Diese Gelassenheit in der Nachtschicht

Ich bin ja froh, nachts zu arbeiten. Und ich bin das, obwohl mir im Taxigewerbe die Gegenseite im Grunde fremd ist. Ja, für eine Lesertour bin ich mal tagsüber gefahren, aber eigentlich halte ich mich da raus. Kein Berufsverkehr, keine eiligen Termine – das sind im Grunde meine besten Argumente für die Nachtschicht.

Nun ist es aber so, dass dank der Baustellen auf der Warschauer auch mal nachts Stau ist. Da bin ich mit einer Kundin auch prompt reingeraten, aber das war ehrlich gesagt wunderbar. Natürlich ist Stau scheiße. Aber dieses Mal hat er einfach eine sonst sehr kurze Fahrt angenehm verlängert. Sicher, dank der Wartezeitunterdrückung hat mir das kein Geld gebracht – aber die nette Frau hatte so viele Fragen zum Taxigewerbe; und die konnte ich nur durch diese Zusatzzeit beantworten.

Die Fahrt war toll, das Trinkgeld gut, aber am meisten gefreut hat mich am Ende ihr Fazit:

„Da hatte ich ja Glück, dass das länger gedauert hat. Es war ein so nettes Gespräch mit Ihnen und ich hab so viele Dinge gelernt, die ich bisher nicht wusste. Ich bin so froh, dass ich heute Taxi gefahren bin und das war vermutlich die beste Fahrt meines Lebens, ich danke Ihnen von Herzen dafür!“

Es klingt immer kitschig, wenn man sagt, dass man den Job (auch) der Kunden wegen gerne macht. Aber so ein Feedback ist echt mehr Wert als ein Euro mehr auf dem Konto, ganz ehrlich!

Schichtsalat

Was will man sonst sagen …

Zunächst mal: Ich hatte Unrecht. Die 1528 ist doch kein neuer Zafira Tourer, sondern ein normaler B-Zafira, nur deutlich neuer als die 2925 – kurz vor der 100.000km-Marke. Eine Umgewöhnung war also nicht wirklich nötig. Also mal abgesehen davon, dass sie eine funktionierende Kupplung hat. Hab die Kiste gleich zum Start mal an der Ampel abgewürgt wie so’n Fahranfänger. 🙂

Und dann begann die Schicht ultragrottig. Allenfalls ein Zehner pro Stunde. Richtig mies aber war das Trinkgeld. Aus welchen Gründen auch immer. Vielleicht hab ich komisch gerochen oder so. Also wenn selbst besoffene Engländer, die im Interconti hausen und nach eigener Aussage noch Chancen auf Karten fürs Championsleague-Finale heute Abend haben, kein Trinkgeld auf eine 6€-Tour geben, dann stimmt was nicht.

Umso schöner war dann der Russe, der mit schwer verständlichem Deutsch an der Frankfurter Allee stand und wollte, dass ich ihn in die neue Bahnhofstraße bringe. Er drückte mir gleich 15 € in die Hand, obwohl ich die Fahrt für eine Kurzstrecke hätte machen können. Am Ziel schaute er nochmal kurz aufs Taxameter, wo mickrige 6,60 € aufgelaufen waren und meinte:

„Daan is guut. Schöne Abend Du nooch!“

Und am Ende kamen dann doch noch genug Touren zusammen. Eigentlich wollte ich die notfalls am Sisyphos machen, genau da bin ich aber nicht einmal hingekommen, weil ich immer vorher rausgewunken wurde. Hach.

Nachgekuppelt

Es gibt interssante Neuigkeiten zur Kupplung – und die wollte ich Euch nicht vorenthalten. Die Kollegen trifft im Wesentlichen gar keine Schuld, es war mal wieder unser Herzchen von Mechaniker. Der hat vorgestern das Auto auf der Bühne gehabt und verkündet:

„Das hält noch’n paar Wochen!“

Irgendwann merken hoffentlich auch meine Chefs, dass andere Mechaniker ihren Job etwas besser beherrschen …

Mein Wochenende indes ist soweit gerettet. Ich werde von heute bis Sonntag die 1528 fahren, einen von den neuen Zafira Tourern. Ich hab mir die Kiste bei einem Kollegen schon mal angeschaut, scheint Vorteile, aber auch Nachteile gegenüber den B-Zafiras zu haben. Ich werd’s jetzt jedenfalls im Detail rausfinden … 🙂

Schlecht verkuppelt

Wie in jedem anderen Job kommt es auch beim Taxifahren mal dazu, dass die Dinge nicht so laufen, wie sie sollten. Eigentlich ungefähr jeden Tag, zumindest wenn man sich mal überlegt, dass ich auf die inzwischen ja wohl hochverdiente Hamburg-und-zurück-Tour bereits seit über sechs Jahren warte. 😉

Nein, im Ernst: Mit den Touren kann viel schief gehen. Ärgerlicher aber ist, wenn noch Stress mit dem Auto dazu kommt. Insbesondere in einer größeren Firma wie meiner kann das natürlich auch mal untergehen oder in Misverständnisse münden. Heute aber hab ich mich richtig geärgert.

