Gemeiner Sash!

Ich hab mich dieses Wochenende ziemlich sicher bei einem Kollegen unbeliebt gemacht. Ich hatte allerdings keine Ahnung. Als ich in der Wiener Straße auf Höhe der Lausitzer wenden wollte, war an sich kein Ding. Da hatte ich auch eindeutig Vorfahrt vor dem Kollegen, der bereits an der rechten Seite wartete. Für einen Moment dachte ich noch, dass es mich ja ein bisschen nerven würde, wenn sich so auf den letzten Drücker noch ein freier Kollege vor mich quetscht, aber dann war ich auch schon abgelenkt: Direkt beim Wenden nahm ich von den zwei Leuten am Straßenrand ein – Ja! Ein Winken! Juhu, Kundschaft! Äh, wo waren wir?

Genau so war es. Ich hielt also kurz und die Kunden stiegen ein. Dass ich ein paar Meter an ihnen vorbeigefahren bin, entschuldigte ich umgehend:

„Sorry, ich war mir nicht ganz sicher, ob sie gewunken haben …“

„Ja, äh, haben wir auch, also nicht so direkt. Eigentlich haben wir dem Kollegen gewunken, aber uns ist es ja letztlich egal, welches Taxi wir nehmen.“

Das ist fies. Ich hab mich aus der anderen Perspektive auch schon über sowas aufgeregt. Denn: Ja, für die Kunden ist es natürlich egal. Und im Optimalfall läuft das Taxigeschäft halt so. Für uns Fahrer ist es halt leider nicht so egal. Wir freuen uns über jeden Kunden der uns anhält und wir haben einfach nullkommagarnix davon, dass der Kollege XY jetzt Umsatz macht, während wir leer ausgehen. Insofern tut es mir bei aller Rechtmäßigkeit etwas leid, ich wollte dem Kollegen die Fahrt nicht abluchsen.

Aber ich muss auch mal „Wow!“ sagen am Ende: Alleine die Tour hat fast einen Zwanni gebracht. Insgesamt hab ich in der Folge 75 € in zwei Stunden eingefahren – das liegt schon auf gutem Wege in Richtung Silvesterschicht. Ich hoffe, besagtem Kollegen ging es genauso. Manchmal sind es ja auch die nicht angenommenen Touren, die den Auftakt zu einer Serie geben. Glücklicherweise weiß man das ja nie.

Schicksal, alte Arschkrampe!

Ich liebe es so, wenn mal alles läuft, wie es soll. Ich stand auf der Danziger, Ecke Kollwitz. Fahrtrichtung Osten. Während die Ampel noch rot war, schiebt sich ein ebenfalls freier Kollege auf die linke Spur neben mir. Kaum, dass die Ampel grün wird, drückt er das Gaspedal voll durch und zieht mir davon …

Zunächst dachte ich, er will vielleicht 100 Meter weiter links ab in die Prenzlauer Allee. Aber nix da. Er hat die Ampel einfach mal genutzt, um mich überholen zu können. Was mal unter aller Sau ist. Außer egoistischem Arschlochgeprolle gibt es nichts, was dafür spricht, sich nicht an die Regel, keine freien Taxen zu überholen, wenn man selbst frei ist, zu halten. Natürlich nerven einen auch mal Kollegen, die gefühlt zu langsam vor einem herzuckeln, aber dann ist das halt so.
Die Situation dort vor Ort ist noch dazu in anderer Hinsicht doof. Zu manchen Stunden sind die Ampeln dort so scheiße geschaltet, dass man von der Ampel an der Kollwitzstraße direkt auf die an der Greifswalder trifft, wenn sie auf Rot schaltet. Man muss auf den 100 Metern schon auf 60 oder 70 hochbeschleunigen, um sie bei der Schaltung gerade noch bei Gelb zu kriegen. Das schaffe ich zugegebenermaßen mit meinem Auto gar nicht. Oder ja, vielleicht irgendwie ganz knapp gerade so … es war mir immer zu eng, um es zu versuchen.
Was, bei allem Ärgernis übers Warten, immer noch kein Grund ist, mich zu überholen. Ich bremse schließlich auch manchmal, um mich hinter einem Kollegen einzureihen. Wäre ja noch schöner, wenn künftig die Motorgröße oder die zufällige Anfangsgeschwindigkeit über die Vorfahrt entscheidet.

Und was passierte nun?

