Regeln und Wahrnehmungen

Ich fand’s eigentlich nur lustig gestern Abend. Ich stehe am Ostbahnhof, zweite Position in der Schlange. Dann kommt ein Kollege angefahren und stellt sich mit ausgeschalteter Fackel ein Stück vor den ersten Wagen an die Bushaltestelle. Wir anwesenden Fahrer gucken kurz auf, allerdings ist das jetzt kein allzu großes Ereignis. Da halten immer wieder besetzte Wagen, um Kundschaft abzuladen, manche stellen sich da hin, um einen bestellten Fahrgast abzuholen, oder – und das tat obiger Kollege offenbar – um mal kurz auf einen Burger oder eine Sitzung auf der Toilette beim McDonald’s reinzuspringen.

Gut, dafür ist der Platz jetzt nicht supi, aber er liegt halt direkt an der Türe, ne? 😉

Bald darauf, der Kollege war noch im Gebäude, kam ein Zug an. Und mit ihm reichlich Kundschaft.

Nun gibt es ja Regeln im Taxigewerbe. Ganz offensichtlich werden sie alle für ähnlich unwichtig empfunden. Besagter Kollege verstieß im weitesten Sinne (eigentlich stand er ja schon an der Bushaltestelle) gegen §4 der Taxiordnung, wo es unter (1) heißt:

„Auf einem Taxenstandplatz oder einem als „Nachrückbereich“ ausgewiesenen Taxenstandplatz dürfen nur dienstbereite Taxen stehen. […]“

Die Kunden hingegen kannten wie so viele nicht den zweiten Punkt von §4 TaxO:

„Den Fahrgästen steht die Wahl der Taxe frei.“

Und nun? Sammelte sich eine Traube potenzieller Kundschaft um das leere Auto des Kollegen, der wahrscheinlich nur mal schnell seine Blase entleeren wollte und alle quasselten durcheinander. Besonders schön fand ich folgendes Kleinod, dem Kollegen auf Position 1 entgegengebracht:

„Wat is dat denn? Will dat nich‘ fahr’n?“

Nee, das leere Auto will wirklich nicht fahren. 🙂

Der Spuk war freilich schnell beendet, auch ich konnte mit einem holländischen Ehepaar umgehend eine Tour antreten. Aber es blieb ein bisschen die Erkenntnis, dass in manchen Situationen manche Regeln doch auch ganz ok sein können …

Coolness? Check!

Woran es am Ende genau gelegen hat, weiß ich nicht. Vielleicht war es wirklich die Sperrung der Straße der Pariser Kommune auf der Karl-Marx-Allee. Jedenfalls hab ich den wild durcheinandergackernden Spaniern nicht zu viel versprochen.

Sie sind mir aufgeregt ins Auto gesprungen und haben mich gefragt, ob ich wüsste, wo das Klinikum am Friedrichshain wäre. Da waren sie nun wirklich nicht an der falschen Adresse. Das ein oder andere Mal hab ich ja schon Leute dort zur Rettungsstelle gebracht, prominent erwähnt seien hier vielleicht der Zombie und der Mann, der aussah wie Donald Rumsfeld. Wobei letzterer dann ja doch nicht wollte.

Egal. Die Spanier zeigten jedenfalls auf den Krankenwagen, der sich gerade vor dem Yaam langsam in Bewegung zu setzen schien und anschließend fragte meine wuselige Gesellschaft mich, ob ich jenem Wagen hinterherfahren könne. Abgesehen davon, dass ich nicht im Windschatten eines Krankenwagens Kamikaze-Fahrten mache, schien mir die Richtung auch ungünstig zu sein. Wenn der Fahrer nämlich nicht vorhatte, gleich zu wenden, würden sie mindestens bis zur Warschauer Straße gen Osten fahren müssen, tatsächlich unnötig weit. Also hab ich alternativ auf die Andreasstraße gezielt und versprochen, wir würden als erste da sein. Man braucht ja auch Ziele im Berufsleben, nicht wahr? 😉

Ich denke, über die Tempo-30 Zonen schweigen wir einfach, ansonsten war ich nicht wirklich schneller als die Polizei erlaubt, sondern nur schneller als der RTW fährt.

An der Rettungsstelle sahen die vier, die um ihren Kumpel (Alkoholvergiftung oder irgendwas in der Art) bangten, sich nochmal ängstlicher um und fragten, ob ich wisse, wo der Wagen ankommen werde.