Vor nunmehr drei Wochen hab ich gesagt, dass die Kupplung der 2925 langsam den Geist aufgibt. Langsam, wohlbemerkt. Mir ist es nur auf der Autobahn aufgefallen, dass die Kiste beim Beschleunigen manchmal ins Leere greift. Das kann man als Stadtfahrer eine Weile ignorieren. Aber wie zu erwarten war, wurde es schlimmer. Und am Montag habe ich Cheffe gesagt, dass das nicht mehr warten kann:

„Spätestens nächstes Wochenende bleibe ich mit der Kiste liegen!“

Er berichtete mir am Dienstag dann, dass einer der anderen Fahrer zur Inspektion fahren würde, „heute oder morgen“. Na also. Und heute steige ich ins Auto ein und es ist sichtbar nix gemacht worden. Ja ja, anfahren lässt sich die 2925 gut, aber in allen Gängen ab dem dritten greift sie sehr schnell ins Leere. Man kann da natürlich vorsichtig fahren und noch ein bisschen was rausholen, aber die 500 Kilometer, die ich an diesem Wochenenende so vorhabe, hält das nicht mehr. Ich hab die Kiste heute Nacht soweit runtergerockt wie irgend möglich. Zur Werkstatt sollte sie’s auch noch schaffen, aber dann ist Sense.

Für mich bedeutet das jetzt, dass ich eventuell andere Autos nehmen muss, damit mehr Anfahrtszeit etc. pp.
Sicher kein Weltuntergang. Aber es ist wesentlich stressiger, als einfach mal während einer Schicht zwei Stunden Pause an der Werkstatt zu machen – was ich nicht kann, weil ich nur außerhalb der Öffnungszeiten arbeite.

Ich weiß, ich würde die Pause auch ungern machen. Sowas nervt. Aber ich würde es tun, wenn es nötig wäre. Schließlich muss ich mit der Kiste rumfahren, da soll sie doch in Ordnung sein! Ich putze das Auto ja z.B. auch.

Scheinbar sehen das aber leider nicht alle Kollegen so. Und ich hab jetzt den Stress. 🙁

PS: Es kann natürlich sein, dass der Kollege zufällig jetzt krank war oder so. Kann sein; und dann will ich wirklich nix gesagt haben. Aber wenn trotz drei Wochen Vorwarnzeit am Ende das Auto kaputt ist … sowas sollte echt nicht sein. Ich bin gespannt auf die Lösung, die Cheffe mir vorschlägt …

Zeitmanagement auf der Warschauer

Ich weiß nicht, ob die Warschauer tagsüber gerade noch eine Straße ist, denn die Baustellen sorgen teilweise bis nach Mitternacht für Rückstaus. Das müsste zu hellen Stunden einer Komplettsperrung gleichkommen. Die zwei Jungs wollten aber undbedingt zum Bahnhof, änderten ihr Ziel dann aber zur Ecke Revaler. Und da war er nun, der Stau. Und der verbleibende Weg betrug etwa 400 Meter. Ich hab sie vorsichtig drauf hingewiesen:

„Mir soll’s zwar egal sein, aber ich glaube, ihr seid zu Fuß schneller.“

„Ach was, wir sind heute stinkfaul. Das passt schon!“

5 Minuten und 200 Meter weiter:

„Du, wir steigen doch besser aus …“

20 Sekunden später löste sich der Stau komplett auf und ich überholte die Jungs auf halber Strecke. Das ist nicht mal nur Stau, das ist auch noch vollkommen fies, was der Verkehr da macht! 🙂

Jetzt auch in Berlin: Taxifahren wird teurer!

Dass nach der Einführung des Mindestlohns die Tarife steigen würden, ist keine große Neuigkeit. Neu ist jetzt allenfalls die Höhe und zudem kann man jetzt den genauen Zeitraum benennen, den das Ganze eigentlich zu spät kommt, wenn man die Begründung mit dem Mindestlohn akzeptiert. Seit Oktober wurde daran herumverhandelt.

