Nur ein Zehner!

Ich machte den typischen doofen Taxifahrer-Move: Da vor mir ein Kollege mit angeschalteter Fackel langtuckerte und ich auf absehbare Zeit keine Winker würde bekommen können, bin ich abgebogen. Nur um mich noch an der Ampel zu fragen, wo zur Hölle ich in diese Richtung eigentlich hinfahren solle. Aber das Glück ist mit den Dummen, nach 100 Metern hatte ich Kundschaft.

„Würdste uns in die Vorname-Nachname-Straße bringen?“

„Na sicher, ich überlege gerade, die sagt mir was …“

„Sind 5 Kilometer, is‘ nur da vorne und dann rechts. Machste hier die Fünf-Kilometer-Dings, ne?“

„Ich mache Kurzstrecke. Das sind fünf Euro, nicht fünf Kilometer, aber ich erinnere mich, das wird schon reichen.“

„Ich sag aber gleich, ich hab nur zehn dabei. Dann musst mir rausschmeissen.“

„Das sehen wir ja dann. Erst einmal reicht die Kurzstrecke.“

„Aber ehrlich: Mehr als zehne ist nicht!“

„Wir sind doch immer noch bei fünf Euro und die Kurzstrecke ist erst zur Hälfte …“

„Ich sag’s nur, nicht dass wir dann – is‘ auch da vorne noch einmal ums Eck.“

„Dann reicht das locker.“

„Aber nicht über zehn. Halt vor der Wendestelle, das sind 20 Cent!“

„Es sind immer noch fünf Euro. Und das Taxameter piept ja nun erst einmal, wenn die vorbei sind.“

„Ach, echt?“

So viel Angst ums Geld hatte ich bei einer Kurzstrecke schon lange nicht mehr. 0.0

Positiv hervorzuheben sei abschließend, dass die Kundin und ihr unterhaltsamer Partner die einzigen waren, die in den letzten drei Tagen bei einer Kurzstrecke noch Trinkgeld gegeben haben, ich werde sie also in sehr guter Erinnerung behalten.

Sash, 34, Schocker

Die Kunden waren ein nettes Ehepaar, sicher zwei Jahrzehnte länger auf diesem Planeten als ich. Wir hatten eine nette und unterhaltsame Fahrt, auch wenn ich von ihrem Hotel weit draußen in Mahlsdorf noch nichts gehört hatte und die Straße mal kurz nebenbei auf der Karte gesucht hab. Sie waren routinierte Berlinbesucher, planten bereits das Wochenende durch, alles ok. Und dann, auf meine Nachfrage, ob der Abend trotz Zugverspätung ok sei, das:

„Naja, wir waren ja schon länger am Bahnhof, wir haben noch was gegessen. Und dann der Schock, dass wir Sie als Taxifahrer haben.“

0.o

„Ich hoffe, das war kein sonderlich großer Schock …“

„Naja. Wir werden sehen.“

Nichts gegen ironische Gespräche. Aber das war creepy.

Der Nazihausmeister von Weißensee

Ich hatte eine richtig gute Winkertour ergattert. Drei Leute, die so dermaßen im Komikermodus waren, dass ein Kollege sie extra absichtlich übersehen hat, bis ich des Weges kam. Dem debilen Gekicher nach war da nicht nur ein kleines Feierabendtütchen im Spiel, sondern eher eine Menge, die selbst in Berlin nicht mehr als Eigenbedarf deklariert werden kann.

Aber egal: Von Friedrichshain über Weißensee nach Schöneberg! Mehr als 30 € aus dem Stegreif!

Und der nach Weißensee war der Hammer. Hat mich erst ewig übers Taxifahren ausgefragt, um am Ende mit dem Hinweis zu kommen, dass er als Fahrer ja auf die Beförderungspflicht scheißen würde, wenn es um Nazis ginge. Sehr sehr sympathischer Junge! 😀

Aber da ging’s erst los.

Er wohne jetzt ja erst seit sechs Tagen in seiner neuen Wohnung. Mit seiner Freundin, die nur so mittel legal einen Untermietvertrag ausgestellt habe. Und schon nach der ersten Nacht sei sein Hausmeister, „so’n Nazi-Alki“, der auch mal im Treppenhaus pennt, wenn er den Schlüssel nicht mehr ins Schloss kriegt, bei ihm vorstellig geworden und hätte ihm eine Räumungsklage angedroht.

