Geborener Profi

Heute hat ein mit mir die schaurige Treppe zum P-Schein erklimmender Kollege mehr als ein Jahr nach mir seine erste Schicht gehabt. Er hat sich zwar mit der Prüfung deutlich schwerer getan als ich, aber immerhin hat er seine erste Fahrt ohne Desaster hinbekommen. Und das will was heißen. Aber irgendwie ist es auch untypisch, dass man am ersten Tag – noch dazu am Wochenende – einen schlechten Umsatz hatte.

Weiß doch jeder, dass man als Anfänger unverschämtes Glück hat – was sich zum Wohle der Kollegen nach rund 24 Stunden allerdings wieder legt…

Hysterisch und abgezockt

Ob ich sie für 10 € vom Matrix zum Agon Hotel am Alexanderplatz bringen könnte?

Puh, knappe Sache. Im Grunde ja, aber es könnte schon sein, dass es nachher 10,50 € werden. Mehr als 11 € allerdings sicher nicht.

Sie sind dann auch eingestiegen, aber die halbe Fahrt über ging es um nichts anderes als den Fahrpreis. Es waren die üblichen australischen Touris – und so verwunderte mich das ein wenig. Im Laufe der hitzigen Debatte wurde dann klarer, dass sie es für 10 € auf dem Hinweg geschafft haben, und das jetzt auch wieder wünschen.

Nicht unverständlich – aber was macht ein Euro australische Mädels so hysterisch?

Und das Gegacker war wirklich kaum zu ertragen. Den Hinweis, dass sie nicht verarscht werden wollen, kann ich ja nachvollziehen, aber mehr als 3 mal pro Minute muss dann ja auch nicht sein.

Der Hintergrund war folgender (wie ich dann noch rausgefunden habe): Am Tage ihrer Ankunft haben sie ein solches Arschloch von Taxifahrer erwischt, der ihnen 30 €…

…und ich möchte hier einen kleinen Einschub anbringen. 30 € bedeuten etwa vom Flughafen Schönefeld zum Ostbahnhof. Oder vom Ostbahnhof nach Spandau. Von Charlottenburg nach Marzahn oder von Tegel nach Karlshorst…

30 € hat er ihnen abgenommen, um vom Alexanderplatz (und es ist mir scheißegal von wo am Alex!) zu ihrem Hotel zu kommen. Klar, auch ich warte nicht gerne eine Stunde, um dann eine 4€-Tour zu kriegen! Und auch ich bin schon ein paar Meter Umweg gefahren, wenn es mal bequemer ist. Aber ich kann mir keine Konstellation aus dummer Startposition, Bequemlichkeit und Verplantheit vorstellen, die bei dieser Fahrt auf mehr als sagen wir 6,00 € rauslaufen.

Ich weiss, dass Kunden sich oftmals auch ungerechtfertigt beschweren – folglich bin ich sehr gelassen, was Anfeindungen angeht. Aber ich hasse dieses beschissene Arschloch von P-Schein-Inhaber (ich will sowas nicht Taxifahrer nennen) dafür, dass ich mir von den Mädels die ganze Fahrt Vorhaltungen machen lassen musste.

Am Ende waren wir bei 9,80 € und die Mädels waren hellauf begeistert. Sie sind in die Nacht entschwunden und haben in Sprechchören „Best Driver, best Driver!“ skandiert, was auf andere Art ja auch schon wieder peinlich war.

Aber ich kann diese „Kollegen“ einfach nicht ausstehen! Für die paar Euro mehr in der Kasse – und da lasse ich inzwischen auch keine Ausreden á la „ich habe aber Familie“ gelten – bringen diese Vollhonks das ganze Gewerbe in Verruf und verschrecken die Kundschaft. Wie sieht es wohl aus, wenn in 10 Jahren alle Touris – wie ich meinerzeit in Prag – davor gewarnt werden, in Berlin in ein Taxi zu steigen? Dann können nicht einmal solche Arschgeigen mehr von dem Job leben.

