Gelassen läuft’s…

Ich schreibe hier tagtäglich von einem der Hauptkampfplätze Deutschlands: Dem Straßenverkehr. Ich weiß, das klingt jetzt ein wenig radikal und ich hab auch besseres zu tun, als hier zu klingen wie ein Fahrschullehrer. Aber gelegentlich muss ich doch mal nachfragen:

Wenn ihr da draußen unterwegs seit auf der Straße mit dem Auto: Ist euch eigentlich bewusst, dass ihr mit einem Gefährt unterwegs seid, das prinzipiell wesentlich tödlicher ist als eine langweilige Gewehrkugel?

Ich meine, mit etwas Trainig und einer gutgläubigen Schulklasse vor dem Kühlergrill schafft man locker mehrere Personen auf einmal…

Aber ich will gar nicht auf die Gefahren von Raserei, Drogen und den üblichen Mist raus. Was ist mit Stress? Aro hat kürzlich mal wieder von einer (wenn auch etwas uneindeutigen) Schlägerei berichtet – was sicher kein Einzelfall ist. Und schon gar kein taxispezifisches Problem!

Warum es so ist, weiß ich nicht – aber es ist weit verbreitet, im Straßenverkehr erst einmal alle Fehler der anderen als feindliche Aktion zu werten und alle eigenen als versehentliches Mißgeschick, das den anderen Hornochsen ja wohl auch begreiflich sein müsste! Wenn die nicht eh schuld sind! Bloß weil die Vorfahrt haben…

Ich bin ein geduldiger Mensch, stehe nicht mal unterbewusst auf Stress und die Situationen, in denen ich mich wirklich mal aufrege, geht auch das selten über ein zwei böse Worte hinaus. Vielleicht ein Glücksfall, genetisch sollte ich eine gewisse Veranlagung zur Cholerik haben.

Aber gestern habe ich mich mal wirklich gefreut darüber, alle Wut in den Wind zu schlagen und defensiv geblieben zu sein. Und das wollte ich kurz schildern. EInfach so 🙂

Ich bin den Weißenseer Weg in Richtung Süden entlanggebretzelt, die letzten Meter vor der Möllendorffstraße. Halbwegs am Tempolimit orientiert auf der mittleren Spur. Irgendwann tauchte vor mir ein Kombi auf, von dem ich allerdings nichts sah, da er einen großen Anhänger am Heck hatte. Er war etwas langsamer unterwegs als ich, was mich veranlasst hat, die Spur zu wechseln um ihn zu überholen. Alles ordentlich, mit Blinker, Abstand etc….

Irgendwann hatte ich zu ihm aufgeschlossen, war gerade dabei am hintersten Teil seines Anhängers vorbeizuziehen, als er plötzlich nach links auf meine Spur zieht. Kein Blinken, keine Rücksicht, ziemlich scheiße das alles. Ich hab das in dem Moment sinnvollste getan und eine behutsame und dennoch energische Vollbremsung hingelegt. Da er durchaus nicht langsam war, war ich binnen Sekundenbruchteilen aus der Gefahrensituation raus, da ich mit dem Fuß aber nicht auf der Kupplung war, hab ich das Auto kurzerhand abgewürgt. Kommt davon, wenn man immer im fünften Gang in der Stadt unterwegs ist…

Ihm war das auch nicht entgangen, und es war irgendwie lustig anzusehen, wie er vor mir in den nächsten 30 Sekunden jeden Spurwechsel artig mit Blinken ankündigte und behutsam wechselte (er wollte links abbiegen), nachdem auch er die Fahrt spürbar verlangsamt hatte. Ich hab schon am Fahrstil erkannt, dass der Typ genauso wie ich mindestens einen Schrecken hatte und über seinen Fehler nachgedacht hat.

An der Ampel kamen wir beide nebeneinander zum Stehen. Innerlich war bei mir schon noch das Verlangen da, ihn zu maßregeln oder mir wenigstens anzuschauen, was für ein Depp da über meine Straße fährt…

Aber ich hab demonstrativ ein Gute-Laune-Gesicht aufgesetzt, gewartet bis grün war, und nicht einmal rübergesehen. So, als wäre nichts passiert. Als hätte ich nicht durch meine Reaktion einen Totalschaden unser beider Fahrzeuge verhindert. Als wäre er nicht regelwidrig nach links gezogen ohne zu blinken, als hätte er nicht den Blick in den Rückspiegel vergessen…

Und jetzt? Als ob ich mich einen Tag später darüber noch ärgern würde! Als ob sich für mich irgendwas ändern würde… obwohl, sicher fahre ich in den nächsten Tagen wieder einmal etwas vorsichtiger.

Und er: Er ist jetzt immerhin nicht davon überzeugt, dass Berliner Taxifahrer cholerische Idioten sind. Über die Aktion nachgedacht hat er schon, da bin ich mir sicher. Und in Anbetracht dessen, dass ich jetzt nicht zwingend der Feind auf vier Rädern bin, fällt der Rückblick vielleicht sogar realistischer aus 🙂

Haltet mich für einen Idioten, aber ich bin fest überzeugt davon, dass der Weg der bessere ist!

36 Kommentare bis “Gelassen läuft’s…”

  1. Matthias sagt:

    Das von Dir im dritten Absatz erwähnte Training hatte der Ford-Fahrer sicherlich nicht, und trotzdem hat der 70-Jährige gestern beim Ausparken auf einem Parkplatz neben meiner Wohnung in Dresden einen 12-jährigen Radfahrer „geschafft“ – leider tödlich.

    Es muss also gar nicht unbedingt Stress sein, eine kleine Unaufmerksamkeit, oder wie im erwähnten Fall auch eine gewisse Alterstüteligkeit, reichen bereits aus, und man hat mit 1 1/2 Tonnen Stahl jemand anderem schwersten Schaden zugefügt.

