Fundsachenhäufung

Fundsachen sind eine ganze Weile nicht mehr bei GNIT aufgetaucht – und das aus dem Grund, dass sie einfach im Taxi nicht aufgetaucht sind. Kein Cent Kleingeld, keine Klamotten, Schirme oder sonst irgendwas. Doch da sich alles ausgleicht: So langsam scheint sich ein Gegentrend zu etablieren. Angefangen hat es damit, dass Anfang letzter Woche von einem meiner Tagfahrer ein paar einfache Fleece-Handschuhe in die Fahrertüre geklemmt waren: Als eindeutiges Zeichen – „Mir gehören sie nicht, sind das deine?“

Und da es nicht meine waren, hat die wohl ein Kunde liegen lassen. Während ich die Handschuhe im Auto ließ und sie nach meiner Arbeitswoche weg waren, wurde ich aber noch Empfänger einer besonders gezielten Fundsache, denn eine Kundin fragte mich beim Aussteigen:

„Ach, Sie haben aber gesehen, dass hier eine Flasche Bier steht, oder?“

Ähm. Nein. Sehr gezielt war es deswegen, weil es eine 0,5er-Flasche Berliner Pilsener war, was ich gerne trinke.

Und als ob so ein Taxi in Punkto Fundsachen nicht einen ganzen Haushalt ausstatten könnte, wenn es gut läuft: Am Tag darauf fand ich während der Schicht in der Beifahrertüre eine Schachtel Zigaretten von Ozies Marke, aus der gerade mal ein oder zwei Stück gefehlt haben.

Keine Fundsache indes war diese Dose:

Da muss man vom Verzehr eher abraten … Quelle: Sash

Da muss man vom Verzehr eher abraten … Quelle: Sash

Die hat mir ein grenzenlos begeisterter Fahrgast zusätzlich zum Trinkgeld vermacht, während auf der Rückbank gequengelt wurde, dass er doch nicht all ihr Bier an irgendwelche Berliner verschenken könne.

Und ich muss ehrlich sein: Er hätte es auch lassen können.Ich weiß die Geste zu schätzen, aber es hat nicht geschmeckt. Ich hab das Gesöff nach artgerechter Lagerung im Kühlschrank zum Beginn meines Wochenendes geöffnet und war sowas von über alle Maßen enttäuscht. Ich trinke gerne Bier und Pilsener besonders gerne. Ich bin da aber nicht festgelegt und mag auch manches Bier mit eher ausgefallenem Geschmack. Es gibt eine Zeit für Augustiner, für Jever, für Rothaus und Flensburger. Ja, ich trinke gelegentlich sogar gerne Beck’s und hab früher in einer meiner Stammkneipen ausschließlich Schwarzbier von Schwabenbräu getrunken. Ich bin echt nicht eindimensional bei meinem alkoholischen Lieblingsgetränk. Aber das oben gezeigte Wolters hab ich nicht ganz leer gekriegt. Selten etwas erlebt, das gleichermaßen so frei von Eigengeschmack und so ungenießbar war. Gut, die Geschmäcker sind verschieden, eine Warnung scheint mir trotzdem vorsichtshalber angemessen zu sein …

Und was die Fundsachen angeht: Feuerzeuge wären mal wieder nett. Die gehen immer so schnell kaputt, wenn man dauernd Bier damit aufmacht. 😉

Horrorfahrt!

… oder vielleicht doch nicht?

Wie oft ich von Kollegen Beschwerden höre, wie laut und unangenehm Kunden sein können …

Ich muss ja zugeben: Ich bin auch ein wenig spießig geworden im Laufe der Jahre und finde es nicht einfach grundlos toll, wenn die Leute bei mir im Auto rumbrüllen. Andererseits überwiegt dann doch noch immer die Frage: Wayne?

Ich bin (die letzte Fahrt hatte ich in Mariendorf beendet) frohen Mutes den Tempelhofer Damm hochgeschossen, um in Richtung Kreuzberg/Mitte zu gelangen, wo vielleicht noch Kundschaft warten könnte. Dann aber Winker am Platz der Luftbrücke. Drei Oberprolls im Hiphopper-Outfit, die sofort nach dem Einstieg einerseits um „coole Mucke“ bettelten, andererseits selbst anfingen, wie die Bekloppten völlig sinnlosen Scheiß zu rappen. Der Tenor war ungefähr „Wir sind die Geilsten, so viel Party war noch nie!“.

