Die Wahrheit über den Verdienst als Taxifahrer

Der letzte Artikel zum Thema ist zwar schon ein Weilchen her – ich hab nicht mal Lust danach zu suchen – dennoch landen dank Onkel Google immer noch reihenweise Leute bei GNIT, die nach Informationen dazu suchen, wie viel (oder wenig) man als Taxifahrer eigentlich so verdient. Die Wichtigkeit des Themas ist mir bewusst, schließlich arbeite nicht einmal ich nur zum Spaß an der Freude. Wir müssen alle unser Geld verdienen und da ist es natürlich von Interesse, zu wissen, was am Ende auf dem Gehaltszettel steht.

Beim Taxifahren ist das leider ein wenig komplizierter. In den Medien landen meist die Berichte von massiv unterbezahlten Fahrern und viele die den Job wie ich mit Freude machen, berichten auf der anderen Seite recht locker, dass es ihnen zum Leben reicht.

Was soll der Mist? Wieviel Euro bekomme ich am Monatsende netto raus?

Vorweg gesagt: Wenn man einen guten Arbeitgeber erwischt, dann sollte es deutlich mehr sein als mit Hartz4, allerdings kann man sich trotz hoher Taxipreise abschminken, in diesem Gewerbe reich zu werden. In Deutschland werden Taxifahrer sehr unterschiedlich bezahlt, nicht einmal die Art der Bezahlung ist identisch. Sehr sehr wenige bekommen ein Festgehalt, die meisten werden am Umsatz beteiligt. Manche davon fahren wie ich rein auf Provisionsbasis, andere bekommen einen Stundenlohn plus umsatzbasiertem Bonus. Dass man da nichts allgemeines sagen kann, sollte klar sein.

Na dann Berlin! Wie viel verdient ein Taxifahrer in Berlin?

Hier in Berlin wird fast ausschließlich auf Provisionsbasis bezahlt, Stundenlöhne gibt es kaum. Die „Prozente“, also der Anteil am Umsatz, den wir Fahrer bekommen, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Von seriösen Betrieben, die nicht schwarz arbeiten lassen und uns Taxifahrern die üblichen gesetzlichen Rahmenbedingungen (Urlaub, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall etc.) bieten, habe ich Zahlen zwischen 33 und 45% gehört. Bei denen, die weniger bezahlen, existiert meist noch eine Art Bonus (z.B. 100 € netto extra, wenn man über 3.000 € Umsatz im Monat schafft). Meine Chefs bieten 45% brutto an, was unter günstigen Bedingungen (Steuerklasse, steuerfreie Nachtzuschläge etc., kompliziertes Thema!) mitsamt den üblichen 10% Trinkgeld bis zu 50% netto bedeuten kann. Das heißt: Grob die Hälfte des Betrags auf dem Taxameter landet am Ende in der Kasse des Taxifahrers. Der Verdienst richtet sich also direkt danach, wie viel Geld man einfährt, sprich: Wie lange man arbeitet. Und das kann man sich oftmals selbst aussuchen.

Das ist immer noch kein Betrag! Wie viel Umsatz macht man denn so pro Stunde?

Selbst diese Frage ist schwer zu beantworten. Nachts macht man angeblich etwas mehr Umsatz als tagsüber, am Wochenende mehr als unter der Woche usw usf. Es gibt schlechte Montage, da schleicht man mit 70 € Umsatz nach 9 Stunden Arbeit nach Hause, da bleibt der Stundenlohn bei 3 €. Läuft es an einem Samstag mal verdammt gut, macht man in 10 Stunden auch mal 300 €, da kommt man dann eher auf 15 € pro Stunde. Aber das sind beides Extreme, die nicht viel Aussagekraft haben. Die letzten „offiziellen“ Zahlen zum Taxigewerbe besagen, dass man pro Stunde durchschnittlich 1,1 Fahrten à 11 € hat – was mit knapp über 12 € Umsatz etwa 6 € Verdienst pro Stunde bedeuten würde. Ich, der ich überwiegend zu den guten Zeiten fahre, bin letzten Monat auf knapp über 17 € Umsatz pro Stunde gekommen, ergo 8,50 € Verdienst.

