Nach meinem fantastischen Trinkgeld neulich konnte ich mir auch ein Taxi nach Hause leisten. Seit ich den Job selbst mache, bin ich sicher vermehrt Taxi-Kunde, aber ich übertreibe es auch nicht. Zum einen leben wir in einer Gesellschaft, in der es gang und gäbe ist, dass man sich als Dienstleister die eigene Dienstleistung nicht zwingend ständig selbst leisten kann, zum anderen – und das kennen alle anderen da draußen auch – geht man stets mit einer teilweise ungebührenden Pingeligkeit an Dienstleistungen heran, die man selber kennt.
Ich habe als Kunde noch keinen Taxifahrer erlebt, der wie ich die Thaerstr. als Abkürzung von der Petersburger zur Landsberger oder umgekehrt nutzt. Das sind 40 Cent auf dem Taxameter, kein Weltuntergang. Auf den Strecken, die ich gelegentlich fahre, ist es die einzige Option, einen „geheimen Schleichweg“ zu nehmen. Aber ich selbst halte es eben so und da mache ich mir natürlich auch immer gleich Gedanken, wenn Kollegen es nicht machen.
Und das nervt mich selbst ein wenig. Ich hab keinen Abstand mehr zu dieser Dienstleistung, ich kann nicht einfach darauf vertrauen, dass der Fahrer – das geheimnisvolle allwissende Wesen – alles richtig macht. Ich kenne die Strecke und ich bemerke es, wenn der Preis zu hoch ist, die Strecke zu lang, der Fahrer undankbar. Das raubt einem ein wenig den Spaß an der Sache. So wie „normale“ Kunden darauf hoffen, nicht wieder das miese Arschloch von letztem Mal zu erwischen, dass ihnen für eine 10€-Tour 25 € Festpreis aufgeschwatzt hat und dann nicht einmal die Straße gefunden hat und sich unterwegs über die zu kurze Tour beschwert hat, bin ich schon immer enttäuscht, auf Fahrer zu treffen, die ihren Job nur so halbwegs machen, um an ein paar Euro zu kommen. Obwohl das eigentlich noch ok sein sollte.
Ich habe also lange mit mir gerungen, ob ich es wirklich tun sollte. Denn auch wenn die Bahn gerade raus war und ich absolut null Bock auf Ersatzverkehr mit Umsteigen und langen Wartezeiten und Fußweg hatte, so hatte ich noch weniger Lust, ausgerechnet einem alten Griesgram mein Trinkgeld anzuvertrauen, das ich mit einem seligen Lächeln nach einer nicht ganz unanstrengenden Tour überreicht bekommen habe.
Aber: Oh Wunder, der Taxi-Gott meinte es gut mit mir!
Am Stand gegenüber des andel’s-Hotels (Ja, es heisst nicht Landels!) fand ich gleich einen Blogleser und Kollegen vor, der sich beim morgendlichen Kaffee mit einer Kollegin unterhielt. Und hier beginnt der Alzheimer-Part. Wie bei so vielen Kollegen habe ich auch hier schon wieder den Namen vergessen. Da ist das „Du“ im Gewerbe und im Internet schon wieder hinderlich. Es gibt (Gab? Ich hab ihn ewig nicht gesehen) z.B. auch einen Kollegen, den ich rund ein Jahr lang fast täglich am Ostbahnhof getroffen habe, der bis heute damit leben muss, dass ich von ihm immer nur als „Herr Ostbahnhof“ spreche, wenn ich ihn Ozie gegenüber erwähne. Keine Ahnung, wie er heisst!
Naja, wenigstens war das ein angenehmer Schicht-Abschluss! Es ist für uns Taxifahrer schließlich auch nicht selbstverständlich, dass ein Kollege müde und definitiv unstressig am Stand entlangtaumelt und einfach mal sagt:
„Na, bringst mich heim?“
Es folgte noch eine gemütliche Zigarette, ein bisschen Prahlerei mit den letzten Horror- und Luxuskunden und letztlich eine angenehme Heimfahrt, die mir an dem Tag locker die 14,20 € wert war. Bzw. die 17, die ich letztlich gezahlt habe. Ich kann nur hoffen, dass die Taxifahrten mit mir für meine Kunden ähnlich sind: Ein netter Typ, der einen gerne heimfährt, und bei dem ich – selbst wenn ich am Ende nochmal ansagen muss, wo man genau abbiegt – einfach das Gefühl hab, dass es das Geld wert war. Ich versuche, dass es so ist. Jeden Tag wieder, und oftmals mit Erfolg. Immerhin.