Taxifahrer und Ampeln

Uns Taxifahrern werden ja die wildesten Verkehrsverstöße vorgehalten. Nicht immer zu Unrecht, gerade Nachts sehe ich mich ja auch oft mit Kollegen konfrontiert, die nicht ganz zwischen Rennstrecke und öffentlichem Verkehrsraum unterscheiden können.

Ich selbst halte mich meistens zurück, aber da es bekanntlich verkehrt ist, egal wie man es macht, hatte ich bis Anfang des Jahres ja auch 3 Punkte wegen eines (angeblichen!) Ampel-Verstoßes.

Einer meiner Fahrgäste und ich hatten allerdings vorletzte Nacht ein Schauspiel der besonderen Art zu bewundern. Ein Kollege, im Übrigen ebenfalls mit Fahrgast, hat binnen 100 Metern sage und schreibe 3 (!) rote Ampeln überfahren. Die erste hat er besonders stilvoll genommen, das war die Abbiegerampel von der Köpenicker Straße auf den Bethaniendamm in Richtung Ostbahnhof. Da die Ampel aber kurz darauf grün anzeigte (also so ca. 3 Sekunden später) und ich den selben Weg hatte, habe ich noch von der Schillingbrücke aus gesehen, wie der Typ nach kurzem Bremsen links in die Holzmarktstraße eingebogen ist und dabei 2 weitere rote Ampeln hinter sich gelassen hat.

„Gehört wahrscheinlich zu denen, die gar keinen Schein zu verlieren haben…“

hab ich trocken angemerkt, als mein Fahrgast ungläubig dem Mercedes hinterhergeblickt hat.

Aber da die Idioten wie so oft immer gesammelt Ausgang haben, ist mir in derselben Nacht noch so ein Blindfisch begegnet. Am Frankfurter Tor ist vielleicht 30 Meter vor mir die Ampel gelb geworden. Bremsen wäre ziemlich ungemütlich gewesen, also hab ich ein kleines Ordnungsgeld riskiert und mal kurz hochbeschleunigt, obwohl ich eigentlich schon über die 50 Sachen rüber war. Das ist nun vielleicht nicht lobenswert, ich glaube allerdings, dass mein Fahrgast noch keine Angst vor meinem Fahrstil bekommen hat.

Wäre er hingegen in dem Touran hinter mir gesessen, auch wieder von einem Kollegen gelenkt, wäre er sicher in Versuchung gekommen. Das Taxi fuhr gut und gern 70 bis 100 Meter hinter mir und hat auch die Geschwindigkeit nicht erhöht. Soweit ich das im Rückspiegel gesehen hab. Das hat ihn aber nicht daran gehindert, dennoch gemütlich über die Kreuzung zu tuckern. Da muss es locker schon 2 bis 3 Sekunden rot gewesen sein…

Sind die Ampeln wirklich so unauffällig, oder ist es inzwischen egal?

Also ich hab die ärgerliche Aussage der beiden Polizisten damals mit 3 Punkten und 125 € bezahlen müssen, und soweit ich weiss, sind die Preise nochmal hochgegangen seitdem. Von der offensichtlichen Gefahr durch Querverkehr wollen wir mal gar nicht reden. Aber da greift wohl der alte Taxiwitz:

Ein Taxifahrer heizt mit seinem Kunden wie blöde durch die komplette Stadt. Die erste Ampel nimmt er bei rot, die zweite auch. Das geht noch eine Weile so weiter, bis sie schließlich an eine grüne Ampel gelangen.
Der Fahrer tritt in die Eisen und bringt das Auto gerade noch so vor der Haltelinie zum Stehen. Der Fahrgast ist schockiert und äußert seinen Unmut, nachdem er in den Sitz zurückgefallen ist:

„Sagen sie mal? Sind sie bescheuert? Sie sind jetzt über 5 rote Ampeln gefahren, und jetzt bremsen sie an einer grünen. Fahren sie doch einfach rüber, verdammt!“

Der Taxifahrer entgegnet:

„Bin ich lebensmüde? Stellen sie sich vor, da kommt von rechts oder links ein Kollege!“

 

Symbolfoto

Jetzt mal ehrlich, das Zeichen in der Heckscheibe bedeutet hoffentlich nicht das, was ich zunächst vermutet habe, oder?

