Gabi heult

Ich hatte äußerst (!) gut gelaunte Kundschaft – ein Pärchen – im Taxi, mit der sich das Gespräch auch recht schnell entwickelte. So waren wir urplötzlich bei den Eltern von ihr:

Nein, früher waren meine Eltern auch mal spießig. Aber dann rufen die mich von einem Trip nach Amsterdam aus an und fragen mich, was „Haschkuchen“ auf niederländisch heißt. Ist klar: Die Tochter muss das ja wissen. Und dann klingelt abends das Telefon nochmal. Mein Vater ist dran und lacht. Und lacht. Und dann lacht er noch mehr. Irgendwann frage ich, was denn los sei. Er meinte zu mir: „Die Gabi – meine Mutter – die Gabi!“ „Ja, was denn?“ „Die Gabi!“ „Was ist mit Gabi?“ „Ach, die Gabi kommt gar nicht mehr klar und heult die ganze Zeit. Und je mehr sie heult, desto mehr lachen wir alle!“

Ich musste auch lachen, ganz ehrlich 😀

Und: Ist es nicht beschissen, dass ich meines Jobs wegen nicht mehr kiffen darf? Auch nicht am ersten Tag von drei Wochenendtagen? Nur weil irgendwelche Sheriffs mir das eventuell auch nach anderthalb Wochen noch nachweisen könnten und ich damit meinen Schein aber mal sowas von los wäre…

Stellt euch mal vor, was ich dann alles schreiben würde… 😉

Lass den Dreck liegen…

Im Grunde muss ich zunächst ein lobendes Wort an meine Kundschaft loswerden: Ich hatte in letzter Zeit so gut wie keine unnötigen Verunreinigungen des Taxis. Damit meine ich nicht mal Kotzer. Nein, keiner hat seinen Stadtplan im Netz hinter dem Beifahrersitz entsorgt, niemand seine Bonbon-Papierchen in die Seitentaschen der Türe geschmissen. Keiner hat seinen Kaugummi irgendwo unter die Bank geklebt und die letzte Pfandflasche im Auto war glaube ich im Jahr 2010. Keiner hat mir bisher seit Silvester an die Kopfstütze gesabbert und selbst die fettigen Abdrücke an den Fensterscheiben scheinen irgendwie seltener zu werden.

Man sollte es eigentlich für eine Selbstverständlichkeit halten, aber die Kollegen da draußen wissen, dass es das nicht unbedingt ist. Insbesondere nachts. Nachdem ich in letzter Zeit zum Schichtende hin wirklich nur noch gelegentlich mal eine Matte ausgeschüttelt habe, vielleicht mal aus Prinzip den Staubsauger an der Tanke angeschmissen, bin ich auch nachsichtig geworden. Ich überprüfe nicht mehr so zwanghaft nach jeder Tour, ob irgendwas im Auto liegt. Aber eigentlich sollte man:

Helau! Quelle: Sash

So hatte ich beim Abstellen des Wagens keine Ahnung, wer da in meinem Taxi Konfetti produziert hatte. Auch wenn es nichts bleibendes ist, hätte ich den Verursacher gerne zur Reinigung dabehalten. Denn die Viecher sind ziemlich hartnäckig, wenn man sie vom Teppich pflücken will. Für die 3 Minuten hätte ich ja zu gerne die Uhr laufen lassen… 😉

Im Taxi warten

So, Schluss mit Ostern – weiter geht’s mit GNIT!

Sie hat mich etwas schief angelächelt und ich hab die Scheibe auf der Beifahrerseite heruntergelassen. Mir war nicht entgangen, dass sie mit dem Kollegen vor mir schon geredet hatte und offenbar abgeblitzt war. Das macht immer misstrauisch. Sicher, es gibt auch viele Kollegen, die normale Kundenanfragen ablehnen, aber allzu oft sind es dann eben Fragen, die man auch selbst nicht positiv beantworten kann. Festpreise, Kurzstrecke vom Stand aus, Fernfahrten zu abenteuerlichen Kursen, die Mitnahme von mehr Fahrgästen als erlaubt etc…

Was nun mochte die Frau vor dem Berghain für mich bereithalten? Das hier:

„Du, sag mal: Kann ich vielleicht bei dir im Taxi warten? Meine Freunde kommen gleich und es ist so kalt…“

Zugegeben, sonderlich häufig passiert sowas nicht. Aber für alle, die das für eine reizvolle Idee halten, möchte ich hier erstmal sagen:

„Nein!“

Und erklären, weswegen.