  2. Chris sagt:

    🙂 Gott sei dank bist du schon verheiratet 🙂
    Meine Frau (auch Kutscherin) sagt gerade, daß deine Frau zu beneiden ist …
    Deine Gelassenheit und Coolness hätte was!

    Schon mal im voraus schöne Festtage.
    Die Nonroder-Taxifahrer

  3. MannimMond sagt:

    Wobei die Innenstadt da noch relativ harmlos ist, da man dort noch mit relativ moderaten Geschwindigkeiten unterwegs ist und selbst bei nem Frontalaufprall bei 50 km/h noch eine gewisse Überlebenschance besteht.
    Deutlich kritischer finde ich es, wenn man sich die Situation auf deutschen Autobahnen anschaut. Da wird locker bei 150 km/h auf 5 Meter aufgefahren oder bei Glatteis noch mit 100 km/h gefahren. Wenn es da in die Botanik geht, dann war es das. Ich habe mir angewöhnt, Dränglern ein kurzes Handzeichen durch das Fond zu geben und zu signalisieren, dass ich umgehend nach rechts fahren werde, sobald sich die Möglichkeit dazu ergibt.

    Was ich in dem Zusammenhang auch fordern möchte: Deutlich höhere Strafen bei Geschwindigkeitsübertretungen und dergleichen. Es kann nicht sein, dass man bei einer Fahrt durch eine Autobahnbaustelle (60 km/h Begrenzung) mit 125 km/h abzgl. der Messtoleranz nur einen Monat Fahrverbot und nur 250 Euro Strafe bekommt. Hier liegt eindeutig Absicht vor und eine MPU wäre auch hier schon notwendig und eine deutlich höhere Strafe erforderlich (1000 Euro dürften hier deutlich mehr schmerzen).

  4. Daniel sagt:

    Wow, Respekt vor so viel Ruhe. Ich selbst gehe zwar Streitigkeiten mit anderen Fahrern auch aus dem Weg, bruddle aber schon kräftig vor mich hin, wenn ich alleine bin. Was ich jedoch mache, wenn sich die Gelegenheit bietet, ist, höflich mit dem anderen zu sprechen. Also beispielsweise, nachdem man wegen eines unachtsamen Spurwechslers mit dem Rad auf dem Schutzstreifen eine Vollbremsung hinlegen musste, an der nächsten roten Ampel an die Scheibe klopfen und freundlich fragen: „Entschuldigung, haben Sie mich eben nicht gesehen?“ Meiner Erfahrung nach führt das eher dazu, dass der andere zukünftig in solchen Situationen aufmerksamer ist als irgendwelche Schimpftiraden.

  5. GERWildcat sagt:

    @MannimMond: Die Situation auf den Autobahnen ist sicher um einiges gefährlicher. Seit ich mir ein etwas größer motorisiertes Mobil leisten kann, bin ich (wenn erlaubt) auch gerne mal weit jenseits der 200km/h unterwegs. Das hat mich nach etwa einer Stunde dazu bewogen, ständig meine Bremsen zu prüfen und deutlich öfter in den Rückspiegel zu sehen. Ein Auffahrunfall mit über 100km/h Geschwindigkeitsüberschuss auf meiner Seite ist nun wirklich für keine der beteiligten Parteien ein anzustrebendes Ergebnis. Was das Thema Wetter angeht, muss ich allerdings anmerken, dass hier viele zu vorsichtig sind. Schnee neben der Straße (nicht auf der Straße) sollte doch nicht als Grund angesehen werden auf der Autobahn die Mindestgeschwindigkeit auszutesten. Das halte ich für eine sehr verkannte Gefährdung. Müsste man mal ausweichen, kann so ein 60km/h-Vorsicht-Fahrer durchaus mal im Weg und gleichzeitig zu langsam sein um da noch etwas gegen den Aufprall zu unternehmen, selbst wenn man selbst noch angepasst fährt. Ich habe diese Situation leider einmal selbst erlebt und bin dem Aufprall nur sehr knapp entkommen.
    Ich würde also nicht generell zur extremen Vorsicht raten, sondern vielmehr zur sinnvollen Anpassung an die Gegebenheiten, da man ja auch mit Ungeschicklichkeiten auf seiten anderer rechnen muss.

  6. Ralf sagt:

    Würde ich mich über jeden „Idioten“ aufregen, hätte ich schon meinen 43. Herzinfarkt. Meistens hilft es auch sich in die Situation der anderen hinein zu denken. Großer Anhänger, kleiner Kombi? Der sieht nix, hat sich den Anhänger vielleicht nur ausgeliehen und kaum Erfahrung damit. Also Vorsicht beim Überholen. Paketdienst vor mir? ABSTAND! Abstand, Abstand und immer einen Fuß auf der Bremse. Entweder hält der seine Büchse irgendwo mitten auf der Fahrbahn an und reißt unvermittelt dir Tür auf. Oder der macht irgendwelche unverhersehbare Wendemanöver um in irgend eine Einfahrt abzubiegen. Der muss ja auch seine Kartons los werden, das dann auch noch unter Zeitdruck.

    Wenn man versucht so zu denken und zu fahren, dann ist der eigene Schrecken deutlich geringer wenn die anderen etwas unerwartetes machen. Vor allem sollte man den Gedanken los werden das die anderen das mit Absicht machen. Die sind einfach nur doof und unüberlegt. Und morgen macht man den gleichen Quatsch selber. So what?

  7. Aro sagt:

    @GERWildcat
    Müsste man mal ausweichen, kann so ein 60km/h-Vorsicht-Fahrer durchaus mal im Weg und gleichzeitig zu langsam sein um da noch etwas gegen den Aufprall zu unternehmen
    Stimmt, warum fährt er auch vorsichtig, kann ja gleich laufen. Wer rast, ist nun mal im Recht und die langsameren müssen aufpassen.
    Oh man.

