Manchmal verlaufen Fahrten ja anders als man denkt. Naja, meistens 😉
Schön war, dass ich ausgerechnet in der letzten schummrigen Gasse in Treptow einen Winker gefunden habe. Ein gut gelaunter junger Mann, der noch zudem zu einem Ziel nahe Mariendorf wollte. Eine gute 15€-Tour.
Etwas bedenklich wurde es, als er mich bat, „ein bisschen vorsichtig“ zu fahren, weil er „stark angetrunken“ sei. Nachtigall, ick hör dir trapsen…
Wie ich das immer mache, hab ich ihm gesagt, dass er rechtzeitig was sagen soll, dann wäre ein schneller Stopp kein Problem. Es kam, wie es kommen musste: Einen knappen Kilometer nach Fahrtantritt murmelte er ein Stopp, und binnen zweieinhalb Sekunden stand das Taxi mit Warnblinker am rechten Fahrbahnrand und seine Tür war offen. Er torkelte aus dem Auto, lehnte sich an ein Stadtmöbel und versuchte zu kotzen.
Kein schöner Anblick, aber weitaus besser, als den selben Anblick im Fahrzeug zu genießen! Er hat auch nicht ernsthaft seine Umwelt in Mitleidenschaft gezogen, sondern nur ein bisschen Speichel abgesondert. Er hat sich erst einmal hingesetzt und wollte von der Welt nichts wissen. Die Uhr lief und ich fragte, was wir nun machen sollten. Zurück vielleicht?
„Nee nee, nich zurück! Ich muss zu mein‘ Kumpel!“
Er ist dann recht flott wieder eingestiegen und ich hab die nächsten 5 Minuten sehr sehr wachsame Augen gehabt. Auf ihn, auf den Verkehr hinter uns und auf Ecken zum ranfahren. Aber ziemlich schnell ist er dann eingeschlafen, und mir war das nicht unrecht. Es kotzt sich schwer, wenn man nicht wach ist, und so konnte ich den Weg letztlich recht flott zurücklegen. Auf dem kürzesten Weg bin ich dank meinem Navi zur mir bis dato unbekannten U-Bahn-Haltestelle gegurkt und hab mich gefreut, dass die Umsätze nun doch nicht so schlecht aussehen wie erwartet.
„So, aufwachen! Wir sind da!“
„Reaktion“ wäre eine ziemliche Übertreibung für das, was von seiner Seite aus folgte. In weiser Voraussicht habe ich die Uhr dieses Mal nicht ausgemacht. Wer weiss, wie lange das noch dauern würde. Normalerweise bin ich da kulant, aber man ärgert sich unter Umständen schon, wenn einen das dann 20 Minuten Zeit kostet.
Ich hab ihn unsanft gerüttelt, ihn abgeschnallt, ihm versucht klarzumachen, dass ein Taxi ein ausgesprochen teurer Pennplatz ist, egal. Mehr als 3 Sekunden am Stück konnte er die Augen nicht offenhalten. Ich hab seine Tür aufgemacht, hab ihm gesagt, er solle erst mal aussteigen, nach ein paar Schritten und frischer Luft sähe die Welt doch gleich ganz anders aus.
Begeistert war er nicht, als ich ihn mehr oder minder aus dem Auto gezogen habe, aber siehe da: Er konnte plötzlich selbstständig stehen und wachte langsam auf. Na also!
Ungelenken Schrittes tapste er davon.
„Hey, Moment mal! Zahlen wäre vielleicht noch angesagt!“
Für die folgenden Laute gibt es keine Lautschrift, aber man kann es mit „verständnisvollem Grunzen“ ganz gut umschreiben. Er drehte sich um und begann in seinem Portemonnaie zu suchen. Ich hatte meines auch schon bei mir, und in Anbetracht der bereits aufgelaufenen Summe von 18,40 € fand ich den Fuffi auch nicht unangemessen.
„Passt!“
„Ey, mach keinen Scheiss! Das ist ein ganzer Haufen zu viel!“
Glaubt mir, ich hab mich gehasst für diesen Satz. Natürlich sind meine Augen groß geworden und ich wäre gerne einfach abgehauen mit der Kohle. Aber ich kann es einfach nicht. Irgendwo während der letzten Generationen sind in meiner Familie die Arschloch-Gene verlorengegangen. Ich hab einen Zwanni und einen Zehner aus dem Sack geholt und ihm gegeben. Geben wollen. Er stieß meine Hand mit dem Geld verächtlich weg, drehte sich um und torkelte seines Weges.
Gut, dann eben doch nicht!
Ich werde mich nicht auf ein Handgemenge einlassen, um 30 € loszuwerden! Ein paar Sekunden hab ich noch gewartet. Vielleicht überlegt er es sich ja nochmal. Nix. Na denn…
Ich hoffe, es ist ihm wenigstens eine Lehre.