„Guten Abend, wo soll es…“
„IS MIR SOWAS VON EGAL, BLOß WEG HIER!“
Mein erster Gedanke war schlicht und ergreifend:
„Alles klar, da ist die Tür, lauf zu dem Busch da drüben und brüll den an!“
Aber wenn ich eine geheime Superkraft hab, dann hat sie wohl irgendwas mit Menschen zu tun. Also ein kurzes Durchatmen und ein neuer Versuch:
„Erstmal runterkommen! Ich bring Dich überall hin, wo Du willst. Aber wenn ich jetzt in die falsche Richtung losfahre – und da fallen mir sicher einige ein! – dann die Laune von uns beiden am Ende der Fahrt noch beschissener als jetzt. Und DAS muss ja nun wirklich nicht sein!“
Menschen sind unterschiedlich. Aber kaum jemand ist überhaupt nicht zugänglich. Schon gar nicht so emotionale Tölpel wie dieser Schreihals. Ich hab glücklicherweise selten Fehlgriffe bei meinem Umgang mit schwierigen Menschen zu beklagen, wenngleich ich gefühlt alle pädagogischen Fortbildungen und Psychologie-Bücher im Laufe der Zeit vergessen habe. Aber die Choleriker, die mir ernstlich Angst machen, sind rar.
Der Typ kann ohnehin nicht dazu gezählt werden, der war definitiv eigentlich ein Sensibelchen. Ein lautstarkes Sensibelchen, aber furchteinflößend war das Gegenteil. Meinen Wink mit dem Zaunpfahl verstand er auch recht schnell:
„Ja, äh, entschuldigen Sie, äh Du. Ich, ich, es tut mir leid. Ich bin, ich war heute, das kann, aber da können Sie nichts dafür. Entschuldigung. Ich würde gerne in die Greifswalder Straße.“
„Na also, das kriegen wir doch geregelt. War also ein Scheißtag, ja?“
Die 10 Minuten Fahrt waren dann alles andere als wild. Er erzählte ein bisschen, was ihn so aufregte. Eigentlich nichts atemberaubendes: Hier ein bisschen Ärger ums Geld, Stress mit dem Freund und am Ende wollten sie ihn in den Club nicht reinlassen. War einfach alles blöd gelaufen, wie immer in solchen Situationen kam alles auf einmal. Das kenne ich genauso und die meisten, die hier mitlesen, wohl auch. Kann man auch mal aus der Haut fahren, je nach Veranlagung.
Aber wie eigentlich allen ist auch ihm bewusst geworden, dass seine Probleme doch irgendwie lösbar sein würden. Wirklich am Arsch wäre was anderes und ich musste irgendwie an die Helsinki-Episode aus Night on Earth denken.
Am Ende, wie sollte es anders sein, war er gar nicht mal soo schlecht drauf und 3,50 € extra waren für mich ok als kleine Entschuldigung für einmaliges Anschnauzen. 🙂
*smile* Der hat bestimmt bloß gesehen, dass Du ein bisschen größer bist, und sich deshalb zusammen gerissen ;-)))
Das ist aber ne prima Idee hier die ‚Night On Earth‘-Sequenz aus Helsinki einzublenden.
Das wirklich traurige an der Helsinki-Episode ist ja, dass der Darsteller des Taxifahrers schon 1995 verstorben ist:
Matti Pellonpää. :'(
@sightsigh:
Na ich hoffe mal nicht. Obwohl? Mir persönlich könnte es natürlich egal sein.
@elder taxidriver:
Naja, ich hätte mir sie auch für was wirklich trauriges aufheben können. Aber irgendwann muss das ja mal sein 🙂
@JimmyJarmuschi:
Das wusste ich gar nicht. Und ja, das ist schade. 🙁
Ich weiss, Du wirst das mal wieder gar nicht so sehen und es für völlig übertrieben halten, aber: Es ist ein Fehler solche Leute zu fahren.
Wer so aggressiv anfängt dich anzuschreien, der darf erst gar nicht ins Auto. Dein erster Gedanke war natürlich ganz instinktiv der richtige.
