Glasklar

Ich hab als Taxifahrer übrigens mal eine Frage: Was macht Glasscheiben eigentlich so anziehend?

OK, das ist vielleicht etwas seltsam formuliert. Ich zeige mal ein Beispiel aus meinem Arbeitsalltag. Leider ist dieses Beispiel nur so halb aus dem Arbeitsalltag, da ich immer gerade das Auto geputzt habe, wenn ich darüber schreiben will. Dass da ein Zusammenhang besteht, ist übrigens völlig klar… wo waren wir? Klar! Genau:

Glasklar… zumindest beinahe. Quelle: Sash

Dieses Bild ist also kein Foto meiner Scheiben, sondern eines des Haupteinganges des Ostbahnhofs. Etwa in Kopfhöhe (!)…

So in etwa kann man sich Taxischeiben vorstellen, wenn sie 2 Nachtschichten lange nicht geputzt werden – was ich persönlich im täglichen Umgang mit verschiedensten Glasoberflächen schon für einen ziemlich peniblen Intervall halten würde.

Das Auto sauber zu halten gehört zu meinem Job und der schlimmste Teil sind die Scheiben sicher nicht. Die lassen sich ja wirklich mit dem mitgeführten Glasreiniger binnen Minuten am Stand in zumindest erträglichen Zustand versetzen. Aber ich bin auch jetzt – nach fast 3 Jahren in dem Job – immer noch erstaunt, wie viele Leute an den Scheiben entlang schmieren, tatschen und – aber das ist wirklich eine seltene Königsdisziplin – lecken. Ihr dürft ruhig würgen, das gibt es tatsächlich.

Ich meine: Natürlich lehnt man sich mal müde mit dem Kopf gegen das Fenster und wenn man schwitzt oder gegelte Haare hat, bleibt ein Abdruck. Und natürlich kommt auch irgendwer mal mit fettigen Fingern an die Scheibe. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass ich fast doppelt so lange wie alle Fahrgäste zusammen an meiner Seitenscheibe sitze, ergibt sich schon ein düster-schleimiges Bild von meiner Kundschaft, wenn ich diese Scheibe nur etwa jedes zweite bis vierte Mal mitsamt der anderen säubere.

Und ich sitze wirklich nicht im Auto und trage Gummihandschuhe. Ich mach es mir da ebenfalls bequem, ich esse teilweise im Auto und kümmere mich erstmal gar nicht darum, was ich mache. Ich sehe halt zu, dass ich es nicht forciere.

Gibt es sowas wie Glasfetischismus da draußen? Manchmal hinterlässt mich meine Arbeit echt mit Kopfschütteln…

Schwedische Gardinen

Und zwar nicht nur ein paar…

Ich muss ja zugeben, dass es nicht wirklich im Sinne der StVO war, was ich meiner guten 1925 da die Tage mal zugemutet habe. Es war aber nur eine kurze Tour für einen alten Bekannten, der mich angefragt hat, ob ich mit ihm ein paar Dinge vom IKEA in seine neue Bude und sein Büro bringen könnte.

Wahrscheinlich handelt es sich um einen neuen Rekord, was die Beladung meines Zafiras angeht, und bei aller Vorsicht, die daraufhin im Verkehr geboten war: Ein bisschen stolz auf die Ladungsplanung sind wir dann doch gewesen. Und gelohnt hat es sich auch…

Euch wünsche ich jedenfalls ein schönes Wochenende mit wesentlich weniger Dingen, die man in den 3. und 4. Stock tragen muss 🙂

Einer geht noch… Quelle: Sash

Sozialistisches Gewissen

Bei der amerikanischen Familie hatte ich ja zunächst gedacht, dass die nächste Tour sicher besser werden würde. Dieser Gedanke war natürlich umgehend verflogen nach dem Trinkgeld von 4,50 € auf eine 6,50€-Tour.

