Mir ist schon klar, dass ich als Taxifahrer manchmal mehr weiß als die Kunden – oder, noch wahrscheinlicher, mich eher an anderen Dingen im Verkehr orientiere. Aber manche treiben’s auf die Spitze …
Ein mehr als nur reichlich verstrahlter Kandidat hat mich an der Straße der Pariser Kommune rangewunken. Es sollte zur Kopernikusstraße gehen. Er hätte aber nur einen Zehner. Bei mir lief’s auch alles andere als blendend, aber in Anbetracht der Umstände hab ich gesagt, dass ich’s auch gleich mit einer Kurzstrecke versuchen könnte. Also „versuchen“ – man schafft es kaum, da über 2 Kilometer zu kommen. Ich komme jetzt wohl nicht ohne Karte aus, also bitte:

Das kann man sich doch merken! Quelle: osrm.at
Am grünen Punkt unten links hab ich ihn aufgegabelt. Die Kopernikusstraße findet sich unten rechts (siehe Beschriftungen). Sie wird relativ mittig durch die Warschauer unterbrochen. Also unterbrochen in dem Sinne, dass man von West nach Ost nicht drüber fahren darf. Also fragte ich mal eben nach, auf welche Seite er müsse.
„Die Kopernikus, Alter!“
„Ja, aber die ist unterbrochen. Isses noch vor der Warschauer?“
„Die Warschauer ist doch da, Mann!“
„Ich weiß, dass die da ist. Aber ich kann da nicht rüber.“
„Richtung Alex.“
„Also die westliche Seite?“ (Der Alex liegt links weit außerhalb des Bildes)
„Mann! Die Kopernikus beim Alex!“
„Das macht keinen Sinn. Das sind von hier unterschiedliche Richtungen.“
„OK. Also Frankfurter Allee kennste?“
„Sicher.“
„Also Frankfurter 31. Weißte Bescheid, ja?“
Kleiner Einwurf für die Kartenleser: Die Frankfurter Alle ist oben im Norden die große Hauptstraße, die die Karl-Marx-Allee östlich des Frankfurter Tores fortführt.
„Willst Du jetzt zur Frankfurter 31 oder zur Kopernikus?“
„Ja, lass mich Frankfurter raus und zeig mir, wo die Kopernikus ist!“
WTF?
„Ist das denn dann auf der Höhe der Frankfurter 31 oder wie? Dann wüsste ich ja, auf welcher Seite es ist.“
„Kannst mich auch einfach zum Frankfurter Tor bringen.“
Inzwischen war ich schon lange losgefahren und der Wahrscheinlichkeit wegen über die Wedekind bis zur Grünberger gegurkt. Zu dem Zeitpunkt hätte ich also statt rechts zur Kopernikus zu fahren links abbiegen sollen und ihm nach 300 Metern sagen, dass er 400 Meter zurücklaufen soll. Kann man natürlich machen, ist aber reichlich doof. Ich ging inzwischen zwar ohnehin davon aus, dass er sich irgendwo am Eck rausschmeißen lässt, aber just 3 Sekunden vor so einem mittelprächtigen Ende kam er auf eine neue Idee:
„Kennste da den Geldautomaten?“
„Also ich kenn einen. Der ist aber eher an der Warschauer. Volksbank. Und gegenüber ist ein Döner …“
„Döner? Döner! Alter, ja Mann!“
„Gut, dann hätte ich’s auch kürzer geschafft, aber das ist dann nur hier rechts runter. Und Kurzstrecke ist Kurzstrecke …“
Am (offenbar richtigen) Eck ist er dann völlig ausgeflippt und war grenzenlos begeistert, dass ich das „so einfach“ gefunden hätte. Er hatte dann aber eine tolle Idee, um „den ganzen Stress“ wieder wettzumachen:
„Alter, ich geb Dir alles, was ich noch hab! Alles, was ich noch hab!“
Was sich wenig überraschend als ein Zehner herausgestellt hat. 🙂