„Könnten sie uns bitte zur Rathenower Str. bringen? Für’n Zehner?“
So sollte die Anfrage wohl klingen. Das Gestammel am Ostbahnhof kam dann allerdings eher so rüber:
„Entschuldigung. Die Rathenower. Also am Friedrichshain, da fahren wir normalerweise. Ecke Scharnweberstraße. Machen wir öfter. Aber jetzt, mit dem Bus… da wollten wir laufen. Jetzt haben wir aber nur noch 10 Euro. Aber wenn man am Friedrichshain, dann sind das etwa 16. Wenn sie nun, weil wir ja nicht an der Scharnweberstr. sind, also könnten sie – is ja nicht weit am Friedrichshain – 10 € machen? Bitte! Wir haben nicht mehr!“
Ich sag’s ganz ehrlich: Ich hatte keinen Plan, wo die Fahrt hingehen sollte.
Ich halte nach wie vor nichts von Festpreisen, aber natürlich sind „Sorry, wir haben nicht mehr…“ und „Machste mal 50%, Alter!“ ein Unterschied. Fragt mich nicht, weswegen ich die Fahrt angenommen habe. Vielleicht war es Verzweiflung, weil ich von der Halte weg wollte. Ich werde das so schnell nicht wieder machen! Und das sage ich nur, weil man niemals nie sagen sollte.
Der Dank der beiden war herzlich und redundant und ich kann mich nicht darüber beschweren, dass die Fahrt irgendwie nervig oder mies war. Die letzten zwei Kilometer waren dann zwar für umme, aber ich halte mich für einen recht guten Menschenkenner. Sie hatten nicht vor, mit dem Taxi zu fahren, da kann es ja schonmal vorkommen, dass man das mit dem Geld verplant. Sie haben den Zehner im Voraus bezahlt und waren wirklich nett und höflich.
Es mag vielleicht ein wenig undankbar sein, dass ich dieses Mal beim Thema Trinkgeld ausfällig werde – aber ich kann es mir nicht ersparen. Am Fahrtziel angekommen meinte sie nämlich zu ihrem Begleiter allen Ernstes:
„Schahatz, guckst du mal, ob du noch 2 € für Trinkgeld hast?“
Und was macht „Schahatz“? Kramt in seinem Geldbeutel und zaubert 2 € hervor…
Um es mal klar zu sagen: Finanziell hat sich die Tour damit für mich mehr gelohnt, als wenn ich sie ohne Trinkgeld einfach bis zum Schluss nach Uhr gefahren wäre. Mein Chef kann auch entspannt bleiben, weil ich neulich sowieso 3,20 € nicht abgerechnet habe, die damit aus meiner Trinkgeldkasse kamen. Dann lasse ich das jetzt wie es ist, und gut ist!
Und es kotzt mich dennoch an! Wie dreist kann man sein? Wegen zwei Euro rummachen, die man sowieso nachher drauflegt… Es ist wirklich noch nicht soweit, dass ich resigniere und in jedem Kunden eine auf Arschloch gepolte Melkkuh sehe. Das tun ja scheinbar viele Kollegen. So weit ist es bei mir bei weitem nicht! Aber es ist entmutigend, zu sehen, wie es ausgenutzt wird, wenn man mal nett ist.
Klar ist es für Kunden komisch, zu verstehen, dass ein Preis auch fest sein kann, wenn er sich bis zur letzten Minute ständig erhöht. Vielleicht ist es eine Art ebay-Krankheit à la „Höher geh ich nicht“. Aber wie ich immer über die Taxipreise zu sagen pflege:
„Ich werd nicht reich damit, und mein Chef sicher auch nicht!“
Wirklich schade, dass das nicht einmal die Menschen glauben, denen man nett gegenüber tritt und die es sich eigentlich leisten könnten…
🙁
Solche Leute sind der Grund warum ich beim handeln immer beinhart bin. Bei uns wird das mit den Fixpreisen zwar nicht so streng gehandhabt wie bei euch, aber ich mach das auch prinzipiell nicht (mehr).
Da fällt mir ein Kunde ein,den ich mal gefahren hab und mit dem ich die ganze Zeit Verhandlungen über den Fahrpreis geführt habe und er auch immer beteuert hat,dass er nicht mehr Geld hat und sowas von pleite wär.
Tja,als er dann bezahlt hat,lugte ein 50 Euroschein aus seinem Portomonai.Das war dann auch einer dieser Meilensteine,die mich immer mehr zum knallharten Taxifahrer werden ließ…………maja,Ausnahmen bestättigen die Regel ;-).
Allerdings bei Leuten,die immer gleich am motzen waren,wenn ich die Uhr angestellt hab und mir dann erzählen wollten,der andere Unternehmer fährt aber billiger,die hab ich wieder aussteigen lassen,wenn sie nicht doch weiterfahren wollten. Und wie das so ist,steigt ein Fahrgast wieder aus einem Taxi und die Kollegen bekommen das mit,egal,welche Firma,wurden diese konsequent übersehen*pfeif*……
@Seismo:
Ich kann die Einstellung völlig verstehen. Ein bisschen tun mir die wirklich knapp betuchten leid.