Blind? Quelle: Sash
Blind? Quelle: Sash

Also mir ist bewusst, dass das Symbol nicht für vollständige Blindheit stehen muss. Allerdings habe ich keine Ahnung, welche nicht verkehrsrelevanten Sehbehinderungen gleichermaßen so gravierend sind, dass man sicherheitshalber einen Hinweis am eigenen Fahrzeug anbringt. Sollte sich da jemand auskennen, dann wäre ich über eine Aufklärung dankbar.

Dass ich mich keineswegs über sehbehinderte Menschen lustig machen will, ist hoffentlich jedem klar.

Und wenn wir schon beim Thema sind: Ich hab gerade gelesen, dass Links in Rot für Menschen mit Rot-Grün-Schwäche nicht als hervorgehoben erkannt werden. Kann mir da vielleicht ein betroffener oder sachkundiger Mensch mal sagen, ob meine orangefarbenen Links im Text diesbezüglich eine Schwierigkeit darstellen?

Polizei und Verkehr

Als Taxifahrer kommt man nicht umhin, gelegentlich mit dem uniformierten Teil der Bevölkerung in Kontakt zu kommen. Zum einen hat man tatsächlich mal Anliegen, bei denen sie eine Hilfe sein können, zum anderen sind Nachts auf Berlins Straßen sowieso fast nur Taxen und Polizeifahrzeuge unterwegs. Von kleinen Konflikten bezüglich der Verkehrsregeln ganz zu schweigen. 😉

Ich will jetzt aber gar nicht so weit ausholen bezüglich meines Verhältnisses zur Polizei, ich wollte mich einfach mal ein bisschen beschweren über den Umgang einiger Staatsbediensteter mit der StVO.

„Dass die Polizei alles darf“ ist ja leider ein weit verbreitetes Bild in der Gesellschaft. Das wird im Allgemeinen durch die Medien gestützt, und ebenso wie eine erschreckend hohe Anzahl an Menschen in diesem Land bei schweren Verbrechen eine Körperverletzung seitens der Beamten für durchaus angemessen empfindet, so finden auch viele es ganz normal, dass im Verkehr für die Gesetzeshüter eben genau die Gesetze anscheinend nicht gelten. Abgesehen von denen, deren Bildungsniveau schon bei den Überschriften der Bild an seine Grenzen stößt, lehnen die meisten es vielleicht noch ab, wenn die Polizei wie bei „Alarm für Cobra 11“ schwere Verkehrsunfälle mit Todesfolge für eine legitime Ermittlungsarbeit hält, beim alltäglichen Rasen und Nötigen lächeln viele dann doch und tun es als Kleinigkeit ab.

Warum eigentlich?

In erster Linie sind Polizisten selbst im Dienst normale Verkehrsteilnehmer und haben sich im Interesse der Sicherheit an die selben Regeln zu halten wie jeder andere auch. Sie stehen nicht über dem Gesetz – wenn man nicht an den inzwischen berühmten „Richter Bleifuß“ gerät, dessen abenteuerlich egoistische Auslegung der StVO aber sicher auch bald ein Ende haben wird.

Ich hab nun wirklich kein großes Interesse am Erbsenzählen und finde es durchaus in Ordnung, wenn mal der gesunde Menschenverstand hier und da zu Ungunsten des gesetzlichen Wortlautes verwendet wird. Aber warum bitte wundere ich mich inzwischen, wenn ich mal auf ein Einsatzfahrzeug treffe, das sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung hält?