Nun ja, ich mag Rap ja, aber die dargebotene „Kunst“ war ein extra Grund, sie doof zu finden. Für Hiphop-Hasser wären sie nur ungefähr gleich scheiße wie andere Hopper gewesen, mir hat das entsprechend mehr wehgetan. Wobei sie in ihrer „Wir dissen den Rest der Welt“-Blase durchaus auch lustig waren.

Der auf dem Beifahrersitz (wie eigentlich immer der Vernünftigste) hat gleich gesagt, ich solle doch besser das Radio einschalten, dann wären die Spinner ruhig. Das hat anfangs nur so semi geklappt, aber inmitte der eher kurzen Fahrt (zur Boddinstraße) hab ich im Radio Hiphop gefunden, den sie cool fanden, dann aber irgendwie leise wurden, weil plötzlich Lyrics dazu kamen, die französisch waren – und damit konnte nun keiner der Obergangster was anfangen. Aber klar: Es wäre auch zu peinlich gewesen, den Taxifahrer bei den (auch ordentlich auf laut gedrehten) fetten Beats zu bitten, den Sender zu wechseln …

Ich fand’s lustig, die „Open-Mindness“ der Oberchecker ungeplant auf die Probe zu stellen. 😀

Zwischendrin wurde mir noch erklärt, dass ich eigentlich Kurzstrecke hätte eingeben sollen, was aber schon reichlich an Aktualität verloren hatte, weil ich die 2km-Marke bereits überschritten hatte und sie das auch verstanden.

Ich will nicht lügen: Die Jungs waren superstressig! Alle zwei Sekunden ein neuer Lautstärkerekord oder eine neue Bitte, was ich denn jetzt zu tun oder zu lassen hätte. Sicher nichts, was man um Mitternacht unbedingt haben muss. Aber es waren höchstens fünf fucking Minuten! Ein bisschen mittelprächtige Musik, ein bisschen zu viel Lautstärke. Ich will das nicht für total cool erklären oder mir herbeiwünschen. Aber es hat meinen Arbeitstag 5 Minuten von insgesamt 10 Stunden beeinflusst und mir im Gegenzug rund 4% der Einnahmen beschert. Darüber hinaus gab es für 9 € Fahrpreis recht saftige 3 € Trinkgeld. Weil ich „so cool“ war.

Ich will echt nicht behaupten, dass man sich als Taxifahrer alles gefallen lassen muss. Wirklich nicht, liebe Kollegen! Aber so kleinlicher Bullshit wie ein paar rappende Prolls sollten einen echt nicht an die Grenze der Belastbarkeit bringen.

PS: Einen ähnlichen Tenor habe ich in meiner (bald erscheinenden) Kolumne bei der Taxi Times angeschlagen, da ging es allerdings um eine Tour, die gleich um die 50 € gebracht hat. Ich füge dieses Beispiel gerne an, weil es eben nicht darum geht, dass eine solche Fahrt auch Geld bringt. Das tut jede Tour – und trotzdem kann sie unangemessen verlaufen.

Wegbeschreibungen von Kunden …

Mir ist schon klar, dass ich als Taxifahrer manchmal mehr weiß als die Kunden – oder, noch wahrscheinlicher, mich eher an anderen Dingen im Verkehr orientiere. Aber manche treiben’s auf die Spitze …

Ein mehr als nur reichlich verstrahlter Kandidat hat mich an der Straße der Pariser Kommune rangewunken. Es sollte zur Kopernikusstraße gehen. Er hätte aber nur einen Zehner. Bei mir lief’s auch alles andere als blendend, aber in Anbetracht der Umstände hab ich gesagt, dass ich’s auch gleich mit einer Kurzstrecke versuchen könnte. Also „versuchen“ – man schafft es kaum, da über 2 Kilometer zu kommen. Ich komme jetzt wohl nicht ohne Karte aus, also bitte:

Das kann man sich doch merken! Quelle: osrm.at

Das kann man sich doch merken! Quelle: osrm.at

Am grünen Punkt unten links hab ich ihn aufgegabelt. Die Kopernikusstraße findet sich unten rechts (siehe Beschriftungen). Sie wird relativ mittig durch die Warschauer unterbrochen. Also unterbrochen in dem Sinne, dass man von West nach Ost nicht drüber fahren darf. Also fragte ich mal eben nach, auf welche Seite er müsse.

„Die Kopernikus, Alter!“

„Ja, aber die ist unterbrochen. Isses noch vor der Warschauer?“

„Die Warschauer ist doch da, Mann!“

„Ich weiß, dass die da ist. Aber ich kann da nicht rüber.“

„Richtung Alex.“

„Also die westliche Seite?“ (Der Alex liegt links weit außerhalb des Bildes)

„Mann! Die Kopernikus beim Alex!“

„Das macht keinen Sinn. Das sind von hier unterschiedliche Richtungen.“

„OK. Also Frankfurter Allee kennste?“

„Sicher.“

„Also Frankfurter 31. Weißte Bescheid, ja?“

Kleiner Einwurf für die Kartenleser: Die Frankfurter Alle ist oben im Norden die große Hauptstraße, die die Karl-Marx-Allee östlich des Frankfurter Tores fortführt.

„Willst Du jetzt zur Frankfurter 31 oder zur Kopernikus?“

„Ja, lass mich Frankfurter raus und zeig mir, wo die Kopernikus ist!“

WTF?

„Ist das denn dann auf der Höhe der Frankfurter 31 oder wie? Dann wüsste ich ja, auf welcher Seite es ist.“

„Kannst mich auch einfach zum Frankfurter Tor bringen.“

Inzwischen war ich schon lange losgefahren und der Wahrscheinlichkeit wegen über die Wedekind bis zur Grünberger gegurkt. Zu dem Zeitpunkt hätte ich also statt rechts zur Kopernikus zu fahren links abbiegen sollen und ihm nach 300 Metern sagen, dass er 400 Meter zurücklaufen soll. Kann man natürlich machen, ist aber reichlich doof. Ich ging inzwischen zwar ohnehin davon aus, dass er sich irgendwo am Eck rausschmeißen lässt, aber just 3 Sekunden vor so einem mittelprächtigen Ende kam er auf eine neue Idee:

„Kennste da den Geldautomaten?“

„Also ich kenn einen. Der ist aber eher an der Warschauer. Volksbank. Und gegenüber ist ein Döner …“

„Döner? Döner! Alter, ja Mann!“

„Gut, dann hätte ich’s auch kürzer geschafft, aber das ist dann nur hier rechts runter. Und Kurzstrecke ist Kurzstrecke …“

Am (offenbar richtigen) Eck ist er dann völlig ausgeflippt und war grenzenlos begeistert, dass ich das „so einfach“ gefunden hätte. Er hatte dann aber eine tolle Idee, um „den ganzen Stress“ wieder wettzumachen:

„Alter, ich geb Dir alles, was ich noch hab! Alles, was ich noch hab!“

Was sich wenig überraschend als ein Zehner herausgestellt hat. 🙂

Mehr Geld, weniger Hirn

Ich ärgere mich ja selten über Fahrgäste. Sie bringen mir Geld und bei all ihren Eigenheiten haben sie ja auch alle ihre Geschichten und Hintergründe, über die man nicht vorschnell während 5 Minuten urteilen sollte. Und es gibt einfach völlig bescheuerte Vollidioten.

OK, ich will ehrlich sein: Ich war schon von der Fahrtstrecke wenig begeistert. Nach zwei schlechten Schichten lief diese eine endlich mal gut und ich war glücklich auf dem Heimweg. Noch vielleicht 5 Kilometer bis Zuhause. Als sie winkten, freute ich mich noch. Zwei junge Frauen, ganz offensichtlich feiernderweise hier im Osten unterwegs, müsste also ein Stich in die richtige Richtung sein. War es aber nicht:

„Was kost’n Mariendorf, Alter?“

Anfangs hatte ich noch gehofft, sie mit 30 bis 35 € überzeugen zu können, dass sie doch die Bahn nehmen, aber nein …

OK! Gute Miene zum bösen Spiel, es ist ja dann doch ein Haufen Geld und morgen warte ich vermutlich wieder ewig, bis ich so viel zusammenkriege!

Aber ach! Da waren die zwei durch die ganze Stadt in einen Laden gefahren, den ich nicht einmal als Club kannte. Von außen dachte ich immer, dass das ein Spielcasino sei. Gut, war es vermutlich auch hauptsächlich …

Die eine der beiden (es sind ja nie gleich alle doof) bemängelte dann, wie „asi“ und „voll schwul“ das alles gewesen sei. Während ihre Freundin mir mitteilte, dass sie eigentlich nur heimfahren würde, weil die Holde schon mehrmals schier mit dem Kopf auf den Tresen geknallt sei, so blau wäre sie.

Ich hab mich aus dem Gespräch ausgeklinkt, denn meistens ging es nur darum, welche Idioten jetzt wie dumm seien, wer scharf sei, aber einen kleinen Penis hätte, wie überteuert die Drinks und wie mies der Laden an sich wäre. Schon bei den kleinen Gesprächsfetzen hab ich mich gefragt, wie jemand so blöd sein kann, einen (sehr langen) Abend irgendwo zu verbringen, wo es einem nicht gefällt. Die meisten Locations haben Türen. Richtig substanzlos wurde es dann aber, als die beiden – warum bitte auch das noch? – anfingen, ein paar Worte über die Flüchtlingsmisere zu verlieren:

„Ey, ’schab kein Bock auf scheiß Asylanten!“

„Halt die Fresse! Du bist blau und selber nicht von hier!“

„Schweiß, aber die kotzen misch an, weil die ha’m ma voll die cooleren Handys als isch!“

Ich hab’s zu ignorieren versucht, aber sicher trotzdem schon beim Zuhören mehrere IQ-Punkte eingebüßt. Kurz vor dem Ziel hat sie dann auch noch angefangen, etwas kryptisch mitzuteilen, dass sie mir jetzt ja eigentlich nur nicht ins Auto kotzt, weil sie ja so eine tolle und zurückhaltende Person sei. Und Flecken am Fenster hat sie trotzdem noch großzügig hinterlassen. WTF, muss das denn alles auf einmal kurz vor’m Schlafengehen sein?

Ich hab selten Leute mit größerer Genugtuung aus dem Auto geschmissen, als die beiden, als wir am Ziel waren. Das Trinkgeld war sogar ganz ok, das muss man ihnen lassen. Tatsächlich aber war ich am Ende fast schon ein bisschen schadenfroh, als mir zu Hause aufgefallen ist, dass ich einen deutlich kürzeren Weg hätte wählen können, um ans Ziel zu kommen. Hab ich trotz Generve nicht absichtlich gemacht, aber mein schlechtes Gewissen ist bezüglich dieser Tour trotzdem erstaunlich ruhig.

Immer höflich bleiben!

Da lief die Schicht (wie vom Januar erwartet) völlig unterirdisch – und was mache ich? Ich hab mir in Lichtenberg gesagt, dass ich jetzt lieber in Karlshorst nach Kundschaft gucken will als in Mitte. OK, Nichtberliner wundert das jetzt vielleicht nur minimal, aber in Karlshorst um 3 Uhr Winker zu bekommen, ist utopisch. Nun gut, ich bin also in den Süden gegurkt und hab … in Karlshorst eine Winkerin bekommen.

Tja, aber hallo! Einmal mit Profis arbeiten …

13 € nannte sie ihr eigen und wollte „so nahe wie möglich an Prenzlauer Berg ran“.

„Aber ich guck mal, ob ich noch mehr finde …“

Nun hat meine Ortskenntnis sich eingemischt und das ziemlich schnell verworfen. Also bis Prenzl’berg selber wird das nix. Nicht mal die südlichsten Ausläufer am alten Schlachthof hätte ich erreicht. Also ging es mehr so in Richtung Warschauer, damit sie mit der Bahn weiter könnte. Die inzwischen zusammengesammelten 16,80 € hätten da wohl gereicht – allerdings bei weitem nicht bis in die Paul-Robeson, wo sie eigentlich hinmusste. Zu allem Überfluss sah es mit der Reisetauglichkeit bezüglich Bahn eher mau aus. Zunächst hat sie noch ein paar nette Worte über ihr Studium und anschließend über mich verloren, dann gestand sie aber:

„Tut mir leid, ich bin viel zu besoffen, um mich zu unterhalten.“

Nun denn, so weit es geht. Das wäre in solchen Fällen bei 16,80 € also so ungefähr bis an die 20€-Grenze – vorausgesetzt, es ergibt sich dadurch ein Vorteil – wie z.B., dass man unterwegs die Bahn noch überholt und Wartezeit erspart. Aber noch bevor es soweit war, standen wir in Friedrichshain an einer Ampel und sie meinte:

„Oh, das ist praktisch. Ich mach kurz die Tür auf, ok?“

„Äh, weswegen das?“

„Ich würde mich gerne übergeben.“

Im Ernst jetzt? „Ich würde mich gerne übergeben“? So ganz sachlich, als kleiner Wunsch vorgetragen. Wie „Ich fahre da vorne immer gerne links, da sind weniger Ampeln.“ Ich hab noch nie so gefeiert, während ein Fahrgast gekotzt hat! 😀

Ich muss dazu sagen, dass ich bei der netten Anfrage ja auch gleich automatisch in den Dann-isses-nicht-so-wild-Modus verfallen war und gemeint hab:

„Dann einen Moment noch, ich fahr eben ein Stück weiter nach rechts …“

Wenn das mit dem Kotzen schon Zeit hat, dann sichere ich die Situation doch auch gegen potenzielle in diesem Moment rechts überholende Radfahrer ab. Wobei das sicher als ekligster Unfall in die Annalen Berlins eingegangen wäre. 😉

Die Kundin war nun während der ganzen Aktion natürlich nicht würdevoller als alle Menschen es sind, die sich würgenderweise ihr Essen nochmal durch den Kopf gehen lassen. Aber sie hat sich Zeit gelassen, keine Hektik, weil man ja schnell weiter muss oder so. Nachdem sie dann ein Tuch zum Abwischen angenommen und ein Bonbon abgelehnt hatte, war sogar ich sehr überzeugt davon, dass es das jetzt wirklich gewesen sei. Wobei der verbleibende Weg ja nun auch nicht mehr sehr weit war. Obwohl …

„Äh, sag mal? Kann ich auch mit Karte zahlen?“

„Sicher.“

„Ach, dann hab ich ja quasi so viel Geld wie ich will … dann bring mich mal heim. Paul-Robeson XY – und danke!“

In aller Regel bin ich ja nur mäßig begeistert, wenn bei Kotzern mal eben ein paar Kilometer obenauf kommen. Aber heute hab ich mich nur gefreut. Auf dem weiteren Weg ist dann das buchstäbliche Nichts passiert. Meine Kundin hat nur selten mal die Augen aufgemacht, von Reden und Kotzen wollen wir gar nicht erst anfangen …

Für so komplexe Aktionen, wie während der Kartenzahlung ein Trinkgeld anzusagen, war sie am Ende leider schon zu hinüber. Ich tröste meine sehr im Rahmen befindliche Stimmung jetzt halt damit, dass ich anscheinend „der netteste Taxifahrer aller Zeiten“ bin. Ich meine, bei anderen Kunden bleibt nicht mal das Auto sauber. Und, nicht vergessen: „Ich würde mich gerne übergeben.“ 😉

Zuständigkeitserfreunisse

Ja, liebe Dudenredaktion: Nehmt „Zuständigkeitserfreunisse“ ruhig in die nächste Ausgabe mit auf. Denn es gibt sie!

Ich bin an Silvester irgendwann quer durch Buckow in Richtung Osten gefahren. Ich würde das in jeder anderen Schicht eher vermeiden, weil ich zwischen Lichtenrade und Kreuzberg auf dem Damm mehr Kundschaft erwarten würde … aber hey, Silvester! Irgendwo winkt sicher wer. Und 5 Minuten Pause wären auch kein Weltuntergang …

Aber, siehe da, da winkte es. Ich hab angehalten und es doch gleich ein wenig bereut. Silvester ist bekannt dafür, dass alle betrunken sind, und so war es bei mir in der Schicht bisher natürlich auch. Dann aber kamen von der linken Straßenseite zwei Frührentnerinnen angewatschelt und schleiften dabei einen Typen in ihrem Alter mit sich mit. Ja: schleiften.

Während meine Gedanken nur darum kreisten, ob mit dem Kerl jemand mitfahren würde und ob das medizinisch gesehen schon grenzwertig sein könnte, trällerte die eine Helferin nur:

„Na, dann sind sie wohl das bestellte Taxi!“

Puh.

„Nee, leider nicht, ich war nur zufällig hier.“

„Ach? Hmm, na was machen wir denn nun?“

„Naja, ich fahre gerne, aber der Kollege ist sicher schon unterwe … ach, sehen Sie mal: Da vorne kommt er ja schon!“

Und ja, ein suchender Kollege mit ausgeschalteter Fackel tastete sich langsam heran. Als er mich ansah, hab ich auf die inzwischen hinter mir stehenden Kunden verwiesen und zugesehen, dass ich Land gewinne.

Er hat mir schon leid getan, ganz ehrlich. Da nimmt der arme Kerl tatsächlich Bestellungen an Silvester an – und dann sowas! Aber, um das mal in Perspektive zu rücken:

Ja, auch das ist ein guter Grund, an Silvester nur Winker mitzunehmen, denn die kann man sich vorher anschauen! Darüber hinaus: Die Kollegen, die Bestellungen annehmen, finden nix mieser, als wenn irgendwer sie vor ihnen einsackt – und das mache ich nach wie vor nicht. Dass da auch mal eine Niete hängenbleibt, passiert halt. Und zu guter Letzt: Wie ich von vielen meiner Fahrten mit total zerstörten Leuten ja auch weiß: Es kann ja trotzdem eine gute Tour geworden sein! Vielleicht ist der Typ gleich eingepennt, hatte eine 50€-Tour und hat am Ende mit einem Hunderter und „schdimmso“ gezahlt, weil er’s nicht mehr gerafft hat. Und ablehnen können hat der Kollege auch noch. Man sollte meine Schadenfreude, so man sie denn aus diesem Text herauslesen könnte, wirklich nicht überbewerten.

Aber ja: In einer Schicht mit 50€-Stundenschnitt war ich heilfroh, dass dieser Kelch Kerl an mir vorüberging!

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Ausbildungsfonds: check!

Berlin in den späten 2030ern.

Kind: „Papa, ich brauch einen neuen Firzelgenerator für die Uni!“
Sash: „Hier mein Kind, da hast Du drei Euro. Die sind von Dirk.“
Kind: „Papa, wer ist Dirk?“
Sash: „Also, das war damals, Anfang 2016, so …“

Es war eine kurze Fahrt mit Dirk. Er hat sich gleich nach dem Ranwinken mit Handschlag vorgestellt, mir gezeigt, dass seine Jacke beheizt ist und dann sein Ziel angesagt. So überschaubar die Länge der Tour war, so unerwartet kam sie, quasi mitten im Wohngebiet. Er erklärte selbst, dass er nach dem Finale der Dart-WM im Fernsehen ein wenig betrunken sei, aber das sei schon ok, er habe schließlich frei. Damit war unsere gemeinsame Zeit im Grunde vorbei und es ging an die Begleichung der 9,10€ Fahrtkosten.

„Wie viele Kinder hast Du?“

„Keine.“

„Hmm, ok. Mach trotzdem mal 12.“

„Oh, vielen Dank!“

Ich musste etwas im Portemonnaie herumsuchen, denn ich fand keine Ein-Euro-Münze. Ich entschuldigte mich dafür, dass es so lange dauerte, woraufhin Dirk einwarf:

„Ach, gib mir einfach 35 zurück.“

„Ähm wow, nochmals vielen Dank!“

„Ist für die Ausbildung der Kinder. Von Dirk. Vergiss das nicht. Sag ihnen, das ist von Dirk, ok?“

Ja, ich hab’s hier nur aufgeschrieben, damit ich’s mir all die Jahre merken kann … 😀