  8. Martin sagt:

    Ich glaube auch, dass deine Reaktion (keinen Aufstand machen) auf lange Sicht die richtigere (und vor allem gesündere 🙂 ). Bin letztens mit einem guten Freund unterwegs gewesen, der leider zu solchen enthusiastischen Reaktionen neigt… In der Stadt unterwegs gewesen und die Hupe bei jedem Kleinscheiß benutzt… Das bringt nur Stress (bei allen) und damit noch aggressiveres Verhalten.

    Grüße & schönes WE

  9. Blogolade sagt:

    hachja, du beschreibst da ganz am Anfang jemanden, den ich sehr genau kenne. Jedes vergessene Blinken bei anderen Autofahrern wird mit Motzerei, Handzeichen und ähnlichem bedacht aber selber kein Stück besser.
    Anstrengend für mich, wenn ich Beifahre. Da fahre ich lieber selbst, ist ruhiger, wenn auch nicht ganz so ruhig wie bei dir 😉

  10. Klaus sagt:

    @Aro
    Also ich kann GERWildcat durchaus verstehen.
    Angepasste Geschwindigkeit geht in beide Richtungen. Wenn jemand für die Verkehrssituation viel zu langsam ist (signifikant langsamer als die Mehrzahl der anderen Verkehrsteilnehmer), kann er schon eine Gefahr darstellen.
    Das eine entsprechende Situation, wo dies zum tragen kommt erst mal weitere Fahrfehler (zu hohe Geschwindigkeit und/oder zu wenig Abstand, weshalb ausweichen notwendig wird) voraussetzt, ist dabei doch egal. Zu Unfällen kommt es meistens, wenn Fahrfehler mehrerer Verkehrsteilnehmer ungünstig zusammentreffen.
    Wenn z.B. von hinten ein Drängler kommt und man sich deshalb nicht ganz so viel Zeit für einen Spurwechsel lässt (nur relativ kurz guckt, ob die rechte Spur frei ist), dann kann es bei einem derart langsamen Verkehrsteilnehmer schon mal recht plötzlich recht eng werden. Einfach weil man nicht damit rechnet, dass jemand in einem normalen PKW so langsam unterwegs ist. Bei normaler Geschwindigkeit (80 – 100) des Verkehrsteilnehmers hätte der Abstand locker gereicht.
    Wie gesagt, angepasste Geschwindigkeit geht in beide Richtungen.

  11. Aro sagt:

    @Klaus
    Ich denke, dass grundsätzlich der Schnellere die Vorsichtspflicht hat, was natürlich andere nicht vom Aufpassen freispricht. Raser und Drängler lassen jedoch Langsameren oft keine Chance. Wenn z.B. jemand mit 100 km/h einen langsamen LKW überholt, dann dauert dann eben auch seine 30 Sekunden und da muss der Schnellere eben mal bremsen.
    Die angeblich „Schleichenden“ haben genauso ein Recht, Autobahnen zu benutzen, wie auch Radfahrer auf städtischen Straßen fahren dürfen – selbst wenn es einen vielleicht nervt, weil man mal nicht so schnell vorbei kommt.

    Angepasste Geschwindigkeit geht für mich nicht beide Richtungen. Niemand darf gezwungen werden, schneller zu fahren, als er es im Griff hat. Damit provoziert man nur Einschüchterung und Unfälle.

  12. Sash sagt:

    @Matthias:
    Natürlich genügt jede Form von Unachtsamkeit. Das ist ja das perfide…

    @Chris:
    Aber es lebt sich wirklich leichter so 🙂
    Auch verheiratet…

    @MannimMond:
    Ich bin diesbezüglich zwiegespalten. Zum einen stimme ich zu, dass manche Verstöße hier echt stiefmütterlich behandelt werden – zum anderen ist die Forderung nach höheren Strafen auch sehr ausgelutscht und benachteiligt oftmals Leute, die es sich einfach nicht leisten können.
    (obwohl ich mich im erwähnten Fall dazurechnen würde, war das aber tatsächlich allgemein gemeint!)

    @Daniel:
    Was willst du von mir? Ich könnte mich in solchen Situationen nicht von meinem Sarkasmus verabschieden 🙂
    Das wäre für manche am Ende verletzender…

    @GERWildcat, Klaus und Aro:
    Ich stimme im Grunde Aro zu: Man muss (auch wenn es einen manchmal ärgert) letztlich damit leben, dass auch langsamere Verkehrsteilnehmer unterwegs sind. Sicher ist zu langsames Fahren nicht ohne Grund auch in der StVO als Verkehrshinderniss berücksichtigt, im Allgemeinen ist es aber doch eher so, dass in Deutschland die zulässige Höchstgeschwindigkeit eher mit der Mindestgeschwindigkeit verwechselt wird.
    Dass man auf der Autobahn nicht mit 80 km/h kurz über zwei Spuren nach links wechseln sollte, ist klar – da brauchen wir nicht drüber streiten.
    Aber wenn jemand bei Glatteis nur 40 fährt, ist das wirklich kein Grund sich aufzuregen, nur weil man selber gerne 60 oder 80 fahren würde.