Neulich bin ich erst wieder auf der Autobahn im ach so gefährlichen Tunnel von einem silber-blauen Geschoss mit 150 Sachen überholt worden. Wo soll denn da bitte mein Gefahrenbewusstsein herkommen?
Und was das Einsetzen von Blaulicht und „Einsatzhorn“ angeht, haben einige in Berlin ein bisschen Nachschulung nötig. Während ein gemeinsames Mannschaftsfrühstück beim McDonalds am Ostbahnhof offenbar als Bedingung für Blaulicht ausreicht (Ich vermute mal „Abwendung von schweren gesundheitlichen Schäden“ nach §38 StVO), hatte ich nun auch schon öfter mal Begnungen mit dängelnden Gesetzeshütern, die auf ihr Anliegen glaubten, mit Hupe oder Lichthupe hinweisen zu müssen – wohl im Wissen darum, dass sie eigentlich gerade keine Sonderfahrrechte genießen.
So wurde ich neulich erst genötigt, in der (zugegeben schmalen) Adalbertstraße rückwärts zu fahren, bloß weil ein übereifriger Polizist seine Fahrzeuglänge beim Abbiegen falsch eingeschätzt hat und sich damit zwischen mir und der Fahrbahnbegrenzung eingekeilt hat. Aber sowohl mein Fahrgast als auch ich waren uns einig, dass es den Ärger nicht wert gewesen wäre, einfach zurück zu hupen und zu warten…

Für mich persönlich besonders ärgerlich ist das ständige Halten der Einsatzfahrzeuge am Taxistand am Ostbahnhof. Eine Menge Falschparker blockiert da ständig den Betrieb und sorgt für Verwirrung, da bedarf es wirklich keiner Polizisten mehr, die das auch noch vormachen. Was wohl passieren würde, wenn wir mal deren Parkplatz dort vor Ort als Halte benutzen?

Ganz widerlich sind natürlich die Typen, die sich – wie Klaus eindrucksvoll geschildert hat – Sonderrechte auch noch rausnehmen, wenn sie gar nicht im Dienst sind, und sich auf ihren Status berufen, sobald ihnen jemand ein Vergehen zum Vorwurf macht, bzw. sogar damit drohen, ihre Funktion auszunutzen, um einem das Leben schwer zu machen.
Aber wahrscheinlich sind das genau die Polizisten, die ihr Einsatzfahrzeug hier beim Kaiser’s vor meiner Türe auf dem Behindertenparkplatz abstellen, wenn sie sich ihr Mittagessen holen. In diesem Fall mit dem Behindertenparkplatz kann man meiner Meinung dann allerdings darüber nachdenken, ob nicht das Verhalten selbst sozusagen schon die Berechtigung begründet…

Schadenfreude

Herrlich, wenn schon die Überschrift ein Wortwitz ist…

Manch einer mag vielleicht meinen Tweet vorgestern Abend etwas erstaunt zur Kenntnis genommen haben.  Ich schrieb folgendes:

Das erste Mal jemandem erfolgreich einen Unfall gewünscht. Geiles Gefühl! #schadenfreude

Und es war wirklich enorm erheiternd 😀

OK, zu den Tatsachen! Ich bin am Sonntag Abend im Rahmen meiner Arbeit den Kottbusser Damm von Neukölln nach Kreuzberg entlanggedübelt. Trotz dieser brachialen Wortwahl war ich überwiegend regelkonform unterwegs. Das bin ich – wie die meisten Autofahrer – tatsächlich nicht immer. Es gibt so Straßen, die zum Heizen animieren. Der Kottbusser Damm bei Dunkelheit und „dichtem“ Verkehr zählt nicht dazu. Die Straße ist schlecht ausgeleuchtet, und neben den ständig auf einer der zwei Spuren haltenden Autos und den Radfahrern, die hier und da mal eine oder beide Spuren mitbenutzen, rennen auch gelegentlich Fußgänger in scheinbar suizidaler Absicht aus dem Dunkel des Mittelstreifengebüschs in Richtung Gehweg auf der anderen Fahrbahnseite. Und wenn man Glück hat, sind die meisten Beteiligten nüchtern und reaktionsschnell.

Der Fahrer des PKW mit DEL-Kennzeichen war sicher reaktionsschnell. Musste er auch sein, denn er übte sich im Kolonnenspringen und legte dabei eine ordentliche Geschwindigkeit an den Tag. Ich will mich nicht damit aufhalten, ob es 70 oder 80 km/h waren, Fakt ist, dass er gedrängelt und geschnitten hat, wo es nur geht.

