Ungeliebte Rekorde

„Du bist auch so’n kleiner Statist…“

meinte ein Kollege zu mir. Also genau genommen bin ich weder klein noch Statist, aber da er das Klein als Verniedlichungsform verwendet hat und mit Statist Statistiker meinte, muss ich ihm wohl zustimmen. Tabellenkalkulationsprogramme sind der Teil von Office-Software, der ganz augenscheinlich für mich entwickelt wurde. Abgesehen von Textverarbeitung natürlich 😉

Das hat mich zwar nicht daran gehindert, selbst die Grundfunktionen in Excel bis zu meinem 25. Lebensjahr nie zu verwenden, aber man lernt ja bekanntlich besser spät als nie.

Das Taxifahren ist insofern auch eine prima Arbeit, als sie es erlaubt, jede Menge Statistiken aufzustellen. In Grundzügen fast notgedrungen, denn ein kleiner Überblick über die eigenen Einkünfte ist spätestens bei der Abrechnung im Chefbüro von Vorteil.

Meine Tabellen sind mit der Zeit immer komplexer geworden, was im Großen und Ganzen dazu führt, dass ich täglich ein paar Eckdaten meiner Schicht eingebe, um im Anschluss einen ganzen Haufen Statistiken zu bekommen, die mich in aller Regel dazu bringen, mir komplexe Ziele zu setzen, die ich nicht einhalte, um im weiteren Verlauf noch komplexere Ziele zu formulieren.

Im Endeffekt läuft es darauf raus, dass ich am Monatsende so viel Geld wie möglich einfahre und zudem 3 Stunden mehr an meinem PC verbracht habe. Wenn man es nüchtern betrachtet ein relativ bekloppter Zeitvertreib. Aber was mache ich mir Gedanken? Andere Leute sammeln Puppen…

Gut, wenn ein Monat mal gut läuft kann ich natürlich Kollegen neidisch machen. Ich könnte über den Januar zum Beispiel sagen, dass ich 1,76 € Trinkgeld pro Arbeitsstunde hatte. Oder 17,26 € Umsatz. Oder noch besser: Meine durchschnittliche Schicht hat mir 143,62 € gebracht. Und wenn ich dann noch verheimliche, dass ich im Gegenzug gar nicht viel gearbeitet habe, und mein Lohn deswegen immer noch in dem Bereich liegt, den man gemeinhin niedrig nennt, dann könnte ich mich am Neid laben und so tun als wäre ich irgendwie besonders toll. Aber dazu verwende ich meine Statistiken eigentlich nur ausnahmsweise mal 😉

Stattdessen bin ich gestern mal meine Aufzeichnungen durchgegangen, um einen neuen Rekord zu verifizieren – was leider geklappt hat. Ich habe am Montag im Trinkgeldbereich gleich zwei Negativrekorde gebrochen:

0,58 € pro Tour ist derart miserabel, dass es fast weh tut und

5 Touren in Folge mit 0,00 € Trinkgeld sind auch ein absolutes Novum.

Immerhin waren es alles junge Touris auf dem Weg von Clubs nach Hause, und somit ist das eher auf die Gepflogenheit im Heimatland, aufs Alter oder den Grad der geistigen Umnachtung zurückzuführen und nicht auf irgendwelche miesen Fahrten mit beleidigter Kundschaft.

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16 Kommentare bis “Ungeliebte Rekorde”

  1. Anise sagt:

    Wie viel Trinkgeld ist eigentlich angemessen?
    Unter welchem Betrag denkst du innerlich doch, dass das zu wenig ist?
    Ehrliche Antwort bitte. 😉
    Mir ist schon klar, dass du dich über jeden Cent freust, da es sich zusammensammelt.

  2. Der Maskierte sagt:

    @ Anise

    Ich kenne da die 10%-Regel. Wobei ich die eigentlich selten wirklich beherzige und eher Fixbeträge im Bereich von 1-2 EUR gebe, nachdem ich zum nächsten vollen Euro aufgerundet habe.

    Wobei im Taxi gilt bei mir die Regel: Je besoffener ich bin, desto mehr Trinkgeld gibt es zum Ausgleich für mein Gelalle. 😉 Also meistens sowas um die 70-120%. Sind dann aber auch selten Langstrecken.

  3. Anise sagt:

    Ich gebe in der Regel z.B. 13,-, wenn es 11,40 oder so gekostet hat. Irgendwie finde ich das geizig, aber letztendlich sind das über 3DM.

  4. Der Maskierte sagt:

    Was heißt hier geizig? Trinkgeld ist ein Bonus für besonders guten Service. Klar ist, dass viele Jobs in dem Bereich, wo Trinkgeld gegeben wird, dieses auch gut gebrauchen können. Und insofern zögere ich auch nicht, bei besonders gutem Service besonders gut und tief in die Tasche zu greifen. Aber es ist doch letzten Endes immer noch meine Entscheidung, ob ich welches gebe. Warum soll ich mich dafür schlecht fühlen?