Erstmal gibt es natürlich keine Regel ohne Ausnahmen und hier reagiert sicher jeder Kollege auch anders. Aber ihr wisst, ich bin kein egoistisches Arschloch und wenn ich nein sage, hab ich auch Gründe dafür. Genau genommen sind es zwei:

1) Freie Fahrzeugwahl
Wenn wir am Stand stehen, haben wir uns bereitzuhalten. Auf jeder Position am Stand könnte uns ja gleich ein Kunde einsteigen. Das ist sicher auf Platz 25 unwahrscheinlicher als auf Platz 1 und theoretisch kann man ja rausspringen, sobald einer kommt. Jein. Zum einen schleichen sich Kunden manchmal wirklich hinterrücks an. Zum anderen ist das mit dem Rausspringen zwar eine theoretische Option, aber aus Erfahrung weiß ich, dass die Leute nicht lange fackeln. Wenn der erwählte Taxifahrer schläft, liest, irgendwo auf dem Gehweg eine raucht, zu lange zum reagieren braucht oder sonstwie nicht Gewehr bei Fuß steht, laufen viele Leute weiter. Ebenso wenn bereits Leute an der Türe stehen – vom drinsitzen ganz zu schweigen. Und jeder Kunde, der vorbeirennt, kostet (zumindest theoretisch) erstmal Geld oder wenigstens Zeit. Da wir das nicht freiwillig machen, sondern um Geld zu verdienen – und unsere Chefs das nebenbei in der Regel auch von uns erwarten – ist so ein kostenloses Aufwärmen im Taxi nicht ganz so kostenlos für uns, wie es vielleicht zunächst erscheint.

2) Freizeit
Gerade wenn wir für eine Umsatzbeteiligung arbeiten, ist unsere Wartezeit komplett unbezahlt. Das alleine ist nicht schlimm, wir wussten von diesem Geschäftsmodell ja, bevor wir eingestellt wurden. Aber damit sind die Wartezeiten auch die Zeiten während der Schicht, die wir für uns haben. Ich mache in vielen Schichten keine einzige reguläre Pause, sondern nutze die Zeit am Stand zum lesen, schreiben, essen etc.
So gerne ich auch mit Menschen kommuniziere und so oft ich das auch während der Wartezeit z.B. mit Kollegen mache: Diese Zeit teile ich mir ein. Und nur weil irgendwer anders seine Zeit schlecht plant, möchte ich mir deswegen auch nicht immer beim Essen zugucken lassen oder anstatt zu lesen über Dinge reden, die mich nicht interessieren. Wenn jemand im Büro Kaffeepause hat, nutzt er die in der Regel ja auch nicht (gerne), um nochmal kurz für eine andere Abteilung die Netzwerkeinstellungen zu checken, oder?

Ich hab der guten Frau das auch alles ganz nett erklärt und nebenher gleich mal mit dem Vorurteil aufräumen können, man dürfe uns nicht nehmen, wenn wir nicht an erster Stelle stehen. Zumal ich bereits auf Position 7 war, und damit sogar das erste Großraumtaxi. Sie Sie folgte mir redend, während ich vorgerückt bin, nach 2 Minuten kamen ihre Kumpels, nach 3 Minuten war ich erster und gleich danach weg. Sie ist dabei definitiv nicht erfroren 🙂

Osterhasen-Taxi

Auch wenn ich mich selbst gerade etwas angeschlagen fühle – nein, eigentlich tut das nur mein Zeh! – bin ich doch noch ein bisschen auf Piste an den Feiertagen. Auch wenn das Geschäft eher mau ist. Das Auto jedenfalls ist vorbereitet:

Kann eine Menge Eier transportieren: 1925. Quelle: Sash

😉

Wünsche euch ein paar entspannte Feiertage!

Werbung, Teil 132 (grob geschätzt)

Also nicht, was ihr jetzt denkt. Ich will hier gar nicht weiter drauf rumhacken, dass ihr mich bei den BOBs wählen sollt. Obwohl? Jetzt wo der Link schon… 😉

Wie ihr schon seht: Werbung kann tückisch sein, man kann sich gegen sie oft nicht richtig wehren. Das geht mir im Taxi nicht anders. Und abgesehen von der vielen Werbung, an der ich vorbeifahre, habe ich ja selbst welche am Auto. Das ist auch für mich ok, denn erstens muss ich sie selbst nur sehr selten sehen, zum anderen bin ich ja froh um jeden Cent, den die Firma so einnimmt.

Aber bitte: Was soll das denn?