  13. Walter sagt:

    Interessanter Ansatz, ich hab aber das Gefühl, die meisten Leute die sich rücksichtslos und oder gemeingefährlich verhalten sehen überhaupt nicht, dass sie grade etwas getan haben, dass Menschenleben gefährdet.
    Als Fahrradfahrer hab ich mir angewöhnt, jeden der mich bedrohlich überholt an der nächsten Ampel aufzukären. Meistens trifft man die Feierabenddrängler spätestens in der nächsten Rotphase genau da, wo sie auch ohne lebensgefährliche Fahrweise eh stoppen müssten. Durch freundliches Klopfen an die Fensterscheibe und einen Kurzvortrag über Mindestabstand und Zahl der durch Unterschreitung desselben verursachten tödlichen Unfälle kann man sich wunderbar Luft machen wenn das Adrenalin mal wieder einen bedrohlichen Pegel erreicht hat. Meistens gibt es ignorantes Nachvorneblicken Marke „da ist niemand der auf mich einredet“, oft auch Ausflüchte ala „da waren noch 5 Meter“, aber am schönsten ist die peinlichberührte Ehefrau auf dem Beifahrersitz, da wird man dann von zwei Seiten aufs Fehlverhalten der Radfahrer (aller!) verwiesen.
    Für den Moment bringts nichts, das ist mir klar. Aber ich hoffe, dass tief im Inneren doch ein Klick passiert, und beim nächsten mal wenn es heißt 30 Sekunden Ampel einzusparen, es vielleicht doch was gebracht hat. Und wenns auch nur einen Unfall verhindert wars die Sache wert.

  14. MannimMond sagt:

    @Sash: Bei kleinen Geschwindigkeitsüberschreitungen bis 20 km/h kann man gerne die Strafe von 30 Euro beibehalten, bei der Geschwindigkeit kann ich auch selbst auch mal erwischt werden. Aber wer unbedingt meint, mit 120 km/h durch ne Baustelle rasen zu müssen, den sollte das Gesetz durchaus hart treffen. Die Alternative zur Strafe ist halt ein Unfall, der einerseits finanziell deutlich mehr als 240 Euro kostet und auch zum Tode führen kann. Und das muss nicht mal der Fahrer des Autos sein, das kann auch der Bauarbeiter sein.

    @GERWildcat: Nope, bin ich anderer Meinung. Niemand sollte schneller fahren als er es sich zutraut. Natürlich bin ich auch nicht begeistert, wenn ich auf der Landstraße nem Fahrer hinterhertucker, der mit 80 km/h fährt. Aber das ist sein gutes Recht. Und bei Schneeglätte, Nebel, etc. fahre ich trotz > 300.000 Fahrkilometern auch mal mit 60 km/h auf der rechten Spur. Das liegt wahrscheinlich vor allen Dingen daran, dass ich aus Bayern komme und man dort Schneeglätte etwas häufiger gewohnt ist als im Norden Deutschlands. Ich habe es halt schon mal erlebt, wie man morgens um 6 Uhr auf ungeräumter Fahrbahn auch mit 20 km/h völlig hilflos in Zeitlupe in den Straßengraben fährt (es ist nix passiert, wir haben das Auto zu dritt aus dem Graben geschoben und weiter ging es). Das ist ein Erlebnis, welches ich nicht mit 100 km/h wiederholen möchte. Da Bayern ein Flächenstaat ist, ist man dort ab etwa 18 Jahren auch öfters zu Gast auf Beerdigungen, weil sich mal wieder jemand wegen unangepasster Geschwindigkeit um nen Baum gewickelt hat.
    Was die Geschwindigkeiten über 200 km/h angeht: Das ist eine Geschwindigkeit, bei der einem ein simpler Reifenplatzer mit Garantie auf den Friedhof befördert. Und selbst falls nicht: So ein Rollstuhl bei einer Querschnittslähmung verlangsamt das Leben doch beträchtlich. Aber dafür war man halt ein paar mal etwas schneller als der Rest unterwegs. Aber die Geschwindigkeit ist leider auf deutschen Autobahnen noch erlaubt, daher kann man niemandem einen Vorwurf machen, der diese Geschwindigkeit fährt.

  15. Martin sagt:

    „im Allgemeinen ist es aber doch eher so, dass in Deutschland die zulässige Höchstgeschwindigkeit eher mit der Mindestgeschwindigkeit verwechselt wird…“

    Du kennst Dich auf der Strasse viel besser aus als ich. Außerdem verstehe ich gut was Du meinst. Trotzdem möchte ich jetzt mal Haare spalten 😉

    Die StvO besagt doch, dass man einen triftigen Grund benötigt wenn man so langsam fahren möchte , dass der Verkehr dadurch behindert wird. Da „der Verkehr“ durch eine Höchstgeschwindigkeit gedeckelt wird ist die Grenze nach oben klar. Allerdings ist langsamer fahren als erlaubt dann gleichermassen ein Verstoss gegen die StvO. Triftiger Grund ist eben nicht Unsicherheit oder besseres Gefühl. Das geht dann in Richtung Fahruntüchtigkeit. Ich kann mich nicht so richtig ausdrücken.

    Demzufolge ist die Höchstgeschwindigkeit im Grunde auch die Mindestgeschwindigkeit für „die Masse der Verkehrsteilnehmer“ Mindestgeschwindigkeiten dienen dazu, bestimmte Fahrzeuge von bestimmten Strassen fern zu halten. Ist ein Fahrzeug bauartbedingt in der Lage 100km/h zu fahren und auf der Strecke gilt eine Mindestgeschwindigkeit von 60 km/h bedeutet es eben nicht, dass das Fahrzeug sich irgendwas zwischen 60 und 100 aussuchen kann.

    Ich hoffe, man kann mir folgen und jemand mit Fachwissen klärt die Sache auf. Ich behaupte einfach mal, für die Masse der Verkehrsteilnehmer mit PKW gilt: Fahr so schnell wie erlaubt oder Du behinderst den Verkehr. Also ist die Höchstgeschwindigkeit faktisch die Mindestgeschwindigkeit für die Masse der PKW.