„Nach einer Nacht, Alter. Ich hab mir gleich ’ne Machete gekauft!“

0.0

„Nee nee, Digger! Nicht, dasde denkst, ick würd dem was tun. Könnte ick nich. Aber guck mal: Ich bin nich deutsch, weil, is klar, hab ja schwarze Haare. Wenn ick dem mitte Machete die Tür öffne, dann isset doch nur so, dass ick dem seine Angst real mach. Ehrlich! Ick befriedige dem seine Angst, dit is alles! Ick hab mir ja so jefreut auffe neue Wohnung. War ja bislang Neuköllner, da is meine Hood! Un jetz das?“

Und während die beiden auf der Rückbank sich vor Lachen weggeschmissen haben, frage ich mich immer noch, ob ich auf dem selben Planeten lebe. 0.o

Freie Taxiwahl in Kaputt

Ich hab schon oft gesagt, dass ich es gut finde, dass die Kunden sich das Taxi am Stand aussuchen dürfen. Ebenfalls oft gesagt habe ich aber auch, wie sehr ich mich manchmal wundere, wie diese Wahl dann getroffen wird.

Im aktuellen Fall stand ich auf einer Nachrücke an letzter Stelle. Wie so oft kam dann eine Kundin und fragte, ob sie bis zum ersten Taxi vorlaufen muss. Da sie schon so gequält geguckt hat, habe ich mir den „Nett wäre es natürlich“-Teil gespart und ihr einfach nur gesagt, sie könne sich ein Taxi aussuchen.

Mich wollte sie offenbar nicht, aber ich war dann etwas irritiert, weil sie umgehend nach unserem Dialog am Auto direkt vor mir stoppte. Der Kollege las gerade Zeitung und fuhr die älteste Möhre am Stand. Ist alles kein Thema, aber nach einer wirklich geplanten Wahl sah das alles nicht aus. Aber vielleicht war der Wunsch auch, „so einen richtigen Taxifahrer wie früher“ zu bekommen, wer weiß es schon.

Der Kollege sprang auch sofort auf und hat freundlich das Gepäck verladen, das soll jetzt echt nicht böse klingen. Ich kannte ihn zwar nicht bewusst, aber ich hab ihm die Fahrt schon gegönnt, alles ok.

Warum ich das hier schreibe? Weil ich ab diesem Punkt noch nie eine Taxifahrt so habe starten sehen.

Zunächst rührte sich nix. Das ist normal. Kunden müssen oft erst was erklären, als Taxifahrer muss man vielleicht das Navi programmieren oder nochmal nachfragen, der problemlose Blitzstart 3 Sekunden nach Einstieg ist zweifellos das Ideal, aber im Alltag passiert oft was anderes.

Nach einer halben Minute startete der Kollege den Motor und selbst ich als Fahrer von gerne mal sehr alten Opel hab noch nie ein Auto mit so einer Geräuschkulisse erlebt. Es klang wie eine Kakophonie aus unrund laufendem Motor, fehlendem Auspuff, quietschender Lenkung und einem durchgeknallten Rudel defekter Keilriemen. WTF?

Der Kollege hat den Motor umgehend wieder ausgestellt.

Da hat er mir dann echt leidgetan, denn was ist bitte schlimmer, als sich in Erwartung einer Tour irgendwo anzustellen und bei Fahrtantritt feststellen, dass das Auto kaputt ist?

Ich erwartete nun eigentlich fast schon, dass beide wieder aussteigen. Stattdessen passierte nix. Nach einer weiteren halben Minute, bei der ich mir nicht vorstellen wollte, was die beiden im Auto besprochen haben, wiederholte das Auto das Drama von eben und der Kollege rollte drei Meter aus der Lücke auf die Straße, um dort erneut stehenzubleiben. Oder stoppte gar das Auto selbst?

Nun, in zweiter Reihe, wiederholte sich eine mir selbst endlos erscheinende Pause, ich würde schätzen, dass sie wirklich noch weit über eine Minute dort standen. Ich habe mir mehrfach überlegt, mal an die Scheibe zu klopfen und zu fragen, was los sei. Dann aber gewannen sie doch noch Land und ich muss der Vollständigkeit halber noch anmerken, dass das Auto nach wenigen Metern zumindest die Hälfte der ungewöhnlichen Geräusche ablegte.

Über die Zufriedenheit der Kundin mit ihrer Wahl kann ich leider nur spekulieren.

Knapp vorbei …

Und als ich so gechillt mit dem Mahlsdorfer Rentnerpaar die Frankfurter Allee auf der linken Spur gen Osten gleite, zieht vor mir plötzlich ohne zu blinken einer aus einer stehenden Schlange an einer Linksabbiegerspur nach rechts auf meine.

BÄM!

Beziehungsweise: Nein, zum Glück nicht!

Ich hab trotz nur einer Hand am Steuer  mal eben den Elchtest light absolviert, meine Fahrgäste hätten für Sekundenbruchteile gute Protagonisten für ein Harlem-Shake-Video sein können und dann war alles gut. Denn es fuhr keiner rechts von mir und der rechts hinter mir war glücklicherweise nicht schneller als ich. Weswegen ich die seltsame Vermutung hab, dass es in diesem Fall von Vorteil war, dass ich etwas über den erlaubten 50 km/h gefahren bin.

