Die Noch- und Fast-Kurzstrecke

Werde ich also am Bersarinplatz rangewunken. Sowas freut.

„Äh… wie viele passen hier rein?“

„6 Leute!“

„Wir sind 7, geht das auch?“

Das ist dann so der Punkt, an dem ich mich gefragt habe, wie sie sich das vorstellen. Direkt vor mir an der Ampel stand zu dem Zeitpunkt noch ein Streifenwagen, und außerdem haben die ja keine Ahnung, wie eng die Kiste schon ist, wenn „nur“ 6 Leute (also mit mir 7) drinsitzen. No Way! Hab mich in der allerersten Nacht breitschlagen lassen, „ganz kurz“ einen mehr mitzunehmen – und dieses Nervenflattern hat mir gereicht.

„Nein, mache ich nicht!“

„Aber ich bin auch ganz klein…“

„Wir brauchen sowieso schon kleine Leute für ganz hinten!“

Dann kam glücklicherweise jemand aus der Truppe und rief:

„Ist egal, da hinten kommt noch einer – nehmen wir zwei. Vorne vier, hinten drei, passt schon!“

So saßen sie dann recht zufrieden im Auto, und nach etwa 300 Metern kam dann die Frage, die mir wirklich noch gefehlt hat:

„Des is jetzt aber schon Kurzstrecke, oder?“

Ich nehme es ja niemandem übel, wenn er mit dem Kurzstreckentarif fahren will. Dazu ist der da. Leider leider muss man das beim Einstieg sagen. Das ist auch keine Prinzipienreiterei, sondern nach 10 Sekunden ist es schlicht und ergreifend nicht mehr möglich, vom Normaltarif auf Kurzstrecke zu wechseln. Rein technisch nicht. Ich hab also geantwortet:

„Kann schon sein, ich weiss nur nicht, wie ich das jetzt machen sollte…“

Also hab ich aus Kulanz bei 3,50 € die Uhr ausgemacht. Kann man ja mal machen. Im Verlauf der Fahrt hab ich dann natürlich gemerkt: Scheiße, dass sind doch ein paar hundert Meter mehr als Kurzstrecke. Das hab ich am Ende dann auch gesagt:

„Leute, da habt ihr Glück gehabt – Kurzstrecke hätte nicht gereicht. Aber ich hab’s gesagt, also ist gut…“

Daraufhin haben sie dann mit einem Fünfer gezahlt, was wenigstens noch so halbwegs fair war. Gut, dass der auf dem Vordersitz es verpeilt hat, dass sein Kumpel schon gezahlt hat, und mir nochmal fünf geben wollte, war schon für einen Moment verlockend. Aber so fies kann ich einfach nicht sein. Ich kann es einfach nicht…

Nötig!

Steht in Prenz’lberg ein Auto mit Warnblinkanlage vor dem Puff.

Das ist jetzt kein doller Schenkelklopfer, aber als ich über dieses Bild – von dem ich leider kein Bild machen konnte – auf mich habe wirken lassen, da kam in mir unweigerlich die Frage auf, wie eilig oder nötig man es haben kann…

Fähnchenprobleme

Kann mir jemand erklären, wie es möglich ist, dass die Fahne eines Fahrgastes nach anderthalb Stunden noch durchs Auto wabert? Trotz ewig geöffneter Fenster und nachweislich null Verschmutzung des Fahrzeugs? Wenn ich mir nicht so viele Sorgen um das Wohlergehen meiner späteren Fahrgäste gemacht hätte, hätte ich fast ehrlich Respekt bekunden müssen. Sowas habe ich bis jetzt auch noch nicht erlebt. Hoffe mal, das hat sich dann wirklich noch gelegt. Lust auf Duftbäumchen und dergleichen hab ich eigentlich nicht…

Nach dem Feiertag: Niederschlag!

Es ist nicht einmal so, dass mich der Niederschlag, der in den Niederungen des Niederbarnim niederschlägt, niederschlägt. Sorry, war wohl so eine Art grammatikalischer Schlaganfall.

Der Regen ist nervig, aber meine Laune ist wirklich nicht deswegen mies. Klar, schlechtes Wetter sorgt immer auch für stressigere Arbeitsumstände. Aber dafür auch für mehr Kunden. Nein, der Grund ist ein ganz anderer: Die Kunden heute. Also nicht alle! Nicht einmal die Mehrzahl. Aber immerhin gleich zwei Truppen, die mich im Nachhinein so ankotzen, das glaubt ihr gar nicht.

