Gna!

Rückblickend könnte man natürlich nach jedem Mist, der passiert ist, sagen, dass man dies oder jenes hätte anders machen können. Immer. Das liegt in der Natur der Sache und das verstehen auch alle, bis auf die paar Leute, die nicht einmal ohne Taucherbrille einen Waschlappen benutzen und hinterher im Internet dem Rest der Menschheit erklären, dass sie selbstverständlich auch vorher alles besser gewusst hätten.

Aber bei der Tour war eigentlich alles bestens. Die Kundin nannte eine Straße, die ich kannte, spezifizierte die Hausnummer mit einem Platz, den ich ebenfalls kannte und stimmte zu guter Letzt zu, dass meine Idee, über die XY-Straße dorthin zu fahren, wohl ziemlich gut sei. Das ist so ein klassischer Fall, wo das Navi selbstverständlich aus bleibt und man sich freut, dass alles so einfach ist.

Als wir dann an besagter Platz- und Straßenecke standen, war die Hausnummer indes nicht wirklich in Reichweite. Die 43 war angesagt, aber auf der einen Seite waren wir gerade bei der 12, auf der anderen liefen sie nach der Hufeisenreihenfolge in die 200er. Da ich wusste, dass die Straße auf der einen Seite nur hundert Meter weitergeht, in die andere hingegen ca. 2km, war die Richtung klar: Ein paar hundert Meter links ab, es war nicht einmal ein Umweg, so wie wir gefahren waren.

Meiner Kundin indes gefiel das nicht. Sie glaubte, es sei rechts rum, sie war ja schon mal da. Entgegen der Einbahnstraße natürlich. Ich stoppte kurz und fragte nochmal der Nummer wegen nach. Sie befragte ihr Handy und beharrte auf der 43, aber selbst als ich ein paar Meter weiterfuhr und die Zahlen von der 12 an anstiegen, beruhigte sie das nicht. Und dann kam, was in solchen Fällen natürlich nicht fehlen darf: Eine Straßensperrung, ein Umweg, der zwingend einen noch weiteren Umweg erforderte und am Ende eine Kundin, die die zwar im Rahmen liegenden 13 € mit einem kleinen Trinkgeld beglich, sich aber am Ende ein paar hundert Meter vom Ziel entfernt ausladen ließ. Sichtlich genervt davon, dass … ja, was eigentlich?

Klar: Dass ICH keine Ahnung hatte.

-.-

Ich  nehme das heutzutage auch sportlich. Ich bin mir wirklich nicht zu fein, einer Hausnummer wegen das Navi anzuschmeißen, aber wenn die Kundschaft sagt, dass das genau da-und-da liegt und das Problem am Ende ist, dass die Angabe um mehr als einen halben Kilometer falsch ist, dann ist das echt nicht meine Sorge und dann muss ich die zwei Euro extra, die ich deswegen vergurke, eben auch in Rechnung stellen.

Lieber gewesen wäre mir natürlich auch ein ehrliches „So genau weiß ich das jetzt nicht“, dann hätte ich Onkel Google befragt und eventuelle Umwege danach wären auch auf meine Kappe gegangen. Naja, Lehrgeld und so …

„Na, wenn’s unbedingt sein muss …“

Da steht man nach nur mäßigem Umsatz zu Beginn der Schicht gemütlich auf der letzten Position am Stand …

Also ja, nur der achten, aber der letzten!

Und dann kommt ein Kunde mit bescheidenem Reisegepäck, einem Lächeln auf den Lippen und fragt höflich:

„Ich hätte eine Fahrt nach Fürstenwalde. Ich bräuchte am Ende nur eine Quittung, um mir das Geld von der Bahn zurückzuholen. Hätten Sie Interesse?“

Ach, was man sich nicht alles antut für den ungefähr achtfachen Umsatz einer durchschnittlichen Tour … 😉

Touren, mit denen man anfängt

Der Kollege am Bahnhof jammerte mich gerade noch zu über seine ach so kurze Tour zur Krossener Straße, bevor ich überhaupt eine bezahlte Fahrt zu vermelden hatte.

(Was im Übrigen völlig ok war, das möchte ich hier auch mal erwähnen, weil ich es selten tue: Nur weil das Ablehnen von kurzen Touren verboten ist und ich es unverschämt finde, Kunden wegen solcher Fahrten schlecht zu behandeln: Dass man unter Kollegen mal theatralisch über das Pech an der Halte klagt, ist selbstverständlich kein Ausschluss-Kriterium für gute Taxifahrer, das gehört bei uns wie bei jedem Dienstleistungsjob auch dazu, das mache ich auch.)

Aber gut, der Kollege hatte also gerade zu Ende gejammert, da bekam ich eine Kundin.