Es ist einfach nicht Sache eines Taxifahrers in solchen Fällen den Sozialtherapeuten zu geben. Und auch Du hast keine geheimen Superkräfte die es Dir erlauben die potentielle Aggression fehlerfrei zu beurteilen.
Sowas generell zu vermeiden ist in jedem Fall der bessere Weg, als das durch eine grobe Fehleinschätzung zu lernen.
@Thorsten:
Stimmt, sehe ich nicht so. Und ich gehe sogar noch weiter: es ist kein Fehler, sondern Du hälst es für einen. Wir sind da unterschiedlicher Meinung und das finde ich auch nicht schlimm, aber ich denke nicht, dass es beim Umgang mit Kunden eine allgemeingültige Formel gibt.
Und ganz deutlich: Ich finde Deine Argumentation für einige Fälle völlig in Ordnung und halte sie für plausibel. Aber ohne den Kunden auch nur gesehen zu haben von oben herab zu entscheiden, dass es ein Fehler war, ihn mitzunehmen, finde ich dann doch ein bisschen anmaßend.
Und wenn ich beim ein oder anderen Kunden die Option sehe, mal mit ein paar aufbauenden Worten zur Seite zu stehen, dann ist das mein Ding. Ja, vielleicht ist es im Einzelfall falsch, hier war es das aber mit Sicherheit nicht.
Alleine aufgrund einer Schilderung von dritter Seite (also ohne den Betreffenden tatsächlich gesehen zu haben) etwas genau zu beurteilen ist natürlich immer nur eingeschränkt möglich. Aber wenn es überhaupt beim Umgang mit Fahrgästen einen für jeden Taxifahrer allgemeingültigen Grundsatz gibt, dann: Risiken vermeiden. Und daraus folgt: Wer schreit, läuft.
Versuch das bitte nicht in den falschen Hals zu bekomen, aber ich gewinne beim Lesen des blogs u.a. zwei Gefühle: 1. Fährst Du noch nicht lange genug Taxi und gehst daher an vieles mangels Erfahrung zu unbeschwert heran. Das ist eigentlich auch normal und immer so – ich war da Anfang der 80er (allerdings in einem gänzlich anderen Berlin) ja auch so.
2. Einiges an diesem unbeschwerten Herangehen wird noch verstärkt durch den Gedanken wie Du gerade das jetzt wieder für diesen blog nutzen kannst.
Da scheinst Du offensichtlich Dinge zu tun / Leute mitzunehmen, die man bei nüchterner, erfahrener Betrachtung im wahrsten Wortsinn sicherheitshalber doch lieber stehen lassen sollte.
Du solltest nie vergessen, dass eine Fehleinschätzung gravierende Folgen für Dich haben könnte – auch wenn das im Moment auch noch so abstrakt und fern klingt.
Was natürlich nicht gegen aufbauende Worte spricht , sollte ein Fahrgast die mal nötig haben. Dazu muss er aber nicht unbedingt erst aggressiv drauf sein.
@Thorsten
Schlechte Laune kann jeder Mal haben und ja, die schlechte Laune kann man auch bei Unschuldigen versehentlich rauslassen. Da von vornherein zu sagen, wer schreit läuft halte ich für unangebracht. Es gibt halt viele Faktoren, die noch eine Rolle spielen. Welchen Eindruck macht der Mensch sonst? Gegen wen richtetet sich die Wut? Es könnte ja auch sein, dass man sich gerade so richtig mit jemandem gefetzt hat und jetzt nach Hause will. Je nachdem ist es dann vielleicht der arme Taxifahrer, der die Wut im Bauch als erstes zu spüren bekommt. Wenn ich mir mich selbst betrachte: Ja, ich kann auch aus der Haut fahren und ja, das kann auch Unschuldige treffen. Aber das heißt nicht im Umkehrschluss, dass ich demjenigen dann auch was antuen möchte.
Ich finde Sashs Reaktion hier angemessen. Hätte der Mensch nach (!) Ansprache immer noch rumgebrüllt, dann hätte ich gesagt, ja, ist okay.
Aber man muss auch mal die Kirche im Dorf lassen und nicht pauschal jeden Menschen abkanzeln, der seine Wut rauslässt. Solange es verbal passiert und so lange es sich eigentlich nicht gegen den unschuldigen Gegenüber direkt richtet, kann ich da kein so großes Problem sehen.
@Thorsten:
Risikovermeidung ist echt DER Hauptgrundsatz? OK. Mal ehrlich: Damit fallen einzelne Männer (der höchste Anteil unter den Räubern) und typische Zweiergruppen raus. Ab 3 Leuten sind sie mir körperlich überlegen und wenn Frauen sich alleine in mein Auto trauen, dann haben sie sich dieser Logik nach vorher bewaffnet und sind auch gefährlich 😉
Was mich an deiner Argumentation stört: Unter Verwendung eines Totschlagargumentes (ich hab so wenig Erfahrung) postulierst Du eine willkürliche Grenze als allgemeines Gesetz. Ja, ich fahre nicht raus und hab immer nur die Risikovermeidung im Kopf. Ich wäge sinnvoll ab und arbeite durch Erfahrungen an meiner Menschenkenntnis. Dass ich durchaus auch mal Typen einlade, von denen ich mir verspreche, dass sie etwas außer der Norm machen, das will ich nicht mal leugnen. Aber dass ich meine Gesundheit oder mein Leben leichtsinnig gefährde, um etwas zu schreiben zu haben, das ist echt eine ziemlich arrogante Vermutung Deinerseits. Das ist mein Problem damit und ich finde, ich habe das Recht dazu, das in den falschen Hals zu kriegen, wenn man das so nennen will.
@Nania:
Zumal es ja auch wirklich nur ein kurzer Fluch war …
Ich versteh die Aufregung echt nicht. Da sind die schweigsamen Gesellen weitaus schwieriger einzuschätzen.
[…] mehr oder weniger mit einem Kommentator im Clinch, der mir einzureden versucht, ich solle zum einen wesentlich wählerischer bei meinen Fahrgästen sein, zum anderen auch bitte nicht in meinem Blog erwähnen, dass ich auch mal über 200 € eingenommen […]
Nun ja, Du kannst ja der Meinung sein, das wäre alles Bullshit – ich habe jetzt knapp 30 Jahre Erfahrung mit Taxifahren in Berlin und kann Dir versichern dass Du früher oder später merken wirst dass dem nicht so ist. Ganz sicher. Und glaub mir: Erfahrung ist kein „Totschlagargument“ (Nicht nur was die Ortskenntnis angeht). Auch das wirst Du noch einsehen.
Ich könnte ja auch schlicht denken „Soll mir doch egal sein, wenn er eins übern Kopp kriegt“ – aber dieses „egal“ war früher unter Kollegen nicht so und nur weil es heute derart um sich greift (in allen Belangen), muss man ja nicht alles was man selbst auch erfahren hat über Bord werfen.
Natürlich ist Risikovermeidung einer der obersten Grundsätze. Aber auch nicht so wie Du es immer verstehen willst, dass man nun ausschliesslich und immer jeden Fahrgast besonders argwöhnisch betrachtet. Aber als eine Art Hintergrundrauschen sollte es stets präsent sein und dazu muss man sich besonders anfangs eben einiges immer bewusst machen.
Was mich aber wirklich ärgert, ist dass Du nicht einsehen kannst, dass Du uns alle unnütz zusätzlich (und sei es nur ein ganz kleines Fitzelchen) gefährdest indem Du ständig weiterhin von den konkreten (und insgesamt für das Gewerbe aussergewöhnlich hohen und auch nur in seltenen Schichten und Zeitpunkten so zu realisierenden) Umsätzen schreibst. Das ist weder für Inhalt, noch für Form oder Stil des blogs nötig. Da kann man auch Allgemeinplätze verwenden um exakt denselben Inhalt zu transportieren. Schon mal eine Schulung bei Herrn Kuhlmann gemacht? Ist ohnehin grundsätzlich sehr empfehlenswert – auch wegen der Diskussion mit den Kollegen die sich dabei entwickelt. Der wird Dir da schon die richtigen Worte zu sagen, insbesondere auch was die Kripo seit Jahrzehnten dazu empfiehlt: Nie konkrete Summen nennen die man dabei hat oder eingenommen hat. Auf Fragen wie „es läuft“ immer und ausnahmslos antworten man hat gerade erst angefangen. Usw. Herr Kuhlmann kann Dir auch aus seiner konkreten Erfahrung mit der Kripo einiges über die Tatanreize sagen die bei Vernehmungen tatsächlich angegeben wurden. Vielleicht überdenkst Du das dann auch.
