Minderheitschef

Dass er kein gebürtiger Berliner ist, war mir gleich klar. Meine Ohren vernahmen sofort den leichten Singsang des Heimatidioms. Und in der Tat fragte er mich dann auch einiges grundsätzliches: Wo wir hier genau seien, ob dieser Stadtteil denn an jenen grenze und und und.

„Sorry, ich bin erst seit einer Woche hier.“

„Also gerade frisch hergezogen? Woher?“

„Aus Stuttgart. Ganz klassisch.“

„Ach, das kenne ich irgendwoher …“

versuchte ich, vielsagend anzumerken. Das ist ihm gar nicht weiter aufgefallen. Er meinte nur, dass er jetzt alle Klischeegrenzen sprengen würde.

„Wieso? Als Schwabe?“

„Schwabe UND Türke, mein Lieber!“

„Oh, gleich die beiden größten Minderheiten …“

„Minderheit? Ich bin quasi in der Mehrheit jetzt!“

Ich glaube, der schafft es mit seiner Ironie ganz schnell, „richtiger Berliner“ zu werden. Was immer das auch sein soll. 🙂

6 Kommentare bis “Minderheitschef”

  1. ELP sagt:

    Hmm, aber er hat doch nicht etwa gefragt, wo man „Weckle“ kaufen kann, oder?

  2. ELP sagt:

    Ach moment, Schwabe UND Türke, also „Dönerweckle“….

  3. Jens sagt:

    Bei ‚Dönerweckle“ hättet ihr mir jetzt auch weismachen können, dass das die schwäbische von „Donnerwetter“ ist…

  4. Sash sagt:

    @ELP:
    Dönerweckle ist gut! 😀

    @Jens:
    Wir könnten es ja entsprechend einführen. 🙂

  5. Bernd K. sagt:

    Als schwäbisches „Donnerwetter“ kenne ich nur „Heidenei“. Diesen Begriff brachte meine Grossmutter nach einem längeren Hilfsaufenthalt bei der schwäbischen Schwiegertochter mit zurück nach Nordbayern und wurde daraufhin zur „Heidenei-Oma“, um sie von der anderen, der „Bonbon-Oma“ zu unterscheiden 🙂

  6. Sash sagt:

    @Bernd K.:
    Hach, die „Bonbon-Oma“. Danke für diesen Backflash! 😀

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