  16. Aro sagt:

    „Triftiger Grund ist eben nicht Unsicherheit oder besseres Gefühl. Das geht dann in Richtung Fahruntüchtigkeit.“
    Sorry, aber das ist Quatsch (ist nicht beleidigend gemeint). Der straßenverkehr ist kein sozialdarwinistisches Darstellungsgebiet, sondern jeder hat dort das Recht, sich nach seinen Möglichkeiten fortzubewegen. Natürlich sind unsichere Fahrer gut damit beraten, langsamer zu fahren. Irgendwie müssen sie es ja auch lernen, oder?
    „Also ist die Höchstgeschwindigkeit faktisch die Mindestgeschwindigkeit für die Masse der PKW.“
    Wie kommst du bloß auf sowas?

  17. Martin sagt:

    Hey Aro,

    Die letzte Frage beantworte ich gern. Ich komme darauf weil ich nichts beseres zu Tun habe. Ist halt Sonntag. 🙂
    Mir geht es ja um die Auslegung der StvO in Gemeinschaftsarbeit 🙂
    Und das liest sich recht eindeutig. Triftiger Grund ist eben nicht Angst oder mangelnde Sehfähigkeit im Dunkeln… Das sind nämlich triftige Gründe kein Auto zu lenken.

    „Laut Straßenverkehrsordnung (StVO) dürften Kraftfahrzeuge „ohne triftigen Grund“ nicht so langsam fahren, dass sie den Verkehrsfluss behindern, heißt es bei der Polizei. Es drohe sonst ein Verwarnungsgeld von 20 Euro. Einen solchen Grund zum Langsamfahren habe, wer dies wegen eingeschränkter Motorleistung, der Zuladung, wegen der Verkehrslage oder des Wetters darf oder muss.

    Ein objektiver „triftiger“ Grund könne dann noch gegeben sein, wenn Kraftfahrzeuge oder Anhänger geführt würden, die aufgrund bestimmter Umstände mit Geschwindigkeitsschildern gekennzeichnet sein müssen, etwa Krankenfahrstühle als Mini-Pkw oder fahrbare Baubuden. Fahrer von Fahrzeugen, für die aus technischen Gründen niedrigere Geschwindigkeiten vorgeschrieben seien, verfügten ebenfalls über einen „triftigen Grund“ im Sinne der StVO.“
    http://www.tagesspiegel.de/berlin/freiwillig-tempo-30-ist-verboten-polizei-kein-triftiger-grund-fuer-langsamfahren/2820386.html

    Bei Wikipedia steht folgendes zum Thema.

    Behinderungsverbot und Geschwindigkeitsgebot [Bearbeiten]

    Im Übrigen ist stets § 1 StVO zu beachten, der besagt, dass jeder Verkehrsteilnehmer sich so zu verhalten hat, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird. Hieraus folgt, dass man, insofern es die Gegebenheiten zulassen, die zulässige Höchstgeschwindigkeit nicht sehr weit unterschreiten darf.
    So dürfen nach § 3 Abs. 2 StVO, Kraftfahrzeuge ohne triftigen Grund nicht so langsam fahren, dass sie den Verkehrsfluss behindern. Als auch muss nach § 5 Abs. 6 Satz 2 StVO der Führer eines langsameren Fahrzeugs, seine Geschwindigkeit an geeigneter Stelle ermäßigen, notfalls warten, wenn nur so mehreren unmittelbar folgenden Fahrzeugen das Überholen möglich ist.

    Man könnte wohlwollen meinen, dass meine Gedanken gar nicht so abwegig sind wie Aro denkt.

  18. Sash sagt:

    @MannimMond:
    Gut, da könnte ich mitgehen 🙂

    @Martin:
    Soweit ich weiss, ist aber nirgends festgelegt, wie weit unter der Höchstgeschwindigkeit bereits als behindernd gilt. Ich denke, dass 70 bis 80 in einem Bereich, in dem 100 erlaubt sind, durchaus legitim sind.
    Und was ich mit meiner Aussage gemeint habe, ist wörtlich zu verstehen: Viele Autofahrer regen sich hierzulande sofort auf, wenn man mal (knapp) unter der erlaubten Höchstgeschwindigkeit unterwegs ist – also 95 bei 100 oder 45 bei 50 erlaubten Stundenkilometern.
    Ich fahre selbst gerne zügig und ja, auch mal ein wenig schneller als erlaubt. Muss ich zugeben. Aber gerade im Taxi und in der Stadt eben auch mal etwas langsamer (wenn man Winker erwartet, unübersichtliche Straßen etc.). Und da ist es teilweise echt krass, wie die Leute reagieren…

  19. Anonymous sagt:

    Gesetzeskommentar von Bouska dazu:
    „Zu langsam fährt idR, wer auf Autobahnen weniger als 80km/h, auf sonstigen Strassen außerorts weniger als 60km/h, innerorts weniger als 30km/h fährt, obwohl eine solche Geschw. nach den Umständen obj. und für einen durchschnittlichen Fahrer auch subj. vertretbar wäre“