Das erste waren drei Faschos. Ich kann gar nicht bestreiten, dass sie mir gegenüber nett waren. Warum auch nicht, ich sehe ja ordentlich deutsch aus. Von denen gibt es eigentlich nix besonderes zu berichten – mich hat einfach die Anwesenheit dieser Deppen genervt, und ich suche gerade noch nach einem Projekt, dem ich meine Nazi-Einnahmen spenden kann. Ich hab mir überlegt, dass das wohl eine einfache und vielleicht doch schöne Option ist. Klar, ich könnte solche Fahrten aus irgendwelchen fadenscheinigen Gründen heraus ablehnen. Das darf ich aber nicht, bringt mir also nicht nur Ärger mit den Töffeln selbst, sondern kann richtig ins Geld gehen. Warum also nicht das Geld unauffällig in eine Ecke umleiten, wo es mir lieber ist? Könnt ja in den Kommentaren schreiben, was ihr davon haltet, mit den Einnahmen irgendwelche sozialen Projekte oder so zu sponsoren.

Gut, direkt darauf kam dann aber die zweite Truppe – und bei der bin ich mir recht sicher, dass wir noch voneinander hören werden. War eine Gruppe von 4 Jugendlichen – von denen sich einer offenbar beim Skateboarden das Bein verletzt hat. Er hat den Rest überredet, ein Taxi zu nehmen – und ich stand gerade da. Sie haben gefragt, ob es zur Muskauer mit 7 € reicht, was ich bejahen konnte. Ob wir damit auch bis zum Kotti weiter könnten, fragten sie dann. Ich hab gesagt, dass es so in etwa passen müsste, und daraufhin sind sie gut gelaunt eingestiegen und haben sich bedankt, endlich mal einen netten Taxifahrer zu haben. Soweit kann ich das Standard nennen.

Einer der Kerle hat sich gleich mal unbeliebt gemacht, in dem er drei ernste Aufforderungen gebraucht hat, bis er seine Zigarette wieder ausgemacht hat. Ach ja, wir hatten uns in der Minute davor darüber unterhalten, dass Rauchen leider nicht erlaubt sei, aber man das die paar Meter ja auch gut hinkriegt. In der Muskauer ist der mit dem kaputten Bein dann ausgestiegen. Die anderen wollten nach wie vor zum Kotti, hatten aber plötzlich nur noch 5,40 € – aber das könne ich ja wohl auch machen. Das Ganze ging ein bisschen hin und her, und ich hab klargestellt, dass ich das nicht machen werde. Wir sind uns mit 7 € einig gewesen, das Rückgeld hätten sie selbstverständlich wiederbekommen, wenn es nur 6,60 € geworden wären – also warum das jetzt?

Der Eine fing dann gleich an mit „Ja, er könne das ja verstehen, er würde das als Taxifahrer auch nicht machen, aber eine Ausnahme sei doch sicher drin…

Ich hab dann gesagt, dass sie, wenn sie nur 5,40 € haben, gerne hier aussteigen können – es standen immerhin schon 5,60 € auf der Uhr – dass ich aber keine Lust darauf hätte, dass ich dann am Kotti nur noch 4,50 € kriege, wenn sie sich schon nicht an Abmachungen halten.

Genervt hat sie meine Hartnäckigkeit durchaus, und so war ich etwas erstaunt, als mir der eine von der Rückbank die 5,40 € in die Hand drückte, und meinte: „Naja, was soll’s? Du warst korrekt!“ Daraufhin hat der Rest der Bande das Auto auch verlassen. Nervige Tour, kommt vor, alles halb so wild. Dachte ich.

Wieder am Ostbahnhof habe ich dann – just als ich neue Kundschaft bekam – festgestellt, warum die Jungs so zufrieden ausgestiegen sind. Meine Kamera und mein Handy waren weg! Ich bin die Tour mit den Kunden noch gefahren und hab ihnen mein Problem erläutert – woraufhin sie mir kulanterweise (ich bin ihnen aber auch im Preis entgegengekommen) ihr Handy geliehen haben, um die Cops zu erreichen.

So ist mir ein guter Teil einer lukrativen Wochenendschicht dadurch flöten gegangen, dass ich mich mit der Polizei unterhalten habe, und nach Hause gefahren bin, um Handy und Karte zu sperren, sowie das weitere Vorgehen mit Ozie zu belabern.

Ich hab mir in den letzten 10 Stunden wirklich viele Gedanken zum Thema gemacht – weil es mich selbst ein wenig ärgert, wie sehr es mich ärgert. Ganz im Ernst: Wären das sympathischere Zeitgenossen gewesen, und es wäre nur mein Handy weg, dann hätte ich sicher den Teufel getan, und wegen so einer Lappalie die Cops auf den Plan gerufen. Aber das mit der Kamera nervt mich ungemein mehr. Nicht nur des Preises wegen – die ist ja noch nicht einmal abbezahlt – sondern weil ich sie inzwischen einfach ständig nutze und es einfach nicht einsehe, dass ausgerechnet ein paar Intelligenzbremsen wie die vier Jungs sich jetzt wunder weiss wie clever vorkommen. Wer ist denn bitte so dämlich, und beklaut einen Menschen, der gerade seinen Kumpel direkt vor die Haustüre gebracht hat? Ich weiss, wo er wohnt, wie er aussieht – wie schwer soll es schon werden, den Jungs Ärger zu machen?

