Ich hab gerade hin und her überlegt, wie ich den Artikel überschreiben soll. Mir ist nichts eingefallen, bzw. das, was mir eingefallen ist, wäre als Überschrift zu unschön gewesen. Eigentlich braucht man auch keine Überschrift, keine Umschreibung und kein Fazit.
Ich war binnen weniger Minuten der Dritte am Ostbahnhof, und hab nur kurz registriert, wie eine dreiköpfige Gruppe ziemlich kurioser Gestalten vom Kollegen vor mir abgewiesen wurde. Das muss wirklich nicht zwingend schlimmes bedeuten, allzu oft fragen die Leute nach Kartenzahlungen, Umlandsfahrten oder sperrigen Gepäckstücken – sprich: Nach Dingen, die wir Taxifahrer ablehnen können.
Die Frage, die mir die ziemlich verwahrlost aussehende Frau stellte, war indes ziemlich simpel:
„Enschuulgung. Fahrst du uuns?“
„Klar doch.“
Der Grund für die Ablehnung des Kollegen war offensichtlich: Die drei Gestalten waren nicht gerade die saubersten, und gleich nach dem Losfahren meinte meine Beifahrerin dann auch:
„Weissdu, siind wir Obdachlose!“
Als ob das nun irgendwie die logischste Fortsetzung war, klappte sie den Pizzakarton in ihrer Hand auf und wollte mich einladen, von der herrlich frisch duftenden Champignon-Pizza zu kosten. Ich verneinte höflich, was zugegebenermaßen durchaus auch daran lag, dass ihre Finger dreckverkrustet das Stück hielten.
„Wär kein Problem. Isse genuug!“
teilte sie mir lachend mit. Die Fahrt selbst war wirklich nur sehr kurz. Sie lotste mich an ein leerstehendes Haus ohne Fenster, dessen einziger Daseinszweck von außen betrachtet zu sein schien, als Übungsfläche für unbegabte Graffiti-Künstler zu dienen.
Die alte Frau zeigte mir ein ungemein breites Grinsen, dass die drei verbliebenen Zähne über Gebühr betonte, und lachte:
„Darf ich dir vorstellen: Meine Villa!“
Das Taxameter zeigte am Ende magere 5 € an, und irgendwie hab ich ja darauf gewartet, dass sie sagen, sie hätten kein Geld. Wahrscheinlich hätte ich es ihnen nicht einmal übel genommen, wenngleich es natürlich unverschämt mir gegenüber gewesen wäre.
Die Frau aber quittierte den Betrag mit einer Anweisung an einen der Mitreisenden im Fond. Der erfolgte in einer mir gänzlich unbekannten Sprache, ich vermute irgendwas östliches.
Der Mann hinter mir reichte mir 6 € und bedeutete mir, dass das so stimmt:
„Guy, that was a nice ride. Nice to meet you!“
„Du bisse guute Mensch!“
sagte die Frau lächelnd, während ihr Begleiter sich mit eingeübtem Schwung unter dem Bauzaun durchrollte, der wahrscheinlich genau dafür da war, arme Landstreicher wie diese drei abzuhalten.
Sind wir mal ehrlich: Ja, ich hab nach einer kurzen Tour für insgesamt 6 € nochmal Sitze, Scheiben und Türgriffe sauber machen müssen. Fettige Finger hier, dreckige Hosen da – aber nix wildes. Froh drum war ich sicher nicht. Aber wenn mich jemand fragt, was die schönste Tour des Abends war…