„Well, exactly here. And that’s why I have to go now.“

Ich hätte sagen können, was ich will. Die werden ihre letzte Urlaubsnacht hier eh nicht vergessen. Als ich aus dem Tor bin, kam gerade ein Rettungswagen reingefahren. Denke, das hat gut gepasst. 😉

Vorfahrt achten. Oder hupen …

OK, zugegeben: Ich nutze meine Hupe nur sehr selten. So selten, dass mir ein Defekt durchaus mal entgehen kann. Da bin ich vielleicht der Falsche, um mich übers Hupen anderer Gedanken zu machen. Mache ich aber trotzdem, wenn es mir gilt.

Ich hab mich über den Typen schon zu Beginn gewundert, denn er schien, wie er da auf dem Bersarinplatz in meine Richtung zielte, nicht sonderlich gewillt zu bremsen. Im Normalfall bin ich ja immer derjenige, der übervorsichtig ist, aber in dem Moment hatte ich einfach einen guten Lauf, die Ampeln davor waren schon alle auf grün gestanden, ich wollte einfach nicht wegen jemand bremsen, der sich vorzudrängeln gedenkt.

Also bin ich mit gut gelaunten 35 km/h auf den Platz „geschossen“ (da ist gerade eine Baustelle) und stellte recht erstaunt fest, dass der andere, von links kommend, kein Stück bremste, sondern mich tatsächlich relativ knapp verfehlte, um anschließend zu einem mehrsekündigen und offenbar wenig befriedigenden Hupkonzert anzusetzen.

Im Nachhinein ist mir schon recht klar, weswegen er so gehandelt hat – schließlich befand er sich im Kreisverkehr und hat wohl erwartet, dass ich als in den Kreisel einfahrender stoppe. Unter diesem Gesichtspunkt war ich sicher eine sowas von dreiste Sau für ihn, der mutwillig den Verkehr gefährdet.

Die Tatsachen sehen indes ein wenig anders aus. Denn im Gegensatz zu normalen Kreisverkehren ist am Bersarinplatz die durchführende B 96a, hier Petersburger Straße, zumindest mal schon so lange Vorfahrtstraße, wie ich hier wohne. Kann man auch sehr schön bei Google Streetview sehen. Dort sieht man nicht nur zwei Taxis und ein von bekloppten Vollidioten verpixeltes Haus, sondern auch deutlich „mein“ Vorfahrtsschild und links am Rand, auch von hinten unschwer zu erkennen, das Vorfahrt-Achten-Zeichen meines Gegenübers in der vorletzten Nachtschicht.

Meinetwegen dürft Ihr alle den ganzen Tag hupen. Als Warnung sowieso, meinetwegen aber auch illegal, weil Ihr sauer seid. Aber bitte bitte nicht um zu unterstreichen, dass Ihr keine Verkehrszeichen lesen könnt!

Dieses Verkehrsdings …

…ihr wisst schon. Das mit den vielen Autos in einer Reihe, die alle hupen und wo man ohne Dachschaden nicht mehr rauskommt.

Also Stau.

Im Großen und Ganzen kann bin ich ja in der glücklichen Situation, aufgrund meiner Arbeitszeit staufrei zu leben. Klappt leider nicht immer. Zunächst war ich noch froh, dass mich die Winker in der Mühlenstraße weit unten erwischt haben. In der O2-World war gerade ein Konzert vorbei und dann ist der Irrsinn dort ja nicht mehr zu stoppen. Das Ziel der drei jungen Damen lag wenigstens halbwegs vernünftig, denn ich konnte kurz wenden und über Kreuzberg fahren – es ging nämlich bis nach Schöneberg.

Dass es inzwischen aber genügend andere Leute geschafft hatten, das Gedränge ebendorthin zu verlagern – das hat mir mal wieder keiner gesagt. Glücklicherweise sind Konzertgängerinnen auf dem Weg ins Hotel nicht so sehr von Hektik beseelt wie nachtverkehrsgewöhnte Taxifahrer! Sie haben es mit absoluter Gelassenheit hingenommen, dass ich sage und schreibe 25 Minuten gebraucht habe, um auch nur bis zum Kotti zu kommen. Gefühlt hätte ich in der Zeit zwischendrin nicht nur nach Schöneberg fahren können, sondern gleich noch mit einer Rücktour wieder zum Ausgangspunkt zurück. Das wäre zwar ein bisschen arg sportlich gewesen, aber allemal unterhaltsamer als das ewige Rumstehen.