Klar, ob ich auch nur eines von den Geräten wiedersehe, weiss ich nicht. Ich gehe eher nicht davon aus. Aber ob sich das gelohnt hat?

Naja, ich bin mal gespannt, wie es weitergeht. Ansonsten haben auch noch ein paar Kleinigkeiten nicht funktioniert, und die schöne Schicht war letztlich eben auch nur mittelprächtig dank des Zeitverlustes.

Ja, an dieser Stelle würde ich gerne ein paar Fotos des Einkaufs zeigen, aber das hat sich vorerst wohl erledigt…

38 Cent für Salat

Nein, so weit ist es mit den Preisen in Marzahn auch noch nicht. Ich meine das Ende der Fahrt, für die ich heute finanziell am dankbarsten bin: 38 Cent Trinkgeld habe ich bekommen, und dann noch Salat von den Gummimatten schütteln dürfen. Naja, war wenigstens eine Tour, bei der ich zwischendrin eine Rauchen konnte. Danke an die Mitarbeiter im Mc Donald’s im Ostbahnhof, die mit ihrer lockeren Arbeitsweise ungefähr 8 € Geld für Wartezeit in meine Kasse geschaufelt haben…

Ansonsten: 69,40 € in 8 Stunden… bitter!

Musst du wissen…

Eine Sorte Kunden gehört zu den ganz kuriosen: Die gönnerhaften Festpreiszahler. Das sind Leute, die in ein Taxi steigen, und sich mit den Gepflogenheiten des Gewerbes auskennen. Sie wissen zumindest darüber Bescheid, dass der Fahrer anteilig bezahlt wird, dass es nicht viel ist, meist sogar, was ihre Strecke etwa kostet. So sind heute drei reichlich betrunkene Männer bei mir eingestiegen, die die echt gute Strecke von der Oranienburger Str. nach Rudow angepeilt haben. Zahlen wollten sie 21 € – weil das so leicht durch drei teilbar ist. Aber dafür dürfte ich das Taxameter auslassen, damit ich auch was von der Fahrt habe…

Sowas trifft man mehrmals die Woche, ist also wirklich keine Seltenheit.

Ich finde das ehrlich gesagt, immer recht anstrengend. Schließlich arbeite ich nicht ausschließlich zur ultimativen Selbstbereicherung, sondern bin mir wenigstens bewusst, dass mein Chef dieses Auto bezahlt und mir eine Menge Papierkram vom Leib hält. Von so kleineren Unstimmigkeiten, wie einem schlechten Kilometerstand, der Tatsache, dass es sich dabei um Schwarzarbeit handeln würde, jeglicher Versicherungsschutz flöten geht und dergleichen… lassen sich diese Kunden nicht abschrecken. „Musst du wissen…“

Ich meine, ich glaube nicht daran, dass mein Geld in den Sozialkassen sonderlich gut aufgehoben ist. An eine Rente glaube ich auch nicht. Ich gehe gern auf Kundenwünsche ein, bin kein Prinzipienreiter – und ich habe durchaus eine differenzierte Wahrnehmung von Recht und Gerechtigkeit. Aber erstens hört der Spaß bei Sicherheitsfragen auf, und zum anderen habe ich einen Job, in dem ein Arbeitsverhältnis zwingend ein Vertrauensverhältnis ist. Dementsprechend erfülle ich solche Wünsche grundsätzlich NICHT. Selbst an beschissen laufenden Montagen ist es mir das nicht wert.

Das heisst natürlich nicht, dass man nicht mal ein Auge zudrückt, und die letzten paar hundert Meter die Uhr ausmacht, wenn jemand nicht mehr Geld dabei hat. Aber nicht so.

Die haben übrigens ihre 27,30 € mit einem Fünfziger bezahlt, und auf dreißig aufgerundet. Wer das unlogisch findet, der hat meine uneingeschränkte Zustimmung!

Kauft das Buch!

Wie kam Sash eigentlich zum Taxifahren? Das beschreibt er in seinem ersten eBook "Papa, ich geh zum Zirkus!".

Immer dranbleiben!

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Noch ein Blog?

Kleiner Tipp: Sash hat noch einen zweiten Blog, auf dem es auch gelegentlich was zu lesen gibt.