Wochenende? Januar…

Also die heutige Schicht hat mich echt geschlaucht. Da ich das mit dem Schlaf in dieser Woche nicht so richtig raus habe, mussten mir heute Nacht gleich 3 Coffees den Weg ebnen, damit ich bis 6 Uhr wenigstens durchgehalten habe. So richtige Wochenendstimmung wollte dabei allerdings nicht aufkommen.

Zum einen war das Wetter fies. Während es eigentlich recht mild war, ging ein mieser Wind und außerdem war die Hälfte der Schicht mit jener Sorte Nieselregen angereichert, für die es keinen vernünftigen Scheibenwischer-Intervall gibt. Zu guter Letzt aber fehlten vor allem die Fahrgäste. Der Abend zog sich ewig mit mehreren einstündigen Wartezeiten und ich hatte wie alle meine Kollegen nicht einmal bis 3 Uhr auch nur einen Hunderter Umsatz eingefahren.

Es ist zwar immer so, dass am Wochenende das dicke Geld gegen Morgen kommt, aber ich hätte nicht einmal 150 € geschafft, wenn ich nicht plötzlich 5 Fahrten hintereinander gehabt hätte, darunter eine nach Hohen Neuendorf und eine mit unnötigem Umweg.

Aber was will ich erwarten: Es ist Januar!

Jedes Jahr nehme ich mir vor, in diesem Monat weniger zu arbeiten. Natürlich hab ich mich schon die letzten 2 Monate nicht gerade mit Ruhm bekleckert, was die Lohnarbeit anging, aber ich setze meine „Vorsätze“ dieses Mal dennoch um: Wochenende und Fashionweek! Mehr gibt es in den kommenden 2 Wochen nicht für mich! Aber ich hab auch nebenbei noch einiges zu tun, sodass da keine Erholungswoche bei rausspringt.

Draufzahlen

Kunden sind zweifelsohne ein rätselhaftes Völkchen. Ein Kollege erzählte mir folgendes Kleinod aus den letzten Tagen:

Ein Typ sei bei ihm eingestiegen zu einer mittelkurzen Tour. Am Ende fragte er, was er zu zahlen hätte. Der Kollege stoppte die Uhr und meinte:

„8,80 €.“

Die Antwort war ein wenig überraschend:

„Ich kann dir auch einen blasen. Aber da musste noch draufzahlen!“

Da ich diese Vergleiche so liebe: Hat irgendjemand sowas schon mal in einer Bäckerei mitgekriegt? Ich hab nämlich irgendwie die Befürchtung, das passiert wirklich nur im Taxi…

Gerechtigkeit: zu nehmen je ein Tropfen zweimal stündlich.

Ich gehöre nun ja echt zu den Taxifahrern, die ihren Kollegen die Touren nicht neiden und auch sonst gerne mal fünfe grade sein lassen. Aber es ist immer wieder ein Ärgernis, überholt zu werden. Im Laufe der letzten Woche kam es dann, dass ich von Tempelhof aus in Richtung City gegurkt bin und mich auf dem T-Damm rotzfrech ein Kollege mit seiner E-Klasse stehengelassen hat. Zunächst bin ich hinterher, aber jenseits der 70 km/h ergreift dann bei mir meist die Vernuft die Oberhand über die Wut und ich lasse die Sau davonpreschen. Mir wegen einem Arschloch auch noch Punkte zu holen, würde mich wesentlich mehr fertig machen, als die Tatsache, dass es Arschlöcher gibt.

An der nächsten Ampel hatte ich ihn dann schon verloren, so what?

Und hinter der Ampel kam dann ein Winker angesprintet, der sich gerade noch rechtzeitig hat bemerkbar machen können. Im Grunde mehr als optimales Timing! Vielen Dank an den Kollegen und eine hoffentlich auftragsfreie Fahrt bis Frohnau!