„Wir müssen da hinten auf den Baumarkt-Parkplatz.“

OK, da war immerhin schon mal klar, dass es noch weitergehen würde. 😉

Also habe ich frohgemut beim Einladen von ein paar Farbeimern geholfen und wartete gespannt aufs weitere Ziel.

„Wir müssten in die Grünberger.“

Noch vor der Warschauer! Nicht, dass mich das ernstlich geschockt hätte, ich hatte viel eher vor Augen, wie ich dem Kollegen eine halbe Stunde später berichten würde, dass seine Tour ja gar nix gewesen sei und ich mit Zwischenstopp und Gepäckverstauen am Ende nochmal zwei Euro weniger auf der Uhr gehabt hätte.

Aber dann war das dort nur ein weiterer bezahlter Zwischenstopp und am Ende kam die Uhr bei durchschnittlichen 13 € zum Stehen.

Und bei all dem Renovierkrempel, der inzwischen fast den ganzen Kofferraum der 2223 ausgefüllt hat, bleibt einmal mehr anzumerken, dass man Taxis wirklich nicht ausschließen muss, wenn es um den Abtransport von Einkäufen angeht. Klar, gefühlt ist das immer sofort superteuer, aber wenn man sich mal anschaut, was für einen Stress man ohne eigenes Auto z.B. mit dem Anmieten von Mietwagen oder dem Abholen von CarSharing-Autos hat: Wenn es danach nicht gleich durchs halbe Bundesland geht, ist die kleine Preisdifferenz dann manchmal vielleicht doch zu vernachlässigen. So es sie in einem Fall wie dem obigen überhaupt gegeben hat, bei dem es immerhin um einen guten Teil von Renovierungsvorarbeiten ging.

Kleiner Nachteil für mich persönlich: Ich hatte keinen Grund mehr, dem Kollegen was vorzujammern. 😉

Fahrten, die ich nicht verstehe

Natürlich: Wenn ich als Taxifahrer eine Tour fahre, bin ich in diesem Moment genau eines auf dieser Welt ganz sicher nicht: Der Fahrgast auf dieser Tour. Und da man andere Menschen nicht immer versteht, kommt es eben auch vor, dass ich manche Fahrgäste und ihre Wünsche nicht verstehe.

Im Gegensatz zu so manchen Kollegen stimme ich dieses Lied nun ja auch wirklich nicht bei jeder kurzen Strecke an. Natürlich wird ein Koffer auch nach den ersten 800 Metern schon mal unnötig schwer und manche ganz besonderen drei Minuten sind dann eben auch mal schnell fünf Euro wert. Ich stimme zwar einem Kollegen zu, der bei solchen Touren gerne sagt, er wäre dafür zu geizig; aber wirkliches Unverständnis sieht anders aus.

Heute hatte ich dann (natürlich nicht zum ersten Mal) einen solchen Fall: Zwei junge Leute, noch nicht einmal am Ende ihres Abends, aber vorerst mit zu müden Füßen. Vom Ostbahnhof zur Warschauer Straße. Gut, die Bahn fuhr nicht mehr, das passiert. Und es sind immerhin auch anderthalb Kilometer, die will man dann nicht laufen, schon klar. Kurz bevor ich sie dann – nach nochmaliger Nachfrage – tatsächlich am U-Bahnhof rausgelassen habe, berichteten sie mir, dass sie dann noch zum Cassiopeia weiter wollten. Das sind noch einmal lockere 700 Meter mehr.

Und ja: Natürlich kann man das laufen. Ich will’s auch niemandem ausreden, Himmel nein! Aber wieso man wirklich sackteure 6,90 € für ein Taxi ausgibt und dann noch ein Drittel des Weges läuft, anstatt für 8,30 € bis vor die Tür zu fahren … nee, ehrlich!

Natürlich: Noch eine Kippe rauchen, frische Luft schnappen, nochmal reihern, was zu essen holen, das Geld ist knapp – es gibt eine Menge Gründe, früher auszusteigen. Ich trauere dem Rest der Fahrt jetzt auch nicht nach. Aber mit der Begründung „die Füße sind müde“ verstehe ich das nicht. *kopfschüttel*

Kleines Lebenszeichen

So, da bin ich wieder!

Abgesehen von fehlenden Taxigeschichten war ich dieses Wochenende vor allem weg vom Internet. Bzw. – und das muss ich schon der Glaubwürdigkeit wegen genauer sagen – ich hatte keine Zeit, mich alleine in Ruhe und schreibenderweise im Internet rumzutreiben. Dafür gab’s Bier, es war also nicht alles schlecht. 😉

Naja, für betreutes Bloggen bin ich defintiv noch ein paar Jährchen zu jung, die Pause war also unausweichlich. Ab heute nach dem Aufstehen ist dann aber sowohl wieder arbeiten als auch wieder Zeit für Blog, Kommentare und all das angesagt. Und ich freu mich drauf.