  5. Sash sagt:

    @Anise:
    Ich finde 13 € bei 11,40 € völlig in Ordnung. Wie der maskierte schon geschrieben hat: 10% sind „normal“, will heissen der Durchschnitt. Abweichungen gibt es meistens bei den besonders kurzen und besonders langen Strecken. Und darauf kommt es auch an.
    Wenn man jetzt mal wirklich von einer guten Fahrt ausgeht – das ist klar – mit viel Nettigkeiten, gutem Service und Sympathie, dann finde ich es völlig ok, wenn einer 7 € mit 8 € bezahlt. Das erachte ich als völlig angemessen. Neulich hatte ich eine weitere Fahrt, da hat der Fahrgast bei 42,00 € gemeint: Machste 43… ich gebe zu, dass ich da mit 45 gerechnet hab.
    Aber der Maskierte hat natürlich auch Recht, wenn er sagt, dass es ein Bonus ist. Klar, leben wir zu einem guten Teil davon, aber die Gegenleistung muss stimmen. Und dass jemand auch mal nur 50 Cent gibt, weil er knapp bei Kasse ist, oder keinen besonderen Mehrwert im Service sieht, das ist völlig ok.
    Am ärgerlichsten ist es eigentlich, wenn sich die Fahrgäste selbst loben, dass sie immer Trinkgeld geben und den Service so zu schätzen wissen und dass man ja eine tolle Ausnahme sei und die anderen den Weg immer nicht kennen und dann aus 19,60 € glatte 20 machen. Darauf kann man wirklich verzichten!

  6. Sash sagt:

    @Der Maskierte:
    Du bist herzlich eingeladen, in volltrunkenem Zustand meinen Briten zu übertreffen:

    http://www.sashs-blog.de/wordpress/2009/08/09/die-spinnen-die-briten/

    😀

  7. Anise sagt:

    Ich habe nur immer den Eindruck, dass es den Fahrern zu wenig ist, zumindest ziehen viele ne Fresse, und das finde ich nicht ok.
    An der Supermarktkasse gebe ich auch kein Trinkgeld, und das ist auch ein Dienstleister.
    Trinkgeld sollte freiwillig sein, ich gebe es gerne, egal ob meinem Friseur, der Kellnerin oder dem Taxifahrer, aber ein Lächeln hinterher wäre auch nett.

  8. Sash sagt:

    @Anise:
    Bei über 1 € auch noch beleidigt sein ist wirklich nicht die feine Art. Aber es gibt ja eine Menge Kollegen da draussen, deren Gebahren ich nicht ernstlich verstehe 🙁

  9. Anise sagt:

    Genau deshalb habe ich gefragt, nicht dass ich immer viel zu wenig gebe und deswegen für Unmut sorge.
    Bei uns draußen ist vom Bahnhof zu mir ne Kurzfahrt für die Fahrer, aber auch das kostet schon über 10,-, und ich kann nichts dafür, dass ich ein Taxi brauche, weil der letzte Bus weg ist und nicht weiter weg wohne.
    Ok, ich kann schon was dafür, wohne ja nicht gezwungenermaßen am Arsch der Welt. *gg*

  10. Sash sagt:

    @Anise:
    Also hier in Berlin ist die durchschnittliche Tour irgendwo knapp über 11 €. Das heisst also, dass die Tour vom Bahnhof auch sicher nicht das schlimmste ist, was einem Taxifahrer passieren kann. Mittelmaß vielleicht. Langweilig vielleicht. Nicht der große Wurf aber sicher kein Grund zur Beschwerde. Ich hab im Schnitt 3 bis 5 Touren täglich (also so ca. 15 bis 50%), die wirklich kurz sind, also 7 € oder weniger…

  11. Anise sagt:

    Langweilig ist es bestimmt, aber ich denke das Hauptproblem ist, dass die Rückfahrt zu 99,99% leer sein wird, es gibt dort nachts keine Winker an der Bundesstrasse.
    Wobei die Gegend hier generell nicht unbedingt für ihre nächtliche Action bekannt ist. Die meisten brauchen ein Taxi vom Bahnhof aus in die umliegenden Dörfer.
    Bei ner 7,- Tour würde ich laufen, die Grundgebühr ist ja schon 5,60, da kommt man für 1,40 nicht weit.

  12. Sash sagt:

    @Anise:
    Puh gut, andere Verhältnisse bei euch… bei uns sind es „nur“ 3,20 €. Und bei 1,65 € / km sind das immer noch zweieinhalb Kilometer. Die kann man schon mal fahren 🙂

  13. Der Maskierte sagt:

    @Sash
    Wenn ich in Berlin bin, dann höchstens beruflich. Und da kann ich es mir leider nicht erlauben besoffen rumzufallen. 😉 Sollte ich dennoch mal am Ostbahnhof zu passender Uhrzeit ein Taxi benötigen, weiß ich ja, nach wem ich Ausschau halten muss.

    Aber 120% Trinkgeld sind bei Summen von 5 EUR für die Fahrt ja auch schnell erreicht. Und hier kostet das Taxi fahren doch noch paar Cent mehr als in Berlin.

  14. Der Maskierte sagt:

    Der Maskierte :
    @Sash
    Aber 120% Trinkgeld sind bei Summen von 5 EUR für die Fahrt ja auch schnell erreicht. Und hier kostet das Taxi fahren doch noch paar Cent mehr als in Berlin.

    Was ich damit in meinem wirren Kopf sagen wollte: Wenn ich mir so die Zinne zulöte, dass ich die maximal drei Meter zurück zu meinem Bett nicht mehr aus eigener Kraft unfallfrei schaffe – oder einfach auch nur nicht mehr willens bin dies aus eigener Kraft zu bewältigen – nehme ich diese Dienste in Anspruch.

  15. Sash sagt:

    @Der Maskierte:
    Danke für die anschauliche Beschreibung 🙂

  16. Cloggerin sagt:

    Ganz blöde Frage: Gibt es hier Taxifahrer aus HH? Falls ja, was kostet (ungefähr) eine Strecke von Ahrensburg bis HH (auf der B75 bis ca. 5 km vor der Innenstadt)? Und nein, keine Sorge, ich will nicht handeln, bin nur extremst knapp bei Kasse (gibt halt sehr, sehr schlecht bezahlte Jobs) und will mir die nächsten Wochen mal das Geld irgendwie zusammensparen. Nachts käme ich mit Sicherheit nicht anders von der Feier weg… Muss leider langfristig planen, sorry.

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