Und 16 € wirken plötzlich gar nicht mehr so toll, wenn man dafür am Ende wirklich eine Dreiviertelstunde Fahrgäste an Bord hat – so nett sie auch waren.

Ich verneige mich in diesem Sinne einmal mehr von meinen am Tag fahrenden Kollegen. Ich könnte den Job wahrscheinlich wirklich nicht machen, inmitten dieser … ihr wisst schon.

Verkehr, kennta!?

Es ist vielleicht nicht so wirklich nett, da einen Zusammenhang herzustellen. Aber es muss einfach raus:

Ich hab noch nie in meinem Leben eine größere Herde egoistischer Vollhonks auf der Straße gesehen wie nach dem zweiten Mario-Barth-Auftritt vor der O2-World.

Versteht mich nicht falsch, ich finde die meisten Angriffe gegen Mario Barth noch viel hohler als die Witze, die mir von ihm selbst nicht gefallen. Ich finde Mario Barth nicht per se scheiße. Ich hab seine erste Platte auch mal irgendwo rumliegen gehabt und hab auch drüber gelacht, ganz ehrlich. Inzwischen wär’s mir ein bisschen zu flach, der Untergang des Abendlandes wird aber sicher nicht mit „Kennta? Kennta?“ eingeleitet.

So wie es da aber abging … ein Zusammenhang zwischen gepflegtem Proletentum und Verhalten im Straßenverkehr scheint mir einfach naheliegend zu sein.

Aber meine 5 Minuten auf der Mühlenstraße waren echt eine Show mit ganz eigenen Regeln. Dass es da nach Konzerten und anderen Veranstaltungen eng ist und man im Stau steht, das ist Standard. Dem Verkehr in der Gegend tut es nicht gut, dass die Halle keine Entlastungsstraße in Richtung Norden aufzuweisen hat. Ich zwäng mich da trotzdem gerne mal durch, weil es nach Ende der Shows oftmals einen Mangel an Taxen (oder am Durchblick, wo sie stehen) gibt, so dass Winker fast schon obligatorisch sind. Und für eine Tour stehe ich doch gerne mal 5 Minuten im Stau. Besser als 20 Minuten am Stand …

Das Drama begann noch in der Warschauer Straße. An der Ampel standen ein paar Fahrzeuge, mit der zweiten Grünphase kam ich allerdings locker durch. Ich wollte glücklicherweise sowieso auf die rechte Spur in der Mühlenstraße, sonst hätte mich wohl der Cayenne getroffen, der mit ziemlich aberwitzigem Tempo links an mir vorbeipfiff. Man muss ihm zugute halten, dass das während der Sperrung der Oberbaumbrücke in den letzten Monaten erlaubt war – aber nur nach Erinnerung fahren ist halt auch ein wenig doof.
An der Tamara-Danz-Straße hatte sich bereits eine lange Schlange Einfädelwütiger versammelt, die insgesamt nicht mehr so wirklich auf die Ampelphasen achtete. Ich hab zugunsten des Verkehrsflusses mal ignoriert, dass mir hier die Vorfahrt genommen wurde …
Vor der Hedwig-Wachenheim-Straße war die rechte Spur blockiert, weil allerlei Fahrer auf den Parkstreifen fahren wollten, ohne dass dort Platz für sie war. Auf die linke Spur rüberzukommen hat mich etliche Zeit gekostet, weil natürlich keiner mal Platz machen wollte. Kaum wieder in Fahrt wurde ich ziemlich dreist von einem Golf mit Münchener Kennzeichen geschnitten und ausgebremst, der ungeachtet der Hinweisschilder und der Männer in Warnwesten, die die Zufahrt absperrten, in die Mildred-Harnack-Straße abbiegen wollte. Ich bin genervt, aber vorsichtig, an ihm vorbeigefahren, da er nun ja auch ziemlich blöd im Weg rumstand. Als ich die Kreuzung passierte, hupte mich prompt ein Mercedes-Fahrer an, der aus der Einbiegung kam, aber unmöglich grün gehabt haben konnte.

Kein Winker bis dato. Aber immerhin fast durch!