Arm. Quelle: Sash

Ist DAS jetzt die Antwort der (einen) Funkzentrale auf die Konkurrenz durch myTaxi? Irgendsowas muss es ja sein. Nichts dagegen, die eigene App zu bewerben, aber:

„Ich fahre was Besseres.“?

Das miese daran ist, dass das jeder Mensch da draussen auf mich oder mein Auto bezieht – und das kann ich mal gar nicht leiden! Denn ich fahre nichts besseres als die Kollegen und ich bin auch nichts besseres als die Kollegen. Scheißegal, welche App wer mit wem benutzt oder welche Zentrale! Sollen sie doch draufschreiben „Besser fahren mit Funk Taxi Berlin!“ Ok, das hinterlässt wenigstens nicht so einen ätzenden Nachgeschmack.

Vielleicht sollte ich mal mit Cheffe reden, ob das wirklich SO sein muss.

An manches denkt man gar nicht…

Vor einiger Zeit ist uns mal wieder ein Kindersitz (besser gesagt: eine Sitzerhöhung) flöten gegangen. Das passiert. Wir haben sie ja nur für seltene Fälle und bedienen uns der wahrscheinlich günstigsten Styropormodelle. Die sorgen dafür, dass die Kids – wenn vorhanden – höher sitzen. Sonderlich haltbar sind sie auf Dauer nicht. Aber da im Taxi im Zweifelsfall ja sogar Kofferraummatten geklaut werden, vermute ich mal, dass man ganz gut daran tut, hier keine State-of-the-Art-Versionen zu kaufen. Aber ja, ein paarmal benutzt, hier mal eingeklemmt, da mal von betrunkenen Kiddies missbraucht und schon brechen sie durch. Wie gesagt: Passiert.

Ich hab den Sitz zeitnah entsorgt – damit man ihn nicht doch mal „im Notfall“ nimmt, weil man es vergessen hatte und jetzt niemanden enttäuschen will… ich denke, die Kollegen wissen, was ich meine.

Mein Tagfahrer hatte bald einen neuen besorgt und ich hab mir als ich das gesehen hab nur gedacht: Oh, die gibt es auch in einer anderen Farbe. Nun hat der grell-orangene Sitz einen dunkelblauen Kollegen gekriegt. Was soll es? Ja, was wohl?

Prompt hatte ich zwei Kids im Wagen.

Mami meint noch:

„Oh, guckt mal! Ein roter und ein blauer…“

Dumme Idee:

„Ich nehm den roten.“

„Nein, ich nehm den roten!“

„Nimm doch den blauen.“

„Na gut, ich nehm den blauen.“

„Nein, ich nehm den blauen!“

Memo an mich: Nächstes Mal nach den verfügbaren Farben fragen! 😉

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Tourismus in Berlin

oder Welcome Goodbye

Wenn man sich so umhört in Berlin, dann gibt es nicht schlimmeres und tolleres als Touristen. Während auf der einen Seite die Stadt zugepflastert wird mit Anti-Touristen-Aufklebern und es Veranstaltungen wie „Hilfe, die Touris kommen!“ gibt, wird auf der anderen Seite, insbesondere von Wowi himself und allerlei anderen Nutzniesern, beschworen, man bräuchte den Tourismus, anders käme kein Geld in die Kassen.

Von Klaus habe ich den Hinweis auf ein sehr interessantes Film-Projekt bekommen, von dem ich gleich mal gnadenlos den Titel für diesen Eintrag geklaut habe: Welcome Goodbye. Mir gefällt die Idee des Films gut und wenn man sich den Trailer anschaut, bekommt man schon einen ganz guten Eindruck davon, wie interessant und vielseitig das Thema ist. Ich hoffe darauf, dass einige Leser eventuell über eine Unterstützung des Ganzen nachdenken.

Aber bleiben wir beim Thema selbst: Die Touristen in Berlin.

Ich persönlich habe nichts gegen Touristen. Und auch wenn man sich aus solchen Abhängigkeitsverhältnissen nie ganz befreien kann, möchte ich doch sagen, dass es nicht daran liegt, dass ich an ihnen mitverdiene.

Natürlich gibt es Klischee- und Horrortouristen, die die Bewohner der Stadt wie im Zoo begaffen und sich benehmen wie eine Horde Raubritter. Aber wenn man Personengruppen nach solchen Randerscheinungen bewerten müsste, dann würden gerade wir Deutschen auch nicht gerade ein sonderlich gutes Bild abgeben. Dort wo wir die Touristen sind, gibt es sowas nämlich auch zuhauf.

