Und deshalb müssen Taxifahrer alle 5 Jahre zum Arbeitsmediziner

„Ach, auch mal wieder!“

So ungefähr war mein Gedankengang, als Cheffe mir vor einiger Zeit sagte, ich müsse dieses Jahr meinen P-Schein verlängern lassen. Ich will ehrlich sein: Keiner will das Teil sehen, ich selbst spiele auch lieber mit anderen Dingen und lass ihn deswegen im Geldbeutel, ich hätte das durchaus vergessen können.

Also hab ich alle nötigen Termine veranlasst und bin letzte Woche bei der Arbeitsmedizinerin meiner Wahl aufgeschlagen. Ich hab bewusst nicht nach einer der unter Kollegen wohlbekannten Praxen gesucht, bei denen die Tests, ähm, sagen wir: eher Wert auf den theoretischen Teil des Gutachtens legen. Dabei war der Tag alles andere als gut gelaufen, aber die allgmeinmedizinische Überprüfung meiner Fahrtauglichkeit hatte ich schnell hinter mir: Zweimal atmen, einmal nicht „Aua!“ sagen, nie versehentlich umfallen und auf dem Fragebogen bestätigen, dass ich Fragebögen verstehe. Urin in der richtigen Farbe abgeben und das „Bestanden!“-Dokument nicht  vor der Ärztin aufessen, das reicht eigentlich. Was nach inzwischen 25 Wachstunden aber nicht mehr so recht funktioniert hat, war das augenärztliche Gutachten, bzw. genauer gesagt: Die Sehschärfe, ich konnte mich einfach nicht mehr auf eine Richtung zum Hinsehen konzentrieren. Der Rest war gut wie immer, mit meinen 120% Sehvermögen war das ja bisher eher immer so ein Punkt zum Abhaken auf der Liste, kein wirklicher Test.

Also ein paar Tage später einen neuen Termin gemacht, das war dann heute. Ausgeschlafen, hingefahren, in die Röhre geguckt und nicht mehr aus dem In-die-Röhre-gucken rausgekommen. Ja, ich seh immer noch sehr gut, aber wenn man das mal mein linkes Auge alleine versuchen lässt, sieht’s leider etwas anders aus, da krieg ich die erforderlichen 80% nicht zusammen.

Jetzt, wo ich’s weiß, fällt’s mir auch auf. Aber dadurch, dass ich im Alltag selten (und schon gar nicht beim Arbeiten) ein Auge schließe, um mal zu gucken, ob eines nicht reicht, ist mir das nie aufgefallen.

Das ist jetzt zwar nicht unbedingt ein Grund zu überbordender Freude, aber ich hab einfach Nägel mit Köpfen gemacht, war beim Optiker, hab den dritten Sehtest binnen einer Woche gemacht und lasse mir zur Stunde eine Brille fürs Taxifahren zurechtdengeln. Ich hab so gesehen ja das große Glück, dass ich mit einer Kurzsichtigkeit auf einem Auge nun wirklich einen der am leichtesten auszugleichenden Mängel vorliegen hab, das ist am Ende eine leichte Verzögerung des Betriebsablaufs, nix wildes. Muss halt am Ende noch ein weiteres Mal zum Test.

Aber hey, ohne die nötige Untersuchung hätte ich das vermutlich noch eine ganze Weile nicht bemerkt! Man kann’s ja auch mal von der positiven Seite sehen. In meinem Fall also: Rechtes Auge.

Wenn die Brille in zwei Wochen fertig ist, gibt’s auch mal ein aktualisiertes Foto, damit ihr mich am Stand unter all den bärtigen Zwei-Meter-Taxifahrern noch finden könnt. 😉

Knappe Planung

Man kann ja unterschiedlicher Meinung sein, was die Gebühr für nichtbare Zahlung in Berlin angeht. Ob sie auch für Kartenzahlung gelten muss, ob sie zu hoch oder unnötig ist, was auch immer. Trotz all der dazu anfallenden Diskussion hab ich aber bis gestern noch nie erlebt, dass jemand deswegen nicht Taxi fährt. Dass stattdessen Bargeld rausgekramt wird, ok. Dass die Leute sich ärgern, ok.

Aber dann stand sie gestern da und fragte, ob ich auch EC-Karten nehmen würde.

„Ja, klar.“

„Kostet das Gebühren?“

„Sind in Berlin immer noch die 1,50 €.“

„Hmm, ok, dann nicht. Sorry.“

Mich hätte jetzt eigentlich noch interessiert, ob der Restbetrag auf dem Konto auf 1,50 € Genauigkeit an den zu erwartenden Taxipreis reichte oder ob sie einfach prinzipiell Gegnerin der Gebühr war.