Ich würde übrigens nicht so weit gehen uns etwa behaupten, dass Du Gesundheit oder Leben leichtsinnig gefährdest um etas zu schreiben – jedenfalls auf keinen Fall bewusst. Aber – und das musst Du einem sowohl in dem Gewerbe erfahrenen Kollegen, als auch einem langjährig interessiert viele Publikationen dieser Art verfolgenden und daher kritischem Leser zugestehen – insgesamt ist klar ersichtlich dass Du auf diesen blog und seinen Erfolg (zu Recht, meine auch ich) ziemlich stolz bist. Und ich habe so ein klein bischen das Gefühl, dass so langsam die Gefahr besteht, dass der Stolz ein wenig in Eitelkeit übergeht und die ist nie ein guter Rageber, ganz besonders nicht was das Verhalten als Berliner Nachtfahrer angeht.
@Thorsten, zum Thema Geld kopiere ich mal meinen Kommentar von nebenan hierher:
Ich bin zwar eher kein potenzieller Taxiräuber, aber zöge ich einen Überfall in Betracht, würden mich [Sashs veröffentlichte Umsatz-] Zahlen eher abschrecken. Nach einer kleinen Überschlagsrechnung (Mindestlohn * Arbeitszeit * 2) hätte ich nicht erwartet, dass 200€ Umsatz schon als gute Schicht durchgehen. Und da Taxis als teuer gelten, dürften sich die meisten Räuber eine noch höhere Beute erhoffen. Vielleicht könnte es sogar der Überfallprävention dienen, die niedrigen Bargeldbestände in Taxis bekannter zu machen. Die Verzweifelten würde das nicht stoppen, aber hoffentlich ein paar Übermütige. (Zur Klarstellung: Ich habe kein grosses Einkommen und betrachte dreistellige Eurobeträge nicht als Peanuts. Aber in Relation zu Aufwand und Strafmass eines Überfalls finde ich die mögliche Beute einfach lächerlich.)
@Thorsten:
Einmischung und Ratschläge sind eine gute Sache, aber hier wie auf der Straße macht der Ton die Musik. Deine Erfahrung könnte ich sehr schätzen, würdest Du akzeptieren, dass sie genau das ist: Deine Erfahrung. So wie Du Sie verwendest, fungiert sie allerdings als Totschlagargument und das kann man im ersten Absatz Deines Kommentars hervorragend nachlesen: Du weißt vs. ich glaube.
Dann lass mich mal etwas aus meiner Erfahrung als Taxiblogger erzählen: So wie anna sich geäußert hat, äußern sich eigentlich alle Leser, die irgendwie Bezug nehmen auf von mir genannte Umsätze. Dass ich debil grinsenden Psychopathen nicht meine Statistik vorlese ist ja klar, was allerdings die Transparenz in meinem Blog angeht, verhält sich die Sache ein bisschen anders und ist schlicht nicht 1:1 auf das zu übertragen, was im Taxi selbst passiert. Zunächst ist ein überwiegender Teil der Taxiüberfälle spontan und bezüglich veröffentlichter Zahlen recht irrelevant.
