Konkretisierungsprobleme

… oder wie immer man das sonst nennen soll.

„Ich möchte gerne nach Friedrichshain.“

„Wohin genau?“

„Muss ich erst raussuchen. Fahren Sie doch schon einmal in die Richtung!“

„Äh … wir sind schon in Friedrichshain.“

„Oh! Na das ist ja super!“

Allerdings. Hilft allerdings kein bisschen weiter. 😉

(Wir haben das natürlich hingekriegt.)

„Don’t worry, be happy!“

Der Januar ist eigentlich ein guter Monat, um sich gelegentlich mal wieder jenes titelgebende Lied von Bobby McFerrin reinzuziehen, das dieses Jahr im übrigen seinen 25. Geburtstag vermelden kann. Und spontan daran denken musste ich nach einer eigentlich sehr bescheidenen Tour. Die Räder am Ostbahnhof fast eckig werden lassend hatte ich ewig auf einen kleinen Stich für die üblichen Sechsirgendwas zum Boxhagener Platz gewartet.

Dann – einer dieser Taxifahrer-Blitzeingebungen folgend – bin ich nicht auf einem der kürzesten Wege zurückgefahren, sondern hab einen kleinen Abstecher nach Kreuzberg gemacht. Einen wirklich kleinen, nur einmal die Köpeniker wollte ich langfahren. Und siehe da! Winker! Tatsächlich war es eben jene Tour, die ebenfalls nicht sonderlich spektakulär war. Bis zum nhow-Hotel wollte das amerikanische Pärchen. Keine Kurzstrecke, juhu! Immerhin ein bisschen mehr Umsatz. Am Ende standen 5,60 € auf der Uhr.

Und wie bin ich jetzt auf Bobby McFerrin gekommen?

Als ich das Wechselgeld auf den Zwanziger rausgesucht habe, den ich bekam, meinte mein Fahrgast spontan:

„Don’t worry ‚bout the coins!“

Und auch wenn Geld nicht alles ist: An solchen Tagen machen 4,40 € Trinkgeld dann halt doch auch ein wenig happy. 😉

Kommen wir nun zu etwas völlig anderem …

Bisher wollte mir keine der verbleibenden Taxistories für meine freien anderthalb Wochen so wirklich flüssig aus der (natürlich nur noch metaphorischen) Feder fließen. Glücklicherweise bin ich ja nicht der einzige, der im Internet schreibt oder sonstwas vergleichbares macht. Heute möchte ich das Themenspektrum deswegen mit einem Link zu einem Video erweitern.

Ich hätte es direkt via Youtube einbinden können, aber ich verlinke es hier gerne in Form des Blogeintrags von Will Sagen. Er hat als Blogger, treuer Leser und gelegentlicher Kommentator von GNIT auch mal ein bisschen Aufmerksamkeit verdient. 🙂
Außerdem hat er sich schon die Mühe gemacht, bezüglich des Videos gute Zeitmarken für all jene zu nennen, die keine halbe Stunde entbehren können.

Das Video selbst ist ein Vortrag von Zukunfts- und Trendforscher Lars Thomsen und dieser erklärt darin, weswegen er dem herkömmlichen Verbrennungsmotor im Auto „nur noch“ 10 Jahre gibt. Das betrifft zwar nicht nur das Taxigewerbe, ist aber hochspannend. Ich verlinke den Vortrag deswegen, weil ich ihn persönlich sehr unterhaltsam fand und er zudem einige Fakten enthielt, die mir bis dato entgangen waren. Außerdem ist er (trotz einiger Verhaspler) äußerst eloquent gehalten.

Selbst wenn man die Meinung Thomsens nicht teilt, sollte man seinen Beitrag auch gerade wegen der vielen Allgemeinplätze dennoch mal anschauen.

Taxitarife in Berlin steigen

So, nun ist es mal wieder so weit: Die Taxitarife in Berlin werden erhöht. Der Senat hat heute in einer Pressemitteilung verkündet, eine entsprechende Verordnung erlassen zu haben. Die Erhöhung des Tarifs betrifft nur den Einstiegspreis, sowie den Preis für die ersten sieben Kilometer. Der Preis für die nachfolgenden Kilometer oder auch die Pauschale für die Kurzstrecke bleiben unangetastet.

Hier mal kurz als Übersicht:

Einstiegspreis: 3,40 € statt bisher 3,20 €.

Kilometer 1 – 7: 1,79  € statt bisher 1,65 €.

Kilometer 7 – ?: Ungeändert 1,28 €.

Kurzstrecke: Ungeändert 4,00 €.

In Kraft treten wird das Ganze am 14. Tag nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt, dessen nächste Publikation mir jedoch unbekannt ist. Falls jemand dazu was sagen kann, ändere ich das hier gerne in ein Datum.