Und mein Gedanke war eben:

„Mensch, dir würde ein Unfall jetzt echt gut tun!“

Auf der Kottbusser Brücke hatte der junge Mann ein Problem. Er fuhr gerade mal wieder auf der linken Spur, dort allerdings wollte jemand abbiegen und musste wegen des Gegenverkehrs warten. Dummerweise war die rechte Spur gerade aber mit fließendem Verkehr belegt, sodass der Eilige gezwungen war, anzuhalten. Das tat er auch, sogar problemlos und rechtzeitig. Immerhin.
Der Zustand, ruhend auf einer Fahrbahn, war ihm indes wohl entweder unbekannt oder unheimlich, und so beschloss er, daran etwas zu ändern. Im fließenden Verkehr auf der rechten Spur tat sich etwa 3 Autos vor mir eine Lücke auf – und die wollte er nutzen. Was genau er jetzt falsch eingeschätzt hat, weiss ich nicht. Jedenfalls ist er aus dem Stand mit Vollgas beim Anfahren seinem immer noch blinkenden Vordermann mit vernehmlichem Krachen ins Heck gefahren. Hihi.

Tut mir jetzt zwar sehr leid für den unbeteiligten Abbieger, aber ich hab mich gefreut. Eindeutige Schuldfrage, aber dennoch nur Sachschaden und einfach ein versauter Abend… genau so hab ich mir das in Gedanken ausgemalt gehabt.

Manchmal muss man eben auch böse sein 🙂

Kopfstand?

Interessanter Anblick am schlesischen Tor gestern Abend:

In Kreuzberg aufs Kreuz gelegt, Quelle: Sash

In Kreuzberg aufs Kreuz gelegt, Quelle: Sash

Allerdings war das Ganze wohl nur die Kulisse eines Filmdrehs. Bei allem Wissen um den Unfallschwerpunkt schlesisches Tor: Sich da aufs Dach zu packen, ist dann doch schon wieder Kunst… 😉

Immer locker bleiben…

Immer locker bleiben! Die fantastischen Vier hatten schon irgendwie Recht!

Das gilt nicht nur für den (zumindest bei mir) immer noch desaströsen Umsatz die Tage, sondern auch für das Miteinander auf der Straße. Das Wetter wird wenigstens zeitweise wieder lockerer und einen spürbaren Effekt auf die Fortbewegung in der Berliner Innenstadt hat das natürlich auch:

Die Leute packen ihre Fahrräder wieder aus.

Im Laufe der letzten Woche war schon wieder wesentlich mehr Vorsicht angesagt als ohnehin schon im Stadtverkehr, an jeder Ecke sind einem zusätzlich zum regen Autoverkehr auch wieder vermehrt Radfahrer entgegengeschossen.

Ähnlich wie Aro finde ich zwar durchaus mal deutliche Worte für die Assis, die – gleich, welche Waffe sie wählen – Menschenleben in Gefahr bringen, halte aber nichts vom ewigen Kampf der Radler gegen die Autofahrer oder umgekehrt. Sicher, die Reibungsflächen sind groß, aber letztlich wollen wir doch eigentlich alle genau eines: Möglichst schnell und sicher ans Ziel kommen.
Ich hab schon oft geschrieben, dass ich bei aller Skepsis gegenüber Reglementierungen die StVO immer noch für eine der besten Regelsammlungen dieser Republik halte. Das mag darin begründet sein, dass ich häufig mit ihr aneinandergerate – aber es liegt auch daran, dass ich mir bewusst bin, dass der Straßenverkehr nunmal eine Gefahr darstellt, mit der man irgendwie umgehen muss.

Nach wie vor halte ich an meiner Maxime fest: Absolute Sicherheit gibt es nicht, und ich bin mir wirklich bewusst, dass ich prinzipiell mein Leben und das anderer Leute gefährde, indem ich anderthalb Tonnen Stahl mit absurder Geschwindigkeit durch einen Häuserparkour lenke. Fatalistisch könnte ich auch sagen: Irgendwann passiert sicher mal was, was will man machen? Das heisst aber nicht, dass man komplett darauf scheißen sollte, darüber nachzudenken.

Sicher, als Radfahrer hat man es gewissermaßen einfacher: Man ist mobiler, und natürlich ist man selbst nur für eine wesentlich kleinere Gruppe potenziell tödlich. Die Fälle, in denen unachtsame Radfahrer Reisebusse zermalmt haben, halten sich zweifelsohne in Grenzen. Insofern finde ich es auch gerecht, dass der motorisierte Verkehr auf unseren Straßen wesentlich stärker überwacht wird. Hier sind größere Massen im Spiel, höhere Geschwindigkeiten und letztlich auch das nicht auszumerzende gesteigerte Überlegenheitsgefühl von Menschen, deren Ersatz für eine ausgebildete Persönlichkeit eine rollende Festung mit 300 PS und Alufelgen ist.