Hätte ich gewusst, was für eine Tour mir bevorsteht, hätte ich den Gedanken aufrecht erhalten. Aber gut, vom A&O-Hostel bin ich gleich zum Bahnhof zurückgegurkt. Auf den Straßen schien nichts los zu sein und so richtig Lust auf Cruisen hatte ich auch nicht. Also hab ich mich etwas uninspiriert ans Ende der Schlange gepackt und wieder eine Dreiviertelstunde vor mich hin gewartet.

Mein nächster Fahrgast ereilte mich erst an der Spitzenposition, während ich mit zwei meiner Kollegen ein bisschen am Quasseln war. Der Gestalt nach war er das, was meine Kollegen einen „jungschen Kerl“ nennen, sprich: ein Mensch in meinem Alter. Seine Zieladresse lag zwar gerade mal 6 Euro weit entfernt, aber noch vor dem ersten Loch in der East Side Gallery waren wir dabei, uns gegenseitig unsere Herkunft zu nennen und ich erfuhr somit, dass er „Dunkeldeutscher, aus’m Osten, Sozialismus und so“ war.

Glücklicherweise verband er das nicht mit Wessi-Bashing, was übrigens noch erstaunlich oft passiert in dieser Stadt. Er plauderte darüber, dass er inzwischen selbst nicht mehr hier wohne, „Arbeit und so“, aber immer wieder froh sei, wenn er mal zu Besuch wäre. Bei der Anfahrt seiner Adresse hab ich mich ein wenig vertan und bin einen ziemlich unsinnigen Bogen gefahren. Einmal um den Block, im 40-Cent-Bereich. Er hat das nicht mal für erwähnenswert gehalten und meine Entschuldigung nur mit Verwunderung zur Kenntnis genommen:

„Na hör mal, musst ja auch von was leben!“

„Sicher, aber dazu brauch ich ja hier nicht mit der Kirche ums Dorf…“

„Nu is ja keen Problem!“

„Ja, dann wären wir bei 6,60 €“

„Nu hab ich aber och ’n schlechtes Jewissen!“

„Wieso denn das?“

„Naja, wenn ich in Bayern Taxi fahr, dann immer mindestens für 15 €, nich hier so…“

„Mein Gott, kurze Strecken gehören auch zum Geschäft!“

„Ja nee, machste auf jeden Fall mal 15. Für mein Gewissen!“

„Äh, oh! Wow! Danke! Das wäre aber nicht nötig gewesen!“

„Ach Quatsch, hier Sozialismus und so. Das Soziale zählt! Du musst schließlich gleich wieder rumstehen, während ich hier in der warmen Bude hocke!“

Manchmal gibt es einfach keine passenden Antworten, sondern einfach nur seliges Grinsen…

„Kannste loofn!“

Das ist so in etwa die mieseste Ansage, die man am Ostbahnhof von einem Taxifahrer kassieren kann, wenn man ins A&O-Hostel in der Köpenicker Straße will. In der Tat ist das eine Strecke von ziemlich genau nur einem Kilometer und viele Leute laufen da tatsächlich hin. Im Allgemeinen kann man aber wohl davon ausgehen, dass die Leute, die nach einer Taxifahrt anfragen, auch gerne fahren möchten. Das hindert den ein oder anderen Kollegen natürlich nicht, daran zu glauben, er habe ein Abo auf lange Fahrten erworben.

Ich mache solche Ansagen nie und ich hab es einfach versucht gelassen zu nehmen, dass ich jetzt eine Dreiviertelstunde rumgestanden bin, um ca. 2,20 € brutto damit zu verdienen. Die nächste Tour wird besser!

Die Kundschaft war eine amerikanische Touristenfamilie auf dem Rückweg von ihrem 9-stündigen Tagesausflug durch die ganze Stadt. Die Kids waren reichlich müde und die kleinste ist auf dem Sitz in der letzten Sitzreihe quasi noch vor dem Hinsetzen eingeschlafen. Wie so oft kein unsinniger Beförderungswunsch. Durch die plötzlich vermehrt auftretenden untergroßen Vorerwachsenen hatte sich also auch noch eine Gruppengröße von 5 ergeben, was mir nochmal 1,50 € Zuschlag sicherte.

