Quittungen

Ich schreibe ja über vieles im Taxi, erstaunlicherweise aber sehr wenig über Quittungen. Das hat einen eigentlich recht banalen Grund: Quittungen sind öde! Eine Quittung ausstellen ist so langweilig und belanglos, dass ich nicht einmal darüber nachdenke und in 90% aller Fälle nicht einmal eine ordnungsgemäße anfertige. Nicht unabsichtlich: Eigentlich müsste ich nämlich die Fahrtstrecke auch aufschreiben, erfahrungsgemäß braucht das keine Sau. Und ich frage mich ohnehin, wie das gemeint ist. Im Alltag hat sich die Angabe von Start- und Zielpunkt eingebürgert, streng genommen ist das allerdings nicht unbedingt eine Streckenbeschreibung. Aber egal!

Ich schneide das Thema Quittungen im Taxi deswegen an, weil sie gestern Abend alle waren. Das – hier mal ein Lob an meinen Tagfahrer – war in nun bald viereinhalb Jahren meines Wissens nach das erste Mal der Fall. Ich selbst könnte zwar bei der Abrechnung auch welche mitnehmen, ansonsten bin ich aber schlicht nicht zu Bürozeiten unterwegs. Wenn es eng wird Nachschub holen ist da nicht drin.

Aber seit ich mich an dieses Taxi erinnern kann – und das kann ich so ungefähr bis zu einem Kilometerstand von 120.000 zurück – waren immer Quittungsblöcke im Auto. Der eine in aktueller Benutzung sowieso, darüber hinaus aber eben auch Ersatz im Handschuhfach. Es war bisher nur wenigen von euch vergönnt, mal einen Blick ins Handschuhfach der 1925 zu werfen, aber erst diese Woche kam es dabei zu folgendem Ausspruch:

„Sieht aus wie meines!“

Und bei meinem bescheidenen Kenntbnisstand bezüglich bundesdeutscher Handschuhfächer kann tatsächlich davon ausgegangen werden, dass jenes der 1925 keine Ausnahme ist: es ist hemmungslos zugemüllt. Glücklicherweise nur mit Papier, nicht mit irgendwas Schimmligem (wie Mais, um mal eine Referenz ans Tagesgeschehen jenseits Berlins anzubringen). Im aktuellen Fall allerdings nicht mit Quittungsblöcken. Und so stand ich dann da. Mit drei verbliebenen Quittungen. Puh!

Lithrael hat gestern auf Twitter gefragt:

„Wie oft wird denn überhaupt eine Quittung fürs Taxi verlangt?“

Da könnte ich meine gestrige Erfahrung nehmen und sagen: immer eine mehr, als man dabei hat wenn es mal knapp ist. 🙂

Im Ernst: Es ist sehr sehr unterschiedlich. Vor allem wahrscheinlich zwischen Tag- und Nachtschicht. Aber auch ich hatte schon Schichten mit 20 Fahrten ohne eine einzige Quittung und Schichten mit 10 Touren, von denen 8 quittiert werden sollten. Bei mir sind es meist weit unter 50% Quittungen, vor allem, da ich viele Touris von Clubs ins Hotel fahre.
Andererseits sollte man nicht vorschnell sein. Gerade aus den Clubs strömen immer auch mal ein paar kreative Köpfe aus der hiesigen Szene und lassen sich für die Fahrt sicherheitshalber einen Beleg ausstellen, weil man ja nie weiß, ob das sechsstündige Tanzen im Berghain nicht vielleicht doch eher so eine Art Geschäftsanbahnung war … 😉
Man kann es also einfach nicht wissen. Vor allem aber muss ich Quittungen mitführen. Das höchstwahrscheinlich recht geringe Ordnungsgeld ist zwar im Gegenzug zu einer Schicht riskierbar, aber den potenziellen Ärger mit Fahrgästen sind solche Papierfetzen einfach nicht wert.

Wie hab ich das Problem gelöst?

Nein, nicht selbst geschrieben! Da hätte ich sicher die Hälfte vergessen. Vom Aufwand mal ganz abgesehen …

Nee, ich hab mich einfach glücklich geschätzt, in einer größeren Firma zu arbeiten. Man trifft ja immer mal wieder nette Kollegen:

Quittungscheating, Quelle: Sash

Fürs Wochenende sollten wir jetzt erst einmal wieder genügend Quittungen haben. Da hätte mein Tagfahrer ja eigentlich auch drauf kommen können …

Haftungsgeschichten

Wenn wir heute schon bei kleinen Helferlein im Taxi sind, dachte ich so bei mir, dass ich Euch auch noch kurz mal meine Anti-Rutsch-Matte fürs Handy zeigen könnte. Wollte ich letzte Woche schon einmal mit Bild aus dem Taxi machen – die sind jedoch qualitativ nicht so dolle geworden. Im Gegenzug bin ich aber von der Qualität dieses Dings ziemlich überzeugt. Ich hab bei mir im Auto zwar auch nicht so einen hundertprozentig perfekten Platz zur Anbringung gefunden, aber abgesehen vom Einsatz als Handyhalterung kann so ein Teil auch einfach helfen, Stifte, Bücher oder whatever auf dem Armaturenbrett rumliegen zu lassen.

Ich war bezüglich der Haftkraft auch skeptisch, aber … es geht wirklich:

Hängt es höher! Quelle: Sash

…und ich hab das Handy absichtlich nur so weit unten angehängt. Bei mir hat es im Auto eine komplette Schicht problemlos gehalten, obwohl die Matte im 45°-Winkel unsauber über der Lüftung und auf unebenem Grund lag und das Handy nur rund 2 cm² Auflagefläche hatte. Auch über Pflastersteinpisten und durch Schlaglöcher! Und sauber kriegt man das Teil mit einmal abspülen. Also für irgendwas im Auto kann sicher jeder sowas mal brauchen, ich bin echt begeistert. Hersteller und Modelle gibt es natürlich jede Menge verschiedene.

Darf auch mal blau sein …

Zugegeben, das trifft auf Taxifahrer im Dienst nicht zu. Glücklicherweise. Auf die Autos (zumindest in Berlin) auch nicht. Auf den Rest der Ausstattung trifft das jedoch alles nicht zu und deswegen probiere ich es jetzt einmal hiermit:

„Ich hab Geld!“ „Halt die Klappe, Du bist blau!“ Quelle: Sash

Ein Versuch. Und zudem ein Wunsch, der mir von einem Leser oder einer Leserin erfüllt wurde (seit geraumer Zeit hab ich nichts mehr von meiner Amazon-Liste mit einer Nachricht bekommen. Absicht oder Fehler im System?).

Das freut mich ungemein, ich bin beim Geldbeutelkaufen nicht so gut. Ein bisschen zynisch hab ich bei Twitter vor ein paar Tagen folgendes verlauten lassen:

„Der käufliche Erwerb von Geldbeuteln ist mir fast unmöglich. Dinge, die durch die eigene Anschaffung obsolet werden, beleidigen meine Logik.“

Das stimmt im Taxi natürlich nicht ganz. Nichtsdestotrotz bin ich etwas zaghaft beim Rumprobieren. Mir ist klar, dass ein gutes Portemonnaie etliche Jahre halten kann, das ist dann allerdings auch wirklich eine Finanzfrage. Und mögen muss man es ja dann auch noch. Ich hab im April 2010 bereits über meine Börse geschrieben, damals hatte ich sie gerade ausgetauscht. Witzigerweise ist die heute ersetzte die selbe. Nur noch abgeranzter als damals:

Das alte Portemonnaie. Quelle: Sash

Dieses altehrwürdige Stück Leder war schon im letzten Jahrtausend auf Berlins Straßen im Taxi im Einsatz. Ich habe es von Ozies Vater, der einige Zeit vor mir auch mal im Taxi saß. Zwischenrein hatte ich dann eines von meinen Chefs – die schenken jedem neuen Fahrer eines. Das allerdings, da hab ich auch Verständnis für, war natürlich kein State-of-the-Art-Modell und sah recht schnell noch schlimmer aus als das Elend da oben. Und jetzt sammele ich eben Erfahrung mit Nummer drei.

Warum es blau ist?

Ich hab ehrlich gesagt keine Ahnung. War eine spontane Laune. Ich mag Schwarz ja sehr (ich trage ja auch fast zu 100% schwarze Klamotten), aber warum nicht einmal was neues ausprobieren? Viel wichtiger war mir ohnehin die Fächer- und Gesamtgröße, die Aufteilung etc.
In erster Linie ist es eben doch nur ein praktischer Gegenstand. Allerdings einer, der – schon des Inhalts wegen – natürlich besonders gerne in die Hand genommen wird. 🙂

Keine Poblem!

Cottbus also. Viel gesehen habe ich in der Nacht nicht von der Stadt, aber sie wirkt nachts recht beschaulich. Wie ja fast alles in Deutschland. Die Rückfahrt war an sich schön, 100 Kilometer unbeschwerter Heimflug mit bereits verdientem Geld – besser geht es ja kaum. Aber gezogen hat es sich. Heute taut der ganze Schnee bereits weg, auf der Autobahn nach Berlin hat man sich nach 5 Minuten gefühlt, als würde man auf einen Win98-Screensaver starren, Schneeflocken überall. Eine gewisse Hirbeligkeit im Kopf machte sich breit. Ich hab’s dann auch langsam angehen lassen, dem Tempomat die Geschwindigkeit unter der maximal erlaubten diktiert und zwei Coffees gegen die aufkommende Müdigkeit eingeworfen.

Da arbeitet man 4 Jahre in der Nachtschicht und hat seinen Biorhythmus immer noch nicht umfassend verarscht!

Zuletzt hab ich die hellen und abwechslungsreichen Straßen Berlins geradezu herbeigesehnt. Ich war zwar erst rund 6 Stunden auf der Straße, aber dafür weite Teile durchgehend – ist man ja als Taxifahrer auch nicht gerade gewöhnt. Kurzum: ich dachte an einen frühen Feierabend. Aber wie immer schaltete ich die Fackel nicht einfach aus. Kann man ja nicht machen, schon gar nicht an einem Sonntag Morgen um 3 Uhr!

Ich wurde umgehend wieder fitter in der Stadt und beschloss, zumindest den Gastank schon mal wieder aufzufüllen. Kleiner Umweg zur nächsten Tanke, ansonsten hab ich mal grob in Richtung Heimat gezielt. Nach dem Tanken kurz Winker, kleine Tour, unter 8 €. Kam mir irgendwie mickrig vor. Egal, weiter!

Ich war bereits gefühlt in Marzahn, eierte die Rhinstraße hoch, da winkte es tatsächlich noch. Ein bereits reichlich verlebt aussehender Typ, um die fünfzig vielleicht, offenbar asiatischer Abstammung. Ich hoffte auf eine schnelle Tour, die mich der Heimat näher bringen würde, stattdessen meinte er:

„Kenndu Casino, Lessandaplas?“

„Hm, Casino am Alex?“

„Opossdaplaas!? Possdaplaas!“

„Aber ein Casino? Am Potsdamer Platz. Die Spielbank?“

„Bielank! Ja!“

Es mag undankbar erscheinen, aber sonderlich gefreut habe ich mich nicht über diese zehn Kilometer lange Fahrt, zu der ich umgehend wenden musste und mit der meine Heimat langsam im Rückspiegel verschwand. Auf der anderen Seite war es aber eben eine fette 20€-Winkertour. Trotz Cottbus ist das eine tolle Sache. Während ich mich innerlich also mit meinem Schicksal arrangierte, indem ich mir meinen Verdienst ausrechnete, ermahnte mein Fahrgast mich:

„Biee snell fahe!“

„OK, ich sehe, was ich tun kann.“

Schnell fahren. Das ist nachts um halb vier nicht wirklich ein Problem, aber an gewisse Verkehrsregeln hat man sich als professioneller Fahrer dann halt doch zu halten. Wenigstens so grob …
Dass ich ganz knapp über der erlaubten Höchstgeschwindigkeit war, nicht einmal ihm, sondern eher mir zuliebe, nahm er wortlos zur Kenntnis und neigte umgehend zum Wegnicken. Nach einer knappen Minute standen wir an der Rechtsabbiegerampel, die uns auf Alt-Friedrichsfelde, die große Ost-West-Achse, führen sollte.

„Oje. Kenne Lampe. Is lange Waatn!“

„Ach ja …“

„Keine Poblem! Einfa faahe!“

Na klar. Vom Beifahrersitz aus redet sich das ja schön daher. Aber ein fleißiger Gesetzeshüter in der Ecke und ich hätte – dieses Mal zu Recht – wieder den ganzen Mist wegen überfahrenen Rotlichts an der Backe. Nicht nur, dass ich eigentlich recht stolz bin auf meine 0 Punkte in Flensburg, ein beknackter Verstoß wie der hätte mich mehr gekostet als die ganze Nacht gebracht hatte. Inklusive Cottbus, inklusive Trinkgeld! Manche blöde Ideen erkennt man recht schnell und ich hab meinen Fahrgast folglich einfach auflaufen lassen. Hat mich vielleicht einen oder zwei Euro Trinkgeld gekostet. Boah, tragisch!

Den Rest der Fahrt über hat er glücklicherweise geschlafen und nach der Tour hatte ich auch nichts anderes mehr vor. Dieses Mal hab ich den Heimflug auf dem kürzesten Weg auch geschafft. Ohne Unterbrechungen. Irgendwann ist dann auch mal gut.

Die Kollegen Dunning und Kruger

Der Dunning-Kruger-Effekt ist für mich eine sehr gute Erklärung, warum man mit Idioten so viele Probleme hat. Idiotie alleine wäre oftmals allenfalls eine niedliche Macke und im privaten Bereich vielleicht sogar recht unterhaltsam. O.g. Effekt beschreibt das, was uns dann aber allen auf den Keks geht:

Eben durch ihre Inkompetenz fehlt den Leuten die Einsicht, dass sie inkompetent sind. In der Folge fehlt – flapsig ausgedrückt – just den größten Idioten die Ahnung, dass sie keine Ahnung haben, Sie werden ihre Meinung selbstsicher vertreten, sich überschätzen und erst Recht schlecht blicken, wenn jemand anders cleverer ist. (Wikipedia zum Dunning-Kruger-Effekt)

Das Schöne daran ist: so lange man der selben Meinung ist, passiert auch nix. Im Dienstleistungsbereich gerät man aber immer mal wieder in Situationen, in denen die Meinung von Kunde und Dienstleister aufeinander treffen. Da die beiden Parteien von den Umständen des Gegenüber oft recht wenig wissen, begibt man sich somit leicht auf’s Glatteis eines Kompetenzgefälles – und nicht immer kommt man dabei vorwärts, ohne auf die Nase zu fliegen.

Ich stand letztes Wochenende in Hohenschönhausen und war eigentlich schon vorab ein wenig verärgert, weil ich wegen einer unglücklichen Infopanne umsonst dorthin gefahren war. Scheinbar war das Glück mir jedoch hold und sandte mir ein paar Fahrgäste. Na prima?

Denkste!

„Na endlich sind Sie da!“

„Oh! Hatten Sie etwa ein Taxi bestellt?“

„Na sicher – sie sind doch Suleyman!“

„Ähm, nein. Leider nicht! Aber ich bin sicher, der Kollege kommt gleich.“

„Können Sie uns nicht einfach kurz mit dem Kind hier durch die Gegend fahren?“

Ich hab mich überwinden müssen, sie nicht einfach einzuladen. Aber es wäre unfair dem Kollegen gegenüber gewesen und zudem hätte ich für das Kind wirklich keine passende Sicherung gehabt. Dafür war es schlicht zu klein. Ich habe also freundlich, dennoch bestimmt, verneint und sie gebeten, doch kurz zu warten.
Für den ersten Moment schienen sie das auch zu akzeptieren. Ich hatte noch kurz was im Auto rumzuräumen, stand also noch etwa fünf Sekunden da. Dann riss der Typ, Marke Möchtegern-Irgendwas mit Karohemd und Brille, abermals die Beifahrertür auf und schnauzte mich an:

„So ein Scheiß! Erst schicken Sie uns mit dem Kind hier durch die Gegend und dann wollen Sie uns nicht mitnehmen! Eine Frechheit!“

Keine Ahnung, wie es euch so geht, aber ich lass mich ungern anschreien. Schon gar nicht, wenn ich nichts für den Ärger kann. Am liebsten wäre ich natürlich rübergegangen, hätte den Kerl gefechtsunfähig gemacht und ihm vorgeworfen, der Blödheit der Menschheit Vortrieb zu leisten, indem er sich auch noch vermehrt. Wäre sicher befriedigend gewesen, aber ich halte es da dann doch mit Fettes Brot:

N‘ dummer Bauer
mit blaugehau’nen Augen
wär keine Nummer schlauer
das wäre blauäugig zu glauben …

(witzigerweise ein Text, der auf einen Taxifahrer bezogen ist)

Aber hey: ich hatte überhaupt niemanden irgendwohin geschickt und ich hätte sie eigentlich sehr gerne mitgenommen. Außerem wusste ich, dass ich nicht bestellt war, dass noch ein Taxi unterwegs ist und dass ich die Fahrt wegen fehlendem Kindersitz gar nicht hätte machen dürfen. Für mein Gegenüber, immerhin erwachsen genug um ein Kind zu tragen, stand ganz offensichtlich die Gleichung fest:

„Ich hab ein Taxi bestellt + da steht ein Taxi = mein bestelltes Taxi ist da“

Für mich war das etwas unbefriedigend, denn nach kurzer Selbsteinschätzung war ich immer noch Sash, nicht Suleyman – und meiner 1925 war auch noch kein passender Kindersitz und eine neue Konzessionsnummer gewachsen. Also bin ich zumindest oberflächlich ruhig geblieben, ausgestiegen und hab einfach darauf hingewiesen, dass ich doch nicht einmal wüsste, welches Taxi sie wo bestellt hätten und mich deswegen ein bisschen zu Unrecht angegangen fühlen würde. Aber klar – an einer inhaltlichen Diskussion lag den Intelligenzverweigerern wenig Sie hatten ja Recht, soll dieser Depp von Suleyman doch sagen, was er will!
Ihre „logische“ Konsequenz auf meine Nachfrage war, sich ein freies Taxi heranzuwinken. Klar: Man kann ja ruhig mal drei Taxifahrer in einer Viertelstunde beschäftigen!

Ich hab natürlich auf eine große Szene verzichtet. Schlimm genug, dass ein egoistischer Schwachmat mir meine Laune versaut, was sollte ein Streit um eine Tour, die ich jetzt ganz sicher nicht mehr fahren wollte, bewirken? Und wenn er so weiter macht, vermöbelt ihn schon mal jemand anders für mich mit, das ist ok.

Ich sollte da nicht so emotional sein. Schon klar. Ich freue mich trotzdem immer, wenn man nach ein paar gewechselten Sätzen den Erkenntsnisstand angeglichen hat – dann kommen die Kollegen Dunning und Kruger gar nicht erst zum Zug. 😉

Keynotes und Wiedereinstiege

Und dann war da noch mein Tagfahrer.

Der ist kürzlich, nach langer Krankheit, das erste Mal wieder ins Taxi gestiegen. Prompt klingelte bei mir zu einer ziemlich unpassenden Zeit das Telefon. Er entschuldigte sich hundertfach und fragte mich, ob ich in letzter Zeit Probleme mit den Keys gehabt hätte, auf denen wir unsere Schichten speichern.

Nun hat die 1925 natürlich die ein oder andere Macke – was sie darf, wir haben die 360.000 km inzwischen weit hinter uns gelassen – aber bei den Keys? Also ich hab zwar vor Ewigkeiten mal einen davon kaputt gekriegt, ansonsten sind die Dinger haltbarer als alte Nokia-Handys. Genau genommen war mein Exemplar, auf das ich wohl draufgetreten bin, als es mit meinem Schlüssel zusammen in einer Hosentasche weilte, das einzige, das meine Chefs jemals wegwerfen mussten …

Und nicht nur das: der Kollege meinte, auch unser immer im Auto liegender Ersatzkey würde nicht angenommen – und im Büro sei derzeit niemand erreichbar.

Wer jetzt denkt, das sei eine Kleinigkeit, irrt. Ohne diesen Key können wir uns nicht am Taxameter anmelden, was heißt, dass es nicht funktioniert. Und mit dem Taxameter auch die Fackel nicht. So gesehen erfüllen die Keys tatsächlich eine, nun ja, Schlüsselfunktion beim Taxifahren: Ohne Key geht nix!

Und jetzt?

Ich hab meinen Tagfahrer eingeladen, kurz vorbeizukommen, notfalls hätte er halt meinen Key gekriegt. Das muss Cheffe dann zwar umständlich umbuchen im Computer, aber besser als eine nicht gefahrene Schicht ist der Aufwand ja allemal. Auf des Rätsels simple Lösung bin ich natürlich auch nicht gleich gekommen. Als mein Kollege vor der Tür stand, war das Problem dann dennoch schnell gelöst. Ich versuchte es testweise noch einmal mit seinem Key – und siehe da: er war eingeloggt, das Taxameter zeigte frei an und die Fackel leuchtete. Mein Tagfahrer war verständlicherweise etwas irritiert und fragte:

„Wat? Wat hast’n jedrückt?“

„Na die 2 und die 3, wie immer …“

Die richtige Tastenkombination vergessen … nach drei Monaten Abstinenz vom Steuer keine verwunderliche Geschichte und trotz der Kleinigkeit eben ein Fehler mit großen Auswirkungen. Schade, dass ich nicht schon am Telefon auf die Idee gekommen bin! Aber – der Sache angemessen – hat er es mit Humor genommen und sich gefreut, nun doch ohne Werkstattbesuch gleich durchstarten zu können.

Und ich? Ich hatte frei, war eh wach und wollte sowieso noch einkaufen. Außerdem war ich froh, dieses Problem schnell lösen zu können. Mein Tagfahrer hat mir letztlich auch schon oft hier und da einen Tipp geben können und mir mit dieser oder jenen Extra-Minute Aufmerksamkeit eine Schicht gerettet. So gesehen sind wir durchaus ein gutes Team, so wenig wir uns auch naturgegeben sehen.

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Gewissensfrage mit Kindersitz

Kindersitze im Taxi – die Hölle ist ein Scheiß gegen dieses Thema. Zur Vorablektüre für relativ neue Leser würde ich auf meinen Grundsatzartikel zu diesem Thema verweisen. Neben allerlei Infos zum Thema hab ich dort auch meine Meinung gesagt, nämlich dass ich mich garantiert nicht auf irgendwelche halbseidenen Fahrten mit unangeschnallten Kindern einlassen würde. Und was soll ich sagen? Ich hab’s jetzt doch gemacht. Das war freilich kein Stück legal, ich hab’s nicht gern gemacht, möchte es an dieser Stelle trotzdem verteidigen und erklären.

Angefangen hat alles damit, dass ich an meinem Lieblingsbahnhof stand und plötzlich ein freundliches Gesicht zum Fenster hineinsah. Wie sich herausstellte, handelte es sich um einen Inder, der gerade eine vierundzwanzigstündige Reise aus seiner Heimat hinter sich hatte und nun kein Taxi für seine Familie und sein vieles Gepäck fand. Sein Kind war definitiv zu klein für meine Sitzerhöhung, also hab ich getreu meinem Grundsatz abgelehnt und ihm vorgeschlagen, ein Taxi zu bestellen.
Das Ganze war natürlich nicht so leicht, schließlich konnte er kein Wort Deutsch und er traute sich auch nicht so recht, bei der Zentrale anzurufen. Eine Nummer hab ich ihm natürlich gegeben. Er wollte indes meiner Anweisung durchaus Folge leisten und betonte auch, dass er extra schon eine deutsche SIM-Karte im Handy hätte. Also hab ich ihm, während ich am Stand vorgerückt bin, geholfen und telefoniert. Er hoffte und hoffte, wurde vom Regen bereits ganz nass, seine Frau und sein Kind saßen noch auf einem Gepäckberg unter dem Vordach.

Und dann? Nix. Die beiden großen Zentralen konnten beide kein Taxi mit einem Kindersitz auftreiben. Normalerweise würde ich auch in diesem Fall die U-Bahn empfehlen, aber die Fahrt sollte nach Lichtenberg, in einen ziemlich abseits gelegenen Wohnblock gehen, eine Unterkunft für seinen Arbeitseinsatz. Mindestens zweimal Umsteigen wäre nötig gewesen, der Fußweg dennoch lang. Dazu kam, dass sie mit 3 großen Rollkoffern, 2 Rucksäcken und eben jenem Kind unterwegs waren, das jetzt selbstverständlich nach der Reise ohnehin nur noch gelegentlich mit einem Auge blinzelte, ob Mami noch da ist.

Also hab ich’s dann doch getan. Die Optionen waren mehr oder minder ausgereizt, die Alternativen waren nicht wirklich welche. Zudem war das Ziel auf einem sehr kurzen Weg über kleine Nebenstraßen zu erreichen, so dass ich mit sehr niedriger Geschwindigkeit und wenig potenziellen Unfallgegnern auch die Gefahren auf der Strecke weiter senken konnte. Es ist wohl einfach wahr, dass keine Regel ohne Ausnahme existiert.

Am Ende ging natürlich alles glatt, das tut es sicher fast immer. Ich bin mir trotzdem sehr sicher, dass das auf lange die letzte Ausnahme gewesen sein wird.