Kaum dass ich den Kunden in der Köpenicker Straße in Kreuzberg abgesetzt habe, bin ich auch schon wieder an meinem Lieblingsbahnhof gelandet. Ich fuhr mit einem Kollegen im Schlepptau an der ganzen Schlange vorbei. Ich schlage beim Wenden gerne einen großen Haken, sodass ich etwas überrascht war, als der Kollege hinter mir plötzlich den Blinker setzte und sich anstellte. Aber gut, was soll’s? Ich hab ja auch nicht rechtzeitig geblinkt, woher sollte der Fahrer wissen, dass ich mich auch an den Stand stellen wollte?

Ich hab gewendet, mir mein Buch geschnappt und mir gar nichts weiter dabei gedacht. Wohl aber der Kollege!

Der kam umgehend aus dem Auto und bedeutete mir, ich solle doch bitte vorfahren. Ich sei zuerst dagewesen und er wolle sich keinesfalls vordrängeln. Das sei mein Platz in der Schlange, also bitte.

Hab ich gemacht. Und im Gegensatz zu vielen anderen hat es mich ein kleines Bisschen gefreut, dass wir gleichzeitig weggefahren sind und ich mitbekommen hab, dass seine Tour nach Schönefeld ging. Keine Frage, 30 € hätten sich auch auf meiner Uhr gut gemacht, aber erstens ist das nicht vorhersehbar gewesen und zum anderen hat es mich für knapp 20 € in Richtung Marzahn getragen, wo ich anschließend 10 Minuten Pause zu Hause machen konnte. War also auch für mich wirklich nicht schlecht 🙂

Und falls noch Fragen bezüglich des Überholens offen sind: Nein, ein Gesetz ist es nicht, dass sich freie Taxen nicht überholen dürfen! Es ist nichts weiter, als ein Ehrenkodex unter Taxifahrern – einer, der allerdings einen enormen praktischen Nutzen hat: Er verhindert, dass immer der schnellere Fahrer alle Kunden abgreift und begünstigt den Zufall – der sowieso im Gewerbe vorherrscht (man weiß ja nie, welcher Kunde wohin will!)  und auf lange Zeit ausgleichend wirkt. Damit verhindert diese ungeschriebene Regel übermäßige Raserei unter Taxifahrern und verteilt unsere Verdienstchancen so fair wie möglich.

Deswegen bin ich verdammt froh, wenn es auch einfach mal direkt zu positiven Effekten beim Einhalten und negativen beim Übertreten kommt. Obwohl der Kollege am T-Damm ja eher einen Blitzer verdient hätte…

Neue Fotos von Sash!

Ja, ganz recht: Ich hab Post von der Thüringer Polizei bekommen…

Natürlich keine Gratulationen zur Hochzeit, keine Wünsche für ein frohes neues Jahr, sondern die Antwort auf mein verkehrswidriges Verhalten auf der Fahrt nach Stuttgart im November. Richtig klassisch hab ich damals auf der Autobahn einen langsameren Fahrer überholen wollen, hab gar nicht aufs Tempolimit geachtet, bin dann aber doch besser in die Eisen, weil plötzlich ein Blitzer am Straßenrand auftauchte. Es blitzte, ich ärgerte mich und am Ende stand bis jetzt die Frage: Wie schnell war ich eigentlich und wie schnell hätte ich eigentlich sein dürfen?

Ich hatte ein wenig die Befürchtung, dass wegen der Baustelle irgendwo in der Nähe noch Tempo 80 gegolten hat, dass ich etwas über 100 gefahren bin, wusste ich. Aber mit Punkten hab ich vorsichtshalber gerechnet – denn ich hatte wirklich mal ausnahmsweise nicht aufgepasst. Aber gut, mein P-Schein wurde gerade verlängert, einen besseren Zeitpunkt für Punkte gäbe es kaum – wenn man schon welche kriegt!