Ich kann es nur immer wieder sagen: Ich bin kein Heiliger! Auch ich vertue mich mal bei einer Strecke oder kenne mal eine Adresse nicht! Das kommt in einer Stadt wie Berlin mal vor, sorry dafür! Und ich habe sicher auch schon „Mist“ gebaut, was das Verhalten gegenüber Kunden angeht. Aber das kann es doch echt nicht sein. Geht euren Kinder die Lollis klauen aber behindert meine Arbeit nicht!

Unentschlossen

Ich stand an meiner Lieblingshalte. Mehr oder minder gerade angekommen, gerade eine Zigarette geraucht, betrachtete ich die Szenerie. Drei Wagen hinter mir fühlte sich ein Fahrer ungestümen Fragen eines quirligen Haufens junger Mädels ausgesetzt. Sie lösten sich von ihm und kamen zu mir.

Wie viel es kosten würde, zum Spindler & Klatt zu fahren?

„Rund 7 €. Eigentlich so um die 5,40 € – aber mit dem Zuschlag für die fünfte Person…“

„Oooch, ihr Kollege hat 6 € gesagt. Machen wir Festpreis?“

„Nee, das ist nicht erlaubt. Aber hat mein Kollege denn mitbekommen, dass ihr 5 Leute seid?“

„Ja klar.“

„Tja, wenn er euch dann für 6 € fahren will, dann solltet ihr das Angebot wohl nutzen.“

Also sind sie wieder zurückgewuselt. Ich hab nichts gegen eine so kurze Tour – schon gar nicht, wenn ich nicht ewig darauf warte. Aber bitte wenigstens nach Uhr! Und der Zuschlag gehört eben dazu.

Eine Minute später kamen sie wieder zu mir.

„Sie haben gesagt 7 €?“

„Jepp. Plus-minus 10 Cent.“

„Dann bringen sie uns bitte zum Spindler & Klatt. Der Kollege will jetzt 8 € haben.“

„Hat er jetzt etwa erst gemerkt, dass ihr zu fünft seid?“

„Ähm… ja. Glückwunsch! Sie haben unser Casting gewonnen!“

„Aha. Scheint ein kurioses Casting zu sein. Aber wenn ich den Sitz ausgeklappt habe, könnt ihr gerne einsteigen.“

Die Tour war witzig, aber eben sehr kurz. Wenig überraschend stand die Uhr nachher bei 5,40 € + 1,50 € Zuschlag. Die ein oder andere Strecke kennt man ja dann doch recht gut 😉

Ich hatte einen Haufen begeisterter Mädels im Auto, die Laune war klasse und… was fehlt noch?

Genau: Mit dem letzten Kleingeld, das sie auftreiben konnten, haben sie dann bezahlt – und das waren immerhin 8,80 €…

Zieht sich…

Ich kriege öfters Sätze wie den folgenden zu hören:

„Boah, und das hätten wir laufen müssen. Das zieht sich zu Fuß ganz schön…“

Ja, ich sage solche Sätze sogar selber. Aber dass sie auf einer Kurzstrecken-Tour vom Billard-House zum Watergate fallen – das hätte ich doch eher ins Reich der Legenden eingeordnet.

Nicht mein Tag

🙁

Manchmal läuft es einfach nicht so, wie es soll. Ich bin ungeahnt früh aus dem Haus, weil ich noch was zu erledigen hatte. Das ist an und für sich kein Problem, aber leider hab ich mal wieder meinen Kopf irgendwo zwischen den Seiten des Thrillers, den ich gerade lese, gelassen. Das ist mir bei folgenden, normalerweise folgenlosen Worten aufgefallen:

„Guten Abend, die Fahrscheine bitte!“

Da ich so früh aus dem Haus bin, war Ozie noch unterwegs. Normalerweise tauschen wir dann die Fahrkarte und so war ich nun schon so im Monatskarten-Trott, dass ich schlicht vergessen habe, mir ein Ticket zu holen. Glanzleistung zudem, dass die Karte auf Ozie läuft, weil der Kontrolleur auch noch meinte, mit einem Kaufbeleg auf meinen Namen müsste ich wohl eher nicht zahlen…

Dann die Arbeit. Die Schicht lief schleppend und die einzige Tour in den ersten 5 Stunden, an die ich mich ernstlich erinnere, war die, als mir einer von 5 Typen versucht hat, einzureden, dass man Sonderpreise vereinbaren kann, wenn man sich ein Taxi ranwinkt. Hat er natürlich von einem Kollegen gehabt und entsprechend nicht locker gelassen – und er meinte nicht die Kurzstrecke.