An der Marianne-von-Rantzau-Straße war dann ebenfalls alles verstopft. In so ziemlich jede Richtung. Zwischen den kreuz und quer stehenden Autos gab es zwar eine kleine Lücke, nach dem Durchschlüpfen hätte ich allerdings selbst wie der letzte Horst mitten auf der Kreuzung stehen müssen. Also hab ich kurz gewartet. Keine fünf Sekunden später meinte ein Depp in einem Opel, er müsse mich mit seiner Lichthupe dazu überreden, es doch mal zu versuchen. Er zog es dann vor, mich rechts unter wildem Gehupe über die Abbiegerspur zu überholen, um letzten Endes direkt auf der Kreuzung zu stehen und von einem sichtlich ungehaltenen Vokuhila-Träger in einem Toyota angepöbelt und beschimpft zu werden.
Keine 50 Meter hinter dieser letzten wirklich relevanten und nervigen Kreuzung musste ich beinahe einem weiteren Mercedes ausweichen, der aus irgendwelchen Gründen meinte, hier mit sportlicher Fahrweise rückwärts dem Stau entgegenzugurken. An der Straße der Pariser Kommune konnte ich die Grünphase für Rechtsabbieger nicht nutzen, weil vor mir ein Spinner in einem BMW stand, der sich auf dieser Spur nur vorgedrängelt hatte und jetzt auf das grüne Licht für die Geradeausspur wartete.

Und dann hab ich mich an den Ostbahnhof gestellt und mich einfach darüber gefreut, diesen Irrsinn für ein paar Minuten los zu sein.

„Ick hab ja Zeit!“

Nachdem eine Lesertour gestern aufgrund akuter Fliegerverspätung leider doch nicht stattgefunden hatte, fuhr ich eher uninspiriert durch den Wedding in Richtung City zurück. Glücklicherweise griff ich noch einen Winker auf, der zumindest mal bis Charlottenburg meine Dienste in Anspruch nehmen wollte. So weit, so gut!

Der Beginn der Fahrt verlief noch reibungsfrei, am Ernst-Reuter-Platz war damit Schluss. Als ich gerade die grüne Welle zu nutzen gedachte, eierte ein Polizei-Touran auf die Straße und machte dicht. Dass dem Cop beim Aussteigen schier sein eigenes Auto weggefahren wäre, hat mich zumindest mal sehr erheitert, der Aufwand der Eskorte, die da für irgendeinen Politikhansel betrieben wurde, war aber wirklich ein bisschen abenteuerlich. Also dass der ein oder andere mit Polizeischutz unterwegs ist, verstehe ich ja noch. Aber permanent immer runde zwei bis drei Kilometer im Vorfeld die Straßen abriegeln?

Geht bei so einer Panzerlimo die Garantie flöten, wenn sie an einer roten Ampel halten muss?

Da das Schauspiel (das in den ersten drei Minuten sowieso nur Polizeiautos umfasste) sich etwas zog, kurbelte mein Fahrgast dann sein Fenster runter. Er sah aus, als wolle er den Polizisten fragen, wie lange der Spaß noch dauern würde – stattdessen lehnte er sich in zweifacher Hinsicht aus dem Fenster und brüllte den Cop an:

„ICK HAB JA ZEIT!“

In dem Moment war dann allerdings fast schon alles vorbei. Die Kolonne nicht gerade vorbildlicher Verkehrsteilnehmer schoß umgehend vorbei, nicht ohne um 22:30 Uhr nochmal die ganze Nachbarschaft vollzubäffen:

„DIT IS NE KOLONNE!!! KEIN AUTO F’ÄHRT!“

Nee, bei den Spaßbremsen wäre ich auch ungerne mitgefahren. Dabei ist es echt lustig, sich in Polizeikolonnen einzureihen. Die Blicke sind so gespielt unlustig, dass man doch wieder lachen muss – und bei einem kann man sich sicher sein: die halten in dem Moment nicht an und wiken einen raus … 😉

Im Grunde hat mein Fahrgast es aber auch mit Humor genommen und abschließend verkündet:

„Na, wenn die Merkel jetzt den Herrn Sauer halt flott mal Königsberger Klopse kochen soll, dann is dit halt so!“

In diesem Sinne: frohes Wochenende euch allen!

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

BER, LDS, WTF und LMAA

Die Wellen schlagen ja seit dem 1. Januar wieder mal höher, was das Taxigewerbe in Berlin angeht. Der Grund ist wie bei sämtlichen Kindergärtnereien das nicht enden wollende Gerangel um den Flughafen Schönefeld (SXF), bzw. die Dauerbaustelle des BER. Es ist in allen Medien nur noch vom „Taxi-Krieg“ die Rede, wenngleich es allenfalls ein paar Handgreiflichkeiten in den letzten Jahren gab – was im Grunde für eine recht niedrige Idiotenquote im Gewerbe spricht, wenn man mal betrachtet, wie viele wir sind.

