Warum man wachsam sein sollte…

Ich beherzige immer noch den Tipp einer Bedienung, die ich in der ersten Woche im Taxi hatte: Wenn Kunden zahlen, dann nie das Geld gleich ins Portemonnaie packen! Dadurch fallen auf jeden Fall die „Ich hab dir aber einen 1-Million-Dollar-Schein gegeben und keine 5 Euro!“-Geschichten weg, und auch man selbst kommt nicht durcheinander. Endgültig notwendig wird der Tipp spätestens, wenn ein paar Spinner je anteilig zahlen wollen.

Aber manchmal wird man neben dem praktischen Nutzen her auch noch mit putzigster Verplanung überrascht:

Ich hab am frühen Morgen, es war bereits seit längerer Zeit wieder hell, ein paar junge Frauen zu verschiedenen Adressen gefahren. Die letzte hab ich an einem Bahnhof rausgelassen, und nun war es an ihr zu zahlen. Das war auch ok, die anderen beiden hatten ihr bereits etwas dazugegeben.

„Dann wären wir bei 21,40 €!“

Sie kramt in ihrem Geldbeutel umher, sucht zwei Münzen heraus, legt mir dann eine 2€-Münze und ein 50-Cent-Stück in die Hand, lächelt und meint:

„Stimmt so!“

Ich hab einen kurzen Moment gewartet, aber als sie anfing, das Portemonnaie zuzumachen, hab ich kurz folgendes gesagt:

„Ähm!?“

Sie blickte mich an, dann die Münzen, wieder mich, sehr fragend, und meinte:

„22,50. Ist doch ok, oder?“

Ich hab sie dann erlöst:

„N‘ Zwanziger hätte ich gerne noch…“

Ich liebe diese Augenblicke der Erkenntnis. Wenn jemand gerade noch vermutet, irgendwer will ihm was böses, und dann stellt es sich plötzlich als eigene Dummheit heraus. Gar nicht böse gemeint! Aber man hat ihr am Gesicht ablesen können, dass sie Angst hatte, ich wäre irgendwie mit dem Trinkgeld unzufrieden oder es wäre sonst irgendwas schlimmes passiert… diese Mischung aus Erleichterung und Selbstironie ist einfach was göttliches für Zuschauer. Immer wieder!

Unwürdig?

Die beste Anfrage des Monats.

Ich stand am Matrix und hab als Erster darauf gewartet, dass ein Nachtschwärmer den Club verlässt, um danach von meiner Wenigkeit nach Hause oder (was wahrscheinlicher ist) ins Hotel gebracht zu werden. Von hinten schleicht ein Mann heran, um die 50, graue Haare, Anzug. Er geht um mich und mein Auto herum, mustert mich still und doch fragend, und weil mir gerade danach ist, erwidere ich diese Verhaltensweise. An der Beifahrerseite angekommen fragt er mich dann:

„Nehmen sie auch jemanden mit, der nicht aus der Disco kommt?“

War eine lange und sehr unterhaltsame Fahrt bis nach Dahlem. Die enthalte ich Nicht-Disco-Gängern doch nicht  vor 😉

Ein gutes Triple

Gerade an Tagen an denen es nicht so gut läuft unterhält man sich unter Kollegen auch mal ausführlicher. Man trifft sich einfach öfter am Stand, bzw. kommt gar nicht erst weg 🙁

So begab es sich neulich, mitten unter der Woche, dass Sash sich mit zwei Kollegen fernab jedes möglichen Kunden lauthals darüber beschwerte, wie mies das Geschäft läuft. Im einzelnen gestaltete sich das 2 bis 4 Stunden nach jeweiligem Arbeitsbeginn wie folgt:

Kollege T. hatte gerade mal zwei 7€-Touren zu bieten, Kollege J. kam mit 3 solchen immerhin noch ein paar Euro über das Ergebnis von mir, der ich eine fantastische 21€-Tour zu bieten hatte. Wir waren also alle nicht am Verhungern, aber an den Hunni in 8 Stunden hat keiner wirklich geglaubt. Da das Glück aber manchmal auch mit den Tüchtigen ist, kam jeder von uns noch ganz unterschiedlich zu seinem (natürlich nur finanziellen) Glück.

Bei Kollege J. schlug es als erstes zu. Er bekam eine Tour vom Ostbahnhof „nach Eiche und zurück“. Noch dazu lohnenswert als zwei Einzeltouren mit nur ein paar Minuten unbezahlter Wartezeit. Was rund 55 € bedeutet. Ein nettes Trinkgeld soll auch noch dabeigewesen sein.

Kollege T. erwischte eine flotte Winker-Orgie vom Osten in den Westen und wieder zurück bis vors Matrix, von wo er abermals wegkam.

Mich selbst hatte es an dem Abend ganz absurd erwischt:
Zunächst hatte ich eine angenehme Tour, die jedoch schwer zu bekommen war. 3 Fahrer haben bereits die Fahrt für 30 € nach Königs Wusterhausen abgelehnt. Klar, lohnt sich nicht. Ich hab sie dann für 40 angenommen. Das ist zwar auch unter Niveau, aber immerhin darf man hier frei verhandeln und zudem hatten sie Fahrkarten für einen Zug 20 Minuten später. Irgendjemand muss das Geld ja ins Gewerbe schleusen… davon abgesehen habe ich am Ende trotzdem 50 € bekommen, und das hätte es auch nach Taxameter gekostet. Der Kilometerschnitt wäre damit schon am Arsch gewesen, aber zu allem Überfluss bin ich bis zum Treptower Park leer in die Stadt zurückgegurkt, um kurz vor der Elsenbrücke einen weiteren Fahrgast aufzunehmen: Nach Schönefeld. So kam ich dann auch auf 65 € Umsatz und 12 € Trinkgeld in rund 2 Stunden.