Erst einmal kurz im Überblick: So steigen die Tarife ab dem 30.6.2015 in Berlin (mit einer Übergangsphase bis zum 14.7.2015)*:

  • Der Einstiegspreis erhöht sich von 3,40 € auf nun 3,90 €.
  • Die ersten 7 Kilometer kosten fortan statt 1,79 € je 2,00 €.
  • Alle nachfolgenden Kilometer kosten statt 1,28 € dann je 1,50 €.
  • Der Wartezeittarif steigt von 25,00 € auf 30,00 € pro Stunde.
  • Die Kurzstrecke kostet nun statt 4,00 € 5.00 €.
  • Großraumfahrten kosten nun nicht mehr 1,50 € pro zusätzliche Person, sondern 5,00 € pauschal.

Tja, nun.

Meine Begeisterung hält sich in Grenzen, ich bin ja grundsätzlich kein großer Befürworter von Erhöhungen, so lange so viel anderes im Argen liegt.

Aber auch die Einzelpunkte. Dieses Mal wird dann wohl wirklich eine Menge Trinkgeld bei der Kurzstrecke wegfallen und der pauschale Großraumzuschlag ist eigentlich ein Witz. OK, einer der vergleichsweise oft vorkommt in Deutschland, aber gerade wegen der Existenz von Autos wie meinem Zafira, wo ich mal eben schnell auch zwei Personen extra einladen kann … ich finde das schlicht nicht fair. Da kostet eine kurze 2km-Tour fortan ohnehin fast 8 €, und dann soll man wegen einer Person mehr 13 € verlangen?

Und wie immer wird folgendes passieren: Wir vergraulen auf der einen Seite ein paar Kunden und schicken auf der anderen Seite ein paar Taxis mehr auf die Straße. Am Ende verdienen wir wieder alle das gleiche und jammern nächstes Jahr erneut.

Mir wird die Sache schon etwas Geld bringen. Ich fahr viele Touris und Leute, denen bereits alles egal ist. Gute Ideen sehen trotzdem anders aus als diese Tariferhöhung, denn die wirklichen Probleme im Gewerbe sind und bleiben struktureller Natur. Aber gut, noch anderthalb Jahre bis zum Fiskaltaxameter …


* In einer älteren Version des Textes hab ich als Datum ohne genaues Wissen den 15.6.2015 angegeben. Das war falsch, die jetzt eingefügten Daten sind korrekt.

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Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Kontrolliertes Koma

Über den Abend des Kunden versuchte ich mir möglichst keine Gedanken zu machen. Er winkte mich hackevoll vor einem Puff ran; und zwar so voll, dass es mich gewundert hat, dass er noch Geld fürs Taxi besaß. Er war so dermaßen hinüber, ich hätte ihm wahrscheinlich am Ende der Fahrt alles erzählen können, vielleicht einen Mondumrundungsaufschlag verlangen oder so (ich notiere mir das mal gedanklich, man weiß ja nie …).

Zunächst war da natürlich die selbe Sorge wie bei allen Druffis: Hoffentlich reihert mir der nicht ins Auto!

Aber weit gefehlt. Erst nannte er mir eine Adresse, noch dazu eine nicht ganz einfache, bei der ich wegen der Schreibweise in Vertretung meines Navis nachfragen musste. JWD in Mahlsdorf, eine gute Tour von der Länge her. Kaum dass er mir die gewünschte Auskunft gegeben hatte, trat er umgehend weg, Zack – als hätte wer einen Schalter umgelegt. Er hat sich nicht einmal mehr die Mühe gemacht, sich gemütlich einzurichten. Er war eingeschlafen, wie er eben mit mir gesprochen hatte: Aufrecht und nicht angelehnt sitzend, die eine Hand am Türgriff (nicht der zum Öffnen!), den Mund offen. Nur der Kopf war leicht nach vorne genickt. Ein faszinierendes Bild.

Und sowohl den schlafenden Zustand als auch die Sitzposition hat er über 20 Minuten durchgehalten. Er ist nicht beim Beschleunigen in den Sitz gesunken und beim Lenken nicht gegen die Scheibe gedonnert. Chapeau!

Und trotzdem habe ich ihn am Ende mit einem einfachen „Hey, wir sind da …“ wecken können. Gut, seine Orientierung hat noch eine Minute zum Aufwachen gebraucht und er ist am Ende einmal gegen sein Gartentor gelaufen (Also ich hoffe zumindest mal, dass es seines war. 😉 ).