Also wie so oft: Sollte es Gerüchte über mein Ableben gegeben haben: Sie waren verfrüht! Ich wünsche all Euch Lesern und Kommentatoren einen schönen Donnerstag, ich selbst bin ab heute Abend wieder auf der Piste und obwohl ich noch nicht weiß, was sich während der ersten Septemberschicht so ergeben wird: Ich werde schon aus Prinzip morgen früh was bloggen. Ich kann ja auch nicht ohne (Siehe diesen Text hier).

Bis dann!

Sash

Super süß

Da standen sie dann an der Grünberger. Jungesellinnenabschied, das war schwer zu übersehen, das mit den einheitlichen Shirts war deutlich genug.

„Würdste uns nur kurz zur Revaler bringen?“

„Sicher. Dafür sind wir doch da.“

„Kannste auch fünf mitnehmen?“

„Auch das. Einen Moment kurz …“

Die Richtung eingeschlagen hatte ich eh schon. Die erste junge Dame purzelte dann eher ungalant auf den eiligst ausgeklappten Zusatzsitz mit dem Hinweis, dass sie ja nun schon seit 15 Uhr trinken würden. Ich schielte zum Chronometer meines Autos. 22 Uhr. Dafür ging’s eigentlich noch.

Die Fahrt würde ultrakurz werden, dank unseres tollen Großraumzuschlags allerdings dennoch ziemlich teuer. Um nicht den Partyschreck spielen zu müssen, hab ich in den Tiefen des Machbaren gegraben und gesagt:

„Da Ihr mehr als vier Leute seid, muss ich leider die 5 € extra berechnen, aber ich würde jetzt einfach mal sagen, dass Ihr mehr als nur deutlich nach einer Kurzstrecke gefragt habt, also sind das am Ende quasi 10 € pauschal für die Fahrt. Ist das ok?“

Unter uns: Hätten sie nein gesagt, hätte ich sie ausgeladen und dem nächsten Kollegen für die normalen 12 € vermacht. Und was kam stattdessen? Meine neu erworbene Beifahrerin strahlte mich an und fragte:

„Oooooh, wie kann man nur so unglaublich süß sein!?“

Tja, Kenntnis des Taxitarifs. 😉

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Der normale Stress

Eigentlich lasse ich mich ja aus Prinzip nicht stressen. Deswegen mache ich diesen Job ja. Ich muss nicht mehr Straßenbahnen hinterherrennen, um pünktlich zur Arbeit zu kommen, ich bringe die feiernden Leute gemütlich nach Hause, während sie ohnehin in einer anderen Dimension schweben und die Straßen sind frei.

Aber:

Das ist natürlich auch nur der Optimalzustand. Irgendeinen Stress gibt es immer mal. Hier Hektik, dort ein aufdringlicher anderer Verkehrsteilnehmer und nicht zuletzt auch manchmal Kundschaft mit Sonderwünschen oder Auswurfanstalten. Aber im Normalfall verteilt sich das alles auf zig Schichten.

Heute hatte ich so eine „Glückssträhne“, die ihresgleichen gesucht hat. Der eine Winker fischt mich an einer vielbefahrenen Kreuzung ab und hat es eilig, obwohl ich ihmzuliebe auf dem Fußgängerüberweg angehalten hatte und nun eine 270°-Drehung ohne die Gefährdung anderer zu praktizieren hatte. Die nächsten erwischten mich in einer einspurigen Straße ungefähr 10 Sekunden vor dem Ums-Eck-Schießen eines Feuerwehrlöschzuges und gaben als Ziel allen ernstes irgendeine „Da-wo-Onkel-Paul-mal-besoffen-hingeschifft-hat-Straße“ an. Auf meine zackige Nachfrage sagten sie dann, dass das direkt an der Ecke der „Da-hat-sich-im-Jahr-1853-mal-wer-laut-geäußert-Allee“ liegt.

„OK, dann so: Welcher Stadtteil denn überhaupt?“

„Ach so. Na hier ums Eck!“

-.-

Die dritten hatten es ganz eilig und mussten zu genau dem Flughafen, der mir ein legales Wenden erst nach anderthalb Kilometern erlaubt hätte. Bei Feierabendverkehr mitten in der Nacht. Was halt so passiert.

Natürlich: Hat alles geklappt, haben wir hingekriegt, inklusive kürzestem Weg, Freundlichkeit und nur marginaler Beeinträchtigung der Berliner Rettungsdienste. Muss ja. Irgendwie.

An dieser Stelle einmal mehr ein herzliches Danke an all die Kollegen, die den Job tagsüber machen und das sicher zehnmal öfter haben als ich. Ich will nicht tauschen, ehrlich nicht!