Genervt

Eigentlich bin ich ja wirklich ein ganz Netter. Vom ein oder anderen bösen Gedanken mal abgesehen versuche ich mich im Job meist vorbildlich zu verhalten. Klappt nicht immer, Fehler passieren. Soweit, so gut! Aber neulich war ich mal wirklich genervt.

Die Fahrgäste selbst waren eigentlich ganz in Ordnung, aber den letzten Nerv gekostet haben sie mich trotzdem. Und somit war mein Abschied nicht unbedingt erste Sahne, aber das ist jetzt auch vorbei.

Angehalten haben sie mich an der Ecke Grünberger/Wedekind. Ich hab mich auch standesgemäß gefreut, schließlich hab ich die Abkürzung Richtung Ostbahnhof nur genommen, weil vor mir auf der Warschauer ein ganzes Bataillon leerer Taxen unterwegs war. Die Gruppe war jedoch recht groß, und beim Überfliegen stellte ich fest, dass ich selbst mit ausgeklappten Sitzen nicht alle unterkriegen würde. 8 Leute etwa. Plus minus 2, sie sind ständig durcheinandergewuselt.

Es waren durchweg junge Männer, der Sprache nach Spanier. Zunächst hatten sie nur eine Frage: Wo das Berghain ist. Gut, das ist Luftlinie nur 200 Meter entfernt, der Fußweg ist etwas länger – aber dennoch schnell geklärt. Mein Gesprächspartner sprach problemlos englisch, und so war die Sache in zwei Minuten geklärt. Ob ich sie hinbringen könnte? Klar. Aber nicht alle.

Der erste ist schon eingestiegen, da kam der zweite an und fragte mich, wie man denn nun genau hinkommt. Ich hab ihm das auch erklärt, woraufhin er meinte, sie würden dann laufen. Dann kam der Dritte und hat gefragt, wie viel das kosten würde. Ich hatte gute Laune, einen guten Umsatz und hab gemeint, ich drücke eine Kurzstrecke rein, würden 4 € Festpreis sein.

Dann kam ein weiterer der Gruppe an – er konnte sogar perfekt deutsch – und fragte, wie man denn genau hinkommt. Dann fragte er nach dem Preis.

Nun kam der fünfte der Gruppe und wollte wissen, wie weit das Matrix weg wäre und ob man da auch hinlaufen könnte. Ich hab erklärt, wie weit das etwa weg wäre und eine grobe Richtung genannt. Dann sollte es zum Matrix gehen, zu Fuß. Der bisher in meinem Wagen sitzende Typ stieg aus, dafür stieg einer der anderen ein und fragte, was es zum Berghain kosten würde. Ich hab ihm die Frage beantwortet, und er meinte, sie sollten doch alle mit dem Taxi fahren.

Daraufhin setzten sich zwei weitere ins Auto und der Deutschsprachige kam zu mir und fragte, ob es gehen würde, dass ich sie nacheinander abhole, wenn es nicht so weit ist. Ich hab gesagt, dass das kein Problem wäre, es allerdings sein könnte, dass die Kurzstrecke nicht reicht, und es am Ende vielleicht einen Zehner kosten würde. Den Preis fand er gut, ja sogar „nicht der Rede wert“. Er wollte nur noch mit den anderen reden.

Von denen kam dann auch einer zum Wagen und forderte einen der Insassen auf, auszusteigen, weil er gerne mit der ersten Fuhre am Club sein wollte. Daraufhin stiegen zwei Leute aus, während einer von draussen zu mir kam und mich fragte, wie weit es denn etwa zu dem Club sei.

zu diesem Zeitpunkt stand ich dann seit etwa 10 Minuten blöd in der Friedrichshainer Prärie herum und wartete darauf, loszufahren.

Dann kam ein zweites Taxi.

Der Fahrer wurde vom Rest umringt und es sind ein paar Leute eingestiegen. Daraufhin ist der verbleibende Fahrgast bei mir wieder raus, um auch in das andere Auto zu kommen. Der, der sich stattdessen bei mir in den Wagen setzte, fragte mich, ob ich nicht doch zum Matrix fahren würde. Dann kam einer aus dem anderen Auto angesprintet, und wies den Kerl an, er solle doch besser mit den anderen fahren.

Der glückliche Kollege lud den Kerl ein und brauste davon.

Mein Sprachgenosse kam an und fragte mich, ob wir jetzt ins Berghain fahren würden.

In den folgenden 2 Minuten setzten sich die Leute im Wagen dreimal um, dann konnte ich los. Endlich. Aus irgendeinem Grund sind 3 Leute übrig geblieben. Hatte der Fahrer vorher doch nur 2 mitgenommen? Oder 3? Naja, egal. Die Fahrt dauerte ja nur eine runde Minute, ich wollte das fast viertelstündige Vorspiel gnädig vergessen. Am Ziel angekommen wurde mir auch ein Fünfer gegeben, sogar Trinkgeld also. Ende gut, alles gut?