@Sigrun:
Das mit dem „Dann nimmt ihn auch kein anderer mit“ kann man irgendwie vergessen hier. Und irgendwo auch zu Recht: Ich hab ja auch schon miese Geschichten erlebt, was Kollegen betrifft – da kann man ja keine Kunden stehen lassen.
@all:
Habt ihr auch schon das Phänomen erlebt das Gäste einsteigen, einen Pauschalpreis wollen, der aber dem richtigen Fahrpreis in nix nachsteht,oft sogar im Gegenteil? Is mir schon paar mal passiert.Hauptsache die Uhr bleibt aus.Kommt mir manchmal so vor als hätten sie vor ihren Begleitern vorher die große Klappe gehabt, so alá : ich klär das schon mit dem Taxi.Also nicht das ich was dagegen habe, aber verstehen werde ich es wohl nie…..
@sachsentaxi:
Ja, sowas hatte ich auch schon desöfteren. Ich bin immer wieder am überlegen, ob ich mir dazu nicht mal eine Abdeckkappe fürs Taxameter anfertigen werde. Dann kann ich die ganzen Leute zu ihren Wunschtarifen fahren und gleichzeitig abgesichert sein.
Und das tollste an dieser Vorstellung ist:
Wenn ich – nachdem sie ganz cool ihre vorgeschlagenen 30 € gezahlt haben – beim Abnehmen der Kappe ganz gechillt die 23,40 € abschreibe… und die Kunden das noch sehen.
Ich denke, so könnte man Erziehungsarbeit leisten und erstklassige Trinkgelder kassieren!
Ich lach mich hier grade kringelig 🙂
Also ich glaube ja eher,dass die Leute allergisch auf Taxameter reagieren,jedenfalls hier und wenn ich das so lese,bei Euch auch.
Vielleicht wäre es psychologisch ganz gut,wenn der Taxameter nicht direkt vor deren Augen ist,denn es macht sie offensichtlich nervös und teilweise sogar aggressiv,das ständige Weiterlaufen der Uhr zu beobachten.
@Sash,doch,damals hat das ganz gut geklappt,renitente Kunden laufen zu lassen. Wie das heute ist,weiß ich nicht.
Wir haben hier aber auch nur 5 Taxiunternehmen und die kennen sich alle untereinander und die Fahrer natürlich auch und es gibt nur knapp 50000 Einwohner hier ;-).
@Sachsentaxi,dieses Phänomen gibt es glaub ich überall.
Istv es nicht auch eigentlich so,dass die Fahrgäste ,wenn kein Festpreis ausgehandelt wurde,den Preis nicht bezahlen brauchen,wenn die Uhr nicht an war? Irgendwie schwirrt so was bei mir im Hirn rum
@Sigrun:
Ja, aber bei der Konkurrenz bei 7000 Taxen… und da findet sich immer jemand, dem der Chef egal ist, der bisher miesen Umsatz hatte und jetzt „wenigstens den Fünfer noch“ machen will. Immer. Und wenn nicht an der Halte, dann ums Eck.
Ich bleibe da normalerweise ja auch hart. Soll jemand anders fahren, so nötig hab ich es nicht. Aber hier kann es eben auch passieren, dass man den Kollegen nie wieder sieht.
Verdeckte Taxameter halte ich wirklich als Zweitgeräte für eine gute Alternative. Dann können Kunden, die den Preis nicht sehen wollen, ihn eben nicht sehen. Wäre doch nur kundenfreundlich…
Aber eine Kundengruppe vergessen wir hier natürlich:
Die, die nur wollen, dass man die Uhr auslässt, damit man die Kohle schwarz einstecken kann – diese tapferen Kämpfer gegen den Niedriglohn, die ihre Fahrten nach dem Prinzip „100% von 15 € sind doch besser als 50% von 25 €“ anpreisen.
Kann es vielleicht sein dass es manchen Leuten einfach peinlich ist inner Taxe mit Kleingeld zu bezahlen? So nach dem Motto: Wenn schon so ne ’noble‘ Dienstleistung in Anspruch nehme, dann will ich wenigstens damit angeben können dass ich es mir leisten kann (oder zumindest soll es so aussehen 😉 ).
Ich hab manchmal das Gefühl manche betrachten Taxi’s als ‚Privatlimousine des kleinen Mannes’…
@Mi-Go:
Wenn es so sein sollte, dann stirbt diese Generation aus. Die Jugendlichen sind echt topp darin, meinen Kleingeldpegel im Portemonnaie wieder zu erhöhen.
Die Idee hat auch einen logischen Schwachpunkt: Wem es peinlich ist, dass er mit Münzen zahlt, dem sollte doch erst recht peinlich sein, wenn er handeln muss, weil er es sich nicht leisten kann (oder das als Grund vorschiebt)
mit jedem Zug kommt auch ein doofer mit,hat mein Chef mal gesagt und so unrecht hat er ni.Wenn der Preis stimmt, können von mir aus auch zehn am Tag mitkommen;O)