Damit kommt man auf jeden Fall mit angemessenem Arbeitsaufwand auf seine 1000 bis 1500 €, für 2000 schuftet man sich aber fast immer kaputt, da man dazu einfach viele miese Stunden mit schlechterem Durchschnitt in die Rechnung einbeziehen muss. Arg viel genauer geht es nun wirklich nicht.

Aber deswegen ist es auch sehr verbreitet unter den Fahrern hier, dass man sich ein Umsatzziel (pro Tag, Woche oder Monat) setzt und einfach arbeitet, bis man es erreicht hat.


Update 2015: Inzwischen gilt der flächendeckende Mindestlohn – auch im Taxigewerbe. Mindestens 8,50 € pro Stunde sollte also jeder ehrliche Unternehmer, zumindest auf den Monat umgerechnet, bezahlen. Leider wird dies nicht überall wirklich eingehalten. Deutlich mehr als den Mindestlohn wird man zumindest in Berlin kaum verdienen, was es wenigstens recht einfach macht, den Verdienst zu berechnen. Leider, möchte man anmerken.

Wir bräuchten ein Taxi…

Unvorstellbar! Was für ein kurioser Wunsch!

😉

Nein, es war zugegeben eine etwas seltsame Situation. Ich stand mit nur noch mäßig gefülltem Tank an der Stelle, die nach selbigem Gefäß benannt ist. Ich gedachte, das Autochen an diesem miesen Tag kurz zu betanken, noch eine Tour vom Ostbahnhof gleich nebenan zu machen und dann frustriert vom schlechten Umsatz unschöne Blogartikel zu schreiben.

Meine Stammtanke an der Holzmarktstraße hat allerdings ein dickes Dauerproblem: Die Erdgaszapfsäulen! Wieder einmal waren 3 von 4 ausgefallen und am einzig freien Hahn stand bereits ein Kollege. Er war inzwischen zum Bezahlen verschwunden, ich wartete auf seine Rückkehr, was ich mir mit einer Prise Punkmusik auf Lautstärke Level 10 versüßte. Irgendwo zwischen zwei bösen Gitarrenriffs klopfte dann verschüchtert ein Typ mittleren Alters an meine Scheibe, was mich in dem Moment ziemlich erschreckt hat. Und dann kam eben:

„Entschuldigung, eigentlich bräuchten wir ein Taxi…“

Ob sie nun glaubten, mein Tank wäre zu leer zum Weiterfahren oder mich nicht während meiner Pause stören wollten, weiß ich nicht. Es war jedoch offensichtlich, dass sie gar nicht in Erwägung zogen, mit mir zu fahren, sondern mich eher fragen wollten, einen Kollegen zu rufen. Ja, vielleicht lag es auch an der Punkmusik 😉

Ich hab dann gehofft, dass der Kollege vor mir doch noch möglichst lange braucht und die Kundschaft fröhlich grinsend und freundlich in mein Auto gepackt. Dass sie mich bei irgendwas wichtigem gestört hätten habe ich ihnen schnellstmöglich ausgeredet.

„Wir müssten in die Straße An der Brauerei. Kennen sie die? Die ist noch ziemlich neu…“

„Ich nehme an, dann meinen sie die in Kreuzberg.“

„Ja, genau. Wieso: Gibt es noch eine?“

In aktuellen Routenplanern, Navis und dergleichen gibt es wahrscheinlich NUR eine andere – nämlich in Friedrichshain. Allerdings war ich vor Monaten schonmal auf dem alten Brauereigelände südlich des Viktoriaparks und konnte sie somit ganz gut mit meiner Ortskenntnis beeindrucken. Auch schön 🙂

Nach der Tour zur Tanke hatte ich dann noch einen Winker zum schlesischen Tor und nach dem anschließenden Tanken und der letzten Tour vom Ostbahnhof nach Marzahn (direkt vorbei an An der Brauerei in Friedrichshain…) war mein Umsatz dann immerhin schon gut genug dafür, jetzt keinen genervten Blogeintrag schreiben zu müssen. Ist ja auch was…

Nochmal wegen der Kameras…

Ich hatte vor einiger Zeit schon einmal über die Debatte zu Kameras in Taxen geschrieben. Die Diskussion ist hier im Berliner Taxigewerbe neu entfacht worden, nachdem in letzter Zeit ein – offenbar inzwischen dingfest gemachter – Serientäter mehrere Fahrer überfallen und im Anschluss die Taxen noch für eine kurze Flucht genutzt hat.