Für einen Moment schien sich der Tag noch zu wandeln, denn ich sollte 3 Typen vom Matrix in einen „ordentlichen Puff“ fahren, was mir die Option gab, wenigstens nebenher noch ordentlich Geld zu machen. Aber obwohl die Typen im Auto noch schärfer darauf zu sein schienen, Geld liegen zu lassen, als einfach Sex zu haben, folgte an der Tür das Desaster. Mir haben sie noch großzügig die 17 € auf 20 aufgerundet, dann waren ihnen aber plötzlich die 30 € Eintritt zu viel.

Diese spontane Entscheidung hat mich 130 € gekostet…

Auf dem Heimweg habe ich dann festgestellt, dass meine Bahn aus irgendwelchen Gründen nicht fährt und bin mit einer anderen Linie einen Umweg gefahren. Das Ergebnis war 1 km Fußweg über Glatteis, bei dem ich es geschafft habe, nicht auszurutschen. Ziemlich exakt 48 Meter vor meiner Haustüre hat mich aber ein dringender Ausweichschritt direkt in eine 10 cm tiefe Eiswasser-Pfütze eintauchen lassen. Danke!

Naja, wenigstens hab ich einiges auf den Plan gekriegt, was ich erst die nächsten Tage vorhatte und somit war der Tag auch nicht ganz umsonst. Jetzt hab ich erstmal einen Tag frei und werde nun ein Feierabendbierchen trinken. Naja, eher ein paar… 😉

Dann halt später…

Es ist ärgerlich, wenn man sich als Taxifahrer am Wochenende nicht aufraffen kann zur Arbeit. Naja, schlimmer wäre es, wenn man morgens früher aufhört. So bin ich also am vergangenen Samstag Sonntag erst gegen 1 Uhr in die Berliner Nacht gestartet. Immerhin gleich zur besten Stunde. Wie erwartet war es auch kein großes Problem, trotz einiger Kurzstrecken binnen 5 Stunden einen Hunni einzufahren. Ganz umsonst war es also definitiv nicht. Um 6.30 Uhr hatte ich das Auto an der Holzmarktstraße gewaschen und getankt.

Ich stelle das Auto – wie inzwischen sicherlich bekannt – an der Storkower Str. ab. Dorthin fahre ich insbesondere am Wochenende aber nicht auf dem direktesten Weg, sondern ich mache einen kleinen Umweg von einem Kilometer, um noch einmal die Warschauer Str. abzufahren, wo sich bisweilen noch Winker für eine letzte kurze Tour finden lassen. Diesmal ereilte mich mein Schicksal bereits an der Mühlenstr. und ich hatte noch eine Kurzstrecke zum Görlitzer Bahnhof. Na denn, warum auch nicht?

Schwer tiefenentspannt, den Kopf bereits auf Feierabend geschaltet, fuhr ich dann also letztlich doch die Warschauer hoch, um das Auto pünktlich um 7 Uhr abzustellen. Und als ob dieser Tag zu einem Wunschkonzert werden wollte, winkte es am U-Bahnhof. In Gedanken malte ich mir eine Tour zum Generator Hostel aus, was noch ein Zehner gewesen wäre und zudem fast am Abstellplatz. Doch es sollte – einmal mehr – nicht sein:

„Einmal nach Hennigsdorf bitte!“

Ohhh… keeehh!? Kurz rekapitulieren: Wo zur Hölle… ach, ich hab keine Ahnung, wo das ist!

„Also einfach Heiligensee und dann noch ein Stück weiter…“

„Äh… na klar!“

Natürlich die mit Abstand längste Tour an diesem Tag. Kurzer Blick auf die Uhr: 6.42 Uhr. Ich glaube, es wäre gut, wenn mein Tagfahrer heute nicht pünktlich aus dem Bett fällt.

