„Sagen Sie, kriegen Sie uns alle rein?“
„Gute Frage, wer gehört denn alles dazu?“
Es war eine komplette Zugladung von Ferienrückreisenden am Ostbahnhof angekommen, vor meinem Auto standen etwa 12 Leute. Der Fragende blickte sich irritiert um und meinte dann:
„Nur wir fünf.“
Sitzplatzmäßig kein Ding, aber da jeder mindestens (!) einen Koffer dabei hatte, hab ich abgewunken. Nix gegen eine Großraumtour, aber das wäre echt nicht gegangen. Also nicht „nur mit Öffnen der Fenster und Ignorieren des zulässigen Höchstgewichtes“, sondern gar nicht. Ich mochte den Optimismus durchaus, aber man muss seine Grenzen kennen. Sie haben das verstanden, aber wegen der Unaufindbarkeit eines Busses trotzdem mal lieber so nah am Auto gewartet, dass es aussah, als stiegen sie gleich ein. Dann aber schälte sich aus der größeren Truppe ein junger Mann und fragte, ob ich frei sei. Vater mit zwei Kiddies, mein Alter vielleicht. Also der Vater.
(Holy Shit, dass ich sowas mal schreibe!)
Nur einer brauchte eine Sitzerhöhung und das Gepäck passte auch locker. Nach dem Anschnallen und einer Reihe väterlicher Ratschläge an die beiden Jungs hinten konnten wir losfahren. Eine Tour für weniger als 10 € quasi ums Eck. Und um ein solches waren wir noch gar nicht gefahren, als es von hinten rechts hieß:
„Papa, mir ist das eine jetzt umgekippt, das war nicht ganz zu, das vom Frederic.“
Ich hatte bis dato nicht einmal eine Ahnung, worum es ging. Als wir deswegen anhielten, weil der Vater ziemlich panisch war, sah ich dann das Malheur. Die drei hatten sich Essen vom Asia-Imbiss mitgenommen und eine komplette Portion Nudeln mit Hühnchen zierte nun großflächig die Fußmatte. Zugegeben: Abgesehen vom etwas leckereren Geruch nicht besser als Auswurf, dafür aber zielsicher NUR auf der Fußmatte. Papa griff bereits beherzt mit den Händen mitten in die Nudeln, da unterbrach ich ihn und sagte, er solle das bitte lassen. Und hab dann vorsichtig die Matte genommen und beherzt ausgeschüttelt.
„Abspritzen muss ich sie trotzdem noch, aber so ist das kein großes Ding.“
„Ja, ähm, bei uns ist ja gleich die Tanke …“
„Ich weiß, das ist ok.“
Ich hätte mir da gut was extra rausschlagen können. Es war eklig und alles andere als irgendwie normal. Ich hab’s aber dabei belassen, ein Tuch zum Händeabwischen zu reichen und beim Trinkgeld nicht rumzunölen. Drei Euro sind gut, in Anbetracht der Tatsache, dass doch erst die nächste Tanke einen Kärcher hatte und das Gedöns ja trotzdem noch Zeit und ein paar Cent kostet, wären auch fünf oder zehn noch normal und nicht übertrieben gewesen. Aber er hatte auch einen harten Tag mit ausgefallenen Zügen hinter sich und ich fand’s nebenbei sehr sympathisch, wie er im Laufe der ganzen Putzaktion trotz des Stresses mir und seinen Söhnen gegenüber eingestanden hat, dass es wohl eigentlich sein Fehler gewesen war und er die halb offene Box unachtsam an eines der Kiddies gereicht hatte. Und nicht etwa rumgebrüllt, Stress gemacht oder dergleichen. Also hab ich zwei Augen zugedrückt und das Ende der zwölfstündigen Reise nicht noch stressiger gemacht als den Rest.
Und ganz ehrlich: Es fühlt sich an, als wäre das schon ok so. 🙂
3 Euro sind garnicht so unübel.
Die Fußmatte, alle treten auf ihr rum. Mobben sie also, weil das ihre Bestimmung ist.
Nudeln sind noch das beste was ihr passieren wenn man mal an ekligere Dinge denkt.
Gibt’s schon ‚Tag der Fußmatte‘? Nee? Macht nichts.
@Tante Jonas:
Wäre die Uhr bei der ganzen nur deswegen notwendig gewordenen Reinigung mitgelaufen, wären das eher so 7 bis 9 € gewesen. Da isses dann halt doch eher nur so mittel.
@W. Örthersee:
Ich gebe zu, es von dem Standpunkt aus noch nicht gesehen zu haben. Aber a propos Standpunkt: Wer latscht im Gegenzug gerne in eine Gewürzöl-Lache? 😉
@Sash, dir ist die doppelte Verneinung vom Tantchen aber schon aufgefallen? 😉
Vorkommnis vor ein paar Jahren, Nachtzug Berlin-Nürnberg. Winter, Schneefall.
Ich sitze da so im Zug in Erwartung einer Fahrzeit von achteinhalb Stunden oder so, alles kuschelig und schnuckelig, bin gerade so am Nickerchen machen, auf einmal steht die Chose. Nix geht mehr. Schneefall, Windbruch, Baum auf Oberleitung, Licht aus (außer Notbeleuchtung), Heizung aus, alles aus. Irgendwo so im Fränkischen, wo Fuchs und Hase gemeinsam seltsame Kreaturen zeugen.
Nachdem es wirklich unangenehm kalt geworden war und mir der Magen knurrte, fiel mir ein, dass ich da ja in Kreuzberg von einem Vietnam-Imbiss noch so eine Portion Asia-Nudeln mitgenommen hatte, und auch eine Plastikgabel. Tja, die habe ich dann geöffnet. Und so Asia-Nudeln verbreiten erstaunlicherweise auch in kaltem Zustand einen sehr intensiven Geruch. Meine Sitznachbarin schnüffelte etwas indigniert (das war so eine, die sich jedem Gesprächsversuch verweigerte, und anstatt meine Lederjacke als Kälteschutz zu akzeptieren lieber ihren Kaschmirschal bis zu den Zehen dehnte), ein paar Kinder schnüffelten neugierig, und ich konnte einige hungrige Blicke förmlich im Nacken spüren.
Das Ende der Geschichte war, die Elektroleitung und der Baum waren nach ein paar Stunden vom Gleis gehievt, aus Nürnberg kam eine Diesellok (Strom gab’s ja noch keinen), und wir zuckelten mit ein paar Stunden Verspätung in den Bahnhof rein. Lesson learned, reise nie ohne eine Portion Asia-Nudeln mit der Bahn. So gesehen hat der Vater, den du befördert hast, alles richtig gemacht.
Ich hab nach dieser hübschen Pommesfußmattengeschichte gesucht und nich gefunden :/
@ Ana:
Wenn man hier in dem Suchfensterchen ‚Fußmatte Pommes‘ eingibt, dann kommt eine längere Geschichte : ‚Schichtende 2‘.
Da ist auch ein Kommentar von Dir.
wie passend 🙂
Sehr lustige Geschichte! Solch ein Fahrgast ist auch nett. Ist die Sauerei denn rausgegangen oder
musstest du danach nochmal ran?
@Taxi Koblenz:
Wie geschrieben: Einmal für 50 Cent abkärchern. War wirklich nur die Gummimatte betroffen, war also wirklich nicht wild.
Hier der Link:
http://gestern-nacht-im-taxi.de/wordpress/2010/10/23/schichtende-2/
Dieser Arno, eine Instanz!
@Ana:
Eine unter vielen hier!