Im Geld schwimmen … man wird das als Taxifahrer wohl nie so recht können, so lange wir hier nicht auch Ein-Euro-Banknoten einführen. Es gibt natürlich einige fleißigere Kollegen da draussen, aber dass auch unfleißige Kutscher sich zu enormem Reichtum aufschwingen können, war mir neu. Bis neulich.
Da stand ich am Ostbahnhof, gerade an die letzte Rücke herangefahren. Neben mir hält ein Taxi und ein junger Mann, offensichtlich asiatischer Abstammung, steigt aus. Er eilt zunächst zur anderen Straßenseite, macht dann aber kehrt und fragt mich, ob ich ihn nach Mariendorf bringen könnte. Eine gute 20€-Tour – nach ungefähr anderthalb Minuten warten.
„Äh, na sicher doch!“
„Und wäre es für sie auch in Ordnung, wenn wir über Hermannplatz und Mariendorfer Weg und Rixdorfer fahren?“
„Klar, ganz wie sie wollen.“
„Schön, ihr Kollege wollte das nicht.“
Aha. Der Kollege hat sich also eine überdurchschnittliche Tour entgehen lassen, weil er mitten in der Nacht nicht den Weg fahren wollte, den sich der Kunde gewünscht hat. Das klingt bekloppt, meine Neugier war geweckt. Mal abgesehen vom rechtlichen Tara (Berförderungspflicht, Taxiordnung …): Hä?
Aber das Nachfragen hat sich gelohnt. Der Kunde war ein wirklich netter Kerl. Ein wenig redselig vielleicht, aber nicht einmal ansatzweise unfreundlich oder problematisch. Der Weg, den er sich überlegt hatte, war nahezu der kürzeste und er bevorzugte ihn, weil er angeblich im Berufsverkehr stressfreier ist. Also im Grunde noch nicht einmal eine Nachfrage wert. Die hatte der Kollege offenbar auch nicht, aber er soll auf den Fahrtwunsch geantwortet haben:
„Na, eher fahren wir beide zusammen gegen die nächste Wand!“
Nicht gerade die Einstellung, mit der man Stammkunden wirbt. Um es mal vorsichtig auszudrücken. Der Kollege aber erkannte das Problem auch und hat dem Fahrgast verkündet, dass das so nix werden würde mit ihnen beiden und er ihn jetzt zum Ostbahnhof bringen würde, wo er sich ein anderes Taxi nehmen könnte. Da sie nur ums Eck gestartet waren, standen zuletzt 3,80 € auf der Uhr, die der ganz augenscheinlich mehr als fassungslose Fahrgast auch anstandslos bezahlen wollte. Ich hätte ja einen Teufel getan, bevor ich auf die Idee gekommen wäre. Letztlich blieb es aber auch hier beim Versuch, da der Fahrer anscheinend sagte:
„Ich brauch das Geld für die Fahrt nicht! Ich schwimm im Geld!“
Ich habe natürlich keine Anhaltspunkte dafür, ob die Geschichte so stimmt. Sie wurde mir von meinem ziemlich aufgeregten Kunden erzählt, allerdings sehr detailliert und glaubwürdig. Er hatte auch die Konzessionsnummer des Kollegen und großes Interesse daran, diese an die entsprechenden Stellen weiterzuleiten.
Ich selbst hatte eine recht vergnügliche Fahrt mit über 3 € Trinkgeld und einem netten, wenn auch etwas fassungslosen Fahrgast. Und bis jetzt die immergleiche Frage:
WTF?