Wie heisst es so schön: Man soll den Tag nicht vor dem Abendprogramm loben? Stimmt schon irgendwie…

Voll schön!

Hatte ich also eine (besser gesagt: zwei) nette Abschlusstouren mit einem Vierertrupp gutgelaunter und schon leicht angeschlagener Mädels aus meiner alten Heimat Stuttgart. Auch wenn die Wege nicht ewig waren, sind wir doch ein bisschen zum Reden gekommen, und wie so oft schweifte das Thema irgendwann zum Taxifahren:

„Und, kann man da gut von leben?“

„Ach, ich bin zufrieden, aber eine Familie möchte ich damit nicht durchbringen müssen. Ansonsten ist Berlin ja eine günstige Stadt.“

„Echt? Was zahlst du denn so an Miete?“

„Das ist ein bisschen schwer zu beantworten, denn ich wohne zusammen mit einem Kumpel und meiner Freundin…“

Und dann alle im Chor:

„Ooooaaaahhhh!“

Ich bin ja auch froh, meine Freundin zu haben, auf so viel Mitgefühl war ich allerdings nicht vorbereitet. Und mir ist spontan ein alter nichtlustig-Cartoon dazu eingefallen:

Klick mich, wenn du gucken willst!

Hart an der Grenze…

Mein Taxi ist ja nicht gerade die Perfektion. Wir sollten im Innern öfter Staubwischen als wir es tun, dank eines verbogenen Teils ist das Spaltmaß zwischen Motorhaube und Stoßstange ungewöhnlich groß und manche meinen ja, dank nicht vorhandenem Kartenleser hätte man so oder so keine Berechtigung, dieses Auto als Taxi zu unterhalten. Die ganz krassen behaupten das schon des Fabrikats wegen.

Der ein oder andere Mercedes-Fetischist wird mein Auto also nicht sonderlich mögen. Gestern hab ich allerdings eine Kiste gesehen, da hat es mich umgehauen. Wirklich. Na gut, nicht wörtlich.

An der Tanke hielt ein Kollege mir gegenüber und saß im Auto. Ich hab mir gar keinen Kopf darüber gemacht, mir ist nur aufgefallen, dass es noch ein W124 (T-Modell) war, also eine recht betagte Kiste. Das ist nicht wirklich dramatisch, gibt ja eine Menge alte Daimler, die ein paar hunderttausend Kilometer wesentlich besser wegstecken als mein Opel. Eigentlich ist mir mehr der Fahrer aufgefallen, der mich ein wenig missmutig ansah. Warum auch immer.

Ich hab im Vorbeigehen realisiert, dass die Kiste reichlich ungewaschen ist, aber je nachdem, welches Schlammloch man als letztes passiert hat, kann ja auch das vorkommen.

Ich hab mir die Kiste aber nicht genauer angesehen. Altes Auto, mein Gott.

Als ich dann allerdings wieder rauskam, hab ich gleich zwei Sachen gesehen: Zum einen ist eine Kundin eingestiegen (die zeitgleich mit mir im Shop an der Tanke war) und zum andern hab ich festgestellt, dass das Taxi keine Heckscheibe mehr hatte. Gut, formschön mit zerknitterter Folie abgeklebt war es zwar, aber vom Eindruck her macht das nun wirklich nichts mehr wett. Über den Geräuschpegel im Auto kann ich nur mutmaßen. Meine Kamera lag leider im Auto, er war zu schnell wieder weg.

Also da verstehe ich es echt nicht mehr. Mir ist schon klar, dass wir alle unser Geld verdienen müssen. Und ich bin mit der verbeulten Motorhaube auch drei Tage auf Tour gewesen. Aber wenn eine Scheibe kaputt ist, dann lässt man das doch richten, bevor man sich mit dem Auto wieder unter Kunden traut. Ich persönlich hätte meine Grenze da jedenfalls gezogen. Und die „Wollte eigentlich zur Werkstatt“-Ausrede ist nachts um 3 Uhr auch nicht sonderlich plausibel…

Beweisfoto

Towel-Day im Taxi, Quelle: Sash

Towel-Day im Taxi, Quelle: Sash

Nur falls mir jemand nicht glauben sollte, dass ich gestern mein Handtuch dabei hatte 😉

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Kosten? Nutzen? Ach, was soll’s?

„Kollege, kannst du 5 Leute nehmen?“

So was höre ich öfter und sehr gerne am Stand 🙂

Ein Haufen Partywütiger ergoss sich quasi in mein Auto, und als ich gerade die Sitzreihe wieder vorgeschoben hab, hab ich mal gefragt, wo es eigentlich hingehen soll.

„Kennste Bar 25?“

„Äh… klar. Aber ihr wisst schon, dass ihr da auch laufen könntet. Das sind Pi mal Daumen 300 Meter.“

„Ja, nein! Nee, ich find‘ des nimmer und sie hier hat eh Probleme mit’m Laufen!“

„Ich fahr euch gerne, ich wollte es nur gesagt haben…“

[…]

„Kannste mal Radio anmachen?“

„Grundsätzlich sehr gerne, aber da das hier schon die Bar 25 ist, würde ich gerne darauf verzichten und einfach wenden. So, das macht dann 5,70 € – davon sind 1,50 € für die fünfte Person.“

Ich hab nach wie vor kein auch noch so kleines Problem mit kurzen Fahrten. Als Kunde wäre es mir allerdings manchmal ein wenig peinlich, gewisse Strecken zu fahren…