Und sowohl Deine Einschätzung bezüglich der Wichtigkeit der Beträge für meinem Blog als auch Deine Vermutungen bezüglich ihrer Relevanz zeigen, dass das nicht wirklich ein Gebiet ist, bei dem Deine Erfahrung arg weiterhilft. Denn während Du als bezüglich Überfällen, Tatanreizen und psychologischer Schulung offenbar gebildeter Mensch auf jeden Betrag mit €-Zeichen anspringst, tun das die meisten Leser nicht. Die Nennung konkreter Beträge transportiert hier wie überall sonst, wo mit solchen Zahlen hantiert wird, meist die Information, dass wir weniger Geld dabei haben, als die Menschen vermuten. Und selbst einzelne hohe Beträge werden nicht jenseits des Kontextes gesehen – und ich bin fest davon überzeugt, dass ich zusammen mit all den anderen bloggenden Kollegen recht viel dazu beitrage, unsere Probleme mehr in den Fokus zu rücken, Legenden zu berichtigen. Außerdem sorgt all das im großen und Ganzen dafür, dass wir Taxifahrer als Menschen gesehen werden und ist schon dadurch mehr Prävention als Anreiz zu Überfällen. Und die Tatsache, dass sich ein Betrag auch durch eine Umschreibung ausdrücken lässt, sagt desweiteren auch nichts darüber aus, ob er in diesem Auftreten nicht doch dem Inhalt, der Form oder dem Stil zuträglich war.
Als Experiment würde ich Dir nahelegen, mal taxiunbedarften Leuten zu erzählen, Du hattest gerade eine gute Schicht. Dann lass sie schätzen, wie viel Geld Du verdient hast. Du wirst durchschnittlich Werte weit über Deinem Kasseninhalt genannt bekommen, so viel kann ich Dir versprechen! Und konkrete Euro-Beträge sind eben nicht der einzige Tatanreiz, herbeifantasierte Wunschvorstellungen sind da auch ganz vorne mit dabei.
@anna:
Danke, das ist genau das, was ich immer wieder zu hören bekomme. 🙂
Also eines kann ich zu 100% unterschreiben, weil es genau den Kern trifft: „Vielleicht könnte es sogar der Überfallprävention dienen, die niedrigen Bargeldbestände in Taxis bekannter zu machen“.
Genau das ist eine zentrale Präventionsmassnahme, wenn nicht die wichtigste.
Nur: In einer „normalen“ Durchschnittstaxe ist noch viel weniger Bargeld vorhanden als in Sashs Taxe nach einer „guten“ Schicht. Ich denke mir das ja nicht alles aus, sondern das kann man auch nachlesen. Beschäftige Dich doch mal mit den Erhebungen zu Tatanreiz- oder Hemmschwellen (je nachdem von welcher Seite man die Kurve betrachtet). Die verläuft nicht linear, sondern extrem sprunghaft – und zwar sinkt die Hemmschwelle zu einer ins Auge gefassten Tat, bzw. steigt der Tatanreiz sprunghaft an, bei einer Summe der zu erwartenden Beute die etwa kurz über 100€ liegt. Das mag irrational klingen und auch sein, ist aber aus komplizierten psychologischne Gründen so. Die gleichen Gründen führen dazu, dass potentielle Täter das nicht so realistisch und sachlich sehen wie z.B. anna – die tun es ungeachtet der lächerlichen Relation zwischen möglicher Beute und möglicher Strafe. Daher ist eine wesentliche Präventionsmassnahme, alle potentiellen Täter möglichst im Unklaren über die Höhe einer möglichen Beute zu lassen – diese Unklarheit senkt nachweislich den Tatanreiz. Auch wenn da irgendwelche herbeifantasierten Wunschvorstellungen existieren – nochmal: Unklarheit senkt den Tatanreiz.
Und deswegen empfiehlt auch die Kripo seit Jahrzehnten immer dasselbe, nämlich das was ich jetzt zum letzten Mal wiedehole: Fahrgästen ggü. nie konkrete Umsatzzahlen nennen + auf Nachfrage immer sagen man habe gerade angefangen. Was für den einzelnen Fahrgast gilt, gilt für die Öffentlichkeit eines blogs erst recht. Es gibt daher auch eine (meist auch eingehaltene) stille Vereinbarung mit der Presse, niemals konkrete Beute zu benennen. Damit werden auch die von Dir angesprochenen (und merkwürdigerweise ja tatsächlich so vorhandenen) Vorstellungen von taxiunbedarften Leuten zurechtgerückt. Ich tu´das nämlich sehr wohl.
