Car2Go, Carsharing und so…

Jan hat mir vorher folgende Mail geschrieben:

Moin Sash,

ich bin zwar einer Deiner stilleren Leser, aber immerhin treu. 🙂

Jetzt habe ich aber doch mal eine Frage. Wie stehst Du als Taxifahrer eigentlich zu Angeboten wie Car2Go? Also Carsharing mit Autos, die ortsunabhängig sind?

Bin gespannt

Also zunächst wollte ich danke sagen, denn durch diese Mail ist mir wieder eingefallen, dass ich vor Jahren im Stuttgarter Bürgerbüro diesen tollen Satz „Das Fahrzeug ist ja standortgebunden.“ gehört habe – einer der Punkte, weswegen ich mich dazu entschieden haben, über belanglose Kleinigkeiten zu bloggen, die vielleicht erst beim zweiten Mal lesen lustig sind 🙂

Nun aber zum Carsharing:

Eine besonders von meinem Beruf abhängige Meinung hab ich dazu nicht. Ich denke mal, die Frage zielte darauf ab, ob ich diese Angebote als Konkurrenz zum Taxigewerbe sehe. Das tue ich nur zu einem kleinen Teil. Sicher wird hier und da mal eine Taxifahrt wegfallen, weil einer mehr sich an Car2go beteiligt. In der gesamten Menge schätze ich die „Gefahr“ allerdings gering ein. Es gibt Taxis noch, obwohl es Privatautos, Fahrräder, Flugzeuge, Züge, Straßenbahnen, Busse, Kutschen, Fähren und nun eben auch Carsharing gibt. Wie ich ja schon oft in diesem Blog geschrieben habe, besteht ein großer Teil der Dienstleistung Taxi in der Anwesenheit des Taxifahrers selbst. Wir werden beauftragt, wenn wir schnell vor Ort sein müssen, wenn der Fahrgast nicht fahrtauglich ist, wenn man ein bisschen reden will, wenn noch Gepäck getragen werden muss, wenn man keinen Parkplatz suchen will etc.

Carsharing schließt zweifellos eine Lücke im breiten Angebot der Mobilität heute, als Konkurrenz sehe ich sie nicht unbedingt. Da ist die Konkurrenz innerhalb des Gewerbes viel heftiger.

Und was halte ich nun davon?

Ich finde es persönlich eine gute Idee. Es stehen so unglaublich viele Autos in Deutschland einfach nur blöd rum und verrosten lange bevor sie wirklich ausgedient hätten. Wer für sich nicht jeden Tag und rund um die Uhr ein Auto braucht und es auch nicht liebevoll individuell zumüllen will, der ist doch ganz gut bedient damit.

Im Interesse der Umwelt wäre es ja zweifelsohne schön, die Zahl der produzierten Autos zu senken und diese dafür auch auszulasten. Da ist Carsharing sicher ein guter Ansatzpunkt.

Ob das Angebot nun für einen persönlich attraktiv ist, das muss natürlich jeder selbst wissen. Ich z.B. würde das für mich eher negativ beantworten. Ich brauche zum einen wahnsinnig selten ein Auto für größere private Touren – mir reichen da die Angebote der gängigen Vermietungen. Außerdem hab ich mit dem Taxi (wenn auch zeitlich eingeschränkt) ja für Kleinigkeiten wie Einkäufe notfalls eines zur Verfügung.

Also meiner Meinung nach gibt es daran nichts auszusetzen – auch als Taxifahrer nicht.

Ausnahmen, lohnende

Auf der Schillingbrücke hielt mich ein junger Mann an und fragte, ob das mit der Kurzstrecke bis zur Kreuzung Andreasstraße / Karl-Marx-Allee reicht. Na klar: Das sind vielleicht 800 Meter, das ist locker drin. Eigentlich wollte ich zum Berghain, aber ein großer Umweg ist das ja nicht mal…

„Super! Ich hab mir extra die 3,50 € zur Seite gelegt…“

Oje. Seit nunmehr zweieinhalb Jahren kostet die Kurzstrecke in Berlin 4,00 €.