Das Problem

Das Problem am jetztigen und auch am zukünftigen Flughafen ist, dass er im Landkreis Dahme-Spreewald (LDS) liegt. Dazu kam, dass vor einigen Jahren noch in LDS nur rund 40 Taxen zugelassen waren, die das Fahrgastaufkommen dort gar nicht bewältigen konnten. Das Pflichtfahr- und Tarifgebiet der verschiedenen Taxen endet hier aber wie fast überall deutschlandweit an der Stadt-/Landkreisgrenze und ignoriert den Flughafen. Ergo: obwohl der Flughafen dem Gefühl der meisten Leute nach zu Berlin gehört, ist taximäßig LDS dort zuständig.

Lösungs-, bzw. Problemerschaffungsversuche

Die geringe Taxianzahl in LDS war ausschlaggebend dafür, dass es zwischen Stadt und Landkreis ein Abkommen gab, welches uns Berliner Fahrer berechtigt hat, am Flughafen Kundschaft aufzunehmen. Wie genau und wann das System gewachsen ist, weiß ich auch nicht, aber das Abkommen beinhaltete natürlich auch Einschränkungen und Gegenleistungen. Es wurde eine Vorrückregelung am Flughafen geschaffen, die zunächst die LDS-Fahrer begünstigte, weil sie zahlenmäßig unterlegen waren – und einigen LDS-Fahrern wurde erlaubt, auch am Flughafen Tegel (der auf Berliner Stadtgebiet liegt) zu laden. Als die BER-Planungen langsam Gestalt annahmen und wunderliche Gerüchte um die Verdienstmöglichkeiten am größeren Flughafen herumgingen, meldeten einige Berliner Taxiunternehmer ihr Unternehmen in LDS an, so dass die Zahl der Taxen im Landkreis auf mehrere hundert stieg. Womit, relativ unerwartet, plötzlich die Berliner in der Schlange im Vorteil waren.
Deswegen wurde um die 1:1-Regelung auch wieder gefeilscht, sie wurde geändert und am Ende haben sich die Gewerbevertretungen bei der Lösungsfindung um einen gemeinsamen Tarif am Flughafen zerfleischt.
Bis dato war die (für Fahrgäste auch nicht gerade sinnvolle) Lösung, dass die Taxen halt einfach unterschiedlich kosteten, je nachdem, welches Kennzeichen der Wagen hatte. Die Tariffindung gestaltete sich schwierig, da die bisherigen Tarife extrem unterschiedlich sind:

Berlin hat einen recht einfachen Tarif mit der berühmten Wartezeitunterdrückung und ohne (hier nennenswerte) Zuschläge, die kurzen Fahrten sind teurer als im LDS-Taxi, die übliche Tour vom SXF (oder BER) ins Zentrum Berlins jedoch billiger.

LDS hat einen komplexeren Tarif mit Nachtzuschlag, keine Wartezeitunterdrückung, dafür günstigere erste Kilometer.

Keiner wollte auf die eigenen Vorzüge verzichten, am Ende stand ein ziemlich dürftiger Kompromiss: Bei der Eröffnung des BER sollten alle Fahrten von dort nach LDS-Tarif gefahren werden, egal woher das Taxi kommt. Dass das keine endgültige Lösung sein würde (es hätte hier in Berlin z.B. anscheinend Probleme gegeben, den neuen Tarif im Taxameter einzuspeichern), war klar. Der Senat aber war stolz wie Bolle, die Gewerbevertretungen suchten weiter nach Lösungen und die Fahrer hassten sich nach wie vor und bezichtigten die anderen jeweils der Abzockerei, des Vordrängelns und dergleichen mehr.

Dann wurde die Eröffnung des BER plötzlich um anderthalb Jahre verschoben und der Landkreis kündigte recht überraschend an, dass die bisherige Einigung damit hinfällig sei und hat die Zusammenarbeit zum 31.12.2012 hin gekündigt.