Nachdem ich gestern im Büro mit Andreas, einem meiner Chefs, über das Thema gesprochen habe, hat er gemeint, es wäre schön, dazu ein paar Meinungen zu hören. Also hab ich das Thema noch einmal aufgefrischt mit seiner Einstellung dazu und einem Link zur polizeilichen Kriminalstatistik. Würde mich freuen, wenn ihr euch an der Umfrage drüben beim Taxihaus-Berlin beteiligt.

(Kommentare werden dort meist erst später freigeschaltet, bitte nicht wundern.)

Vertrauen…

Ich habe einen Vorteil gegenüber den vielen selbständigen Kollegen im Gewerbe: Kein Papierkram! Ich kriege zwar nur einen Teil des erzielten Umsatzes und finanziere als Arbeitnehmer wie überall auch meine Chefs mit, dafür halten sie mir aber auch eine Menge Stress vom Hals. Was davon besser ist, ist schlicht nicht zu entscheiden, beide Modelle haben Vor- und Nachteile.

Jedenfalls kann ich zum Beispiel bedenkenlos Coupons annehmen.

Verschiedenste Unternehmen und Ämter geben an ihre Mitarbeiter Taxi-Coupons aus, um die Ausgaben letztlich gesammelt überweisen zu können. Das ist an und für sich eine gute Regelung, bei geschäftlichen Fahrten müssen die Beamten und Angestellten nicht immer die Taxikohle auslegen. Für Taxifahrer ist das ein zweischneidiges Schwert: Zunächst einmal haben wir natürlich statt Bargeld oder Geld auf dem Konto einen Gutschein, mit dem man nichts anfangen kann. Und am Ende kostet es Zeit, ihn einzusenden und auf die Überweisung zu warten. Von unklaren Problemfällen, wo eventuell sogar mal nicht bezahlt wird, ganz abgesehen.

Ich als Nachtfahrer hab recht selten Coupon-Fahrten, manchmal monatelang keine einzige. Da kann es dann schon nerven, wegen eines einzelnen Coupons über 7,60 € extra zusätzliche Arbeit zu haben. Meine Chefs im Taxihaus-Berlin hingegen haben mit ihren rund 20 Taxen natürlich ständig solche Zettel und können die routinemäßig und teilweise gebündelt abschicken. Deswegen muss ich am Stand keine Coupon-Fahrten ablehnen. Sehr schön.

So bin ich neulich zu einer Mitarbeiterin des Umweltministeriums gekommen, der ein anderer Fahrer verkündete, er könne die Fahrt nicht annehmen. Sie nahm es gelassen:

„Na, sie fahren ja ein Umwelt-Taxi. Passt sowieso viel besser!“

🙂

Da so viele Coupons von verschiedenen Firmen existieren, muss man beim Ausfüllen aufpassen. Jeder fehlende Stempel, jede fehlende Unterschrift könnte bedeuten, dass er wertlos ist. Die Kunden selbst gehen mit den Dingern jedenfalls ziemlich lässig um. Manche wollen gleich, dass man einen anderen Betrag draufschreibt und somit den Arbeitgeber gleich noch das Trinkgeld mitbezahlen lassen, andere winken gleich ab und überlassen es ganz dem Taxifahrer. Man sollte bei Couponfahrten also auch ein bisschen Moral mitbringen, um die Dinger nicht auszunutzen.