Aber weit gefehlt. Zunächst mal das Foto:

T-T-T-Turbo-Sash, Quelle: Sash

Den Anlagen entnehme ich dann, dass ich bei 100 erlaubten Stundenkilometern 114, abzüglich Toleranz 110 gefahren bin. Puh! Noch dazu verlangen sie nur ein Bußgeld von 10 €, was ich – wenn es mich nicht so freuen würde -, schon wieder für zu niedrig halten würde. Da die Cops diesmal von links geblitzt haben, ist mein Gesicht auch leider nicht komplett hinter dem Rückspiegel verschwunden, allzu viel Hoffnungen mache ich mir also auch bei einer Anfechtung nicht…

Wobei es wirklich schon vorteilhaftere Fotos von mir gab als das hier:

Profis wären mit Skimaske gefahren! Quelle: Sash

Ganz ehrlich: Das ist ok so. Ist ja nicht so, dass ich nicht zu schnell unterwegs gewesen wäre – also was soll ich mich aufregen? Das war der nunmehr dritte Blitzer (mit Ergebnis) in 10 Jahren Führerschein, davon ca. 8 als beruflicher Fahrer. Da kann man mit leben und da kann man auch noch nicht behaupten, dass ich allzu selbstmörderisch unterwegs bin…

Wenigstens Auswahl!

Er hat mir sein Fahrtziel genannt und meinte, während ich das Taxameter angeschaltet habe:

„Du kannst hier dein Dings auch auslassen. N‘ Zwanni kriegste. Kannst’s dir aussuchen!“

N‘ Zwanni! Für etwa fünf Kilometer Strecke. Na da war ich aber ziemlich gespannt. Festpreisler hatte ich schon lange nicht mehr in erwähnenswerter Form im Auto. Selbst der Kerl hat keine Anstalten gemacht, mich überreden zu wollen. Meine Entscheidung sollte es also sein.

Selbst wenn man den rechtlichen Aspekt mal außen vorlässt und behauptet, dass man ja eh nicht erwischt wird:

Warum wollen die Leute mir eigentlich immer gönnerhaft vorschlagen, meinen Chef zu bescheissen? Wegen der paar Euro! Zumal eine erstaunliche Schnittmenge zwischen den Leuten besteht und denen, die mich bemitleiden, weil ich ja nur einen Opel fahre…

Aber das Thema ist echt ein wenig ausgelutscht, ich hab auch nichts mehr dazu gesagt. Was die Fahrt dennoch hier landen lässt, ist die Tatsache, dass er mir wirklich den Zwanziger gegeben hat. Für 11,80 € auf der Uhr. Denn im Normalfall erlischt die Gönnerhaftigkeit dann doch, wenn die Menschen sehen, dass die Fahrt ja eigentlich viel günstiger ist.

Jetzt hab ich von den 20 € etwa 13 bekommen und meinem Chef bleiben als Gewinn vielleicht ein oder zwei übrig. Mal ganz ehrlich: So könnte es doch immer laufen 🙂

Offensichtlichkeiten

An Silvester ist die Kundschaft ja immer ein wenig in der Überzahl. Als ich in Hohenschönhausen an einer großen Kreuzung stand, winkten bereits gegenüber 3 Leute, dann aber sah ich ein älteres Paar auf mich zustürmen, noch schnell über die rote Fußgängerampel hinweg. Ich bin, als es grün geworden ist, gleich rechts rangefahren und hab auf sie gewartet.

Die Frau riss die Tür auf, stieg aber nicht ein. Stattdessen sagte sie:

„Da drüben an der Ampel stehen drei Leute, die gerne mit ihnen fahren würden.“

Vielen vielen Dank für diese wichtige Meldung! Hätten die beiden mich nicht angehalten, dann wäre ich einfach rübergefahren, jetzt musste ich eine Rotphase länger stehenbleiben. Der größte Witz aber war, dass mir dann jemand ins Auto gesprungen ist und ich die Jungs gegenüber doch nicht gefahren hab…

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

„Schaffste noch!“

Bevor ich vorletztes Jahr das erste Mal an Silvester gefahren bin, haben mich die Kollegen nicht nur vor den Kotzern gewarnt, sondern viel mehr auch vor den Unglücklichen. Nicht etwa, weil sie gefährlich wären, sondern weil sie einem gehörig die Laune verderben können an diesem sonst so wundervollen Tag für uns.

