Auch wenn es viele Kollegen tatsächlich nicht glauben wollen: Morgens am Wochenende ist der Ostbahnhof eine verdammt gute Halte. Wenn ich mich Sonntag früh für meine letzte Samstagstour anstelle, bin ich schon oft mit Fahrten nach Spandau, Lichtenrade, Hellersdorf, meist aber zum Flughafen Schönefeld „überrascht“ worden.
Da mein Tagfahrer das Auto aber auch irgendwann haben will, verlege ich die letzte Tour somit meist eher auf 6:15 bis 6:30 Uhr statt später. Wenn man es überhaupt mal vernünftig einschätzen kann, wann man Kunden hat…
Aber manchmal will auch ich nach einer langen Nacht nur noch heim. Da fehlen vielleicht noch 5 € auf die 200 oder ich hoffe, noch ein bisschen den Kilometerschnitt drücken zu können mit einer Tour grob in Richtung des Abstellplatzes. Das Ablehnen einer langen Fahrt zu dieser Uhrzeit ist alles andere als problematisch, da die Kollegen, die sich um die Uhrzeit am Bahnhof tummeln, meist schon die Tagfahrer sind, sprich: eben mit der Schicht angefangen haben. Da hat niemand was gegen einen 30€-Stich zu Beginn einzuwenden, und meist frage ich sie auch vorher, ob es für sie ok wäre.
Die Fahrgäste haben ebenso meist Verständnis, also läuft das eigentlich ganz gut.
Und so stand ich neulich da, es war ziemlich genau 6 Uhr. Ich hatte überlegt, direkt von der Tanke aus zum Abstellplatz zu fahren, aber irgendwie kam der Ehrgeiz dann doch mal durch. Darf nach 29 Jahren Faulheit ja auch mal passieren.
Es wurde das bekloppteste Schichtende ever.
Zunächst wartete ich 10 Minuten, bis ich erster war. Dann kam eine Kundin. Sie wollte wohin? Richtig: Flughafen Schönefeld. Mein Ziel hingegen war die Storkower Str., und eine Tour über 15 € wollte ich in gar keinem Fall annehmen. Vielleicht, wenn es über die Landsberger Allee gehen sollte, da wäre der Rückweg nachher schnell. Aber lieber so um die 10 €. Richtung Westen vielleicht 8. Meinetwegen gerne eine kurze Tour wie den ganzen Abend davor. So 6,50 € und richtige Richtung?
Die Kundin hatte Verständnis, der Kollege hat sich mächtig gefreut, ich hab weiter gewartet. Die Zeit verrann ziemlich langsam.
15 weitere Minuten später tauchte dann ein Kunde am Horizont auf. Na also! Wo soll es hingehen?
„Ach, ich müsste ganz dringend zum Flughafen Sch…“
„Dann steigen sie doch bitte zu meinem Kollegen ins Auto, ich bin schon 10 Stunden unterwegs und möchte gerne nur noch eine kurze Tour fahren.“
Kollege glücklich. Fahrgast glücklich. Sash müde. weiter warten!
Etwa 10 Minuten nach dieser Anfrage betrat ein weiterer Kunde das Spielfeld. Er wollte wohin? Richtig! Zum Flughafen Schönefeld!
Inzwischen wäre ich mit der ersten Flughafen-Tour längst auf dem Rückweg gewesen und mit 30 € mehr Umsatz auf direkterem Wege in die Heimat. Aber ich bin tapfer weiter rumgestanden und hab die Hoffnung nicht aufgegeben, dass keiner der Kollegen weiter hinten mitbekommen hat, was für eine erbärmliche Gestalt ich in diesem Moment war.
Die nächste Tour hab ich angenommen. Sie war zwar mit 16 € eigentlich zu lang, sie führte mitten ins Herz von Schöneberg, also straight nach Südwesten, was genau entgegen meiner Richtung lag – aber ich wollte es gar nicht mehr mitkriegen, wie mich der nächste Kunde dann wahrscheinlich wegen einer Ferntour nach Leipzig gefragt hätte oder so…
Ich hab das Auto dann mit ein paar Minuten Verspätung abgestellt, was glücklicherweise kein Thema ist, da mein Tagfahrer am Sonntag immer spät anfängt. An diesem Tag hab ich ihn tatsächlich mal getroffen am Auto, und er meinte zu mir:
„Kiek ma, bist ja noch unterwegs. Ha, siehste ooch ma Sonntags de Sonne uffjehn!“
Hätte ich drauf verzichten können…
Ich glaube, nächstes Mal fahre ich einfach „heim“. Irgendwann ist es schließlich mal gut!