Ein bisschen was dazu zu sagen hab ich natürlich.

Zunächst mal: Dass die Tarife mal wieder steigen, ist nicht per se falsch. Die letzte Erhöhung fand am 1. Juli 2009 statt, das ist eine ganze Weile her, da ist ein Inflationsausgleich durchaus mal drin. Wer nachrechnet, wird zudem feststellen, dass eine Taxifahrt damit maximal 1,20 € teurer werden kann. Das sollte im Normalfall kein Problem sein.

Interessant ist meines Erachtens nach dennoch diese Art der Erhöhung (nur für die ersten Kilometer). Natürlich deckt das einen Großteil der Touren ab. Die Durchschnittstour liegt immer noch irgendwo um 11 – 12 €, ausgenommen von einer Steigerung sind also vor allem deutlich überdurchschnittliche Fahrten. Dennoch wird sie mit den gestiegenen Kosten im Taxigewerbe begründet.
Wie gesagt: Die Kosten sind natürlich gestiegen, logisch. Aber dass die Tarife für die längeren Fahrten oder die Kurzstrecke gleich gelassen wurden, lässt mich vermuten, dass wir doch eigentlich genug verdienen, so lange wir fahren und der Tarif eigentlich nicht unser Hauptproblem ist. Nach wie vor haben wir zu wenig Kundschaft oder zu viele Taxen. Je nachdem, wie man lieber argumentiert. Das dummerweise wird sich nicht ändern. Im Gegenteil: Tariferhöhungen sorgen immer dafür, dass wir ein paar Fahrten verlieren und dass die Zahl der Neukonzessionen steigt. Gerade im Hinblick auf einen kommenden Mindestlohn ist doch zu bemängeln, dass eine Tariferhöhung wie immer die einzige Stellschraube ist, deren Bedienung man sich im Gewerbe zutraut.

Stiller Taxi-Alarm

… und wie das mit der Öffentlichkeitsarbeit richtig geht.

Ein paar eher ernste oder sachliche Themen fristen bei mir eher ein Schattendasein im Blog. Einfach, weil’s mich im Alltag wenig betrifft. Das ist auch beim stillen Alarm in Taxis der Fall. Den erwähne ich vor allem in den FAQ, ansonsten eher nicht. Ich selbst habe weder damals in der 1925, noch jetzt in der 72 einen solchen Alarm gehabt. Natürlich bin ich mit dem gesetzlich vorgeschriebenen Alarm ausgestattet, aber das ist eben jener „nicht ganz so stille“, der aus dem Auto einen halben Rummelplatz macht, weil alles blinkt und blökt, was nur geht.

Nun bekam ich letzte Woche eine nette aber fast schon panische Mail von der Machermama.

Sie schilderte mir etwas, was so vielen passieren könnte: Sie sah ein Taxi, an dessen Schild rote LEDs blinkten, wunderte sich und fuhr weiter. Erst beim Googeln am Abend erfuhr sie dann, dass dies besagter stiller Alarm ist und hatte nun Angst, einen Fehler gemacht zu haben, weil sie niemanden informiert hatte.

So weit, so doof. Anscheinend ist aber nichts passiert. Und die Gewissensbisse hab ich zumindest mal versucht zu nehmen, denn in der Tat ist es ja so, dass die Alarmknöpfe im Taxi auf gute Bedienbarkeit ausgelegt sind, so dass fälschliches Aktivieren durchaus oft vorkommt, wahrscheinlich wesentlich öfter als der Ernstfall. Dennoch: Wenn man ein Taxi mit rot blinkenden Lichtern auf dem Dach sieht, sollte man die Polizei rufen und mitteilen, wohin das Taxi gefahren ist – oder fährt, man kann ja vorsichtig hinterher, falls man gerade selbst motorisiert ist.

Das hätte es schon gewesen sein können und ich persönlich hab mich vor allem gefreut, jemandem diese Infos geben zu können. Aber es ging noch weiter! Bereits wenige Tage später bekam ich wieder eine Mail von Machermama und sie berichtete, dass sie just jetzt wieder ein Taxi mit Alarm gesehen hätte und es der Polizei gemeldet hätte. Sogar den Nervenverschleiß durch eine „Verfolgungsjagd“ hat sie auf sich genommen und die Polizei, die das umgehend ernst nahm, von unterwegs zielsicher zum Taxi lotsen können, wo es dann gestoppt wurde. Glücklicherweise war es wohl wieder nur ein Fehlalarm. Puh!

