Die Fahrt vom Sisyphos war nur kurz. Bis an den Rand von Karlshorst, weiter sollte es nicht gehen. Den Rest wollten die beiden Jungs laufen. Was das denn dann mache?
„8,70 €.“
„UUUIIII!“
OK, die Strecke war nicht weltbewegend lang, aber so sonderlich viel sind 9 € im Taxi dann doch eigentlich auch nicht. Der Typ neben mir, der mich anhalten ließ (um auf dem weiteren Weg noch eine Kippe rauchen zu können), sah das aber lockerer als sein Kumpel vom Rücksitz:
„Das teilen wir!“
Besagter Kumpel kramte schnell einen Fünfer raus.
„Das ist ja mal ein guter Anfang!“,
sagte ich, noch unwissend ob dem, was kommen würde. Denn der Typ auf dem Beifahrersitz bemerkte nun, dass er gar kein Geld mehr hatte:
„Alter, ich hab 100 Euro ausgegeben! In vier Stunden! Alter, wie gibt man 100 Euro in vier Stunden aus?“
Das fragte er mich ernsthaft. Ich hatte in den vergangenen vier Stunden noch keine 20 Euro verdient. Nun aber verkündete der Typ im Fond, dass er auch nichts mehr hätte. Na schöne Scheiße! Der auf dem Beifahrersitz fragte auch gleich nach:
„Na, wie sieht’s aus? Machste ’n Fünfer?“
Ich war ausnahmsweise nicht auf den Mund gefallen:
„Ernsthaft jetzt? Ihr gebt mal schnell 100 Euro in ein paar Stunden aus und ausgerechnet ich soll jetzt mein Geld nicht kriegen!? Nee, so nicht!“
Da kam der Kumpel auf der Rückbank wieder ins Spiel:
„Sieben! Ich hab noch zwei Euro! Ich hab sieben!“
Dann der andere:
„Sieben? Machste sieben?“ Komm schon!“
„Nein! Es sind läppische 8,70 €, und die muss ich auch so meinem Chef geben!“
„Ach komm, Digger!“
„NEIN!“
Dann rief es wieder von hinten:
„ACHT! Ich hab acht Euro!“
Ich mischte mich wieder ein:
„Na also, nur noch 70 Cent!“
Während der Typ auf der Rückbank sich völlig verbog, um nachzusehen, ob vielleicht nicht doch noch hier oder da eine Münze zu finden war, stieg mein Beifahrer aus. Er entschuldigte sich für den inzwischen dreiminütigen Stopp und schwor Stock und Bein, dass ihm das wirklich leid täte. Aber verdammt, er hätte ja nun auch 100 Euro verprasst …
Der hinten Sitzende sackte zusammen:
„Ich hab nix mehr …“,
woraufhin der von vorne plötzlich lauthals schrie:
„STOP! STOP!“,
und mir mit furchtbar selbstbewusstem Grinsen 50 Cent gab. Mir war sehr nach einem „Verpisst Euch!“ zumute, aber da brüllte der Typ abermals:
„STOP!“
Er hatte eine weitere Münze in seiner Hosentasche gefunden – und die stellte sich recht schnell als ein Zwei-Euro-Stück heraus. Anstatt es mir nun einfach zu geben, begann er, einen Vortrag zu halten:
„Alter, heute haste Glück, Alter! Das sind zwei Euro. Ist also nicht nur genug, sondern – peng! – du kriegst sogar Trinkgeld! Was sagste dazu? Na sieh an, auf einmal biste sogar ganz zufrieden, was? Haste erst gedacht, dass dich die zwei Spinner abzocken würden … aber weit gefehlt! Jetzt machste sogar gut Kasse mit uns, hätteste das gedacht!?“
Nein, hatte ich tatsächlich nicht. Andererseits sind 1,80 € Trinkgeld zwar durchaus ansehnlich, aber keinesfalls die Erfüllung einer meiner feuchten Träume. Und schon gar nicht, wenn ein inzwischen fünfminütiges Bangen um wenigstens den Fahrpreis dazu gehört.
Mein Beifahrer meinte dann zuletzt sogar noch:
„Alter, war geil, oder?“
Ich glaube, ich hab sowas das erste Mal seit fast 7 Jahren unbeantwortet gelassen. Und zugesehen, dass ich Land gewinne.
Grauenhafte Gestalten……
Muss wohl am Abend liegen!
Ich hatte gestern das erste Mal seit längerer Zeit wd einem Kunden (zumindest bei mir) Taxiverbot gegeben.
Was das auf dem Land bedeutet…..!
Wiederholte Beleidigungen am Telefon bei der Bestellung des Taxis, zuerst im (relativ) nüchternen Zustand, dann im ca. 2h Abstand immer besoffener das gleiche Spiel.
Sein Grund: Ich wollte nicht sofort alle anderen Kunden stehen lassen, und ihn sofort abholen!
?Vollmond ist es wohl nicht?
Das ist eine häufig vorkommende Masche. So unter dem Motto ‚Jetzt nerven wir den Taxifahrer mal richtig,dann jagt der uns bestimmt zum Teufel und wir haben ….Euro gespart‘. Hast du richtig gemacht. Immer hart bleiben.
Boah, solche überheblichen Gestalten würden mir auf die Nerven gehen, da hätte ich auf die letzte Frage geantwortet: „Nee, wärs nur dann, wenn Du Dir den verdienten Arschtritt bei mir abholen kommst“. Und dann ganz ruhig weggefahren. Oder alternativ sofort nach dieser Frage mit durchdrehenden Reifen beschleunigt, um ihm zu zeigen, dass man sich wirklich keine weitere Millisekunde seines Lebens mehr mit so einer Persönlichkeit abgeben will.
Wah, wenn ich Taxifahrer wäre, in solchen Situationen, ich bräuchte wirklich immer noch einen „Dummy“ im Auto, den ich nach so einer Fahrt gründlich verprügeln könnte (Gartenzwerge à la Ludolf reichen da schon nicht mehr aus) 😉
@Wahlberliner,
> mit durchdrehenden Reifen beschleunigt,
zeugt eher von einer un-reifen (pun intended!) Persönlichkeit.
Nee, das macht man anders: Man fährt vollkommen vorschriftsmäßig an, mit geringstem Gummiabrieb, bis man außer Sichtweite der Spackos ist. Dann überzeugt man sich, dass keine Streifenhörnchen in Sicht sind, und dann kann man machen was man will: Aussteigen und eine rauchen, in den Landwehrkanal springen, oder eben mal „Gummi geben“. Oder mit der Akkuflex das Parkverbotschild umsägen, das man schon immer gehasst hat.
(Disclaimer: Dieser Beitrag stellt keine Aufforderung zu einer Straftat dar. Das Umsägen oder Abmontieren von Verkehrsschildern ist in Deutschland und vermutlich auch anderen EU-Staaten verboten.)
@Cliff McLane: Hmm, also an Stelle des Taxifahrers hätte ich am liebsten das Auto hinter der nächsten Ecke abgestellt, wäre zurückgelaufen und hätte den Idioten eine blutige Lippe/Nase verpasst. Ist aber natürlich auch schlecht fürn Job, und – obwohl deren Verhalten mindestens ebenso erniedrigend – war, auch verboten.
@Wahlberliner, ja, was man am liebsten tun würde, das ist immer so ’ne Sache…
Ich bin Sozialarbeiter, ich weiß wovon ich rede.
@Cliff McLane: Ach, und ich dachte immer, Du würdest einen schnellen Raumkreuzer kommandieren… ;-P
edit: Falls das durch den kurzen Spruch eben nicht ganz klar wurde: Ich bin Sozialarbeiter und als solcher habe ich Regeln, die stehen fest, und denen muss ich mich unterwerfen. Die Regeln sind für mich sinnvoll, sonst würde ich den Job nicht machen. Und zu diesen Regeln gehört eben einfach, dass man auch den unangenehmsten Kunden nicht einfach so die Faust in die Fresse haut, auch wenn man das gerne möchte.
Und im Fach „Methoden der Gesprächsführung“ scheint mir Sash weit überlegen zu sein, denn er arbeitet tatsächlich auf der Straße, und ich nur in einer „Einrichtung“.
@Wahlberliner, der Raumkreuzer ist mein Zweitfahrzeug. :o)
Cliff… warum nur hab ich jetzt das erste flugmanöver im außerirdischen Schiff aus independence day im kopf??.. *rums* „…… ups“
Wenn die ins Flugzeug steigen und der Pilot stellt seinen künstlichen Horizont( https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%BCnstlicher_Horizont ) auf den persönlichen seiner Fluggäste ein, dann stürzt er gnadenlos ab, und zwar nicht irgendwie, sondern senkrecht!
@Drakoon1964:
„Wiederholte Beleidigungen am Telefon bei der Bestellung des Taxis, zuerst im (relativ) nüchternen Zustand, dann im ca. 2h Abstand immer besoffener das gleiche Spiel. Sein Grund: Ich wollte nicht sofort alle anderen Kunden stehen lassen, und ihn sofort abholen!“
Heißt das dann, daß es mindestens 6 bis 8 Stunden gedauert hätte, bis du bei ihm gewesen wärst? Oder wie meinst du das mit den Anrufen im Zweistundentakt?
Die Jungs haben in den letzten wohl maximal 2 1/2 Jahrzenten eindeutig zu selten ein paar hinter die Löffel bekommen.
Haben die sich ernsthaft für die 2 Euro Trinkgeld gefeiert, nachdem Sie nen Hunni in 4 Stunden für nothing auf den Kopf gehauen haben?
Lieber mal dem Taxifahrer ein gutes Trinkgeld zahlen und auf das letzte Bier verzichten, aber da bin ich wohl etwas zu sozialromantisch.
Die Jungs waren harmlos.Vielleicht betrunken und anstrengend . Aber für einen Taxifahrer sicher nicht ungewöhnliche und nicht die schlimmsten FahrLittle Jegäste . Sascha hat das gut gemeistert . Zur richtigen Zeit das richtige Wort und den Fahrgästen den Wind aus den Segeln nehmen. Ruhig und besonnen. Das ist die Kunst.
Doofes Smartphone … lach.
Die Taxibranche ist vielleicht nicht das zweitälteste Gewerbe der Welt, aber du musst dich verkaufen und einiges hinnehmen. Dienstleistung. : )
Ich habe einen Kollegen, Taxifahrer und irgendwie als Choleriker bekannt, der wurde von so Spacko mit Schusswaffe bedroht. Kollege hat so besonnen und bedacht reagiert!
Alles ist gut gegangen….Yeah !
@Little Jo sagt: „Die Taxibranche ist vielleicht nicht das zweitälteste Gewerbe der Welt, aber du musst dich verkaufen und einiges hinnehmen.“
Dass man sich unsinnig anlabern lassen muss, ist in vielen Gewerben der Fall. Unterschied ist der Preis.
Sash: 8,70
Sozialpädagoge: 12,00
Shrink: 160,00
Shrink? wasn das ?
@Edgar 14. September 2015 um 19:03
http://classroom.synonym.com/origin-word-shrink-psychologists-11814.html
und das ist (bei Verordnung von Psychopharmaka) nichmals weit hergeholt
http://english.stackexchange.com/questions/43149/why-shrink-of-a-psychiatrist
Ich bin manchmal etwas irritiert, in was für Richtungen solche Diskussionen kippen können. 0.o