Ach, die Kurzstrecken und die Tariferhöhung…
Am 1.7.2009 sind die Tarife im Berliner Taxigewerbe ja erhöht worden, und die Kurzstrecke hat mit 50 Cent pro Fahrt – oder rund 14 % – am meisten abbekommen. Dumm nur, dass der Preis ausgerechnet von krummen 3,50 € auf glatte 4,00 € pro Fahrt erhöht wurde.
„Das geht auf euer Trinkgeld, das find ich nicht gut!“
sagte mein Chef damals. Sicher, sein Anteil vom Kuchen wird dabei ungleich größer als meiner, aber ich glaube es ihm trotzdem. Ist es wirklich so? Ich wollte meine Statistik schon lange erstellen und jetzt hab ich es gemacht. Die Fahrer wird es kaum überraschen und die Mathematiker werden sowieso zu viel Zeit damit verbringen, darauf rumzureiten, dass die Zahlen zu klein, also kaum repräsentativ sein werden. Dennoch:
Bis zum 1.7.09 hab ich 139 Kurzstrecken zu 3,50 € gefahren. Gezahlt haben die Kunden wie folgt:
3,50 € x 39
3,60 € x 3
3,70 € x 2
3,90 € x 1
3,95 € x 1
4,00 € x 68
5,00 € x 23
6,00 € x 1
Insgesamt waren es also 71,55 € Trinkgeld auf 139 Touren, was ca. 0,51 € pro Tour bedeutet. Kein Trinkgeld gegeben haben etwa 28% der Leute.
Seit der Erhöhung bin ich dank wesentlich weniger Arbeitszeit nur auf 92 Kurzstrecken gekommen, obwohl es fast die gleiche Zeitspanne war. Die veranschlagten 4,00 € beglichen die Kunden wie folgt:
4,00 € x 42
4,50 € x 3
4,70 € x 1
4,80 € x 1
5,00 € x 43
5,50 € x 1
7,00 € x 1
Daraus ergeben sich 50,50 € Trinkgeld und damit etwa 0,55 € pro Tour. Allerdings haben über 38% der Leute kein Trinkgeld gegeben.
Was ergibt sich daraus: Mein Chef hat Unrecht! Aber nicht arg.
Es sind deutlich mehr Leute geworden, die kein Trinkgeld geben, weil 4 € nunmal eine Summe ist, die man gerne mal in passenden Münzen dabei hat. Allerdings ist der Betrag des Trinkgeldes durchschnittlich sogar ein paar Cent höher, weil die meisten gleich auf 5 € aufrunden und damit um einen ganzen Euro statt des früher so beliebten Fünfzigers. Unterm Strich muss ich als Fahrer sagen, dass sich die Tariferhöhung wider Erwarten in diesem Fall gelohnt hat. Obwohl man das nicht pauschal sagen kann, da durchaus Kunden weggeblieben sein könnten. Aber so verdienen wir Fahrer nicht nur brutto 20 Cent mehr, sondern das Trinkgeld scheint längerfristig auch das Gleiche zu bleiben, bzw. vielleicht sogar ein bisschen mehr zu werden.
Was soll man dazu sagen.
Ich weiss es:
Danke, liebe Fahrgäste!
Interessant. Und eigentlich wenig verwunderlich. Bei 3,50€ waren halt 4€ der nächste ‚runde‘ Betrag den man passend (oder mit minimalem Wechselgedöns verbunden) zur Hand hatte. Bei 4€ sind da halt 5€ draus geworden (auch wenns weniger Leute sind die das machen).
Wobei da wohl auch ein bisschen das ’schlechte Gewissen‘ reinspielt wenn mann irgendwo in der Öffentlichkeit steht und der Fahrer anfängt für 50ct nach Wechselgeld zu kramen. 😉
Hey Sash,
Direkt verglichen hattest du aber 21,05€ weniger Trinkgeld und das im fast gleichen Zeitraum. Zugegeben du hast weniger gearbeitet. Um einen anderen Vergleichswert zu erhalten könntest du das noch auf die Gefahrenen Minuten umrechnen. Viel Spaß
Leini
Taxifahrer haben eindeutig zu viel Zeit 😉
@Mi-Go:
Ja, sonderlich überraschend ist es nicht…
Ich war ehrlich gesagt dennoch ein wenig erstaunt, wie viele schon 5 € bei 3,50 gegeben haben. Aber es scheint immerhin wirklich so zu sein, dass für viele Leute 4,00 € ein Betrag ist, der rund genug ist, um nichts mehr draufzuhauen. Naja, jetzt weiss ich es…
@Leini:
Naja, ich denke, bei unterschiedlicher Tourenanzahl ist der Wert pro Tour schon der entscheidende. Und der ist ja immerhin um gute 8% raufgegangen. Die Umrechnung auf die Minuten könnte ich aber nur über die Gesamtzeit machen. Wieviel ich pro Tour gebraucht hab, notier ich mir dann auch nicht…
@Aro:
Das ist wahr. Aber ich Idiot mach solche Rechnereien auch noch in der Freizeit… wofür stehe ich eigentlich so lange am Stand, wenn ich die Zeit nicht nutze. Da verlange ich eine Änderung! 🙂
[…] Ich fürchte das auch. Andererseits muss ich zugeben, dass ich das andererseits auch letztes Mal befürchtet hatte, als die Kurzstrecke von 3,50 € auf 4,00 € angehoben wurde. Davor hatten die meisten mit 4 € bezahlt und es stand zu befürchten, dass da viel umverteilt werden würde. Meine Statistik nach einiger Zeit ergab damals aber eher ein anderes Bild. […]
Hallo,
nachdem ich nun gefühlt den halben Blog gelesen habe, mal als Nichtmathematiker aber Statistiker eine Antwort auf die Frage, wie sich die Preiserhöhung damals für Dich (rein statistisch) ausgewirkt haben:
Vorher hattest Du im Schnitt 51 Cent Trinkgeld. Unter Einbezug aller Daten aus dem Artikel die vor der Umstellung durchgeführt wurden, geht man davon aus, dass der Mittelwert über viele Monate hinweg zwischen 44 und 61 Cent liegen würde. Nach der Umstellung kommst du auf 55 Cent pro Tour, wobei der Erwartungsbereich für Trinkgeld über viele Monate hinweg zwischen 44 Cent und 66 Cent liegt. Da die Erwartungsbereiche fast identisch sind, würde ich auf keinen Unterschied tippen. Wenn man es genauer wissen will, dann benötigt man halt mehr Werte.
Liebe Grüße
Robert
PS: Hervorragender Blog
achja, das Progrämmchen zum Ausrechnen, ist in R geschrieben:
data.before <- c(rep(3.50,39),rep(3.60,3),rep(3.7,2),rep(3.90,1),rep(3.95,1),rep(4,68),rep(5,23),rep(6,1))
data.after <- c(rep(4,42),rep(4.5,3),rep(4.7,1),rep(4.8,1),rep(5,43),rep(5.5,1),rep(7,1))
data.before <- data.before – 3.5
data.after <- data.after – 4
quantile(unlist(lapply(1:10000,function(x){
mean(sample(data.before,length(data.before),replace=TRUE))})),c(.025,.975))
quantile(unlist(lapply(1:10000,function(x){
mean(sample(data.after,length(data.after),replace=TRUE))})),c(.025,.975))
PS: Getrennt, da Programmcode gerne mal dem Spamfilter zum Opfer fällt
@Robert:
Äh, wow. Da muss ich als Statistik-Noob dann doch auch erstmal reinsteigen. 😉
Ui, R!
Sieht man selten 🙂