So kamen wir dann 2 Minuten später am Hotel an und es war einer der schönen Momente, in denen ich eine wirklich zufriedene Kundschaft sehen konnte. Für die war der Tag gelaufen und so war auch die Lust beim Bezahlen nur mäßig ausgeprägt.

„Let’s say 8!“

„Thank you!“

Ich kramte nach einem Zweier, da kam schon der Zwischenruf:

„Ah, don’t worry. Ten’s ok!“

Alles in allem also eine äußerst erfolgreiche Tour (mein Verdienst ist damit etwa so hoch wie bei einer trinkgeldlosen 14€-Tour gewesen) und ein weiterer Beweis, dass man die kurzen Fahrten nicht unbedingt ablehnen sollte. Mit einem allerdings rechnet man in so einer Situation wirklich nicht:

Dass der nächste Fahrgast sich von hinten anschleicht und einem noch einmal einen Euro zusteckt. Gut, dass die nicht gelaufen sind 🙂

Allerdings sollte die nächste Tour tatsächlich noch besser werden. Aber das kann man dann morgen früh hier lesen…

Farbiges Geschwätz

Es ist schon praktisch, dass man mit dem Internet heutzutage ein Medium hat, mit dem sich auch ohne große Recherche ein paar Zuhörer sichern kann. Was ich als Blogger größtenteils rechercheunabhängiger Geschichten gut finde, wird an dem Punkt absurd, an dem Journalisten oder Branchen-Profis es erkennbar an Faktenkenntnis mangeln lassen. Insbesondere wo diese heute so  leicht verfügbar sind.

Da wäre zum Beispiel Norbert Kettner, Tourismusdirektor in Wien. Der reagiert auf gleich zwei verheerende Taxi-Test-Ergebnisse unter anderem mit einer Forderung nach einem einheitlichen Auftreten der Wiener Taxen. Zumindest lässt er sich so zitieren:

„Man kann niemanden vorschreiben, wie sein Taxi ausschaut. Ich glaube nur, was in Städten wie Berlin oder Hamburg funktioniert, muss in Wien auch funktionieren“

Ferner verkündete er, dass es in „den beiden deutschen Städten“ eine „freiwillige Selbstverpflichtung, wie ein Auto auszusehen habe“, gebe.

In dem Blödsinn stecken gleich zwei Fehler:

Erstens kann man Taxlern das natürlich vorschreiben. Und zweitens passiert genau das in Deutschland. Die BOKraft regelt das in §26 in einer an Eindeutigkeit nicht zu überbietenden Klarheit:

(1) Taxen müssen kenntlich gemacht sein
1. durch einen hell-elfenbein-farbigen Anstrich; als Farbton ist zu wählen RAL 1015 des Farbtonregisters RAL 840 HR des Ausschusses für Lieferbedingungen und Gütesicherung (RAL) beim Deutschen Normenausschuß,
[…]

Ich habe nichts gegen die einheitliche Farbgebung der deutschen Taxen. Ich finde die bunt zusammengewürfelten Flotten in den Bundesländern, die über die Ausnahmenregelung eine Quasi-Freigabe erreicht haben, nach wie vor nicht schön und auch wenn die Farbe bei Tageslicht vielleicht nicht sonderlich hübsch ist, bin ich froh, eine hellelfenbeinfarbige Kiste zu lenken.

Aber freiwillig ausgesucht habe weder ich mir das, noch mein Chef.

Und von einem Menschen in halbwegs fachkundiger Position wie Kettner mit einer lautstarken Meinung zum Thema kann man die 3 Minuten Recherche schon verlangen, würde ich mal sagen.

PS: Ich hab beim Lesen der Geschichte übrigens gedacht, dass Hamburg sogar eines der Bundesländer mit einer Freigabe wäre. Das hätte die Äußerung Kettners natürlich nochmal um Klassen lustiger gemacht. Dafür habe ich allerdings auf die Schnelle keine Hinweise gefunden. Falls dem aber doch so sein sollte, dann lacht für mich einmal mit 😉

Pfeifen

Pfeifen… irgendwie kann ich es nicht leiden.

Als Taxifahrer bin ich natürlich immer auf der Suche nach Kundschaft und dementsprechend freue ich mich natürlich auch, wenn ich tatsächlich mal unerwartet welche finde. Und ja: Irgendwie muss sie ja auf sich aufmerksam machen. Aber pfeifen?

Zum einen wäre da natürlich der psychologische Aspekt. Auf ein Pfeifen anzuspringen, hat irgendwie etwas von einem Hund. Das macht man schon mal ziemlich widerwillig. Viel nerviger ist im Alltag allerdings, dass die meisten Leute ja nur deshalb pfeifen anstatt zu winken, weil sie sich nicht direkt an der Straße befinden. Nun ist es nicht so, dass ich nicht gerne auch Kundschaft aufsammel, die es bei meiner Vorbeifahrt noch nicht bis zur Straße geschafft hat – aber erfahrungsgemäß bleiben die Leute irgendwo in ihren toten Winkeln stehen und erwarten, dass ich damit jetzt schon genug anfangen könne.

Kann man versuchen, hat nur wenig Aussicht auf Erfolg.

Denn zusätzlich zu meiner untertänigen Haltung als Dienstleister bin ich meist auch Teilnehmer am Straßenverkehr. Der ist – wie uns die Statistik zeigt – nicht nur schnell, bunt und lustig, sondern auch gefährlich. Da ich vor Jahren meinen Staplerschein gemacht habe und in den Beschreibungen des hervorragenden Begleitbuches „Der Gabelstapler“ gelesen habe, dass ein Staplerfahrer fähig sein muss, „aufgenommenen Signalen sinnvolle Handlungen folgen zu lassen“ (S.16), beherzige ich das auch im normalen Straßenverkehr (wo das nie explizit erwähnt wurde) und reagiere auf ein Pfeifen nicht mit einer panischen Vollbremsung, um danach sämtliche Hecken nach potenziellen Fahrgästen umzupflügen.

Also ist Pfeifen vielleicht nicht gerade die feine englische Art, aber in Ordnung – so lange man danach irgendwelche Hinweise auf seinen Standpunkt gibt. Ansonsten fahre ich nämlich weiter. Schließlich pfeift es in Berlin öfter mal und nicht immer ist man als Taxifahrer damit gemeint. Mir persönlich wesentlich lieber ist der klassische New Yorker Ruf „Taxi!“, gerne auch mit überschlagender Stimme und 5 Ausrufezeichen. Das kann man wesentlich besser orten und man weiss wenigstens, dass man auch gemeint ist.

(Profi-Tipp: Weder dies, noch das Pfeifen eignen sich übrigens bei Funkbestellungen!)

Überhaupt: Gerade Nachts sind potenzielle Fahrgäste nicht immer leicht zu erkennen. Wenn ihr ein Taxi heranwinken wollt, dann traut euch und winkt richtig. Ein kurzes Zucken mit der Hand lässt die Fahrer nicht immer sicher sein, ob ihr nun wirklich mitfahren wollt oder nur einen nervösen Tick habt. Manchmal übersieht man es sogar ganz, weil man vielleicht gerade in eine andere Richtung sieht um kreuzenden Güterzügen auszuweichen.

Jetzt würde mich mal interessieren, ob die mitlesenden Kollegen das auch so sehen mit dem Pfeifen, vor allem aber wie der Rest meiner Leserschaft ein Taxi auf sich aufmerksam machen würde. Vielleicht bin ich mit meiner Meinung ja auch alleine auf weiter Flur…

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Yeah!

Immerhin schon 200 Likes* hat GNIT nun bei Facebook!

Irgendwann sieht es noch nach richtig viel aus 😀

Ich freue mich natürlich über jeden erhobenen Daumen und wollte den Anlass schamlos nutzen, um einmal mehr darauf hinzuweisen, dass man mich dort auch persönlich, und auch bei Twitter und bei Google+ findet. Ein Blog ist ja nicht für alles die richtige Plattform.

*Kann sein, dass bei euch nur 199 angezeigt werden. Facebook ist sich da manchmal selbst nicht sicher 😉