten „eine andere Meinung“ sagen würde? Nicht so sehr drauf eingehen, doch Meinung durchschimmern lassen, ausweichen?? Heucheln?? Ich hab echt keine Ahnung…

  4. Bernd K. sagt:

    ok, du bist der Fachmann 😉

  5. Sash sagt:

    @leserin:
    Je nach Kunden. Selbst ich halte manchmal meine Klappe, wenn es mir zu blöd ist, deswegen Streit anzufangen. Wenn es dagegen ersichtlich ist, dass der Kunde auch Gegenwind vertragen kann, bzw. an einer Meinung interessiert ist, dann sage ich schon auch mal was, was ihnen nicht passt.

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