Die lange Fahrt verlief ganz nach dem klassischen Tourguide für gute Touren, und so vertrieben wir uns die Zeit mit reden, Musikhören und ich als Fahrer hab gelegentlich mal auf die Straße geschaut, ob das Auto den Weg noch findet. 20 Minuten nachdem ich das Auto hätte abstellen müssen, kamen wir an und es folgte der definitiv netteste Satz, den man nach einer 37€-Tour hören kann:

„Kannst 45 machen, wenn du willst…“

Und so kam es, dass ich das Auto mit einem leicht debilen Grinsen um 8 Uhr erst abgestellt habe. Wirklich sauber war es da allerdings nicht mehr 🙁

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.

Mundschlägerei

Manchmal weiss man wirklich nicht, was man von Kunden zu halten hat, und ob man sich nicht doch permanent mit der Einschätzung vertut. Ich hatte eine kurze Tour nach Kreuzberg mit 2 betrunkenen Damen und einem nüchternen zugehörigen Herren, der irgendwo schwankte zwischen Amüsement und Genervtheit. Das kann binnen zwei Minuten schon auch dreimal umschlagen.

Als wir angekommen sind, haben sie bezahlt und das Aussteigen verzögerte sich insbesondere des Alkoholpegels der zweiten Dame etwas, aber es tauchte bereits ein neuer Kunde auf. Ob das Taxi frei wäre. Der neue Kunde ist auch schon vorne eingestiegen, während der Begleiter hinten noch an seiner Begleitung zerrte.

Der neue Kunde ließ eine etwas flapsige Bemerkung über den Alkoholpegel fallen und bemerkte süffisant, sie mögen doch jetzt besser heimgehen. Aua, das fand der werte Herr aber gar nicht lustig und mokierte sich erst darüber, dass er selbst gar nichts getrunken hätte und dann darüber, dass der andere gefälligst seine Freundin nicht anlabern sollte. Und ausserdem wäre das ja immer noch ihr Taxi…

Also ich kann es ja weder leiden, wenn in meinem Auto gestritten wird, noch wenn ich als Argument für irgendwas herhalten soll. Und wer hier wen wie dumm angegangen hat, hat mal definitiv nichts mit mir und meinem Auto zu tun.

Aber nach mehrmaligen scharfen Hinweisen und Aufforderungen, aufzuhören, war die Sache auch erledigt. Die ersten Fahrgäste waren draussen, der nächste war drin. Noch dazu keine Toten und keine Verletzten und glücklicherweise auch nicht viel Zeit verloren.

Mein Fahrgast wollte nun ein Stückchen weiter in Kreuzberg, eine bequeme 8€-Tour. Er hat sich ein bisschen geärgert über den Typen davor, räumte aber auch ein, dass er, wenn er „normal in Kopf“ wäre, sicher nicht so scharf gekontert hätte, und er eben auch schon was getrunken hat. Alles noch vertretbar. Einen Kilometer vor dem Ziel meinte er plötzlich:

„Fahr mal bitte zurück!“

„Wie zurück?“

„Ja, letzte Kreuzung. Da war’n Bullen!“

„Äh, und?“

„Ja, ich hab da vorher Schlägerei gehabt und ich will nicht, dass die Leute da Scheiße erzählen!“

Interessant. Er bat mich zu warten und hat auch gleich einen Zehner angezahlt – der noch für rund 10 Minuten Wartezeit alles abgedeckt hätte. Allerdings kam er nach 2 Minuten wieder zurück und wir setzten die Fahrt problemlos bis zum Ende fort. Währenddessen erzählte er mir eine haarsträubende Geschichte von einem Typen, der ihn wegen Differenzen an einem Spielautomaten angegriffen hätte, woraufhin er einen Stuhl nach ihm geworfen hätte und geflüchtet wäre und jetzt nicht wollte, fälschlicherweise als Angreifer dazustehen.

„Hab’sch Mundschlägerei gehabt mit demm, aber weiss’sch wenn der kommt so mit Beck’s-Flasche wo isch kaputt isch gefährlicher wie Messer, weil Messer geht gerade in Körper rein…“

Ich weiss nicht so recht, was ich davon glauben soll, aber es war wenigstens mal was neues…