  20. Wolfram sagt:

    @Martin:
    Da auf deutschen Autobahnen vom Gesetz keine grundsätzliche Höchstgeschwindigkeit gilt, kann man auch keinem vorwerfen, sie zu unterschreiten.
    Im Gegenteil legt die Rechtsprechung die Richtgeschwindigkeit dahingehend aus, daß derjenige, der sie ÜBERschreitet, damit grundsätzlich ein Sicherheitsrisiko eingeht – nicht aber der, der sie nicht ausfährt. Wikipedia ist nun mal ein Lexikon, wo auch jeder Sepp seinen Kram reinschreiben kann, ohne daß das mit der Realität übereinstimmen müßte.
    Und wenn weiter oben angeführt wird, daß bei widrigen Wetter- und Straßenbedingungen die Geschwindigkeit reduziert wird: das schreibt das Gesetz so vor. Es verbietet dir nämlich, schneller zu fahren, als daß du dein Gefährt innerhalb der Sichtweite zum Stehen bringen könntest. Selbst bei Sonnenschein und trockener Straße ist da schon die kleinste Kurve ein Hindernis für Tempo 250 (75 m/s, Anhalteweg ca 400 Meter), auf feuchter Straße kann es gern auch das Doppelte sein. (Wohlgemerkt, ich bleibe weit unter der Faustformel der Fahrschulen, da wärest du bei über 700m bei trockener Straße, aber die rechnen wohl noch Trommelbremsen mit Seilzugbetätigung.)
    Bei Regen, Nebel, Schnee oder Frostgefahr ist zurückhaltende Fahrweise gesetzlich vorgeschrieben. Manchem Idioten, der sich über die „Schleicher“ aufregt, würde das auffallen, wenn die Nebelschlußleuchte sein Auto auf 50 km/h abbremsen würde, die zulässige Maximalgeschwindigkeit, wenn der Nebel so dicht ist, daß man das Feuer anzünden darf… und, falls dir das alles nicht eingeleuchtet hat:
    wer hat die großen Autobahnunfälle in Nebel und auf glatter Fahrbahn verursacht, die jedes JAhr wieder Tote und Verletzte bringen: die zurückhaltenden Fahrer, oder die Raser?

  21. Ralf sagt:

    Behindernd verhält sich derjenige, der andere durch seine eigene (langsame) Fahrweise zum Überholen animiert. Und da sind 80km/h auf der Autobahn unter Umständen schon zu wenig, denn die meisten LKW fahren mit 85-89km/h.
    Man sollte schon so schnell fahren das nicht alle anderen einen selber überholen, jedoch auch nicht so schnel, dass man selber derjenige ist der alle anderen überholt.

    Vielleicht sollte man alle PKW-Fahrer mal eine Woche einen Begrenzer einbauen der bei 100km/h abriegelt. Genauso wie der Begrenzer bei LKW die bei 89km/h abriegeln. Ich bin ja ein Verfechter der 120km/h auf allen Autobahnen. Nicht weil ich nicht auch mal gerne schneller fahre, sondern weil es einfach ein deutlich entspannteres Fahren ist. Man weiß einfach das was da im Rückspiegel ankommt, ist nicht schneller als 120. Also kann man deutlich besser abschätzen ob man noch gefahrlos raus ziehen kann oder nicht.
    Wenn einer mit 250 Sachen von hinten angebretzelt kommt, habe ich knapp 4-5 Sekunden Zeit um alle Entscheidungen gleichzeitig zu treffen. Also Schulterblick, im Rückspiegel abschätzen ob der Abstand noch reicht, abschätzen ob ich dem Vordermann nicht zu dicht aufrücke, usw. Da kann sich jeder vorstellen das dies auch mal in die Hose geht und man sich verschätzt. Nur bleibt bei solchen Geschwindigkeiten kein Raum für Fehler.

  22. /me sagt:

    Hallo Martin,

    auch ich komme aus einem großen Flächenland im Süden Bayerns. Ich denke gerade an eine von mir häufig befahrene Strecke im benachbarten, verfreundeten Ausland. Diese Landstraße besteht teilweise aus großzügig ausgebauten Abschnitten, die man locker mit 100 befahren kann (ich hab mich noch nicht mit mehr erwischen lassen). Sie besteht aus auf 100 freigegebene Abschnitte am Waldrand (im Wesentlichen eine Seite Wald, eine Seite landwirtschaftliche Nutzflächen) mit unübersichtlichen Kurven und kleinen Kuppen und stellenweisen Tempolimits.

    Wenn ich den Abschnitt am Waldrand mit 90 (Tacho) in den Geraden und mit 70 in den kurvigen Stellen befahre, gibt es nur noch ganz wenige (<5 %), die schneller sind als ich. Das ist weit weg vom Ausnutzen der Höchstgeschwindigkeit, aber bei trockener Fahrbahn m.E. der Situation angemessen.

    BTW: Die meisten Langsameren biegen ohnehin in ein querab liegendes, offensichtlich beliebtes Dorf ab. Dem Rest gebe ich mit dem Gedanken recht, dass niemand schneller fahren sollte, als sie/er denken kann.

    Solche Straßen, die kein Tempolimit haben und auf denen man keine 100 verträgt, gibt es auf unserer Seite der Grenze auch zuhauf.

    Zur Verkehrsbehinderung: Auf den meisten Strecken muß ich in Kauf nehmen, dass ich auf ein landwirtschaftliches Nutzfahrzeug auflaufe. Insbesondere die älteren davon können nicht mehr als 20. Ein PKW, der langsam fährt, ist trotzdem meinstens noch viel schneller als so ein Traktor. Wo vorsichtiges Fahren aufhört und wo die Verkehrsbehinderung anfängt, ist ein weites Feld.

    Nicht zuletzt kann man als langsamer Verkehrsteilnehmer durch Abbiegen, Ausscheren etc. die Behinderung Anderer in Grenzen halten. Hoffentlich gibts bald noch mehr Kreisverkehre, die eignen sich hervorragend für sowas.

    mfg, /me

  23. MannimMond sagt:

    @Martin: Mit Deiner Argumentation müsste man es jedem Mofafahrer oder Traktorfahrer verbieten, auf einer deutschen Landstraße zu fahren. Die fahren nun mal nicht schneller als 25 km/h. Und da ich selbst schon mit dem Trekker samt Anhänger gefahren bin, möchte ich Dir versichern, dass es mit voller Wagenladung nicht möglich ist, da mal die 20 Autos, die jetzt hinter einem hertuckern müssen, mal eben schnell vorbeizulassen. Und es gibt auch Autos, die auf 25 km/h oder 50 km/h gedrosselt sind (soweit ich weiß: bei Entzug der Fahrerlaubnis, wenn das Fahrzeug benötigt wird, um weiterhin den Arbeitsplatz aufzusuchen).
    Falls Du nur die Autobahnen meinst: In der StVO ist nur die Rede davon, dass das Fahrzeug bauartbedingt mindestens 60 km/h fahren können muss. Ein Moped mit 125 ccm regelt die Geschwindigkeit bei 80 km/h ab, schneller darf ein 16jähriger mit seinem Moped nicht fahren. Die alten Simsonroller („Schwalbe“) waren auf 60 km/h reguliert und daher ebenfalls für die Autobahnbenutzung zugelassen.