Was die Fahrt anging: Ich hätte sie gerne gemacht, hatte andererseits bereits 12* Sekunden später andere Kundschaft.

*nicht verifizierbare innergehirnliche Messung. 😉

Ich, das Arschloch auf dem Fahrradweg

„Das is’n Fahrradweg, Du Arschloch!“

Hab ich neulich wieder gehört und der eloquente junge Mann hatte sogar recht. Der Sicherheit wegen werden immer mehr Fahrradwege, bzw. -Spuren direkt auf der Straße angelegt und ich begrüße das auch sehr. Man sieht sich wirklich besser. Wenn ich allerdings Kunden auslade, fahre ich auch auf diese Spur, „ganz“ rechts ran.

Liebe Radler, ich tue das nicht, weil ich denke, dass man Euch eher behindern sollte als die Autofahrer. Das ist mir egal, da hab ich keine Präferenzen. Da ich allerdings nicht dafür garantiern kann, dass meine (gerne mal angetrunkene) Kundschaft beim Türöffnen auf Euch achtet, versperre ich diesen Weg mit voller Absicht.

Sicher ist es nervig und gefährlich, um ein so haltendes Taxi herum zu fahren. Aber Ihr seid die, die gerade aktiv am Straßenverkehr teilnehmen. Ihr müsst schon dem Gesetz nach nüchtern und aufmerksam sein, meine Kundschaft nicht. Links ist die Kindersicherung drin, da springt keiner unerwartet raus, das Halten am äußersten rechten Rand bietet sich da einfach an.

Wir alle ärgern uns über unnötige Hindernisse, schon klar, ich auch. In dem Fall versuche ich aber eigentlich nur dafür zu sorgen, dass die berühmt-berüchtigte plötzlich geöffnete Tür –sicher der Radler-Horror schlechthin – nicht passieren kann. Ich mach’s also auch für Euch, also bitte weniger Beleidigungen!

„Ja, dann zeigen Sie’s mir eben.“

Der Kunde ist König und ich fahre natürlich gerne so, wie sie wollen. Manchmal kommt mir die Hilfe sogar ganz gelegen, man weiß ja als Taxifahrer auch nicht alles. Und dann gibt es „noch kürzere“ Wege wie diesen:

Quasi Luftlinie, Quelle: osrm.at

Quasi Luftlinie, Quelle: osrm.at

Fairerweise sei gesagt, dass man dabei immerhin eine Ampel spart und der Umweg natürlich nur sehr klein ausfällt. Das waren 20 Cent mehr für mich, ich will da gar kein Faß aufmachen. Auf der Straße merkt man den Unterschied quasi nicht. Der Punkt ist: Ich hab bei der Routenplanung das obige Bild im Kopf. Und mal ganz ehrlich: Da sieht’s nicht gerade nach der cleversten Lösung aus.

Immer zu Diensten

Eine Winkerin. Gar keine schlechte Fahrt, wenn auch nicht herausragend. Aber hey, 17 € sind 17 €.

„Jetzt … wow, schön, dass Sie angehalten haben. Ich wollte da gerade über die App … und dann kamen Sie aber schon.“

„Schneller als die App, da können Sie mal sehen!“

Da ist Berlin natürlich ein spezielles Pflaster, schon klar. Rund 8.000 Taxis können die wenigsten Städte vorzeigen. Natürlich klappt das mit dem Winken nicht überall so wie hier in der Innenstadt. Aus Sicht der Kunden: Leider. Natürlich.

Andererseits muss ich an der Stelle auch mal wieder anmerken:

Alle Firmen, die in den letzten Jahren mit schneller Fahrtvermittlung Werbung gemacht haben – und da schmeiße ich, ohne sie gleichstellen zu wollen, sogar MyTaxi und Uber in einen Topf – bieten ihre Dienste in genau den Städten an, in denen es so viele Fahrer und so viele Kunden gibt. Aus deren Sicht verständlich, keine Frage. Mehr Umsatz, mehr Gewinn. Kenne ich so aus meinem Alltag auch. Die eigentliche Kunst wäre trotzdem, eigentlich unausgelasteten Fahrern Kunden und lange wartenden Kunden einen Fahrer zu vermitteln.

Insofern auch mal: Danke an all die Kollegen auf dem Land und in kleinen Städten, die den Job auch ohne all das gemeistert kriegen!