Insofern bin auch ich als Autofahrer eher bereit, einen Verstoß gegen die Regeln einem Fahrradfahrer zu verzeihen als einem Kollegen mit Blechummantelung. Und ja: Auch ich verzichte nachts um 4 Uhr an einer unbelebten Kreuzung mal aufs Blinken und fahre hier und da mal 10 km/h zu schnell. Den Heiligenschein hab ich nicht zufällig im Kofferraum liegen lassen, ich besitze tatsächlich keinen!

Aber heute erst wieder habe ich auf der Warschauer Straße aprupt bremsen müssen, weil mir – und ja, das ist das schlimmste Klischee – ein offensichtlich betrunkener Radfahrer ohne Licht mit Bierflasche in der Hand in Schlangenlinien vors Auto gefahren ist, obwohl er Rot hatte.
Ich will dem schief grinsenden Kerl noch nicht einmal anlasten, dass er mich zum Bremsen gezwungen hat, ich bin ja schließlich verpflichtet dazu, umsichtig zu fahren – aber was wäre gewesen, wenn hinter mir ein Auto/Bus/Gefahrenguttransporter gewesen wäre?

Ich möchte hier keinesfalls „die Radfahrer“ als solches diskreditieren! Da sind ebenso wie unter den Autofahrern ein paar Idioten unter einer enormen Menge vernünftiger Leute verteilt. Aber hier wie dort fallen sie auf.

Deswegen möchte ich hier auch keine Schuldzuweisung für die teils abartigen Verhältnisse auf den Straßen tätigen. WIR als Gesamtheit sind der Verkehr und sollten darauf achten, dass wir miteinander klarkommen!

Pervers wird es in meinen Augen erst da, wo man versucht, die Gruppen gegeneinander auszuspielen. Der ADAC und der ADFC sind beides absurde Lobby-Verbände, die die Fortbewegungsart (hey, um nicht anderes geht es hier!) ihrer Mitglieder so in den Himmel loben und gegen alles verteidigen, was da kommt – auch wenn es bisweilen sehr berechtigt ist.
Es mag autofahrertypisch klingen, wenn ich es verteidige, dass die Berliner Polizei in der letzten Woche schwerpunktmäßig Radfahrer überprüft hat. Denn ja, das finde ich ok. Während ich mich beim Ausfall von einem von drei Bremslichtern gleich panisch an den Austausch mache, kommen mir Idioten mit gänzlich unbeleuchteten Rädern nachts vors Auto und pöbeln mich an, wenn ich nicht rechtzeitig bremse. Das finde ich unfair. Zumal ich sie nicht einmal anzeigen kann, weil sie im Gegensatz zu mir nicht einmal Kennzeichen haben.
Aber andererseits halte ich auch nichts davon, dass sich meine Kollegen immerfort über Blitzer beschweren. Gewiss, in der ein oder anderen Ecke ist es fies, weil man da wirklich schneller fahren könnte – vielleicht sogar sollte – aber es ist ja nicht so, dass es sich nicht vermeiden ließe, geblitzt zu werden. Gemeinhin passiert das nämlich nur, wenn man zu schnell ist…

Die Tatsache, dass zum Frühlingsstart auch mal mehr oder weniger ausnahmsweise die Radfahrer auf den Kieker genommen werden, ist bei allem, was tagtäglich da draussen passiert leider nicht so einfach mit polizeilicher Willkür abzutun, sondern es zeigt tatsächlich auf, dass es da teilweise ein wenig zu locker zugeht.
Ich meine: Hey, wir Autofahrer werden das ganze Jahr über gelasert, beobachtet, rausgewunken und kontrolliert. Das finde ich sicher genausowenig schön, wie es jetzt die Radfahrer finden. Ich wäre auch dafür, alle Kontrollen komplett einzustellen und auf die Vernunft der Leute zu hoffen. Das Ergebnis wäre aber wahrscheinlich, dass in der Innenstadt 100 km/h an der Tagesordnung wären und vom LKW- bis zum Fahrradfahrer wesentlich mehr Unfallopfer zu beklagen wären.

