In die Gensinger

Aus der Reihe „Wenn Fahrten besser sind, als man denkt“:

Die beiden alten Leutchen sind mir am Ostbahnhof nach durchaus ermüdender Wartezeit ins Auto gestiegen. Sie müssten „nach Friedrichsfelde in die Gensinger, kennen sie?“

„Selbstverständlich.“

So ein bisschen Ortskunde schleicht sich nach drei Jahren Taxifahren dann ja doch ein 😉

Ich hab mich gefreut, wenigstens mal keine kurze Tour nach der Warterei! Ans Ende von Lichtenberg, knapp 15 €. Das ist doch mal was!

Die Fahrt verlief ganz wie erwartet ruhig. Ich hab mich insbesondere mit ihr ein Bisschen über Berlin unterhalten und die Tatsache, dass ich „erst vor kurzem“ zugezogen bin. Die beiden selbst waren Einheimische, grob seit Beginn des letzten Jahrhunderts in der Stadt. Mir wurde erzählt davon, wie das hier früher alles ausgesehen hat, welche Supermärkte bald schließen und wie schön ihr Ausflug nach Bautzen doch war, von dem sie eben zurückgekommen sind. Ein wenig dröge vielleicht, aber immerhin lukrativ und zweifelsohne eine nette Tour.

Und dann standen wir da vor der Tür und die beiden verabschiedeten sich. Voneinander.

„Ach, geht es denn jetzt noch weiter?“

„Jaja, ich muss doch noch nach Köpenick!“

begann der alte und nicht mehr sonderlich gut hörende Mann zu erzählen. Am Ende erwies sich die Tour mit 30 € als quasi oberste Grenze dessen, was man innerhalb des Stadtgebietes noch eben so zusammenfahren kann. Damit haben sie mir nicht nur die Stunde, sondern quasi die komplette Schicht gerettet. Die Unterhaltung mit ihm war dank seiner Schwerhörigkeit zwar nicht ganz einfach, aber wir haben es letztlich beide mit guter Laune hinbekommen.

Ich weiß, dass das nicht sonderlich spannend ist, aber ich wollte unbedingt mal wieder erwähnen, wie das Geschäft einfach gleichermaßen überraschend wie auch vorhersehbar sein kann. Ich hab immer wieder gerne Spaß mit betrunkenen Partygängern und lustigen Ereignissen, manchmal aber ist man einfach froh, dass es auch Touren wie diese gibt: Einfach, entspannend und dennoch lukrativ.

11 Kommentare bis “In die Gensinger”

  1. Es muss nicht immer der heftigste Schenkelklopfer sein, Sash. Sowas hier gefällt auch. Nur die Entschuldigung stört. 😉

  2. Sash sagt:

    @Der Maskierte:
    Ich weiß, aber ich verblogge solche Fahrten wirklich nicht oft…

  3. Dom sagt:

    Spannend hin oder her: Man freut sich als Leser doch, wenn der Lieblingsblogger eine gute Schicht hatte. Und ein Überraschungsmoment war ja auch drin – sehr gut gelöst. „Voneinander“. Man stelle sich dazu einen Paukenschlag vor. Dat IS doch Spannung! 😉

    An dieser Stelle mal gute Besserung! Es findet sich sicher ein Ausweichtermin fürs Radio-Interview. Die Gesundheit steht erstmal an erster Stelle, auch wenn das sehr nach Klischee-Spruch klingt.
    Brav Tee mit Honig trinken!

  4. Sash sagt:

    @Dom:
    Danke. Und ich bemühe mich. Zählt Hopfenblütentee eigentlich auch? 😉

  5. zbygnev sagt:

    wir warten dann mit Spannung auf das Paar, dessen eine Hälfte Du aus Mitte nach Rauchfangswerder chauffieren darfst, um Fahrgast Nr. 2 dann nach Hause in die Invalidensiedlung zu befördern. So etwas Ähnliches hab‘ ich in Hamburg mal mit einem Fahrer gemacht (*), der meinte hinterher nur „Umsatzziel mit nur einer Fahrt erreicht ist selten“.

    Bessere Er seine Stimmbänder 🙂

    (*) Stadtpark – Bergedorf – Billstedt – Harburg – Stadtpark mit 3x 15min Wartezeit)

  6. Maik aus Wilhelmshaven sagt:

    Moin!

    30 Euro ist die oberste Grenze innerhalb Berlins? Oder meinst Du mit Stadtgebiet nun die „Innenstadt“ ohne Randbezirke?
    Bei unseren kleinen Stadt liegt die längstmögliche Strecke ja schon bei runden 25 Euro, auch wenn es dann einmal von einem Stadtende zum anderen ist….
    Nun, die längste Fahrt innerhalb der Stadt lag mal bei 47 Euro. Erst Richtung Osten zu einem Pflegeheim, fünf Minuten warten, dann Richtung Westen, Krankenhaus, wieder 5 Minuten, dann Richtung Nord, zum nächsten Krankenhaus, auch wieder fünf Minuten, und dann zum Startpunkt Bahnhof zurück. Der Kunde war ein gerichtlicher Vormund, der sich einfach nur mal davon überzeugen mußte, das seine „Klienten“ nicht mehr geschäftsfähig sind. Und das ging wohl recht schnell jeweils….

  7. Taxiblogger sagt:

    @Maik

    Du hast Recht. Von Rauchfangswerder nach Kladow, also in Ost-West-Richtung, sind es 53 km oder 70 €!

  8. Sash sagt:

    @zbygnev:
    Mach ich. Und was die Tour angeht: Meine beiden Mädels mit Potsdam und Hellersdorf fallen ja in die Kategorie 🙂

    @Maik aus Wilhelmshaven:
    Nein, so natürlich nicht. Da hat auch der Taxiblogger natürlich Recht. Aber wenn man relativ zentral startet und es nicht ins Umland geht, sind Touren über 30 Euro selten. Und mit Zwischenhalt oder Richtungswechseln kann man natürlich auch in Berlin binnen weniger Stunden arm werden 😉

  9. Dom sagt:

    Sash: Hauptsache Tee 😉

  10. Maik aus Wilhelmshaven sagt:

    Bei uns ist man ja schon glücklich, wenn eine Tour vom Bahnhof mal auf zehn Euro kommt 🙂
    Standard ist die Tour für plusminus 5 Euro….

  11. Sash sagt:

    @Maik aus Wilhelmshaven:
    Naja, Durchschnitt ist bei uns ja etwa 11 €…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

%d Bloggern gefällt das: