Die Nigeria-Connection live

Wer hat sie noch nicht bekommen, eine der legendären Spam-Mails, in denen ein superreicher, meist wohl nigerianischer Typ einem unkompliziert ein paar Millionen zukommen lassen will, weil er Probleme mit der Bank hätte. Man müsse nur ein paar tausend Euro in die Gegenrichtung senden – und zack: Geldsegen!

Ist natürlich Bullshit und bei Wikipedia findet sich die „Nigeria-Connection“ unter dem mir bislang unbekannten aber nachvollziehbaren Artikel „Vorschussbetrug„.

Und nun hatte ich im Auto einen von ihnen. Also nein, vermutlich nicht einen jener Kriminellen, aber einen der Superreichen, denen zu begegnen wohl viele irgendwann erhoffen, weil sie sich was davon versprechen. Der Fahrgast kam prallgekifft wie sonstnochwas aus dem Yaam und erzählte mir die Story vom Pferd, dass er froh sei, hier in Berlin nicht erkannt zu werden, mal Geschäftsmann war, sich von seinem Vater aber längst seinen 20-Milliarden-Dollar-Anteil (!) hat auszuahlen lassen.

Logo, einer der ungefähr 50 reichsten Männer der Welt sitzt bekifft in meinem Opel-Taxi, weil es da warm ist …

Bezahlt wurde ich immerhin, das unterscheidet mich wohl von den hoffnungsvollen Überweisern an die Mailspammer. Andererseits betrug das Trinkgeld 0,00 €. Unter den Umständen ist es mir als Taxifahrer dann sowieso egal, wie reich der Fahrgast ist …

Der Feind des Taxifahrers ist die Langeweile

Zumindest in manchen Nächten kommt man nicht umhin, sich zu langweilen. In der einen Schicht mehr, in der anderen Schicht weniger. Aber wegen des berechtigten politischen Ziels, dass im Grunde immer ein Taxi verfügbar sein sollte, haben wir Leerlauf. Der ist manchmal gering, manchmal umfangreich und nervenaufreibend. Wir haben im Vergleich zu vielen anderen Berufsgruppen viel Leerlauf. Was also machen wir daraus?

Zunächst einmal: Jeder etwas anderes. Das sollte klar sein. Es gibt die Kollegen mit Fernseher im Auto, die GNTM sehen, andere pokern online, chatten mit Freunden, twittern oder lesen sogar Bücher.

Ich selbst mache, was mir gerade reinpasst, Abgesehen von den Laberrunden am Taxistand lese und schreibe ich, wie es mir gerade passt. Manchmal tue ich auch ganz explizit nichts, was auch mal ganz erholsam sein kann oder höre sogar Radio – allerdings eher keine Musik, aus Gründen.

Im Laufe des Monats hab ich mal wieder meiner gelegentlichen Lust auf Thriller gefröhnt und Tom Rob Smiths wunderbare „Trilogie“ über den russischen Agenten Leo Demidow gelesen: Kind 44, Kolyma und Agent 6. (Amazon-Partnerlinks)
Wie so ein junger Autor so fantastische Stories vor dem historischen Background der Stalin-Zeit schreiben kann, nötigt mir einiges an Respekt ab. Natürlich sind die Bücher kein Geheimtipp mehr, aber da man bei Thrillern am Klappentext in der Regel nicht den Hauch einer Chance hat zu erkennen, ob sie gut oder schlecht sind, wollte ich auch zwei Tage nach dem Tag des Buches (und des Bieres!) hier mal noch eine Empfehlung aussprechen. Und jedes der drei Bücher reicht definitiv für mehr als nur eine frustrierende Schicht mit viel Standzeit. 🙂

Wenn die Kollegen schlechte Tage haben

Jeder hat mal einen Tag, an dem irgendwie alles schief geht. Irgendwie war das gestern wohl bei einem Kollegen der Fall, der „mein“ Auto hatte. Noch bevor ich zur Arbeit aufgebrochen bin, hab ich auf dem Handy gesehen, dass er angerufen hatte. Und da klingelte es prompt wieder.

Er riefe nur an, um mir zu sagen, dass sich der Grund, warum er vorhin angerufen hätte, erledigt hätte. Aha.

Wobei das verständlich war. Er hatte befürchtet, sein Handy im Auto liegengelassen zu haben, hatte es inzwischen aber wiedergefunden.

Dann kam ich zum Auto und sah, dass die hintere Seitenscheibe offen war. Aber gut, es war warm und hatte nicht geregnet und im Hof sind zumeist nur Kollegen unterwegs. Glück gehabt. Dann hab ich festgestellt, dass der Stifthalter am Armaturenbrett sich abgelöst hatte. Passiert alle paar Jubeljahre mal, die sind nur angeklebt. Nur war auch im ganzen Auto kein Kuli zu finden, den hatte er offenbar eingesteckt. Und nebenbei vergessen, die Kilometerzahl auf dem Abschreiber einzutragen.

Das ärgert einen kurz. Aber der Kollege ist ein netter, das war sicher keine Absicht. Und wenn ich mir vorstelle, wie er wohl in Eile beim Abstellen ums Auto gewuselt ist, dann stelle ich mir das sogar irgendwie ziemlich lustig vor. Und einen anderen Kollegen mit überschüssigem Kuli im Auto zu finden, war dann auch nur eine Sache von Minuten …

Uber wird weiter ausgebremst – TaxiDeutschland hinterlegt 400.000 €

Nun hat Uber auch in Frankfurt und München die Preise für UberPop-Fahrten auf 35 Cent pro Kilometer gesenkt, um den Dienst legal als Mitfahrzentrale anbieten zu können. Das tun sie mit einem wie immer bemerkenswerten Spagat aus folgenden Gründen:

1. Weil sie das deutsche Rechtssystem „selbstverständlich respektieren“.

2. Weil genau jetzt TaxiDeutschland die 400.000 € Sicherheitsleistung hinterlegt hat, die nötig waren für die Vollstreckbarkeit des eigentlich schon bestehenden Verbotes.

