Ich hatte gerade Leute am About Blank abgesetzt, da winkte es schon wieder. Juhu!
Oder … eher nicht. Ein super enthusiastischer Hipster bugsierte einen Kumpel ins Auto, von dem kaum mehr als eine leblose Hülle übrig war:
„Bring den doch bitte zum Platz der vereinten Nationen, danke, tschüssi, ciao Jim!“
Und Abgang. Jim wollte noch meckern, aber nach anderthalb Sekunden fiel er einfach um, Koma. Na super. Aber um ehrlich zu sein: Die Nacht an sich lief großartig und einen Totalausfall gibt’s immer. Dieses Mal also Jim, der hinter meinem Sitz in sich zusammengesunken war und dem dünne Speichelfäden aus dem Mund auf seinen Pullover rannen. Ich hab einfach die Karte „Wir sind eh da, bevor er das nächste Mal aufwacht und kotzen könnte“ gespielt. Erfolgreich.
Da Jim schlief, hab ich die genaue Adresse gar nicht erst in Erfahrung gebracht – obwohl der Platz der vereinten Nationen mit den umstehenden Hochhäusern nur eine vage Angabe war. Ich würde ihn eh wecken müssen. Und so kam es dann auch. Auf Ansprachen reagiert hat er gar nicht, also hab ich angehalten und die Tür aufgemacht:
„So, aufgewacht! Platz der vereinten Nationen! Wir sind da!“
Dazu einmal an der Schulter gerüttelt, schon sah mich das Häufchen Elend an und flüsterte:
„Taxi?“
„Ja, Taxi.“
„Gut. Ischlafdannhier!“
Ich hab ihn wieder wachgerüttelt:
„Nein, Du schläfst nicht hier! Ich muss arbeiten, also raus hier, zack-zack!“
„Issokeh, issokeh. Ich muss Warschauer Straße!“
„Dein Kumpel hat gesagt Platz der vereinten Nationen und da sind wir jetzt.“
Ungläubig hat er sich umgeguckt, während das ganze Körpergewicht des zierlichen Mannes an der Schulter hing, an der ich ihn aufrecht gehalten hab.
„Ah, dadrühmwohni!“
… und deutete mit seinem Arm auf die acht uns grob am nächsten stehenden Häuser.
„Mussinosaaln?“
„Ja, Du musst noch zahlen. 13,30 €.“
Beim Versuch, in seine Hosentasche zu greifen, wäre er beinahe auf die Straße gestolpert, wo gerade ein Auto kam. Ich hab ihn zurückgerissen und hab ihn ein paar Meter durch den strömenden Regen geschleift.
„Junge, das war aber auch mal ’n bisschen zu viel heute, was?“
„Kannselautsahn!“
„Wird’s langsam?“
„Alsokeh! Mussinosaahln?“
„Jo. Immer noch 13,30 €.“
So ein gepflegter kalter Herbstregen aber wirkt ja Wunder bei Betrunkenen, die sich in der wohlig-warmen Taxiluft haben umherschaukeln lassen. Komplett Herr seiner Sinne ist Jim wahrscheinlich auch jetzt, 30 Stunden später, eher nur bedingt. Zumindest vom Autofahren würde ich ihm abraten – aber das mit dem Bezahlen des Taxis hat er hingekriegt. Und auch sein Wanken gen Haustüre sah relativ vielversprechend aus. Besser noch als sein Einstieg bei mir. So gesehen hake ich das mal als gute Tat ab, ok?