Besagte Frau indes meinte gleich zu mir:

„Ist nicht so, dass ich ihnen nicht vertraue, aber könnten sie bitte den Betrag gleich reinschreiben…“

Na logo. Obwohl es nicht weiter schwer gewesen wäre, aus 7,60 € 17,60 € zu machen – nur mal so nebenbei. Dass ihr Vertrauen allerdings etwas angeschlagen war, verstehe ich gut, denn sie war von ihrer Hausverwalterin angerufen worden, weil es einen Einbruch in ihre Wohnung gegeben haben könnte…

Die Kollegen, die Gutscheine des (vermeintlich geringeren) Trinkgeldes wegen nicht annehmen, kann ich indes auch beruhigen: Sie hat mir zwei Euro in bar obendrauf gelegt und war sonst auch eine sehr angenehme Kundin. Also alles ganz in Ordnung mit diesen grünen Zetteln! Aber gut, die Arbeit mit dem Scheinchen haben schließlich auch meine Chefs. 🙂

Gottes Segen…

Ich erinnere mich daran, dass in einer der Toiletten in der früheren Wohnung meiner Mutter ein Comic an der Wand hing. Er zeigte einen Geistlichen mit gefalteten Händen, die Augen himmelwärts zum Gebet gerichtet. Daneben lehnte sich ein Taxifahrer aus seinem Mercedes und schimpfte:

„Was heißt hier Gottes Segen? Achtzehnfuffzich, aber zack zack!“

Auch wenn ich eher auf eine sachliche Verhandlungsweise mit den Kunden stehe, amüsiert hat mich der schon immer. Vielleicht auch, weil ich mit der Kirche nicht viel anfangen kann 😉

Inzwischen bin ich um einige Erfahrungen im Taxi reicher und nach einer Anfrage derletzt habe ich großes Verständnis für den fauchenden Fahrzeuglenker. Am Ostbahnhof sind zwei Frauen fast die komplette Taxi-Schlange entlanggetingelt, um irgendeinen Fahrer zu überreden, sie mit einer Kurzsstrecke zur Zossener Straße zur Heilig-Kreuz-Kirche zu bringen. Es hat sie nicht gestört, dass wir ihnen gesagt haben, Kurzstrecke sei vom Stand aus kein legitimer Tarif, sie ignorierten auch meinen Einwand, dass es sich um eine Route von 4 Kilometern Länge (Google Maps) handelt.

„Aber wir sind doch von der Kirche und wir müssen doch…“

Ich bin fair im Umgang mit allen (auch potenziellen) Fahrgästen. Aber ich hasse das, wenn sich Leute Privilegien rausnehmen wollen, bloß weil einen bestimmten Job haben, viel Geld – oder eben weil sie sich aus Überforderung einen virtuellen Freund zulegen müssen. Eine Taxifahrt kann lustig sein, ein wirklich ergreifendes Erlebnis, interessant, auch mal traurig oder bestürzend. Letztlich ist es aber auch einfach eine Geschäftsbeziehung: Der Fahrgast will ans Ziel kommen, der Taxifahrer Geld verdienen. Um das Ganze erfolgreich abzuwickeln, müssen beide Seiten mitspielen.

An dem Abend hat Gott seine Schäfchen wohl ganz schön im Regen stehen lassen. Angeblich ist der Alte ja allwissend. Dementsprechend muss ich wohl die Pfarrer dieses Landes bitten, künftig ein bisschen mehr über den Taxitarif zu predigen. Und dann preiset seine Herrlichkeit, aber zack zack! 😉

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Wieder da!

Einige Leser werden sich gewundert haben, wieso ich in den letzten Tagen nie in den Kommentaren zugegen war. Die Lösung ist denkbar simpel: Ich war auch im Real Life nicht zugegen. Ein innerfamiliärer Umzug mit allen erdenklichen Tücken hat mich für mehrere Tage in eine beschauliche norddeutsche Hansestadt getrieben, wo mir nicht nur wenig Zeit, sondern auch die ungewohnte Netbook-Tastatur den Spaß am Schreiben eingeschränkt hat. Ich werde sicher noch 24 Stunden brauchen, um wieder ganz und gar da zu sein, aber im Grunde geht es ab jetzt weiter im Text.

Und ich möchte ein hoffentlich unbegründetes Mitleid an die Kollegen im beschaulichen Rostock richten: Die Taxistände, die ich dort passiert habe, waren allesamt immer nur von ein bis zwei Wagen besetzt. Wenn das der guten Auftragslage geschuldet war, dann finde ich das natürlich gut. Ich hab mir indes eher Sorgen gemacht, dass dort die Kommunikation unter den Kollegen vielleicht etwas leidet. Kann sich ja gerne mal einer von der Küste melden 😉