Wie du so schön schreibst, warum hast nicht die erste lange Tour genommen und bist dann zurück zum Abstellplatz? Murphy wird dir nicht die Freude machen und eine kurze Tour servieren, soviel steht fest. Wenn du also mit dem Vorsatz „nur noch ein Kunde“ dastehst, dann nimm jeden Kunden, der nicht gerade eine Fahrt nach Timbuktu ordert. Das reduziert den „Frust“ und freut den Geldbeutel.
So, genug berufsfremd kluggeschissen.
Wenn ein Auto Tag und Nacht gefahren wird. Wie kann denn dann mal der Motor abkuehlen?
@ CDU-Ärgerer
Der steht ja schon mal ein Weilchen rum. Und da kühlt der auch schon ab.
Warum sollte der Motor überhaupt abkühlen können. Durchweg schön auf Betriebstemperatur ist doch am besten für den Motor.
@Der Maskierte:
Ich hatte die Hoffnung, Murphy macht auch mal frei 🙁
Und normalerweise fahre ich ja immer alle überallhin. Gibt halt so Momente… Umgekehrt passiert das ja ständig, warum also nicht die Hoffnung bewahren?
@IbePudCDUzp:
Zum Beispiel dadurch, dass weder mein Tagfahrer, noch ich, soo bekloppt sind, 12 Stunden durchgehend Auto zu fahren 🙂
Abgesehen vom Später-Anfangen und Früher-Aufhören beträgt ja auch die Standzeit während der Schicht zwischen 30 und 70% (siehe oben).
@Matthias:
Ehrlich gesagt weiß ich nicht, ob das auch für ganze Wochen oder Monate gilt.
Sash, Du solltest doch wissen, daß die letzte Fahrt IMMER entgegengesetzt zu Deiner geplanten Richtung geht! Du mußt einfach Schluß machen. Ich hatte allerdings mal zu DM-Zeiten eine Tour, die genau in die geplante Richtung ging. Leider mit 400 DM deutlich zu weit und zu lange. Die Schicht war demzufolge ein bißchen länger als 12 Stunden 🙁 . Ablehnen geht doch gegen die Berufsehre 🙂 .
Auch das Warten auf nur noch 5 € endet meist böse, nämlich dann, wenn Du Dir hinterher die Zeit anschaust, die Du dafür gebraucht hast.
Also ich hätte ja die erste auch nicht abgelehnt. So lang wäre es sicher nicht geworden, und den KM-Schnitt hättest du bestimmt nicht sooo arg hochgetrieben.
Aber je mehr man sich versteift, umso geringer ist die Chance!
@Taxi 123:
Naja, IMMER eben nicht. Es klappt gerade noch so oft, um die Hoffnung nicht ganz zu verlieren 🙂
Und natürlich sollte man sich für die letzten 5 € nicht die Zeit ansehen…
@ednong:
Das mache ich ja auch nur ganz selten. In der Regel bin ich ja für alles zu haben, und natürlich freue ich mich in der Regel auch über eine schön lange Tour zum Schichtende. Deswegen ja auch der Titel: Wenn man EINMAL heim möchte…
Zu der „Abkühlproblematik“: Wenn’s nicht gerade 40° im Schatten hat, ist das gar kein Problem, der Motor freut sich, wenn er auf Betriebstemperatur gehalten wird und das öl schön geschmeidig bleibt.
Hab mal einen Bericht über Sibirien gesehen, da machen die den ganzen Winter über die Autos nicht aus, weil man sie ansonsten bis zum Frühjahr nicht mehr ankriegt!
@Ährisch:
OK, interessant. Das hätte ich zugegebenermaßen auch nicht gedacht. Ich bin mir sicher, dann lacht man in Sibirien noch lauter über Leute, die ihr Auto abwürgen 😉