Naja. Während ich bereits wieder runterbremste, weil die Ampel vor mir auf gelb schaltete, drückte der Kollege, inzwischen gut 30 bis 40 Meter vor mir, nochmal voll das Gaspedal seiner E-Klasse durch. Fast exakt zeitgleich mit seinem Passieren der Haltelinie reckte ein erstaunter Fahrgast am Fußgängerweg der Ampel seine Hand. Ich hab für den Hauch einer Zehntelsekunde die Bremslichter des Daimlers aufleuchten sehen. Aber der „Kollege“ sah wohl ein, dass eine Vollbremsung bei dem Tempo ihn wohl nur irgendwo mitten auf der Kreuzung ins Schleudern hätte geraten lassen. Also bin ich dem über das andere Taxi etwas irritierten Kunden entgegengefahren und habe – die Ampel war ja sowieso rot 😉 – vor ihm gehalten und ihm mit seinem Gepäck geholfen. Soll das Arschloch von Taxifahrer doch Vorsprung haben, so lange ich Kundschaft habe. 😀

Es wurde eine sehr unterhaltsame Tour zum Hauptbahnhof. Nichts aufregendes, aber 11 € plus Trinkgeld, dazu ein in Österreich lebender Amsterdamer auf dem Weg nach München mit viel Reiseerfahrung und netten Berlin-Anekdoten. Hat mir finanziell zudem bis auf 2 € an mein Tagesziel herangereicht. Manchmal zahlt es sich halt doch aus, einer von den Guten und nicht einer von den Schnellen zu sein …

Nochmal das Auto …

Nach dem gestrigen Eintrag kann ich heute gleich nochmal eine Truppe jugendlicher Fahrgäste vorkramen, die irgendwie mit der Autoauswahl so ihre Probleme hatten.

Mir tut es im Übrigen leid, dass immer Mercedes den Gegenpol bildet, wenn es um das Fabrikat geht. Ich sag es immer wieder: Auch wenn ich keinen Daimler fahre: Ich hab nix gegen die Autos! Die sind toll und haben in vielen Bereichen große Stärken. Ich möchte mich hier also nicht gegen die Mercedes fahrenden Kollegen stellen oder so, das ist Quatsch. Und wenn ich selbst Mercedes fahren würde, könnte ich auch noch genauer berichten, wo deren Vorzüge liegen. Ich finde nur manchmal dieses sture Eingeschossensein auf die Marke mit dem Stern befremdlich. Vor allem, wenn sie wie beim gestrigen Artikel – oder dem gleich folgenden Beispiel – ein bisschen unsinnig ist.

Wechseln wir rüber zum Berghain. (Im Übrigen ein Dank hier für den GNIT-Link im Berghain-Forum. 😉 ) Ich stehe in der Schlange, vielleicht an fünfter Position. Erstes Großraumtaxi. Ein Bus ist in der ganzen Schlange nicht zu finden*. Was entscheidend ist, denn nun treten 6 Jünglinge auf, die, auch für mich deutlich vernehmbar, den Fahrer der E-Klasse vor mir fragen, ob er 6 Leute mitnehmen würde. Er verneint aus nachvollziehbaren Gründen.

Torsten hat dereinst mal erwähnt, er hatte ein E-Klasse-T-Modell mit Notsitzen gehabt. Das scheint hier in Berlin selten zu sein. Die Rolle der Sechssitzer übernehmen hier wohl fast ausschließlich Tourans und Zafiras, neuerdings wohl auch Prius V’s.

So viel dazu. Die Jungs wanderten also weiter und ich hab mich innerlich schon gefreut, schnell eine Tour zu bekommen. Einer deutete auch auf meinen Wagen, da meinte ein anderer:

„No, that’s no Mercedes.“

Und dann sind sie weitergelaufen. Keine Ahnung, ob sie noch einen Wagen gefunden haben, der ihren Ansprüchen genügte. Hat auf jeden Fall länger als notwendig gedauert, von dort wegzukommen …

*Als Busse sind hier vielfach Vitos unterwegs. Da lässt sich dann Mercedes + Großraum auch in Berlin gut umsetzen. Deswegen habe ich erwähnt, dass kein Bus an der Halte stand.

Voll verarscht … oder so.

Genial: Eigentlich wollte ich zum Berghain, aber als ich auf dem Weg am Ostbahnhof vorbeifuhr, stand kein einziges Taxi am Stand. Dafür aber drei Jugendliche. Die hatten zwar „nur“ eine Tour zum Watergate, aber da ich ja nicht warten musste, war ich regelrecht erfreut. Ich fuhr los und nach drei Sätzen einleitenden Geplänkels meinte mein Beifahrer:

„Ja, unsere Kumpels sitzen da vorne in dem Mercedes von deinem Kollegen. Wieso hast Du eigentlich keinen Mercedes? Willst Du uns verarschen?“

„Nee, das nicht. Aber hey: Wie viele Kumpels sitzen denn da drin?“

„Auch drei.“

„Dann herzlichen Glückwunsch: In meinem Auto hätte ich Euch alle auf einmal mitnehmen können …“

Man bekommt ja selten Gelegenheit, die Vorzüge seines Autos mal an derart passender Stelle so auf dem Silbertablett servieren zu können. 😉

Kollegial

Ich kam gerade von der netten Tour zurück ans Berghain und wollte mich wieder anstellen. Um das zu tun fuhr ich an der immer ewig erscheinenden Schlange an wartenden Taxen vorbei, um an deren Ende zu wenden. In dem Fall passierte etwas völlig normales: Von der anderen Seite aus kam ein freier Kollege angefahren, der sich ebenfalls anstellen wollte – wir konkurrierten quasi um den Platz in der Schlange.

Die Umgehensweise mit der Problematik ist im Kollegenkreis interessant zu beobachten. Da wird teilweise auf das Schlangenende zugerast und mit eiligen Manövern dem anderen Fahrer der Weg abgeschnitten, weil man ja zuerst da war. Was immer noch ein Streitthema sein kann, denn: War der Kollege, der von hinten an die Halte fährt, nicht eigentlich zuerst in einer Art Warteposition und nun nur am Nachrücken? Ich glaube, zu dem Thema gibt es nicht einmal Gerichtsurteile. Aber ich lasse mich gerne eines besseren belehren.

Natürlich ist ein Platz weiter in der Schlange erst einmal Geld wert. Man kommt früher weg, das ist per se immer gut. Andererseits: Was, wenn der erste eine Tour für 4,80 € ums Eck kriegt und der dahinter 3 Minuten später eine für 32,40 €? Meiner Meinung nach ist es also mehr Glück als alles andere – vor allem an den von mir präferierten Halten mit hohem Taxidurchsatz und viel Publikumsverkehr – und entsprechend bin ich da immer kollegial. In erster Linie entscheidet beim Heranfahren an die Halte in meinen Augen die StVO (wenn ich wende, hab ich nicht Vorrang vor dem entgegenkommenden Kollegen), aber selbst wenn mich das Schicksal begünstigt, gebe ich schon auch mal ein Zeichen, dass der Kollege vorfahren kann. Lieber als Stress an der Halte ist mir ein Platz weiter hinten sowieso allemal!

Aber als ich nun das Ende der Schlange am Berghain erreichte, hielt der einfahrende Kollege Abstand und gab mir via Lichthupe zu verstehen, ich solle doch zuerst einscheren. Hab ich nach so netter Aufforderung natürlich gerne gemacht. 🙂
Und ja, das ist so eine Kleinigkeit. Eine einfach nur nette Geste, die im Endeffekt nur selten Auswirkungen auf unseren Umsatz hat. Zumindest nicht vorhersehbar, in welche Richtung. Trotzdem ist das selten da draußen, deswegen freut das doppelt und deswegen hab ich beim Aussteigen auch kurz noch mit freundschaftlichem Nicken in Richtung des Kollegen signalisiert, dass ich das zu schätzen weiß. Und ich habe festgestellt, dass es – ein bisschen wider Erwarten – keiner war, den ich kannte. Keiner aus meiner Firma, keiner von den Gesprächsrunden am Stand. Einfach nur ein kollegialer Taxifahrer. I like!

Der Nachfüllknopf

Der Kunde hätte alleine auch nicht mehr wirklich auf der Straße rumlaufen dürfen. Können, naja, gerade so noch. Das Alter würde ich auf maximal 16 schätzen, Promille eher so einskomma. Find ich auch nicht so prickelnd, die Medienberichte über die versoffene Jugend scheinen auch bei mir langsam anzuschlagen. Allerdings muss ich auch mal sagen: Als ob ich mit 16 nicht auch nachts mit Freunden um die Häuser gezogen wäre! Man macht solchen Blödsinn halt und in den meisten Fällen geht es ja auch gut. Man ist manchmal halt ein wenig auf wohlwollende Menschen um sich herum angewiesen, und warum sollte ich als Taxifahrer das nicht auch mal für einen Fremden sein.

Immerhin hatte ich mit dem Jungen keine weiteren Probleme. Er sah nicht nach Kotzen aus, außerdem hat er sich auf den Beifahrersitz gesetzt. Da hab ich im Zweifelsfall ziemlich viel Einfluss auf das Geschehen. Die Beifahrertüre kann ich von mir aus öffnen und den Hänfling hätte ich auch mit Gewalt aus dem Auto schubsen können, sobald er zu sprudeln anfängt. Darüber hinaus war er eigentlich nett, hatte gute Laune und immerhin nix an meinem ausgerechneten Fahrpreis von rund 15 € zu meckern.

Während der Fahrt ist er ein bisschen hibbelig geworden und hat gemeint, er müsse dieses und jenes antatschen, was in seiner Reichweite war, was darin gipfelte, dass ich ihm den Quittungsblock wieder entwenden musste, weil er meinte, er müsse sowas auch unbedingt haben und ich hätte ja sicher noch weitere. Da wusste ich dann wieder, wieso ich so viele pädagogische Seminare in meinem Leben besucht hatte …

Dann aber galt sein Interesse dem Auto und er stellte schnell fest, dass der Tank an diesem Morgen bereits ziemlich leergefahren war. Das ist nicht unbedingt ein Problem, denn ich weiß ja, wo in der Stadt ich tanken kann und zudem …
Da ist mir dann doch ein alter Gag eingefallen, den ich schon mal gebracht hatte. Und der hier würde sicher darauf reinfallen!

„Ja, ist schon ziemlich leer. Aber ist ja ein Erdgas-Auto.“

„Und?“

„Na, da kann ich ja nochmal ein bisschen Luft nachtanken und mit geringerer Dichte weiterfahren.“

„Hä?“

„Ja. Siehste den Knopf mit der Zapfsäule drauf? Damit kann ich Luft in den Tank pumpen. Dadurch wird das Gemisch zwar etwas niederenergetischer, aber es bringt deutlich was. Das Auto verbraucht dann halt etwas mehr, aber der Tank ist erst einmal wieder voll.“

Das ist natürlich vollkommener Bullshit. 🙂
Der besagte Knopf ist dazu da, zwischen Benzin- und Gastank zu wechseln. Und da ich natürlich nie auf Reserve fahre, wenn der andere Tank auch leer ist, war der Benzintank fast voll. Mein Fahrgast sah mich mit großen Augen an, woraufhin ich sagte:

„Probier’s. Ist eh langsam an der Zeit. Drück auf den Knopf!“

Er drückte und nach dem charakteristischen kleinen Ruck, der dabei durchs Auto geht, kletterte die Tankanzeige wie von Zauberhand auf Dreiviertelvoll.

„Krasse Scheiße! Ich wusste nicht, dass …“

„Das’n neues Patent von Opel. Wird derzeit versuchsweise nur in Taxen eingesetzt, das weiß kaum jemand.“

„Krass, Alter!“

„Ja, hat was.“

😀

Also falls Euch dieses Gerücht auf meine Seite gebracht hat: Es war nur ein Joke! Und ich hatte meinen Spaß damit. Ein Kollege am Stand hat geheult vor Lachen, als ich ihm das erzählt habe. Ich bin sonst ja echt niemand, der die Leute verarscht. Aber wenn es einem so leicht gemacht wird, wird man halt mal schwach. 😉

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Freie Farbwahl …

… oder eher nicht. Zum einen ist die Taxifarbe in Deutschland immer noch gesetzlich vorgeschrieben. Im Gegensatz zum ein oder anderen Bundesland existiert hier in Berlin auch keine weit ausgelegte Ausnahmeregelung, die quasi einer Freigabe entspricht. Zum anderen war das sicher nicht freiwillig:

Legal, 1015er RAL, scheißegal. Quelle: Sash

Legal, 1015er RAL, scheißegal. Quelle: Sash

Das soll im Übrigen kein Kollegen-Bashing sein. Es wird einen Unfall gegeben haben und er hat vermutlich erst in drei Tagen einen Termin zum Folieren bekommen. Passiert. Und ich finde, bloß wegen der Farbe sollte man da auch echt beide Augen zudrücken. Wir müssen alle unser Geld verdienen, insbesondere wenn das Auto mal einen Schaden hatte. Ich wollte das nur festhalten, weil mir bislang kein Wagen aufgefallen ist, bei dem gleich so viele Teile ersetzt worden sind. Mal eine Tür und der Kotflügel, ok. Aber DAS war wahrscheinlich wirklich was größeres. 🙁