Wie gesagt: Das ist nicht (nur) Erfahrung, sondern Wissen, weil ich mich damit ausführlicher beschäftigt habe als jeder Durchschnittstaxifahrer.
Und bei all den angesprochenen Reaktionen von Lesern darfst Du eines nicht ausser Acht lassen: Die sind ja eher nicht zu den potentiellen Tätern zu rechnen, sondern gehören eher zu denjenigen die an das Thema so sachlich und nüchtern herangehen wie z.B. anna. So denken Täter aber nicht. Und die sind dann auch eher (wenn überhaupt natürlich) unter Leuten zu suchen, die von diesen Inhalten hautpsächlich vom Weitererzählen etwas mitbekommen – und natürlich keinerlei Kommentar hinterlassen.
@Torsten:
„Was für den einzelnen Fahrgast gilt, gilt für die Öffentlichkeit eines blogs erst recht.“
Diesen Punkt zweifele ich nach wie vor an. Bei weitgehend spontanen Taten sind aus dem Zusammenhang gerissene Zahlen in der Öffentlichkeit eben kein Tatanreiz. Ich sollte auch das Portemonnaie im Auto nicht offen rumliegen lassen, darüber schreiben kann ich sehr wohl, denn es ist allgemein bekannt, dass Taxifahrer ein solches dabei haben, damit stoße ich niemanden auf eine neue Idee. Und bei den Umsätzen gilt das in meinen Augen verstärkt:
Die Tatsache, dass wir Geld dabei haben, ist allgemein bekannt. Wir haben einen öffentlichen Tarif und jeder Kunde weiß, was er im Taxi hier und da mal ausgegeben hat. Die meisten rechnen das gedanklich naiv hoch – und da landen wir schnell bei Beträgen um 300 oder 500 €, das geht irrwitzigerweise bis in den vierstelligen Bereich. Da sehe ich einen guten Ansatzpunkt, genau die von dir angesprochenen Leute, die das hintenrum mitkriegen, langfristig in die richtige Richtung beeinflussen zu können. Und mal abgesehen davon: Du hängst Dich immer an den paar Beiträgen auf, wo ich schreibe: „Scheißegeile Schicht, 200 €!“ Was ist mit den Einträgen, wo ich schildere, wie ich mit 60 € entnervt aufgegeben habe?
Ich bin mir sicher, damit insgesamt etwas positives auch im Bezug auf die Prävention zu tun. Inwieweit ein Totschweigen falsche Vorstellungen zurechtrückt, würde mich übrigens wirklich mal interessieren…
Wer gern Englisch liest: Diego Gambetta , ‚How Taxi Drivers Establish Customers‘ Trustworthiness‘.
Geht darüber, was man vor dem Einsteigen schon bemerken kann. Bei Leuten die sehr auf der Straße stehen, fast schon im Weg, bin ich immer vorbeigefahren, oder bei denen die mich schon von draußen dirigieren wollten.
Bei der Helsinki-Episode wäre ich schon beim Einbiegen in die Straße wieder durchgestartet, aber manchmal ist man
nach X-Stunden Schicht ( keine Zahlen nennen..) auch zu willenlos um noch solche Entscheidungen zu treffen. Bloß der Reflex funktioniert noch: Es winkt wer, also bremse ich. ( also bin ich..).
Die spezielle Schulung für Taxifahrer habe ich leider nie mitgemacht, kann aber sagen dass etwas Ähnliches im Polizeipräsidium vor Jahren von einem Herrn Kautz, der auch Bücher geschrieben hat, äußerst eindrucksvoll und lehrreich war. Also , wie man Gewalt in der Öffentlichkeit, ( nicht im Taxi) am besten ‚ handelt‘.
Ein Satz , mindestens, ist mir noch in Erinnerung: ‚Nicht mit dem Täter sprechen. Es bringt nichts‘!
Und: Die Androhung von Gewalt ist schon Gewalt. Und, wenn man in einem Haus sich flüchten kann, nicht ‚Hilfe ‚ rufen,
sondern ‚Feuer‘.
Der korrekte Titel von oben heißt: ‚Streetwise – How Taxi Drivers Establish Customers Trustworthiness‘.