War trotzdem scheiße knapp und mir ist mal wieder bewusst geworden, wie oft ich die Strecke sonst eher im Brain-Resetting-Modus fahre. Das hätte sich dann auch wieder für ein paar Wochen oder Monate erledigt.

Also Obacht da draußen: Am Ende braucht’s immer einen, der dann doch aufpasst!

PS: Und wie ärgerlich das abseits von Blechschaden und vergeigter Schicht gewesen wäre! Haben meine Chefs doch erst kürzlich eine aktuelle Liste im Hauptquartier aufgehängt, auf der ich soo schlecht nicht dastehe:

Endlich ein Ranking, bei dem ich punkten kann! Quelle: Sash

Endlich ein Ranking, bei dem ich punkten kann! Quelle: Sash

Und bevor irgendjemand auf die Idee kommt: Nein, auch wenn das Ding sicher eine psychologische Wirkung haben soll: Das ist kein Mobbing-Werkzeug und außer mir interessiert’s vermutlich sowieso keinen Kollegen. Alle weiteren Verschwörungstheorien beantworte ich in den Kommentaren. 😉

Die Sache mit dem Einschätzen von Menschen

Ich wollte eigentlich tanken, aber da winkte plötzlich einer. Mitten an der mehrspurigen Hauptstraße im Gewerbegebiet. Ein bereits älterer Mann, zotteliges langes Haar, einen Bart, der für mehrere Generationen ZZ-Top-Imitatoren gereicht hätte und einer Plastiktüte. Er roch nach Alkohol und fragte, ob er auch mit Karte zahlen könne. Ja? Na dann …

Er war wirklich nett, aber als er dann auch noch erzählte, dass er die Straßenbahnen verwechselt hätte … es war nicht schwer, sich dem Gedanken hinzugeben, dass das mit der Bezahlung vielleicht nicht klappen würde. Dann beim Arbeitsamt das Wiedererkennen der Gegend  mit dem Hinweis, dass er da ja jetzt auch oft sei, habe ja Rente beantragt etc. pp. Und wie zum Beweis streikte der Kartenleser am Ende. Allerdings schien das gar nicht an der Karte zu liegen. Er meldete nicht einmal einen Fehler und wechselte ins Menü zurück. WTF?

Mein Kunde nahm das ganz locker und sagte, dass wir dann halt zur Bank müssten, sei auch nur ums Eck. Das stimmte und da das alles noch unweit meines Zuhauses stattfand, kannte ich mich auch gut genug aus. Ich hab die Uhr trotzdem gleich gestoppt, denn zum einen lag der Fehler wohl beim Gerät und mir war das unangenehm, zum anderen fühlt man sich besser, wenn man nur eine 11€-Fehlfahrt hat und keine für 16. Was natürlich bescheuert ist, aber das menschliche Gehirn hat’s ja manchmal nicht so raus mit mathematischer Logik.

An der Bank ist der gute Kerl kurz raus, hat sein Hab und Gut als Pfand dagelassen, kam nach zwei Minuten ganz locker wieder raus und verkündete nur, dass er doch vorher schon gesagt hätte, er habe genug Geld auf dem Konto.

Und so standen wir dann kurz darauf ein zweites Mal vor seinem Plattenbau und er fragte mit ernstem Tonfall, was ich denn jetzt bekommen würde.

„Wie gesagt: Wir waren bei 11,50 €, als ich die Uhr ausgemacht hab.“

„11,50€? Nee, nee!“

Mir stellten sich umgehend wieder die Nackenhaare auf.

Der Alte zog einen Zwanni aus seinem Geldbeutel, drückte ihn mir mit väterlicher Geste in die Hand und meinte:

„Das stimmt so, für all die Mühe!“

„Äh, wow, vielen Dank!“

„Keine Sorge, ich gehör nicht zu den Ärmsten …“,

ließ er mich noch wissen und schien insgesamt sehr zufrieden mit dem an sich ja schon ziemlich verzwiebelten Heimweg zu sein. Was inzwischen selbstverständlich auch auf mich und den Schichtbeginn zutraf. 🙂

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

Abonniert doch den RSS-Feed von GNIT. Mehr von Sash gibt es außerdem bei Facebook und bei Twitter.

Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Seltsame Schäden am Auto

Gestern unter Kopfschütteln festgestellt:

Meine Fackel ist nicht ganz dicht! Quelle: Sash

Meine Fackel ist nicht ganz dicht! Quelle: Sash

Bemerkt hab ich’s, als ich das Auto waschen wollte. Ob das schon seit ich die Kiste habe, war: Keine Ahnung, ehrlich! Auch wenn man meinen sollte, es sei eine prominente Stelle für einen Schaden.

Was wir darüber hinaus besser weder meinem Chef noch den Betreibern der Waschanlage erzählen: Ich hab die Kiste trotzdem gewaschen und es ist alles gut gegangen. Ich hoffe trotzdem, dass sich das bis nächstes Wochenende fixen lässt.