Bevor wir jetzt also alle auf die jeweils anderen einprügeln, würde ich sagen: Locker bleiben! Der meiste Ärger entsteht letztlich sowieso durch Missverständnisse und Unachtsamkeit. Da müssen wir nicht auch noch Krieg führen nebenher. Und wenn ich es als Taxifahrer schaffe, in zweieinhalb Jahren nur einmal mit 8km/h zu viel geblitzt zu werden, dann wird man es als Radfahrer wohl auch schaffen, ohne Rotlichtverstoß durchzukommen.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Umwelt-Taxen

In den Kommentaren zu meiner Frage nach dem Sinn und Unsinn von Hummer-Fahrzeugen als Taxi ging es mehr oder weniger hoch her. Olli hat z.B. als Verfechter großer und luxuriöser Taxen gemeint:

Ein Taxifahrer als Umweltaktivist passt eben genau so wenig, wie ein Zigarettenhersteller als Unterstützer des Nichtraucherschutzgesetzes!

Diesem konkreten Vorwurf habe ich dann doch einiges entgegenzusetzen. Ich habe mich zu Beginn, als ich anfing mit Taxifahren, auch gefragt, ob sich das mit meinem Anspruch an Naturschutz und ökologisch durchdachte Lebensweise decken kann. Ich setze meine Ansprüche an mich selbst zwar so oder so leider nicht konsequent in allen Details um, aber mich hat der Gedanke gestört, nun die Ölindustrie zu stützen, die Automobilindustrie, etc.

Ganz ehrlich: Über ein für jeden Zivilisationsfreund hinausgehendes Maß tue ich das nicht. Unter der Annahme, dass ein öffentlicher Personennahverkehr auch eine Individualausführung besitzen muss, ist es eigentlich gar nicht so verkehrt, Taxi zu fahren.

Den Sinn des Gewerbes zweifel ich nicht ernsthaft an. Klar, in meiner Jugend hätte ich auch gedacht, Taxen seien nur was für Snobs und Besserverdienende, aber mein Alltag zeigt mir, dass wir tatsächlich öfter gebraucht werden. Und zwar nicht nur von Bequemlichkeitsjunkies oder selbstverschuldet im Drogenrausch gelandeten Spinnern. Die alte Oma beim wöchentlichen Einkauf, der Nachtschichtler mit beschissenem sonstigen ÖPNV-Anschluss, die nur so halbwegs kranke Mutter auf dem Weg zum Arzt oder jeder Teil der Restbevölkerung bei einem Bahnstreik: Dass es Taxen gibt, macht irgendwann mal für fast jeden Menschen Sinn.

Natürlich wirkt es in erster Linie einmal unsinnig, dass wir Fahrer die ganze Zeit in der Stadt umherfahren, um Kunden zu finden. Was für eine Spritverschwendung!
Das stimmt zum Teil, auf der anderen Seite stehen wir meist mehr als dass wir fahren (wenn wir nicht besetzt sind). Wer jetzt aber unbedacht die vielen Liter Sprit hochrechnet, die grundlos verbrannt in die Atmosphäre geblasen werden, muss im Gegenzug auch darüber nachdenken, dass es tatsächlich Leute gibt, die dank der Verfügbarkeit von Taxen kein eigenes Auto unterhalten (müssen). Und so lange man ein eigenes Auto nicht jeden Tag für die Fahrt zur Arbeit braucht, rechnet sich das durchaus manchmal. Ich hatte schon Kunden, die mir gesagt haben, sie sparen sich inzwischen das Auto und fahren dafür ein paar Mal im Monat mit dem Taxi heim, wenn sie unterwegs waren.

Autofahren ist natürlich nie „gut“ für die Umwelt. Aber gerade die Leute, die auf die Anschaffung eines Autos verzichten, sind letztlich die, die sich – natürlich auch weil Taxen teuer sind – nur bei einem tatsächlichen Notfall (=notwendiger Fall) dafür entscheiden, Auto zu fahren. Gerade in einer vom öffentlichen Nahverkehr gut erschlossenen Großstadt wie Berlin schließen Taxen die letzte Lücke, um ein persönlich autofreies Leben zu ermöglichen. Mache ich zum Beispiel ja auch so. Ich hab nur das Glück, dank meines Jobs fürs gelegentliche Taxi vom Ikea nach Hause nix zu zahlen, weil ich es selber fahren kann.