    Wenn Du auf der Autobahn auf ein Moped draufrauschst, welches auf der rechten Spur regelkonform mit 60 km/h fährt, hast Du echt ein Problem.

  24. MannimMond sagt:

    @Martin: Noch ergänzend ne Story aus eigener Erfahrung: Ich musste vor ein paar Jahren öfters abends eine Strecke von 300 km fahren. Einmal war es Dezember, es war saukalt (ca. -10 °C), aber die Autobahn war frei. Ich bin schön brav mit etwa 80-100 km/h auf der rechten Spur gefahren, da die Sache mir nicht ganz geheuer war, und wurde auch regelmässig überholt. Auf einmal kam ich in einen Regenschauer und habe bemerkt, dass die Straße unter mir schlagartig spiegelglatt war. Mein Auto habe ich sofort auf etwa 30 km/h ausrollen lassen.
    Ich bin damals auf einer Strecke von 5 km an etwa 5 Unfällen vorbeigekommen, alle ausnahmslos auf der linken Spur. Das dürften die Leute gewesen sein, die mich vorher überholt haben.
    Man kann es Leuten nicht vorwerfen, wenn sie langsamer unterwegs sind. Ich selbst war damals deutlich schneller an meinem Ziel als die Leute, die vorher auf der linken Spur unterwegs waren. Und auch deutlich günstiger…

  25. Aro sagt:

    @Martin
    „Triftiger Grund ist eben nicht Angst oder mangelnde Sehfähigkeit im Dunkeln“
    Ich habe nicht von psychischen oder körperlichen Einschränkungen gesprochen.
    Außerdem finde ich das mit dem „triftiger Grund“ Quark. Wer entscheidet das denn im Einzelfall? Wenn jemand meint, in der Stadt 40 statt 50 fahren zu müssen oder auf der Autobahn mit 80 statt 135 oder 200, dann wird er einen Grund haben. Als Schnellerer kann ich das ja kaum einschätzen.
    Leider ist es für manche offenbar ein Tabu, auch mal die Bremse zu benutzen. Ich fahre jede Schicht mindestens 100 Kilometer (heute waren es 130) in der Stadt. Da habe ich oft jemanden vor mir, der langsamer fährt. Was sollte ich Deiner Meinung nach tun? Ihn weghupen? Anzeigen?
    Ich komme auch ans Ziel, wenn ich mich mal zurücknehme, auch wenn ich nachts lieber 60-70 fahre, als 50. Langsamere Fahrer zu nötigen, das fände ich allerdings reichlich daneben. Auch wenn ich das oft von anderen Fahrern beobachte.

  26. Ralf sagt:

    Die vielen LKW-Überholverbote werden übrigens damit begründet, dass ein ausscherender LKW aufgrund seiner „niedrigen“ Geschwindigkeit (~90km/h) für die übrigen Verkehrsteilnehmer eine Gefahr darstellt.

    In Deutschland ist das Rasen also politisch gewollt. Irgendwie muss man sich ja die Wählerstimmen sichern.

  27. Wolfram sagt:

    Nö, Ralf, da vergißt du eins: ein LKW, der einen anderen überholt, kann aus technischen Gründen nur unwesentlich schneller fahren als der Überholte – damit verbieten schon die allgemeinen Regelungen der StVO das Überholen, denn überholen darf man nur, wenn man deutlich schneller fährt. Aus gutem Grund.

    Wenn nun so ein LKW einen anderen überholt, fährt er meist nur ca 2 m/s (7 km/h) schneller als der andere, muß aber vom Ausscheren bis zum Einscheren incl. Sicherheitsabstände etwa 80 Meter Vorsprung herausfahren, verbringt also 40 Sekunden auf der linken Spur. Und dann kommt von hinten einer an, der 160 fährt, also 44,4 m/s – der war bei Anfang des Überholvorgangs noch 1,5km zurück!
    DESHALB sind Elefantenrennen auf der Autobahn verboten.

  28. Nathan sagt:

    @Wolfram
    Mathe: 4-
    Da der langsame LKW in deinem Beispiel eine Geschwindigkeit von ca 23 m/s hat, nähert sich ihm der schnelle PKW mit ca 21 m/s, auch wenn seine absolute Geschwindigkeit ca 44 m/s beträgt, was bedeutet, dass der PKW zu Beginn des Überholvorgangs 880 Meter vom langsamen LKW entfernt war.

    Abgesehen davon ist eine tatsächliche Gefahr (wie Ralf geschrieben hat) ein viel besseres Argument für ein solches Verbot als dass ein schneller PKW abbremsen müsste.

    Und: Natürlich ist das Rasen auf Autobahnen politisch gewollt, sonst würden sich führende Politiker einer Tempolimit-Diskussion nicht derartig konstant verschließen.