Die Ereignisse vermutlich noch nicht ganz verdaut, postete Machermama bei Facebook einen Hinweis auf diesen weithin unbekannten Alarm. Und wurde geradezu überrollt. Fast 30.000 Leute haben die Meldung bislang geteilt, es dürften also nun etliche Menschen mehr Bescheid wissen, was diese komischen Lichter bedeuten. Selbst die üblichen Fake-Warn-Seiten für Facebook haben inzwischen bestätigen müssen, dass das nicht bloß eine blöde Masche war, Likes zu generieren, sondern dass was dran ist an diesem ominösen Taxi-Alarm.  Das hätte ich mit GNIT vermutlich nie geschafft. Deswegen – vermutlich im Namen aller Kollegen – ein Danke an Machermama für ihren Einsatz!

Und Ihr, liebe Leser, wisst jetzt auch Bescheid. Rot blinkende LEDs am Taxischild sind ein Alarm! Ruft die Polizei! Bleibt gerne in der Nähe, aber seid auch nicht vorschnell übermütig! Was im Taxi genau passiert, kann man von außen oft nicht sehen, also überlasst das den Spezialisten! Natürlich kann das ein Fehlalarm sein, aber wie das Beispiel von Machermama eben auch zeigt: Niemand nimmt Euch den Notruf übel und vielleicht helft Ihr mit dem Anruf einem Taxifahrer, der ganz alleine in seinem Auto sitzt und einer wie auch immer gearteten Bedrohung ausgesetzt ist. Wir schalten diesen Alarm nicht zum Spaß ein.

Also teilt den Facebook-Eintrag von Machermama ruhig weiter oder tut das mit diesem hier. Jeder, der sich das mit dem Alarm merkt, kann vielleicht  mal zufällig ein Leben retten. Das sollte Motivation genug sein.


PS: Wie in den Kommentaren angemerkt und von mir blöderweise vergessen: Es gibt auch stillen Alarm, der die Taxifackel als ganzes blinken lässt, ohne rote LEDs. Die Bedeutung ist die selbe. Und ja: einige Alarmanlagen informieren auch von sich aus die Polizei oder die Zentrale. Aber eben nicht alle.

Die bessere Wahl

„Was nimmste nach Lichtenberg?“

„Wohin genau?“

„Hier, der komische Platz da an der Möllendorff …“

„Muss ich mal schauen. Vielleicht ’n Zehner.“

„EY JUNGS, DER MACHT ‚N ZEHNER!“

Und dann stehen da plötzlich sieben Leute. Das sind die Momente, wo man ein bisschen Selbstbewusstsein und Durchhaltevermögen braucht. Sicher, es ist Januar und man ist als Taxifahrer froh um jeden Euro. Und sechs Sitze hat mein Auto ja immerhin. Aber sieben? No way! Und noch dazu: Mit den Großraumzuschlägen war ein Zehner als Fahrpreis sowieso ad acta zu legen. Sorry Jungs, findet mich meinetwegen blöd, aber so isses nunmal!

Das war in dem Fall aber erst einmal gar nicht das Problem, sondern, dass die Jungs sich gar nicht einig geworden sind, ob sie jetzt auf die Bahn warten oder ein Taxi nehmen wollten.

Und dann stand da doch tatsächlich noch eine weitere potenzielle Kundin. Mitten in Friedrichsfelde, nachts um zwölf, einfach so. Die traute sich zwar nicht, die vorlaute Truppe Jugendlicher zu bedrängen, aber da konnte ich ja mal nachhelfen. Ihre Fahrt war sogar noch etwas weiter, auch wenn zunächst nicht klar war, ob sie bis ganz nach Hause oder nur zur U-Bahn fahren würde. Aber auch jenseits des Geldes war es schön, dass sie am Ende in meinem Auto saß. Die Kids konnten sich die Zeit ganz gut miteinander vertreiben, sie hingegen war wirklich etwas verloren und hatte zudem einen anstregenden Arbeitstag auf Probe hinter sich und war heilfroh, endlich da wegzukommen.

Ich verteidige die Kosten unserer Dienstleistung immer wieder, aber das war wieder einer dieser zwei Fälle im Jahr, bei denen ich trotz eigenem Hungerlohn ein Auge zugedrückt und die Uhr schon anderthalb Kilometer vorher ausgeschaltet hab. Freiwillig, einfach weil es ihr weit beschissener ging als mir und sie – obwohl sie so oder so noch Geld holen musste – bereits einen Kilometer vorher ausgestiegen wäre, um den Rest zu laufen, obwohl sie das kaum noch konnte. Und, um ganz ehrlich zu sein, ein bisschen hat sicher auch eine Rolle gespielt, dass sie mich vor den nervigen Preisverhandlungen mit den Kiddies gerettet hat 😉

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.