Von den Kunden richtig genutzt ersparen Taxen die Produktion von Autos, deren Unterhalt und wahrscheinlich sogar eine Menge Sprit, weil wir durchschnittlich weniger „unsinnige“ Leerkilometer fahren, da wir oftmals nach der Tour weitere Kunden in der Umgebung aufnehmen, während man privat ja immer z.B. nach Hause fährt.

Zugegeben: Taxen umgibt immer noch diese Aura des unbezahlbaren Luxus, der eigentlich gemacht ist für die Geschäftsmänner, die den Fuffi auch noch schnell mit auf die Rechnung des Millionendeals aufschlagen.
Tatsächlich sind wir längst Massendienstleister. Wer ein Taxi nutzt, wenn es nötig ist, vielleicht sogar mal nicht nur alleine, der gönnt sich im Prinzip wesentlich weniger Luxus als derjenige, der sich für ein paar wenige Fahrten ein Auto anschafft.
Wenn man es mal veranschaulichen will: Was ist Taxifahren anderes als Car-Sharing mit Fahrpersonal?

Dass die Kunden natürlich angemessen transportiert werden sollen, steht außer Frage. Und ob man persönlich den Luxus höher wertet als die Umweltfreundlichkeit, das bleibt (leider?) den Kunden überlassen.
Natürlich muss man als Fahrer in dem Wagen bequem sitzen und seine Arbeit vernünftig erfüllen können, und natürlich sollten die Kunden auch entsprechend der aktuellen Mögichkeiten sicher sein. Tatsächlich aber erfüllen alle Anforderungen an einen vernünftigen Taxenverkehr sowohl mein Opel Zafira, der Dacia vom Taxiblogger, Klaus und Torstens E-Klassen sowie der Hummer mit dem mir noch unbekannten Fahrer.

Die Erwartungshaltung der Kunden ist letztlich aber sowohl der individuelle Grund zur Taxenwahl am Stand, als auch (wenn sich beispielsweise bestimmte Autotypen als zu unbeliebt erweisen würden) für die Anschaffungen der Betriebe.
Was den meisten Kunden nicht bewusst ist: Taxifahren ist nicht so teuer, weil man dann endlich mal in einem Mercedes mitfahren kann – Taxifahren ist in erster Linie teuer, weil man einen Fahrer dazu bekommt, der seinen Lebensunterhalt mit diesem Job verdient. Bei einer normalen Taxifahrt kostet alleine der Fahrer etwa die Hälfte, wenn nicht mehr. Wenn man dann die Unterhaltskosten und die Firmenkosten dazuzählt, stellt man fest, dass ein Auto mit Fahrer eben seinen Preis hat, und man nicht teuer für den Weg bezahlt, weil da jemand einen besonderen Luxus anbieten will – die Unterschiede zwischen den Autos würden den Tarif nicht groß verändern.

Mein Chef vertritt die Meinung, im Grunde seien die Taxen fast allesamt übermotorisiert. Er schafft eigentlich nur noch Opel und VW neu an, und ich finde seine Einstellung diesbezüglich sehr lobenswert. Denn es ist natürlich ein (vielleicht kleiner) Beitrag zum Umweltschutz, auf die ganz großen Kisten zu verzichten. Egal, ob das privat oder geschäftlich ist.

Ergo: Taxen können gerade aus Umweltschutzgründen ein sinniges Angebot sein. Ob das aber so ist, liegt letztlich auch am Kunden.

Olli darf meinetwegen gerne weiter mit dem Hummer fahren. Wenn ihm der Luxus so wichtig ist, dann ist das sein gutes Recht. Die Frage, ob Taxifahren umweltfreundlicher sein kann, berührt das indes nicht. Das hat man als Kunde selbst in der Hand, denn wir Taxifahrer fahren ja nicht grundlos durch die Gegend. Wir tun es für unsere Fahrgäste, und zwar letztlich genau so wie sie es wollen.