Der jetztige Stand

Seit Jahresbeginn dürfen nun keine Berliner Taxen mehr Fahrgäste am Flughafen Schönefeld aufnehmen. Also ja, dürfen sie natürlich – wenn sie bestellt sind. Das Ganze betrifft nur den Taxistand. Im Gegenzug haben die LDS-Fahrer, die bislang Tegel angesteuert haben, dort auch kein Laderecht mehr. Was nun in Boulevard-Medien als „immer irrer“ bezeichnet wird, soll auf der anderen Seite vollkommen „gelungen“ und „harmonisch“ sein. Im Grunde ist die Regelung damit zwar neu, ansonsten aber einfach nur identisch mit dem, was an den meisten Grenzen zwischen Tarifgebieten in Deutschland üblich ist: es ist eine Grenze, ab dort ist Schluss mit Fahrgastaufnahme. Immerhin eine durchschaubare Regelung.

Vorteile:
Kein Tarif-Roulette am Flughafen mehr, die Preise sind einheitlich.
Die Grenzen sind einheitlich und nachvollziehbar.
Alle Taxen können ihre Tarife behalten.
Weniger Stress zwischen den Lagern.

Nachteile:
LDS hat derzeit eher Probleme, weil Tegel noch besser läuft als Schönefeld.
Berlin wird Probleme haben, weil Tegel irgendwann in den nächsten, sagen wir mal 10 Jahren, schließt.
Die Fahrgäste zahlen für eine Fahrt von Schönefeld in die City ein paar Euro mehr.

In der Presse wird gelegentlich prominent erwähnt, wie schlimm das sei, dass die LDS-Taxen jetzt leer durch die ganze Stadt zurückfahren müssten – oder die Berliner, wenn sie Kunden in SXF anliefern. Dabei wird meiner Meinung nach übersehen, dass das bisher nicht groß anders lief. Viele Fahrer fahren ausschließlich vom Flughafen, es wird nur recht wenige Berliner Kollegen betreffen, die z.B. immer am SXF gestartet sind und dann in der City ihre Schicht fortgesetzt haben.

Aber wir würden hier keinen Kindergartenkrieg führen, wenn wir nicht jetzt schon wieder Gespräche vereinbart hätten und eine neue „Lösung“ anstreben würden …

Meine persönliche Meinung als Berliner Taxifahrer

Lassen wir’s doch so!

Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ich würde mich über einen gemeinsamen Tarif mit LDS freuen. Aber mir ist auch klar, wie schwierig das ist. Ich bin ja selbst ausgesprochener Befürworter unseres recht simplen Tarifs, weil ich Transparenz wichtiger finde als die Möglichkeit, irgendwo noch ein paar Cent mehr abzugreifen.

Ich finde es als Taxifahrer zwar auch bekloppt, dass der Senat mal eben zwei innerstädtische Flughäfen schließt, um einen auf dem Land nie fertigzubauen. Andererseits ist es derselbe Senat, der an den Flughäfen mal eben Privatfirmen in den Taxitarif eingreifen lässt (zu diesem Thema hab ich hier noch ein paar Worte verloren). Es gibt offenbar ohnehin keinen, der sich wirklich für die Belange der Taxifahrer interessiert, da kann man doch froh sein, wenn uns der ganze Flughafenstress künftig nicht mehr betrifft.

Das Problem, dass inzwischen zu viele Taxen auf der Straße unterwegs sind, wird zwar dadurch verschärft, rein mengenmäßig ist aber weder der eine, noch der andere Flughafen sonderlich relevant fürs Gewerbe. Dem Problem mit den vielen Taxen sollte ohnehin mal durch einen Konzessionsstopp oder durch eine vernünftigen Kontrolle begegnet werden.

Außerdem bin ich mir auch nicht sicher, ob der BER irgendwann mal ein wirklich gutes Geschäft abgeben wird. Die Preise für die Taxifahrt von dort in die City werden dank größerer Entfernung und den Zuschlägen deutlich höher sein als bisher, im Gegenzug bekommt der Flughafen eine schnelle Bahnanbindung. Ob da nur wegen steigender Passagierzahlen wirklich ein Plus für uns herausspringt, darauf würde ich nicht wetten. Vorschnelles Ärgern halte ich da für nicht angebracht. Und wer als Taxifahrer unbedingt zum Flughafen will, kann ja sein Gewerbe in LDS melden – er wäre damit ja in guter Gesellschaft.

Und die Preise für die Kunden? Ich würde mal sagen, dass die Kunden, die sich für die 5 bis 10 € interessieren, mit der Zeit wissen werden, dass sie dafür ein Berliner Taxi bestellen müssen. Vielleicht ist der Status Quo also doch nicht ganz so schlimm, wie es allenthalben berichtet wurde.