Kollegiales

Die mit weitem Abstand besten Taxikunden sind Taxifahrer. Daneben gilt:

Die mit weitem Abstand schlimmsten Taxikunden sind Taxifahrer.

Kommt halt immer drauf an. Ich merke an mir, wie sich die Einstellung zu einer Dienstleistung ändert. Ich fahre definitiv häufiger Taxi als vor meiner Zeit als Fahrer. Schon alleine, weil ich die Preise besser einschätzen kann und das Ganze nicht mehr so unheimlich und fremd ist. Ich gebe auch mehr Trinkgeld, weil ich ja weiß, wie sehr man sich darüber freut. Ich bin darüber hinaus ein wenig gelassener, weil ich weiß, an welchen Punkten der Job manchmal schwieriger als erwartet ist – da will man dann nicht noch der mäkelnde Kunde sein.

Aber: Ich bin auf der anderen Seite auch viel kritischer. Selbst, wenn ich das so gut wie nie wirklich ausspreche. Ich kann mich nur ungenau an die letzten drei Taxifahrten nach Hause erinnern, aber ich weiß verdammt nochmal, dass keiner der Fahrer den wirklich kürzesten Weg gefahren ist. Bei der Fahrt aus der City zu mir geht es da nur um eine Ecke, die macht auf der Uhr auch nur knapp 40 Cent aus, aber ich finde es erstaunlich, dass keiner auf die Idee kam, diese wohlbekannte Abkürzung zu nutzen. Einfach, weil ich es besser weiß. Und das ist irgendwie fast schon belastend. Denn an anderen Ecken kenne ich mich nicht so gut aus und hab das selbe wohl ebenso oft gemacht. Aber man denkt sich: „Falsch. Falsch! FALSCH!!!“

Entsprechend zwiespältig war meine Meinung demnach, als mein Tagfahrer mich gefragt hat, ob ich ihn nicht zum Flughafen fahren würde, wenn er in den Urlaub reist. Zumal er den Job ja noch länger macht und bei Bedarf sicher genug zu meckern hätte. Auf der anderen Seite kenne ich ihn ja – das ist immer gut – und als Gesprächsthema bot sich schon alleine die 1925 an, die von einem Tag auf den anderen plötzlich anfing, Zicken zu machen. So gesehen hab ich’s gern gemacht, ich hätte es auch ohne Bezahlung getan. Ist natürlich der erste Gedanke, wenn man einem Kollegen helfen kann.

(Kleiner Einschub: Das ist immer völlig kurios bei bekannten Kollegen. Als Fahrgast will man immer bezahlen, als Fahrer kein Geld dafür haben. Das artet oft in ziemlich sinnfreie Überredungsversuche in alle Richtungen aus. Aber so ist es halt: Als Kunde zahle ich selbstverständlich – und auch mit Trinkgeld – gerade, wenn ich das Glück hab, einen bekannten Kollegen zu erwischen. Als Fahrer bin ich mit Bekannten einfach nicht so wirklich geschäftlich unterwegs, sondern halb privat, also warum sollte ich Geld verlangen oder auch noch Trinkgeld annehmen? Beides verständlich, nur eben sehr kontraproduktiv.)

Und mein Tagfahrer hatte längst die Taxikosten in seine Reise eingepreist, also hab ich mich nicht gewehrt. Zumal er ja auch Samstag morgens fahren wollte, DIE Zeit schlechthin für guten Umsatz. Da sind 35 € mehr oder weniger schon so eine Sache.

Kurz gesagt: Ich hab es gemacht und es war eine überaus angenehme und problemlose Fahrt – und damit ein gutes Sahnehäubchen auf einer eigentlich schon ganz brauchbaren Schicht. Selbst wenn mein Tagfahrer und ich sicher nicht in allem übereinstimmen – er ist ein netter Kerl und ich kann nur einmal mehr darum bitten, nicht ihm das Leben schwer zu machen, nur weil er das gleiche Auto fährt wie ich.

Ich werde ihn auch auf dem Rückweg abholen – immerhin sind bestellte Touren in Schönefeld ja möglich – und ich freue mich drauf. Auch wenn Taxifahrer die schlimmsten Taxikunden sind. Schließlich sind Taxifahrer auch mit weitem Abstand die besten Kunden im Taxi, wie eingangs erwähnt …

4 Kommentare bis “Kollegiales”

  1. Ist bei mir ähnlich, nur dass hier zwischen den Kollegen grundsätzlich kein Geld fließt. Zahlt nähmlich alles der Chef, ob er es weiß oder nicht 😉

  2. hartmut sagt:

    Heute in Berlin, aber schon wieder mal nur zu Deinen Schlafenszeiten … 🙁

  3. Sash sagt:

    @Blickableiter:
    Ich darf das Auto ja privat nutzen – ich muss nicht einmal meine Chefs bescheißen … 😉

    @hartmut:
    Ich hab ohnehin nicht einmal das Auto …

  4. Ich finde die Frage gut insbesondere deswegen, weil man hier einem Unternehmer gar kein Gewinn gönnt und manch einer eine klare Vorstellung hat, wo die Schmerzgrenze liegt. Bei reasoner ist sie bei 300 € pro Wagen. Was ist ein angemessener Lohn für einen Fahrer? Wenn ich ein angestellter Taxifahrer bei einem Hansa-Unternehmer wäre, dürfte ich 208 Stunden im Monat ganz legal arbeiten. Ich war immer Spitzenfahrer bei meinem alten AG. SSF kann es man nachfragen. Als Spitzenfahrer hätte ich keine Probleme einen Umsatz von 25 € im Schnitt im Jahresverlauf zu halten. Dieses bedeutet, dass ich einen Umsatz von 5000 € fahren würde. Ich hätte einen Lohn bei 44 % vom Netto von 2.055 €. Vor Steuern hätte ich 1.630 €. Dazu hätte ich 500 € Trinkgeld. Macht: 2.130 € Netto. Was ist ein angemessener Lohn für einen Unternehmer? In meinem Fall 2.130 Netto X, wobei das X gerne im hohen dreistelligen Bereich liegen darf. Wenn ich ein Taxibetrieb mit drei Autos und neun Fahrern betreibe und selber mit meiner Arbeitsleitung bei mindestens 208 Stunden im Monat liege, dann möchte ich mindestens die gleich Summe verdienen. Und weil ich ohne Aussicht auf einen Gewinn kein Risiko eingehe, erwarte ich, dass ich als Unternehmer mehr verdienen kann, als ein Fahrer bei mir bei gleicher Stundenzahl verdient. Denn, würde ich diese Summe als Unternehmer, nicht verdienen, hätte es keinen Sinn für mich ein Unternehmer zu sein. Dabei ist unerheblich, wie sich meine Arbeit zusammensetzt. Wichtig ist, dass ich mehr Stunden leiste, als das meine Fahrer tun. Das ist ganz simple Logik. Das heißt dann für mich, dass ich bei meinen drei Autos erheblich mehr als 300 € sehen will und zwar Netto. Alles andere ist dumm. Wer das nicht begreift, der soll den Beitrag noch mal lesen. Und noch ein Nachtrag für die ganz simplen Geister hier: Ich fahre selber auch. Aber eben nicht 208 Stunden im Monat, denn dann wäre ich kein Unternehmer sondern ein selbständiger Taxifahrer.

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