Zehn

„Entschuldigung, können sie vielleicht 5 Leute mitnehmen?“

„Kann ich. Und ich mache es auch gerne!“

„Oh, sehr gut! Wir müssten nach Lichtenberg…“

So weit, so einfach. Waren ein paar ziemlich handzahme Jungs. Keine Spur von Stress, alles sehr entspannt. Allem Anschein nach eher Kiffer als Trinker 😉

Die Fahrt war relativ schnell erledigt, die Straßen waren frei wie immer um 4 Uhr morgens. Sie wunderten sich, dass es tatsächlich noch kürzer geht als sie dachten und am Ende war auch der Preis genau in dem von mir genannten Rahmen angelangt. Er betrug 16,40 €. Nun kam ein wenig Leben in die Bude. Schließlich musste ja jeder seinen Teil zum Fahrpreis beitragen. Aus der hinteren Reihe tönte es:

„Ich kann auf jeden Fall einen Zehner beischießen. Ich muss nur erstmal hier raus…“

Klar, ist ein wenig zu eng dahinten, um an seinen Geldbeutel zu kommen. Aber vorne ging das Suchen und Finden weiter, alle kramten sie in ihren Kleingeldfächern, die Münzen wurden hin- und wieder hergeschoben und am Ende reichte mir einer von der Rückbank einen 20er und meinte:

„Machen se 17!“

Gesagt, getan. Drei Euro in klein gingen zurück und so langsam schälten sich alle mehr oder minder zufrieden aus meinem Taxi. Ich hab dem letzten die Rückbank vorgestellt, sodass auch er herauskrabbeln konnte. Für meinen Teil war die Tour beendet und ich hab den Zusatz-Sitz wieder eingeklappt. Die Jungs waren alle auf dem Weg zum Eingang des imposanten langgestreckten Elfgeschossers. Plötzlich stand  ziemlich lethargisch und verstrahlt der Hansel aus der letzten Reihe neben mir, hält mir einen Schein hin und meint:

„Zehn.“

Nicht, dass ich mich gerne selbst um ein hammermäßiges Trinkgeld bringen würde, aber dass das nicht so ganz Sinn der Sache war, war mir klar. Ich hab also mal eher fragend geschaut.

„Ey Benni, wir ham schon gezahlt!“

rief es von der Haustür. Der Junge sah mich an, sah den Schein an, sah dann wieder mich an und drehte sich zu seinen Kumpels um:

„Sagt des doch!“

Und dann ist er gegangen und hat mich ermahnt, ich sei ein schlechter Taxifahrer, wenn ich so eine Gelegenheit nicht nutzen würde. Leute gibt es…

10 Kommentare bis “Zehn”

  1. Du bist aber wirklich ein wirtschaftlich schlecht kalkulierender Taxler, wenn du ein derartiges Rekordtrinkgeld nicht sofort annimmst. 😀

  2. MsTaxi sagt:

    @DerMaskierte

    Ich kann Sash da schon irgendwie verstehen, ich hab da auch Gewissensbisse … aber manchmal ringe ich die einfach zu Boden und nehm das Geld dann doch. Aber erst, nachdem ich den Kunden mind. 2x auf sein Vorhaben angesprochen habe und wenn er dann immer noch drauf besteht, nehm ich das Geld bevor es anfängt zu schimmeln oder so 🙂

    P.S. Mein Trinkgeldrekord liegt bei 22,–€ bzw. bei 5,–€ und vier Flaschen Dornfelder, von denen 2 aber unbeabsichtigt im Kofferraum liegen geblieben waren, was ich aber erst später gemerkt habe.

  3. Sash sagt:

    @Der Maskierte:
    Ich weiss 🙂

    @MsTaxi:
    4 Flaschen!? Da war die nächste Schicht dann aber auch gelaufen, oder? 😉

  4. MsTaxi sagt:

    @Sash

    Nee, die hab ich erstmal ins Weinregal gelegt, die Flaschen waren im Kofferraum doch kräftig durchgeschüttelt worden. Und zum Glück waren dem Kunden doch auch ausreichend Flaschen übrig geblieben, der hat die mir verbliebenen nicht wirklich vermisst *breitgrins*

  5. Flo sagt:

    Manchmal wäre ein Ein/Aus-Schalter bei „Gewissen“ Fällen finanziell lohnend. Wenn eine 16€-Fahrt mit zwei 50€-Scheinen bezahlt werden will, zum Beispiel. Aber dann denke ich daran, wie es mich ankotzen würde, wenn mir 100€ im Geldsackerl fehlen.

  6. Maik aus Wilhelmshaven sagt:

    Hatte da so einen völlig vollen Fahrgast aus einer Kneipe abgeholt. Als erstes Ziel wollte er zu einer Bank, Geld holen, und dann mal weiter schauen. Während ich so vor der Bank gewartet habe, kam er dann irgendwann an, beide Hände zusammen, und darin ein Stapel zerknüllter Scheine. Er muß jeden einzeln geknüllt haben…
    Der Gute setzt sich bei mir in den Wagen, und das Geld fällt erstmal runter. Hab ihn dann freundlich drauf hingewiesen, daß er das wieder aufheben sollte, nicht, das nachher was fehlt.
    Nun, das ging mehrfach so, bis wir am Ziel waren. Er zahlte, und ich sah nur, das da ein Fünfer auf dem Boden liegt. Hab mir dann gedacht, selber Schuld, jetzt habe ich es oft genug gesagt.
    Als er dann ausstieg, und weglief, lag da auch noch ein 50iger im Wagen. Für einen Moment habe ich noch gezuckt und wollte hinterher rufen, hab es dann aber gelassen. Ob er das Geld nun versäuft, woanders verliert, oder mich glücklich macht 🙂

    Ansonsten paß ich auch auf, den Kunden nicht zu „übervorteilen“, neulich erst eine nette alte Dame gehabt, die mit einem Zwanni gezahlt hat, und nur das Wechselgeld für einen Zehner wollte. Da ich so ehrlich war, und ihr den Rest auch gab, bekam ich noch mal zwei Euro Trinkgeld dazu 🙂

  7. Sash sagt:

    @Flo:
    Ja, manchmal nervt dieses Gewissen 😀

    @Maik aus Wilhelmshaven:
    Ja gut, wenn die Leute ihr Geld unbedingt loswerden wollen, dann sollen sie es tun 🙂
    Aber wegen ein bisschen Verplanung schlage ich noch nicht gleich zu…

  8. Maik aus Wilhelmshaven sagt:

    @Sash
    Ne, dafür ist man dann doch zu fair, denke ich mal 🙂

  9. highwayfloh sagt:

    Du weisst doch…

    für „alles“ im Leben bekommt man „irgendwann“ eine „persönliche Rechnung“ gestellt…

    und in diesem Falle ist es für Dich eine „Gutschrift“ … 😉

    In diesem Sinne…

  10. Sash sagt:

    @Maik aus Wilhelmshaven:
    Eben!

    @highwayflo:
    Na, warten wir mal ab 😀

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