Nun ja.

Verblüffend ehrlich kommunizieren sie dieses Mal in ihrem Blog, was das bedeutet: Das Angebot wird für Kunden nun natürlich deutlich attraktiver, aber es wird schwerer, Fahrer zu finden. Ich vermute, dass das auf eine nahezu flächendeckende Nichtverfügbarkeit rauslaufen wird. Und das aus einem einfachen Grund, den Uber sich immer noch nicht so wirklich auszusprechen traut: Weil Uber-Fahrer mit dem, was sie tun, Geld verdienen wollen, nicht weil sie vom knuffigen Kennenlernen von Fremden im eigenen Auto träumen. Na sowas aber auch!

PS: Einen sehr schönen und deutlichen Text über Uber hat Stefan Müller fürs gewerkschaftliche Magazin gegenblende.de geschrieben, bei dem ich ein paarmal zitiert werde. Sollte man mal lesen.

Headhunter-Hinterlassenschaften

Ich muss eben noch mal auf die Headhunterin aus dem letzten Eintrag zurückkommen. Die Fahrt war wie gesagt nett, das Trinkgeld ok und ich war sowieso ein bisschen erfreut über die tolle Vorlage für einen Blogartikel.

Etwas weniger erfreut war ich eine Minute später, an der nächsten Ampel, als ich mal wieder wie so oft spontan nach hinten in den Fahrgastraum geschielt habe, ob da noch alles in Ordnung ist. Manchmal mache ich das, während die Kunden aussteigen, manchmal denke ich erst später dran.

Und „in Ordnung“ war hier nicht das Wort der Wahl. Auf der Fußmatte vor dem Sitz, auf dem eben noch die junge Frau saß, war eine Pfütze, in deren Mitte sich Früchte stapelten. WTF?

Ich hab die Fackel ausgemacht und bin mal eben zur nächsten Tanke gegurkt. Hatte mir die Heldin echt ins Auto gekotzt?

Nein. So talentiert, das zu überspielen, war nicht einmal sie. Allerdings hatte sie offenbar einen Cocktail mit ins Auto geschmuggelt und verschüttet – und ich hab’s nicht bemerkt. Gut, es waren zwei Kilometer Leerfahrt und 50 Cent für den Kärcher an der Tankstelle. Für einen Fünfer extra hätten wir da gerne gemeinsam drüber lachen können. Aber so dämpft es die Freude über eine so nette Fahrt dann doch ziemlich. Betrunken schön und gut, aber das muss doch echt nicht sein! 🙁

Ich bin qualifiziert. Für Betrunkene.

Es war eine mehr als nur heitere Fahrt. Auch wenn ungefähr jeder zweite Satz „Entschuldigung, ich bin … wie sagt man heute? … rotzevoll!“ oder ähnlich lautete. Sie gehörte definitiv zu den mittelschweren Fällen in der Nacht, ich hatte zumindest mal keine größeren Sorgen bei ihr. Sie hat mich über meinen Job ausgefragt, damit nebenbei auch über das hier: Schreiben, Bloggen usw.

Dass ich ein Buch geschrieben habe, hat sie erschreckend euphorisch aufgefasst, das Googeln danach gelang allerdings auch nicht mehr so wirklich. Naja, sowas kann an einem Wochenende schon mal passieren. Sie wäre ja, erzählte sie, Headhunter. Sie vermittle gute Leute an Unternehmen. Und da sie mich spontan sympathisch fand, hatte sie offenbar eine dieser unsagbar überzeugenden Betrunkenenideen, nämlich mich zu vermitteln. In einen besseren Job. Das freilich erwähnte sie nicht einmal, da hat sich viel alleine in ihrem Kopf abgespielt. Alleine bei zwei Fragen wurde ich involviert:

Ob ich a) überhaupt einen Job wolle und b) eigentlich auch Softwareentwicklung könne.

Immerhin war ihr nach der Verneinung beider Fragen auch bewusst, dass das vielleicht schwierig werden könnte. Aber hey, ich nehme das mal als Kompliment! 😀

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Sichere Fahrten, die einem enttrommelt werden

Man sieht öfter mal Leute, die scheinbar dazu tendieren, ein Taxi zu nehmen, dann aber doch weiterlaufen. Schade. Jedes Mal wieder. Der neulich hatte seine Hand allerdings schon am Türgriff, weswegen ich ihn auch schon mit einem „Guten Abend!“ begrüßt hatte.

Womit wir beide nicht so wirklich gerechnet hatten, war seine Freundin, die (nach langen vorhergegangenen Streitereien) nun dann doch noch heulend und brüllend auf ihn zugerannt kam, mit ihren Fäusten auf seine Brust trommelte und ihn irgendwelcher Sachen bezichtigte. Ich hab mich damit getröstet, dass ich nun immerhin keinen der beiden fahren musste, statt beide zusammen.

Der Kollege hinter mir meinte (offensichtlich mit einigem Erfahrungshintergrund):

„Warum haut se ihm nich‘ inne Fresse? Brust tut ja nich‘ weh!“

Am Ende war das aber tatsächlich einer der Gründe, nicht einzuschreiten. Verletzungen – zumindest physische – hatten die beiden sich offenbar nicht vor, sich zuzufügen.

Trotzdem: Alle bekloppt!