So halb.

Hinter mir saßen zwei Quasselstrippen, die mich übers Berghain ausfragten, wobei ich all mein Wissen zusammenkramen musste. Als einer von ihnen ausgestiegen ist, kam der andere wieder rein und fragte mich, wo genau der Eingang sei. Ich hab ihn ihm gezeigt. Daraufhin wollte er wissen, wie weit es denn etwa zum Matrix sei, falls sie hier nicht reinkommen würden. Während ich mit ihm redete, stieg mein letzter Fahrgast aus, nicht allerdings ohne die Tür sperrangelweit offenstehen zu lassen. Das sah der eben erst ausgestiegene Quasselpartner als seine Chance an, als er einen Anruf bekam.

Er setzte sich in meinen Wagen und telefonierte. 3 oder 4 Minuten lang. Letztlich fragte er mich dann, ob ich vielleicht die verbliebenen Hansel doch noch aufgabeln könnte. Das fand der andere natürlich unsinnig und sie gerieten in einen lebhaften Disput darüber. Ausgetragen wurde er natürlich in meinem Auto. Einer von den anderen kam auch zum Wagen zurück und warf ein, dass man dann doch gleich zum Matrix fahren könne, hier sehe es so dunkel aus. Der Vierte aber weigerte sich und beharrte darauf, hier zu bleiben.

Ich stand inzwischen auch gute 10 Minuten am Berghain und durfte den Kollegen zusehen, wie sie einer nach dem anderen mit zahlender Kundschaft ihres Weges zogen.

Völlig unerwartet zog nun einer der Streithähne eine Münze hervor, gab sie mir und meinte:

„Here. This is another 2 €. Pick up the others, they will pay you the rest!“

Alles klar. Aber natürlich kann man auch darüber nochmal diskutieren. Haben sie dann auch gemacht. Schwer genervt bin ich eine runde halbe Stunde nach Erstkontakt mit den Vögeln endlich losgekommen und bin den anderen entgegengefahren. Ich hab einfach die Kurzstrecke weiterlaufen lassen.

Die anderen habe ich nicht gefunden.

Weiß Gott, ob die sich inzwischen ein anderes Taxi – womöglich zum Matrix? – genommen haben oder sich verlaufen hatten. Als das Taxameter das Ende der Kurzstrecke verkündet hat, hab ich es ausgemacht und bin zum Bahnhof gefahren.

Natürlich hätte ich den Jungs besser noch Bescheid gesagt, bzw. ihnen die zwei Euro zurückgegeben. Aber ich hatte wirklich keinen Bock, die nochmal eine Viertelstunde im Auto zu haben!

8 Kommentare bis “Genervt”

  1. Also ganz ehrlich, ich wäre die nicht mehr suchen gegangen. Bei aller Kundenfreundlichkeit, nach 30 Minuten kostenfreien Warten, hätte ich die 2 EUR als erweitertes Trinkgeld verbucht und mir neue Kunden gesucht.

  2. Sash sagt:

    @Der Maskierte:
    Ach weisst du, da sind mehrere Dinge. Zum einen hätte ich sie ja rausschmeissen können oder mit dem anderen Tarif die Wartezeit bezahlen lassen. Es lag ja durchaus auch daran, dass ich „zu nett“ war. Und wenn ich die anderen binnen 2 Minuten kurz angekarrt bekommen hätte, wäre das ja auch kein Ding gewesen.

  3. @Sash

    Ob das aber wirklich kurz geworden wäre? Deine Anfangsnettigkeit verstehe ich voll und ganz, aber irgendwo reißt selbst uns Gemütsmenschen doch mal der Geduldsfaden. Bei dir wohl eher später als bei mir.

  4. Sash sagt:

    @Der Maskierte:
    Mein Geduldsfaden ist seit jeher eher ein Gummiband…

  5. Aro sagt:

    Das tut ja schon beim Lesen weh…

  6. hans sagt:

    danke,selten so gelacht.
    ich weiss auch wieder warum ich ein tagfahrer bin.

  7. ReinerWochendNachtschichtZafiraAutomatikFahrer sagt:

    Frage mich nur wie weit hier die Dienstleistung am Kunden gehen kann …
    Wenn meine Zentralistin über Funk am Trommeln ist das Fahrten offen sind hätte ich das nicht lange mitgemacht . wir haben hier ( Hamm / NRW ) zu 90 % Zentralfahrten . wenns ruhiger wird in den Morgenstunden fahre ich in die City und schaue nach Einsteiger .

  8. ReinerWochendNachtschichtZafiraAutomatikFahrer sagt:

    NACHTRAG
    wenn ich von 90% Zentralfahrten rede dann kann ich natürlich nur von meiner Zentrale reden .

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