Irgendwie erinnert mich die Überschrift an Flöten und Apfelkuchen. Das wird wahrscheinlich an meiner Sozialisation in den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts liegen … 😉
Ganz aus der Luft gegriffen sind Filmcharaktere ja meistens nicht, und so befand sich auch in meiner bunten Truppe, die ich von Treptow nach Prenzlauer Berg bringen sollte, einer, der – wie er erst nach einigen Nachfragen seiner Freunde zugab – eigentlich nur deswegen zu Hause einen Zwischenstopp einlegen wollte, weil er noch auf’s Klo wollte.
Das Gejohle unter den Mitreisenden war natürlich groß, o.g. Name steht nicht grundlos in der Überschrift.
Eine unschöne Angewohnheit, dieses Gelächter. Paruresis ist nämlich in der Tat eine Phobie, die ziemlich ernste Züge annehmen kann. Da darf man ruhig mal drüber nachdenken, bevor man darüber lacht, dass der Kollege auf dem Klo gerade keinen Tropfen rauskriegt!
Von den fünf geladenen Fahrgästen sind dann komischerweise gleich vier in der Wohnung in Friedrichshain verschwunden, während ich mich gefreut hab, dass ich eine bezahlte Kippenpause hatte. Der einzige verbleibende Mensch hat sich mit mir über dieses und jenes unterhalten, insbesondere darüber, ob einer von uns auch nur den Hauch einer Ahnung hätte, wo der Club wäre, den wir anpeilten. Eine grobe Richtung, sogar einen Straßennamen, hab ich genannt bekommen. Ein Club war mir da aber zugegebenermaßen unbekannt. Dem Fahrgast auch.
Aber er war ja nur kurz alleine. Die gut gelaunte Truppe purzelte reichlich unsortiert in mein Taxi zurück und wir konnten die Fahrt fortsetzen. Vom frisch Erleichterten selbst bekam ich dann die genauen Koordinaten und wir schafften es im Anschluss auch ohne weiteres, dort anzukommen. Ein bisschen irritierend war nur die Tatsache, dass sich alle in der Wohnung gewesenen über deren Schönheit und – insbesondere und ganz explizit erwähnt! – die der Toilette begeisterten.
Entweder hatte ich eine ganze Wagenladung von Paruresis Betroffener im Gepäck – oder die Toilette sucht in Sachen Geräumigkeit wirklich ihresgleichen. Ich werde es wohl nie erfahren …
Sehr bemerkenswert, dass bisher zu diesem Artikel, bzw. zu diesem Thema, keine Kommentare eingegangen sind. Dann bin ich mal der erste. Ich wusste nicht, dass dieses „Befinden“ tatsächlich einen Namen hat, und sogar als Krankheit angesehen wird.
@Wahlberliner:
Die schämen sich alle. 🙂
Nee, im Ernst: Ich hab das vor ein paar Jahren zufällig mal mitgekriegt und war ebenso erstaunt. Und, ich will ehrlich sein, auch belustigt.
Dabei ist natürlich klar, dass das für die Betroffenen alles andere als lustig ist. Und da das bei der Tour so gut gepasst hat, dachte ich eben, ich könnte das auch mal ansprechen. Es ist ja nun wirklich was, was wir alle – insbesondere Männer am Pissoir – als kleine Peinlichkeit kennen. Aber ja, es ist wohl mehr als das.
Das mit den keinen Kommentaren ist mir auch aufgefallen 😉 Aber isso: Ist ne blöde Sache, die Paruresis, auch wenns erstmal lustig klingt. Bin selbst betroffen, ist aber über die Zeit weeeesentlich besser geworden. Dabei hilft mir ein gewisser Fatalismus: Irgendwann muss ich halt pullern, besser jetzt als nachher mit Überdruck (und es stehen eigentlich überall geschlossene Kabinen neben den Pissoirs zur Verfügung).
@Quacki: Kann ich gut nachvollziehen, ich kenne das selbst in ganz schwacher Form bei mir auch. Dabei genügt es aber idR, etwas Alkohol im Blut zu haben, um zu „können“, oder aber, mir vollkommen sicher zu sein, nicht gesehen zu werden (d.h. abgeschlossene Kabine, oder eben „keine Menschenseele“ um mich zu wissen). Mir ist aber auch von vornherein klar, dass das ne reine Kopfsache ist, dementsprechend hätte ich es nicht als „Krankheit“ angesehen, sondern höchstens als „Macke“ oder so.
Hat sich bei mir zum Glück irgendwann komplett verwachsen (kann garnicht mal so genau sagen wann, irgendwo zwischen 17 und 19) … mittlerweile bevorzuge ich zwar wieder Kabinen, das liegt aber eher daran das ich über die letzten zehn Jahre auch langsam aber sicher zum reinen Sitzpinkler geworden bin …
Trotzdem gab es über die Jahre so 1-2 Läden wo ich mir das müssen müssen möglichst verkniffen habe oder tatsächlich zwischendurch eine Auszeit genommen und zur Verrichtung des Geschäftes zwar nicht Heimatboden aufgesucht, aber doch zumindest 10min Fußweg und drei Altbau-Etagen Treppensteigen auf mich genommen habe um mich auf der Bürotoilette am Arbeitsplatz zu erleichtern …
Wer das AJZ Bielefeld kennt wird das aber auch nachvollziehen können 😉
(Das Foto auf http://www.restroom-charts.com/portfolio.jsp?pf=671 ist noch eindeutig geschmeichelt, und an der Pissrinne war immer die Frage ob man länger die Luft anhalten kann als man zum Pieseln braucht)
@hartmut: Sachen gibts… Hätte nicht gedacht, dass jemand mal auf so eine Idee wie „Restroom Charts“ kommen würde.
Es gibt im Netz halt nichts, was es nichts gibt. Für jeden Fetisch was dabei 😉
@Quacki:
Ich glaube, in leichter Form sind verdammt viele betroffen. Wer fühlt sich nicht komisch, wenn jemand neben einem steht? Aber für die Fälle gibt es ja die Kabinenabhilfe. 🙂
@Wahlberliner:
Ist sicher eine Frage der Ausprägung. Bei den meisten wird es wohl eine „Macke“ sein, sprich: Etwas, das einen im Alltag nicht groß belastet und schnell umgangen ist. Schlimm wird es halt bei der verschärften Form. Hab, als ich das das erste Mal gehört hab, in einem Forum von wem gelesen, der sichergehen musste, dass niemand sonst in der Wohnung ist …
Dass DAS ein Problem ist, kann ich verstehen …
@hartmut:
Ganz so weit war ich nie. Aber nach dem letzten Bier in der Kneipe lieber ein paar Minuten warten, um dann heimzugehen, kenn ich auch …