    Sorry fürs Klugscheißen aber das konnte ich nicht so stehenlassen 😉

  29. Ralf sagt:

    Wolfram, wäre schön wenn du mal wenigstens 1 Meter in einen LKW mitgefahren wärst bevor du so einen abgedroschenen Blödsinn verbreitest. Ein Autokran fährt höchstens 62km/h, mein LKW 89km/h. Das sind deutlich mehr als 7km/h Geschwindigkeitsdifferenz. Dennoch darf ich den Autokran nicht überholen. Das gleiche Gilt wenn vor mir ein Sonntagsfahrer mit Anhänger unterwegs ist. Fährt der 75km/h, dann darf ich den auch nicht überholen obwohl ich deutlich schneller bin.
    Die Richter gestehen mir übrigens rund 45 Sekunden für einen Überholvorgang zu. Müsste laut deiner Berechnung also vollkommen ausreichen.

    Die LKW-Überholverbote sind einzig und alleine politisch motiviert. Einige dieser Überholverbote wurden bereits von den Gerichten wieder aufgehoben (A44). Und die Verkehrs-Forscher der Uni Duisburg-Essen sehen in LKW-Überholverboten auch keinen Sicherheitsgewinn.

  30. Wolfram sagt:

    Ralf, stell dir vor: ich habe selbst LKW gefahren. Und deine Rechnung holpert: der LKW ist vom Gesetz auf 62km/h begrenzt, dein LKW auf 80. Nicht 89. Zwar sind die Begrenzer meist auf 89 eingestellt, aber die 11% Überschreitung mußt du dann dem Autokran auch zugestehen.
    Davon abgesehen: den letzten Autokran hab ich 2009 auf der Autobahn gesehen, und der war dabei, einen LKW aus dem Graben zu ziehen – überhöhte Geschwindigkeit auf Glatteis…

  31. Missac sagt:

    Jo mir ist das bewusst, da ich jeden Tag mit 160 über die A10 nach Zehlendorf ballere. Wenns passt – wenn ich zu spät losfahre (und das passiert mir zu oft), dann komme ich in die Rush Hour und dann geht maximal 130 um sicher zu fahren. Und diese ganzen Nötigungen dann immer von Menschen mit Firmenwagen (anders kann ich mir den Spritverbrauch bei der MMindestgeschwindigkeit von 180 bei Benzinern jedenfalls nicht erklären)…das muss man sich mal vorstellen: man fährt mit 140 Sachen einem anderen Auto bis auf maximal 3 Meter auf. Was passiert wenn ich bremsen muss, wegrutsche (Winter!) oder der LKW neben mir ein Rad verliert bzw. das Rad platzt?!

    ICH bin meistens hochkonzentriert bei diesen Fahrten, aber sind es auch die anderen?! Regelmäßig, wenn ich in die Autobahn verlasse und in der Stadt bin verspüre ich eine unglaubliche Müdigkeit – und das obwohl auf den Straßen Berlins ja wesentlich mehr los ist als auf der Autobahn.

    Gut und dann passiert es auch mal, dass in Berlin die Ampeln aus sind und ich glaube ich bin mittlerweile ein echter berliner Autofahrer, da ich echt erstmal überlegen muss, wie das jetzt abläuft mit den Schildern.
    Und dennoch ist mir

  32. Missac sagt:

    Sash noch was zu dir: ich als privater Fahrer bin auch reichlich cholerisch. Sowie ich aber als Babysitter unterwegs bin mit den Kindern im Auto bin ich ganz ruhig. Ist vielleicht so ein Schalter, den man umschaltet, wenn man im Beruf ist?

  33. DerKeks sagt:

    Was mich jeden Tag wundert ist mit welcher Verbissenheit die Autofahrer reagieren wenn es darum geht auf eine Autobahn zu kommen. Hier im Ruhrgebiet sind die Bahnen Abends voll, keine Frage, das weiß auch jeder. Aber statt der Situation mit etwas mehr Ruhe zu begegnen wird kurz vor und auf den Auffahrten jeden Abend der Kampf um den besten Platz in der Blechlawine eröffnet. Das führt regelmässig zu merkwürdigen Situationen wenn auf der 900 Meter langen Spur der auffahrt auf einmal alles frei ist weil sich alle anderen in die kleinsten Lücken gedrängelt haben und man mal eben so einen Kilometer durchfahren kann. Damit lädt man sich dann tatsächlich die Wut eben derjenigen auf die vorher noch rücksichtlos ihr eigenes Gefährt in die Reihe stehender Autos gequetscht haben nur um auf der Autobahn zu stehen. Nach 4 Jahren weiss ich einfach wann ich welche Spur benutzen sollte um möglichst wenig zu stehen, man lernt ja irgendwann dazu aber dass man sich dadurch den Unmut der anderen Fahrer, meist der Rücksichtsloseren aufläd finde ich tatsächlich assi.

  34. Sash sagt:

    @Missac:
    Eigentlich bin ich sowohl privat als auch beruflich recht gelassen. Ich will damit im Übrigen auch nicht sagen, dass ich mich nie aufrege, aber an diesem Kampf um jeden Preis beteilige ich mich halt nicht 🙂

  35. highwayfloh sagt:

    @Sash:

    Ruhe, Gelassenheit und „für andere 10-fach“ mitdenken… Alltag für alle Berufskraftfahrer, egal ob Taxi, Bus oder LKW.. auch wenn es oft verdammt viel an Selbstbeherrschung und (eigenen) Nerven kostet.

    Aber lieber einmal zuviel auf die Bremse oder „nachgegeben“ bevor man selbst schwerverletzt auf dem OP-Tisch in der Notaufnahme landet… .

  36. […] Der Fahrer hat in der Situation eindeutig uns beide gerettet. Obwohl ich unberechtigt auf seine Spur gefahren bin, ist er ausgewichen und hat damit eine sicher sehr sehr unschöne Kollision vermieden. Top-Reaktion, vielen Dank dafür! Ich persönlich war auch immer stolz darauf, wenn mir sowas mal in der entsprechenden Situation gelungen war. […]

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