Ich hatte damals auch umgehend eine ziemlich deprimierte Frau im Auto, mit der ich just die längste Fahrt des Abends hatte und richtig froh war, danach wieder kurz vor dem Ausfall stehende betrunkene Jugendliche zu befördern. Aber ja: Der Jahreswechsel lädt einen ja nicht nur zum Feiern ein, sondern auch zum Nachdenken, was man in den letzten 12 Monaten so zustande gekriegt hat. Dass der Abend eher weniger schön ist, wenn ein Jahr im Rückblick nur aus zerbrochenen Beziehungen und toten Verwandten besteht, kann ich nachvollziehen.

Eher selten sind allerdings die Leute, denen die Silvesterfeiern selbst auf den Zeiger gehen – von den Hardcore-Spaßverweigerern mal abgesehen. Mich ereilte das diesjährige Glück kurz vor meiner Haustüre, als ich mich gerade auf eine Pause gefreut hatte. Aber ich kann ja nicht nein sagen, wenn man mich nett fragt, ob ich nicht noch vielleicht kurz…

Die Fahrt war tatsächlich nicht lang, vielleicht 3 Kilometer, etwas das mir an Silvester immer gut gefällt. Da es an Kundschaft eh nicht mangelt, erhöht das Stunden- und Kilometerschnitt doch beträchtlich.

Jedenfalls wollte er nur in eine Hochhaussiedlung unweit meiner Heimat und das Gespräch landete recht schnell bei der Feier. Er hätte keinen Bock mehr und geht jetzt „nach Hause“. Was aber gar nicht zu Hause war. Er hat sich hier eine Wohnung für eine Nacht angemietet, denn er war extra aus Frankfurt am Main wegen Silvester zu seiner Freundin gefahren.

Ich hab mich kurz umgeschaut, keine Freundin gefunden und besser mal nicht gefragt.

Dann hat er selbst ausgeholt zum Erzählen: Er ist ein wenig verspätet angekommen, dummerweise war er damit so ziemlich der einzige nüchterne Mensch auf der Party. Seine Freundin war bereits so nahe an komatösen Zuständen, dass sie weder geradeaus gucken, noch ihn ernsthaft erkennen würde. Ihm ist das also tierisch auf die Nüsse gegangen und er hat sich gefrustet auf den Heimweg gemacht. Ich hab ihn mit ein paar Allgemeinplätzen des Bedauerns bedacht, wurde dabei jedoch von seinem Telefon unterbrochen. Zunächst rief die Freundin an, was er nach einer Minute abbrach, da sie ihm offenbar nicht sinnig oder überhaupt wie begründen konnte, weswegen er umkehren sollte.

Eine Minute später klingelte es wieder. Das Gespräch dauerte ähnlich lange, mein Fahrgast beendete es mit den Worten:

„Na das schaffste auch noch, wenn ihr so weitermacht!“

Etwas zögerlich hab ich gefragt, ob es schlechte Neuigkeiten gäbe. Er hat seine Stirn in Falten gelegt, als wüsste er selbst nicht so genau, was er davon zu halten habe. Dann sagte er:

„Ach, das war einer von den Typen, die vorher schon so furchtbar an meiner Freundin rumgebaggert haben. Und jetzt erzählt der mir hier wunder weiß was über sie. Soll er sie doch abschleppen, ist mir jetzt auch egal!“

Dann ist er mit einem gequälten Lächeln auf den Lippen ausgestiegen und hat mir ein sattes Trinkgeld vermacht. Ich hab gequält zurückgelächelt und mich innerlich gefreut, dass mein Jahr damit dann doch etwas besser anfängt…