Nun geht die Kritik an den Touristen aber in Berlin über das Nörgeln gegen Fotoapparate vor dicken Hawaihemd-Bäuchen hinaus. Die Touristen würden die einzigartige Kultur Berlins zerstören, Berlin sei einfach nicht mehr dasselbe, seit die jetzt auch noch nach Kreuzberg wollen… ganz besonders schlimm sind außerdem die, die hier nur feiern gehen würden.

Da muss ich mich jetzt doch mal fragen, was in Berlin je so geblieben ist, wie es war. Welches Berlin hätten wir den gerne wieder. Das kleine Berlin von vor 1920, das ohne Eingemeindungen einer Hauptstadt kaum würdig war? Oder hätten wir lieber das niedergebombte Berlin von 1945, wo so viel Luft und Freiraum war, wie sonst nur selten?
Vielleicht wollen wir ja aber auch eine geteilte Stadt. Oder das Berlin kurz nach dem Mauerfall, wo noch nicht viel war mit Party- und Kunsthauptstadt?

Es ist das gleiche blöde Geschwätz wie mit den Zugezogenen. Wohnt einer wie ich seit 5 Jahren in Berlin, ist er einer von den komischen Neuen, über die sich diejenigen mockieren, die 10 Jahre früher hergekommen sind. Große intellektuelle Leistung!

Es ist nunmal nicht möglich, eine Weltmetropole zu sein und sie vor der Welt zu verschließen. Wie armselig wäre das auch? Wenn wir in Berlin angeblich die besten Clubs der Welt haben, dann nur, weil das die Leute sagen können, die die Welt gesehen haben. Berlin ist eine unglaublich vielfältige Stadt mit einer atemberaubenden Geschichte und in vielerlei Hinsicht einfach interessant für Menschen aus anderen Orten, anderen Ländern. Und stolz darauf sind die meisten. Egal ob man jetzt ein weltbekanntes Museum leitet oder die geilste Kommune in einem besetzten Haus unterhält – genau das macht die Stadt aus.

Wie soll man sich die Alternative vorstellen: In der geilsten Stadt der Welt leben und täglich doch nur seine Nachbarn treffen? Ganz ehrlich: Das haben wir zigtausendfach in Deutschland. Diese Dinger heißen Dörfer. Da ist dann alles so, wie man es unter Gleichgesinnten ausgemacht hat, alle sind zufrieden und keiner kriegt es je mit. Und ich rate jetzt mal, was die meisten, denen so viel an Berlin liegt, nicht wollen…

Und ja: Natürlich bringt das Geld. Tourismus ist ein Gewerbe wie jedes andere auch. Einen guten Teil seiner Urlaubserlebnisse erkauft man sich, allerdings sehe ich da keinen generellen Unterschied zum Rest des Lebens. Insofern kann man doch wirklich froh sein, dass die Stadt so beliebt ist und die Leute hier ihr Geld liegen lassen. Und wenn sie sich dafür albernes Zeug kaufen, haben halt die Albernes-Zeug-Verkäufer Glück.

Natürlich finde ich auch den ein oder anderen Hotelbau blöd. Aber ich find auch die ganzen Casinos scheiße und meinetwegen bräuchten wir auch keine Brautmodengeschäfte und Eiskunstlauf-Einzelhändler. Das alleine ist als Kriterium also auch nicht so dolle.

Sicher, hier und da muss man vielleicht mal mit Hostelbetreibern über die besoffenen Jugendlichen vor der Tür reden. Und natürlich ist nicht jedes Hotel toll und sinnvoll und nicht jeder Tourist total lieb. Aber ohne würde der Stadt einiges verlorengehen – und das ganz gewiss nicht nur finanziell.

Ich hab in jeder Schicht mindestens einmal Touristen im Auto. Das sind so viele, dass ich bald der Australier wegen einen eigenen Akzent im Englischen entwickle. Da sind haarsträubende Gestalten dabeigewesen und andere sehr nette. Menschen vom anderen Ende des Planeten, die ein schönes Bild von Berlin und von Deutschland mit in die Heimat nehmen. Menschen, die hier einen Gefallen an der Kultur oder ein Interesse an der Geschichte entdecken.
Das sind die Leute, die uns – wenn wir bei ihnen im Urlaub sind – nicht für blöde Deutsche halten, sondern uns erzählen, wie nett es bei uns war. Davon kann es meines Erachtens nach nicht genug geben.

Und wo, wenn nicht in Berlin, ist auch für die ganzen Spinner Platz? 😉