Ich hab es ja derletzt geschrieben: Ich bin kein Freund von Festpreisen. In dem Fall war es aber besonders ärgerlich. Nicht nur, dass der Kerl nett war – er hat es einfach verpennt. Auch wenn die Fahrt weit unter der Maximalstrecke von 2 Kilometern liegt, wäre der Normaltarif dennoch noch saftiger gewesen. Unter freundlichen Belehrungen über den „neuen“ Tarif hab ich ihm aber bedeutet, einzusteigen. Abgesehen davon, dass er nicht nach dem neuesten Tarif gegoogelt hat, hat der Kerl ja alles richtig gemacht: Extra Geld zurückgelegt, höflich angefragt und das mit der Kurzstrecke auch noch gleich zu Beginn gesagt. Außerdem war der Kerl verdammt nochmal bereit, 3,50 € für wirklich nur ein paar Meter Fahrtweg zu bezahlen!

Ein schlechtes Gewissen hatte ich dennoch, während ich ihn kurz einfach nur geradeaus zu seinem Ziel gefahren hab. Er hat auch gleich gemeint, ich solle noch vor der Kreuzung stoppen, dann käme ich leichter wieder weg, blabla. Auf der Suche nach solchen Kunden ist man manchmal die ganze Nacht erfolglos.

Ich sollte aber auch diese seltene Regelverletzung nicht bereuen. Als ich ihn nämlich an der Ampel entlassen habe, wurde er umgehend von 3 Typen zugetextet. Ich musste wegen des Rotlichts eh noch warten, also hab ich ihn – und vor allem die Typen – noch beobachtet. Ich konnte mir wirklich besseres vorstellen, als morgens in den Polizeipressemeldungen zu lesen, dass dort jemand überfallen wurde. Aber nein:

Die Typen waren aus Holland und irgendwie streunenderweise auf der Suche nach einem Club. Mein dankbarer Fahrgast hat sie dann davon überzeugt, dass das Berghain direkt ums Eck läge und dabei gleich sein neu erworbenes Wissen angewandt, indem er ihnen vorschlug, einfach für 4 € mit dem Taxi hier zu fahren. Zugegeben: Die Fahrt wäre ohne die Nennung des Kurzstreckentarifs etwas lukrativer gewesen – dann hätte ich sie allerdings wahrscheinlich gar nicht bekommen.

Die Jungs haben mich dann ungläubig gefragt, ob das stimme: Dass ich sie für 4 € zu einem echt geilen Club bringen könnte. Das konnte ich natürlich nur bejahen 😀

Und so steht am Ende ein kleiner Regelverstoß gegen 5 zufriedene Leute. Dafür zahle ich gerne die 50 Cent aus der Kasse, schließlich haben die Holländer alleine mir schon einen Euro Trinkgeld vermacht. Und am Berghain war ich nun auch.

Kurz was vergessen.

Manches Mal denke ich bei mir selbst:

„Hey, das könnte eine Kurzstrecke sein!“

Sehr zum Leidwesen meines Geldbeutels sage ich das sogar gelegentlich. Ich Depp.

Bei der Tour neulich durch Prenzlauer Berg war das allerdings Unsinn. Die Strecke wäre zwar fast zu schaffen gewesen, allerdings nicht mit dem Umweg, den wir zweifelsohne von unserem ungünstigen Startpunkt einlegen mussten. Als wir dann gerade noch 700 Meter vor der Haustüre waren, piepste das Taxameter lustig, was wohl auch mein Fahrgast registriert hat. Es folgte jetzt aber kein Bedauern, kein Vorschlag, den Rest zu laufen, sondern etwas viel lukrativeres:

„Mist, da fällt mir ein: Wir müssen nochmal zurück! Ich hab mein Handy vergessen. Also nicht vergessen, aber ich dachte, ich brauch es nicht. Aber ich brauche es doch!“

14 € kommen selten dabei raus, wenn ich mir denke:

„Hey, das könnte eine Kurzstrecke sein!“

Wäre aber auch ein schlechtes Schätzvermögen meinerseits 😉

Architektur-Grundstudium 4.12.1 – Konisches

„Meinetwegen. Ist mir egal. Es sei denn, es ist dazu nötig, was anzuzünden – wenn ihr versteht was ich meine. Das kann ich nun wirklich nicht im Auto brauchen…“

Die dazugehörige Frage der beiden Jungs war denkbar simpel und wurde von mir alleine der schüchternen Anfrage wegen positiv beantwortet:

„Ähm, hey, Herr Taxifahrer? Sagen Sie, meinen Sie, wir, also würde es Sie arg stören, wenn wir kurz ’nen Joint bauen?“

Das Schöne ist ja, dass jeder Kiffer peinlich genau darauf achtet, dass er ja nix im Auto liegen lässt 😉

Böser Taxifahrer

„Sag mal, du machst uns ja bestimmt einen Spezialpreis zum Club. Also für 8 € wären wir dabei.“

Mal ganz abgesehen davon, dass ich das ohnehin unerträglich öde und nervig finde, stand die Uhr bei 6,20 €, der Club war noch 3 Kilometer entfernt und es gab da noch eine Kleinigkeit:

„Wisst ihr, ich hab zu Fahrtbeginn ganz vergessen, den Zuschlag für die fünfte Person reinzudrücken. Und wenn ihr mich fragt: Es ist unwahrscheinlich, dass ich mich da am Ende noch dran erinnere…“

„Oh geil, und wie viel… ist 8 € dann ok?“

„…aber bei Festpreisverhandlern mache ich das natürlich trotzdem.“

Sprach’s und drückte…

Gab nur wenig Trinkgeld, aber die 13 € hab ich dafür auch mit besonderer Genugtuung eingestrichen. 🙂

Und nur um es mal klarzustellen: Wozu bitte 40% Fahrpreisermäßigung geben bei einer Truppe, wegen der ich meinen Feierabend um eine halbe Stunde verschoben habe und extra noch die Sitze umgebaut? Bei einer Truppe, die die Hälfte der Fahrt vom anstehenden Clubbesuch schwärmte und davon, dass sie glücklicherweise ja das Geld hätten, die ganze Woche durchzufeiern…

Nee, nee, so nicht. Wer es so provoziert, kriegt meine fiese Seite gerne zu sehen.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Der Udo…

Ich hab mit Udo Lindenberg nicht viel am Hut. Im Gegensatz zu ihm trage ich ja nicht einmal einen. Aber für die gestrige Schicht könnte ich mich glatt bei ihm bedanken:

Zunächst bekam ich die äußerst großartige Fahrt vom Ostbahnhof zu seinem Konzert in der O2-World. Eine halbe Stunde hatte ich da gewartet – und dann 4,60 €. Das mit dem Dank war allerdings ernst gemeint, denn die beiden Konzertgänger waren äußerst großzügig und vermachten mir gleich einen Zehner – also 5,40 € Trinkgeld. Super Sache und damit absolut in Ordnung.

Die beiden wussten im Gegenzug zu meiner späteren Kundin wenigstens, dass er sich wegen der Echo-Verleihung gewaltig verspätet. Diese Kundin nämlich war stocksauer, weil sie nun vom Konzert nur wenige Minuten mitbekam und dann heim musste, weil ihr Babysitter nicht ewig Zeit hatte. Ich hatte damit zwar ganz schön Frust im Auto, aber immerhin war es mit 15,60 € nicht nur grundsätzlich gut für eine Winkertour, sondern ich durfte aufgrund der besonderen Umstände und „für die angenehme Begleitung“ selbst von einer Dame, die sich hochgradig „verarscht“ gefühlt hat und laut eigener Aussage niemals mehr ein Konzert von ihm besuchen wird, 4,40 € Trinkgeld entgegennehmen.

Den Abschluss bildete dann ein älteres Paar, das extra des Konzertes wegen gekommen – allerdings auch bis zum Schluss geblieben war. Die beiden hatten blendende Laune und spontan beschlossen, noch einen Umweg zum Curry 36 zu machen. Da sie dort gemütlich essen wollten, habe ich mir zwar eine Tour mit Wartezeit entgehen lassen, indem ich sie auf den Taxistand vor dem Laden hingewiesen habe, aber das war einfach im Sinne der Kundschaft eine nette Empfehlung. Und immerhin gab es auch auf die 11,40 € nochmal 1,60 € Aufschlag.

Die Lindenberg-Touren haben mir also während meiner Schicht rund 25% des Umsatzes und fast 50% des Trinkgeldes gebracht. Dafür kann ich ja auch mal Danke sagen, oder? 😉