Wortfindungs … äh, -Dingsbums

„Wo ist denn dein Tempomat?“

„Äh … wieso?“

„Na, Du bist doch Taxifahrer?“

„Du meinst das Taxameter?“

„Äh, ja.“

„Hier oben.“

Tss! Ich zeige Kunden doch nicht meinen Tempomat. Den zu entdecken hat mich schließlich selbst über zwei Jahre gekostet! 😉

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

„Das fragen alle, das ärgert mich!“

Eine ganz normale Tour in einer regnerischen Nacht: Ich stehe am Bahnhof, die Kundin möchte in eine mir auf Anhieb nicht geläufige Straße und schiebt dann netterweise nach, dass die im Nachbarstadtteil liegt. Soweit ganz gut, 90% der Straßen dort lassen sich über eine Hauptzufahrtsstraße anfahren. Ich will mich bereits auf den Weg machen, frage aber nochmal kurz nach, wo in dem Stadtteil das genau wäre. Lag natürlich auf der anderen Seite. Kein Ding, doch noch gewendet und losgefahren. Schon beim Reinzoomen auf die Karte ist mir wieder eingefallen, welche Straße das war, läuft also. Dann aber die Kundin:

„Das ist jetzt nicht gegen Sie, aber mich fragen immer alle Taxifahrer, wie man dahin fahren soll.“

„Naja, ist vielleicht unglücklich formuliert. Aber es ist keine große bekannte Straße und wenn man schnell losfahren will, dann ist so eine grobe Richtungsangabe ganz praktisch.“

„Das verstehe ich. Aber da erwarte ich doch, dass jeder Taxifahrer ein Navi bedienen kann.“

„Das können sicher alle. Aber das dauert ja trotzdem. Sehen Sie, hätten sie mir eine Straße in einem Außenbezirk genannt, dann hätte ich ja ewig Zeit, die Feinplanung zu machen, während ich schon mal grob die Richtung einschlage. Wenn man sich zu Beginn entscheiden muss, in welche Richtung man startet, dann ist halt oft ein Tipp hilfreich, den ein Fahrgast, der sich vor seiner Tür auskennt, mal eben schnell geben kann.“

„Jaja, natürlich. Die wollen sich alle die Arbeit leichter machen, das verstehe ich. Aber das ärgert mich, da könnte ich mich ja auch noch selbst hinters Steuer setzen, das ist doch der Job des Taxifahrers!“

Wo soll ich anfangen?

Fangen wir mal damit an:

Natürlich ist es unser Job, die Fahrgäste ans Ziel zu bringen. Und ja, auch das Auskennen. Dass das in Berlin nicht jede kleine Straße umfasst, hat nicht einmal diese Kundin in Frage gestellt. Also passiert es mal, dass wir Taxifahrer was nicht wissen. Meine Strategie (und offenbar auch die der Kollegen) war die, dass ich einfach mal schnell nachgefragt habe, weil die Kundin dort offenbar wohnte, sich also besser dort auskannte als ich. Ich hätte auch gleich am Stand das Navi befragen können, allerdings möchte ich anmerken, dass es dann halt (eine ganze Menge) andere Kunden gibt, die wiederum stört, dass man nicht gleich losfährt oder die es sogar per se unprofessionell finden, wenn wir Taxifahrer ein Navi benutzen müssen. So oder so, irgendwann findet eben mal jemand dieses oder jenes Verhalten falsch, ärgerlich, verwerflich oder was weiß ich.

Und deswegen muss ich da mal grundsätzlich werden:

Ich finde die Einstellung schon ziemlich daneben. Ich glaube, es gibt keine Dienstleistung da draußen, die nicht noch besser ist, wenn sich Kunden und Dienstleister irgendwie entgegenkommen. Wenn ich in ein Restaurant gehe, dann reiche ich der Bedienung auch gerne mal meinen leeren Teller übern Tisch, damit sie nicht deswegen noch einmal drumrum laufen muss. Obwohl sie fürs Abräumen bezahlt wird. Ebenso biete ich Lieferanten gerne mal an, dass sie ihre Lieferung einfach im Hausflur stehen lassen, wenn ich mich in der Lage sehe, die letzten drei Meter selbst zu überwinden. Und wenn ich Taxi fahre, frage ich den Fahrer, ob er die Adresse kennt oder ob ich ihm sagen soll, wie er da genau hinkommt.

Schon alleine, damit das am Ende alles sicher oder sogar besser klappt als ohne meine Hilfe.

Und ja: Ich verstehe schon diesen Wunsch nach einem All-inclusive-Angebot und ich bin mir da als Dienstleister auch nicht zu fein für. Aber wenn es Probleme oder Unklarheiten gibt, dann existieren meist mehrere Lösungswege. Und schon alleine, um abklären zu können, welcher der Kundschaft der liebere wäre, muss ich dieses seltsame Ding namens Kommunikation verwenden. Wen das Fragen schon ärgert … sorry, da muss ich dann wohl unperfekt bleiben!